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Dan Shocker's Larry Brent - Hermanns Lesereise: Folge 1 Häuser, Schlösser, Kabinette

Hermann's LesereiseFolge 1
Ein Haus, ein Schloss und ein Wiedergänger

Larry Brent von Dan Shocker ... Das war 1968 die Initialzündung für den Horror im Heftroman. Die letzte Erfolgsstory dieser Publikationsform. 1967 machte Jürgen »Dan Shocker« Grasmück Heinrich Ernst, den Verlagsleiter des Zauberkreis Verlages von seiner Idee einer Krimiserie mit Gruselelementen (nach Vorbild der Wallace- und Hammer-Filme überzeugt). Im Sommer 1968 erschien der erste Roman.


Jürgen Grasmück (1967) Jetzt ist es an der Zeit mal einen längeren Blick auf die Romane zu werfen ...

Auf gehts mit der (Lese-)Reise durch die Abenteuer des ersten Horrorheftserienhelden, der vor bald fünfzig Jahren den Ideen des Südhessen Jürgen Grasmück aka Dan Shocker entsprang. Diese Serie war die Erste und erfüllte Grasmücks Traum. Er war Horrorfan und wollte Romane dieses Genres schreiben. Schon viele seiner Science Fiction-Romane hatten unheimliche Elemente. Bereits 1962 hat er »Frankenstein« in einem Leihbuchzweiteiler nacherzählt, wobei die Hetzjagd zwischen Monster und Schöpfer nicht im ewigen Eis, sondern auf der Venus endete. Als Jay Grams hatte Grasmück seine Vorliebe für das Genre demonstriert.

Doch der Verlag wollte zu Anfang nicht gleich ins Übernatürliche. Gruseln ja, aber mit realer Magie und Monstren? Man wollte eher in das Reich der beliebten Edgar Wallace Verfilmungen deutscher Provenienz. Da irrten Mönche, blinde Mörder und andere unheimliche Gangstergestalten umher, die aber immer wieder menschlich waren. Jürgen Grasmück höhlte den Stein des Verlagswiderstandes mit jedem Roman aus und brachte mehr und mehr übernatürliche Elementen in die Romane ein ... Dabei nahm er auch die Science Fiction zur Hilfe, die nun seine Horrorromane bereicherte. Der Erfolg seiner »Grusel-Krimi« war dabei sicherlich nicht hinderlich mehr und mehr Übersinnliches, Magie und Monstren in die Handlung zu werfen. Dabei zeigte Grasmück im Laufe der Zeit aber auch, dass es Unheimliches auch jenseits der Hölle gab ...

... aber ich eile den Ereignissen voraus.


Das Grauen schleicht durch Bonnards HausDer erste Roman erschien im Spätsommer 1968 als Silber-Krimi 747 (Grusel-Krimi Nr. 1) und trägt den Titel »Das Grauen schleicht durch Bonnards Haus«. Wie ich immer wieder sage, ist der erste Roman (die erste Folge) einer Serie immer die schwierigste aller Folgen. Es geht nicht nur darum, etwas Spannendes zu erzählen, sondern auch die Personen einzuführen, das Thema zu etablieren und das Setting zu präsentieren. Zudem kam hier noch dazu, dass er für den Heftroman etwas Neues zu etablieren versuchte und das im Grunde in einer genrefremden Serie. Was macht man da also: Man erfindet Polizisten, die (weltweit) das Außergewöhnliche und (möglicherweise) Übernatürliche im Auftrag einer multinationalen Agentur namens »PSA« jagen und coole Decknamen wie ›X-Ray‹ haben.

Einer dieser Polizisten ist Henry Parker alias X-Ray 18, der sich in Frankreich auf die Spur eigentümlicher Morde setzt, die an Vampire erinnern. Aber der Mann mit dem Decknamen X-Ray 18 stirbt beim Angriff einer Riesenfledermaus. 

In diesen Fall wird ein FBI-Agent namens Larry Brent, der auf Urlaubsreise durch Frankreich ist, verwickelt, der dann dahinter kommt, dass da ein wahnsinniger Wissenschaftler versucht mittels mutierter Riesenvampirfledermäuse eine ägyptische Prinzessin wieder zum Leben zu erwecken.

Dabei gerät Brent ins Visier des blinden Chefs der PSA ...

Der Anfang ist gemacht. Das Szenario steht. Larry Brent wird uns in die geheimnisvolle Welt des (beinahe) Übernatürlichen als Agent der geheimnisumwitterten PSA einführen. Ein klassischer Trick, denn einem Außenseiter muss man so manches erklären und der Autor erspart sich entweder peinliche Dialoge (in der sich Wissende über Bekanntes unterhalten) oder lange erzählerische Passagen. Nein, er nimmt Larry Brent als Agent in Ausbildung, um uns in die Welt der PSA näher zu bringen. Das ist ein Thema des zweiten Romans.

