Alisha Bionda lädt ein ins Reich der historischen Phantastik - Die Knochenkirche
Bionda lädt ins Reich historischer Phantastik
Die Knochenkirche
Zauberspiegelleser kennen Alisha Bionda sicher als Autorin der beiden Serien "Wolfgang Hohlbeins Schattenchronik" und "Larry Brent - Neue Abenteuer. Beides liegt schon ein paar Jahre zurück und inzwischen hat sie sich vor allem auf ihre Arbeit als Herausgeberin konzentriert. Auf ihrer Homepage werden stolze 14 Reihen aufgeführt, die von ihr herausgegeben werden bzw. wurden:
Alisha Bionda beschäftigt sich also mit einer ganzen Reihe von Genres, der Schwerpunkt liegt dabei aber doch, wie man unschwer erkennen kann, auf der Phantastik. Die bislang umfangreichste Reihe ist denn auch die seit 2009 erscheinende Ars Litterae. Diese Reihe mit bislang 10 Titeln setzt auf die Verbindung von Text und Kunst, alle Bände sind im Innenbereich mit Grafiken und Illustrationen versehen. Neben den Einzelromanen von Autoren wie Barbara Büchner, Laura Flöter und Linda Budinger sind vor allem die von Alisha Bionda herausgegebenen Anthologien zum Markenzeichen der Reihe geworden.
Das ist auch kein Zufall, denn auch sonst gilt die besondere Liebe der Herausgeberin seit Jahren der Anthologie. Sie kann mittlerweile auf mehr als fünfzig Zusammenstellungen von Kurzgeschichten verweisen. 2006 und 2007 hat sie jeweils den Deutschen Phantastik Preis in der Kategorie "Beste Original-Anthologie Kurzgeschichten-Sammlung gewonnen.
Anthologien von Alisha Bionda zum Thema düstere Phantastik (Auswahl):
Und auch ihre jüngste Veröffentlichung "Die Knochenkirche" fällt unter diese Kategorie.
Diesmal werden 9 Kurzgeschichten und eine Novelle unter dem Oberbegriff "Historische Phantastik" zusammengefasst. Ausgangspunkt für die Anthologie ist nämlich ein tatsächlich existierendes Bauwerk, die Knochenkirche in Kutná Hora oder Kuttenberg, siebzig Kilometer oder eine Autostunde von Prag entfernt. Hier wurde im 19. Jahrhundert der Innenraum einer katholischen Kapelle im Auftrag eines böhmischen Adelsgeschlechts komplett mit menschlichem Gebein ausgestaltet. Dieses morbide Gesamtkunstwerk und seine Geschichte sind der Dreh- und Angelpunkt für die Fantasie der Autoren und ihre 10 Beiträge. Im Einzelnen handelt es sich dabei um:
Darüber hinaus gibt es zu jedem Autoren Kurzinformationen und ein von Florian Hilleberg verfasstes Essay über die Knochenkirche.
Ins Auge springt die sorgfältige und liebevolle Gestaltung des Bandes. Wie bei jeder Veröffentlichung von Alisha Bionda, findet sich vor jeder einzelnen Geschichte eine Innenillustration. Künstlerisch hat sie dabei einen besonderen Weg eingeschlagen. Es handelt sich nämlich durchweg um grafisch bearbeitete Fotos, die Florian Hilleberg in der Original-Knochenkirche gemacht hat und die von Crossvalley Smith künstlerisch veredelt wurden. Das sehr gelungene Coverlayout gestaltete das Atelier Bonzai.
Die Länge der Geschichten variiert zwischen 8 und 24 Seiten. Herzstück des Bandes ist aber zweifellos die 76 Seiten umfassende Novelle von Florian Hilleberg. Inhaltlich orientieren sich die Autoren an den historischen Fakten. Einige Geschichten drehen sich um den Mönch, der einst die Gebeine aus der Erde holte und zu Leichenpyramiden aufschichtete, andere um die Pest, es geht aber auch um die Hussitenkriege oder den Künstler, der im 19. Jahrhundert die Knochen zum Material für die Ausgestaltung der Kirche benutzte. Mal geht es um Geister, mal um dunkle Gaben, ein anderes Mal um Satanismus. Bei Kurzgeschichten ist es naturgemäß schwierig sie zu rezensieren, ohne zuviel über den Inhalt und/oder ihre Pointe zu verraten. Zu meinen Favoriten gehören Guido Krains Geschichte um ein merkwürdiges Mädchen zur Zeit der Hussitenkriege, Tobias Bachmanns Story um den verschrobenen Versicherungsangestellten Jan Karner und Martin Barkewitz Ausführungen um den jüdischen Doktor Samuel.
Die Freunde der früher erschienen Anthologien von Alisha Bionda werden sicher auch diesen Band verschlingen. Auch für alle anderen Liebhaber der düsteren Kurzgeschichte führt wohl kein Weg an dieser Anthologie vorbei. Und durch die Fokusierung auf die Knochenkirche, in der der Leser sich von Geschichte mehr wie zu Hause vorkommt, erhält die Sammlung ihre ganz besondere Note.
Mein Fazit lautet: Wer sich dieses Buch kauft, der beschenkt sich selbst.
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