»Das Grauen schleicht durch Bonnards Haus« ist eine überraschend gute Nummer 1. Der Roman ist spannend und gut geschrieben, führt spannend ins Thema ein. Dazu kommt, dass Jürgen Grasmück uns hier in eines seiner zentralen Themen einführt. Wie er selbst immer sagte, seinen seine Erfahrungen mit Ärzten ursächlich dafür, dass er immer den Typ des ›Mad Scientist‹ als Gegenspieler für Larry Brent (und auch Björn Hellmark) ins Rennen schickte. Und ja, das hier ist einer.

Man merkt fast, dass hier ein Autor einen Traum erfüllt bekommen hat und er diesen nicht durch einen nur routiniert heruntergeschriebenen Roman ruinieren will. Das ist herausragender Heftroman, den Jürgen Grasmück hier präsentiert.


Die Angst erwacht im TodesschlossMit Silber-Krimi 753 (Grusel-Krimi Nr. 2) »Die Angst erwacht im Todesschloss« gehen die Abenteuer Larry Brents in die zweite Runde.

Larry Brent hat seine Ausbildung zum Agenten der PSA abgeschlossen und wird gleich daruf gekidnappt und von einigen Kapuzenmännern zu eben dieser total geheimen Organisation befragt. Als er hartnäckig schweigt wird er in einen Raum gesperrt, dessen Wände sich bewegen und ihn zu zerquetschen drohen (nein er ist nicht im Todesstern, der ja noch ein paar Jahre in der Zukunft ist). Brent erkennt jedoch den Ausweg und als er durch die Wand bricht wird er von einem fröhlichen Russen namens Jwan Kunaritschew alias X-Ray 7 erwartet, der ihn davon unterrichtet, dass er den Abschlusstest bestanden habe.

Gemeinsam werden die beiden Agenten nach England geschickt. Dort heben sie eine Gangsterbande aus, die mittels Hologrammen die Illusion von Geistern erzeugt haben. Als man nach gelösten Fall noch in dem Schloss beisammen sitzt, beginnt ein Klopfgeist seinen Dienst (das erste übersinnliche Phänomen).

Ja. Auch der zweite Band weiß zu überzeugen. Gut, spannend und sehr dicht geschrieben. Und ja: Noch ist es nur ein Krimi zum Gruseln. Die vermeintlich übersinnlichen Phänomene stellen sich als gestellt heraus, was der Spannung in letzter Konsequenz keinen Abbruch tut.

Was - inzwischen - ein wenig stört sind die Kapuzenmänner, die Larry Brent während seines Abschlusstestes verhören. Das wirkt heutzutage ein wenig altbacken, entspricht aber den damals gängigen Bildern,, die bis in die achtziger Jahre hinein durchaus gängig blieben (dank [Privat-]TV und Videoboom). Aber darüber ist selbst der B-Horrorfilm inzwischen weitestgehend hinaus. Diese Kapuzenmänner sind exemplarisch für so manches Bild, das dem heutigen Zeitgeist nicht mehr entspricht. Auf solche Elemente werden wir immer wieder stoßen. Mit leicht veränderten Bildern aber könnten auch die frühen Romane um Larry Brent heute noch erscheinen. Die Plots haben eine gewisse zeitlose Spannung. Manche der Zutaten stammen aus einer anderen Zeit.

Zur Rolle der PSA werden wir uns anderer Stelle (passend erscheint mir unter anderem der Roman »Die Pest fraß alle«) ein paar Anmerkungen machen. Nur soviel: Es erscheint klug, die PSA einfach als gegeben hinzunehmen und nicht zu hinterfragen. Das ist eine Institution an die man als Leser glauben muss. Sonst wird man damit nicht warm. Aber das ist heute mit so manch Organisation (auch und gerade abseits des Heftes) nicht anders. Abers schon hinter der Abkürzung verbirgt sich ein kleiner Treppenwitz, denn die PSA ist nicht etwa die ›Paranormale‹ Spezialabteilung, sondern die »Psychoanalytische Spezialabeilung«. Die Bezeichnung ist eher abstrus. Es heißt in der Wikipedia dazu:

Die Psychoanalyse (von griechisch ψυχή psychḗ ‚Atem, Hauch, Seele‘ und ἀνάλυσις analysis ‚Zerlegung‘, im Sinne von „Untersuchung, Enträtselung der Seele“) ist eine psychologische Theorie und psychotherapeutische Behandlungsform, die um 1890 von dem Wiener Neurologen Sigmund Freud begründet wurde. Aus der Psychoanalyse haben sich später die verschiedenen Schulen der Tiefenpsychologie entwickelt.

Aber der Begriff war damals gerade in Mode und erschien Geasmück offensichtlich passend. Der Leser musste damit zu leben lernen. Wie gesagt: An die PSA muss man glauben ...

Im Kabinett des GrauensBis heute zählt der Silber-Krimi 761 (Grusel Nr. 3) »Im Kabinett des Grauens« zu meinen Lieblingsromanen von Dan Shocker. Das Heft ist großartig und spannend, sei es als Heft oder in der erweiterten Taschen- bzw. Leihbuchedition.

Die PSA wird auf eine mysteriöse Mordserie in England aufmerksam.  Derry Cromfield, ein hingerichteter Serienmörder, scheint von den Toten auferstanden zu sein und die Beteiligten (nebst Familienangehörige) an dessen Prozess und Hinrichtung sterben eines unnatürlichen Todes.

Jwan Kunaritschew wird angeschossen und Larry Brents Laser ist wirkungslos gegen Cromfield. Larry Brent scheint machtlos gegen den offensichtlichen Wiedergänger Cromfield, der Rache aus dem Grab zu nehmen scheint. Aber dann kommt Larry Brent hinter das Geheimnis eines Wachsfigurenkabinetts und dessen Besitzer, der der Bruder Cromfields ist und dessen in Wachs gekleidete Leiche mittels geistiger Kräfte zu einem Scheinleben erweckt und damit die Rache vollzieht ...

Der Roman ist am besten mit ›sau spannend‹ umschrieben. Er ist einfach mitreißend geschrieben. Man nimmt dem Autor auch nicht übel, dass er die geistigen Kräfte des Bruders »Sonambulismus« nennt, was nichts anderes als Schlafwandeln heißt. Dennoch klingt der Begriff erst mal sehr griffig und unheimlich. Ich musws gestehen, dass ich hinter das Geheimnis des Sonambulismus erst Jahre nach der ersten Lektüre gestiegen bin. Es verhält sich fast wie bei der ›PSA‹.

Aber die Atmosphäre ist dicht, die Spannung hoch, die Actionszenen mitreißend. Hier stimmt vieles was einen spannenden Roman ausmacht. Es geht hoch her und man fühlt förmlich die Nebelschwaden. Der Roman hat mich wieder begeistert. Dieser Roman hat auch wenig Patina angesetzt und es zeigt sich, dass man mit einem - scheinbaren - Zombie mindestens soviel Spannung wie mit mehreren hundert oder tausend erzielen kann. Die Masse macht es nicht immer.

Jürgen Grasmück hat drei starke Auftaktromane hingelegt, die - sieht man von einigen Zeitgeisterscheinungen und Modebegriffen ab - voll zu überzeugen wissen. Das ist mitreißende Unterhaltung.

Ich bin erfreut auf diese Lesereise gegangen zu sein. Mal gucken was da die Zukunft bringt.

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Kommentare  

#16 Alter Hahn 2015-05-07 12:25
In unseren gemeinsamen Gesprächen wurden Comics auch nicht behandelt. Jürgen sprach zwar Englisch, ob er sich aber die Mühe gemacht hätte, englische Texte zu lesen, ist fraglich - mir ist das auch zu nervig und W.K.,Giesa hat es auch nicht getan. Bei Hugh Walker wäre das anders,. Er ist auch Übersetzer. Aber auch bei Hubert dominieren Bücher und Hefte. An Comics in seiner Bibliothek kann ich mich nicht erinnern.
#17 Heiko Langhans 2015-05-07 18:14
Die Vermutung kann damit wohl ad acta gelegt werden. Die Inspirationskette geht also doch "nur" über James Bond und Solo für ONKEL von der einen Seite (beides eben auch die Vorlagen für den SHIELD-Strip) und den Edgar-Wallace Filmen (Romanen?) auf der anderen Seite. Hat ja auch funktioniert.
#18 Thomas Mühlbauer 2015-05-07 20:49
Nur weil Jürgen Grasmück seine Sammlung nicht in aller Öffentlichtlichkeit präsentiert hat, heißt natürlich nicht, dass er von diversen Bildschriften gänzlich unbeleckt war:

www.danshockers-fanshop.de/flohmarkt/floh.php

:D
#19 Harantor 2015-05-07 20:55
:P Ein paar Alben waren zu sehen, aber Hefte von Marvel und DC nicht ... :lol:
#20 Thomas Mühlbauer 2015-05-07 21:04
Das vielleicht nicht, aber Comics generell waren durchaus vorhanden.
#21 Harantor 2015-05-07 21:13
zitiere Thomas Mühlbauer:
Das vielleicht nicht, aber Comics generell waren durchaus vorhanden.


Wir sollten uns Deiner Weisheit beugen ... :lol:
#22 Thomas Mühlbauer 2015-05-07 21:27
Was ich natürlich nie verlangen würde... :-*
#23 Thomas Mühlbauer 2015-05-07 21:51
Nicht doch, zumal ich mit dieser Weisheit selbst VerSorgt worden bin...
#24 Harantor 2015-05-07 22:04
der hat Vielleicht bzw. Sicher noch mehr Weisheit in Sachen Comics

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