Die Vampire und Dirk - Der Vampir-Horror Roman: Das Blutmal
Der Vampir-Horror-Roman
Das Blutmal
Das Blutmal
Mein Senf
Der Fall der Anna Göldin, auch Göldi genannt, ging vor fast 250 Jahren durch die Presse und wurde von den Behörden im schweizerischen Glarus als klarer Fall von Hexerei behandelt. Sie soll das Kind der Tschudis mit einem Schadenzauber mittels einer vergifteten Nadel belegt haben. Daraufhin beschwerte sich das Kindermädchen wegen der schlimmen Verleumdung bei den Stadträten und bekam den Rat das Land zu verlassen, was sie auch tat. Angeblich spuckte die verhexte achtjährige, Anne Miggeli Tschudi, rostige Nägel und gebärdete sich recht ungeheuerlich und wenig altersgerecht. Man fing die Flüchtige Göldi wieder ein, folterte sie um ihr ein Geständnis zu entlocken und machte ihr den Prozess. Das Richtschwert hatte dann das letzte Wort. Vorher hat sie aber noch den Zauber vom Kind genommen (!). Die Gründe für die Anklage dürften aber andere gewesen sein, denn Annas Dienstherr, der Arzt Johann Jakop Tschudi, hatte angeblich ein Verhältnis mit seiner Magd. Wäre das herausgekommen, hätte er seine Privilegien und sein Ansehen eingebüßt. Ein triftiger Grund, die lästige Zeugin loszuwerden. Ein Teil der Bevölkerung, immer noch im Hexenwahn der Inquisition gefangen, bzw. kam der Hexenwahn gerade wieder in Mode, wollte die junge Frau auf dem Scheiterhaufen brennen sehen, aber so weit ging man dann doch nicht. Annas Fall markierte am 13. Juni 1782 den Übergang zwischen Hexenwahn und Aufklärung. Anna Göldin wurde erst 2008 offiziell rehabilitiert. Wer genaueres über diesen Prozess erfahren möchte, wird im Netz übrigens gut mit Informationen versorgt.
Der Autor Jens Lindberg hatte also eine geschichtlich fundierte Vorlage für seinen Roman benutzt und die Story in die Neuzeit transportiert. Für spannende 65 Seiten hat es meiner Meinung nach gereicht, da habe ich schon schlechtere Verknüpfungen mit wahren Begebenheiten gelesen. Lindberg hat sich zumindest halbwegs an die überlieferten Fakten gehalten und sogar die Namen der damals Beteiligten verwendet. Natürlich weiß der aufgeklärte Mensch von heute, dass es keine Hexen gibt (obwohl es Frauen gibt, die behaupten welche zu sein) und die Prozesse oft dazu dienten, unliebsame Personen loszuwerden. Wie skrupellos die Gerichte damals vorgingen, ist schon erschreckend. Oft reichte eine Denunzierung bzw. Falschaussage einer höher gestellten Person oder ein paar Gerüchte aus der Nachbarschaft, um dem einfachen „Bürger“ seiner Rechte zu berauben oder sogar einen Kopf kürzer zu machen.
Am Anfang des Romans habe ich noch angenommen, es handelt sich um eine dieser Liebesgeschichten mit ein paar Gruselelementen, doch spätestens nach dem zweiten Suggestiv-Mord entzweite sich das Pärchen und man belauerte sich gegenseitig. Zuerst mordete Anna aus reiner Freundschaft und hinterher aus purer Rache. Nur der selbstgefällige und etwas arrogant wirkende Professor Idusch (Tschudi), der ja eigentlich ein direkter Widersacher ihrer Ahnin war, kam vergleichsweise glimpflich davon. Gut, er hat seine Fehler eingesehen und bei der Hexe um Mitleid für Frau und Kind gebeten, woraufhin sie auch seltsamerweise milde reagierte. Konsequenterweise hätte sich die Hexe aber an ihm austoben müssen. Statt dessen mussten Unbeteiligte dran glauben, was die Figur der Anna nicht unbedingt freundlich erscheinen ließ. Die Entfremdung der zwei Liebenden war ein wenig zu langatmig beschrieben und füllte unnötig ein paar Seiten. Ein wenig hatte ich das Gefühl, dass der Autor nicht so recht wusste, wem er jetzt die Rolle des Sympathieträgers zugedacht hatte, denn so richtig ans Herz gewachsen ist mir niemand. Die Figuren im Roman handelten doch eher kühl und steril, außer vielleicht der Kumpel Menz, so ein Typ dreizehntes Semester. Am Ende wurde es heiß. Gemeint ist der schnelle Abgang der Hexe (und nicht der oft erwähnte enge Lederanzug) die Artgerecht und standesgemäß verbrannte. Ein durchdachter, spannender Schluss sieht irgendwie anders aus. Bei ihren starken Fähigkeiten, sie brachte über Kilometer entfernt Leute zum Selbstmord, würde es mich nicht wundern, wenn sie den Unfall überlebt hat. Ähnlich wie die Hexe bei Harry Potter, die sich dutzende Male mit großem Getöse hat verbrennen lassen, weil sie die angsterfüllten Gesichter des grölenden Mobs so gerne sah, wenn sie wie Phönix aus der Asche mit dem Besen über ihre Köpfe hinwegflog.
Um die Handlung etwas zu pimpen, klebte Lindberg noch eine ordentliche Portion Peter Blatty hinten dran, der ja, mit seinem Buch „ DER EXORZIST“ von 1971, ein beliebter Vorlagengeber für viele Romane war. Zudem noch eine Messerspitze Rosemarys Baby und wahrscheinlich hat er zusätzlich den ersten Vampir Roman vom Verlagskollegen Hugh Walker, dessen erster Roman für die Serie ebenfalls nichts für besorgte Eltern war, gelesen. Hier übertrieb der Autor Lindberg aber dann doch etwas mit dem wenig wonneproppigen Elternschreck, denn das Baby war ein echtes Schwergewicht – auch fürs Gemüt. Das Kind fluchte direkt nach der Geburt wie ein gesichtstätowierter Hafenarbeiter und bekommt seine Milch nur mit Fusel runter. Linda Blair lässt grüßen. Es hätte ja auch gereicht, wenn das Neugeborene mit Turnschuhen und Socken auf die Welt gekommen wäre. Der Roman hatte aber auch etwas positives. Hier war mal ein neuer Autor am Werk, dessen Stil ich noch nicht einordnen konnte. Vielleicht hätte mir seine Schreibe ja gefallen, Ansätze waren vorhanden. Oder steckt hinter Lindberg gar ein bekannter Autor und mir fehlt nur die nötige Kenntnis, dieses zu erkennen. Dann nehme ich alles zurück. Zu spät...
Bei aller Recherche bekommt man nichts, aber auch gar nicht über Jens Lindberg heraus und weitere Romane von ihm sucht man vergeblich. Ein One-Roman Wunder (naja) wenn man so will. Das der Mann (oder Frau) aus Deutschland kam ist wahrscheinlich, denn der Roman spielt eindeutig im süddeutschen Raum. München wird hier irgendwo mal beiläufig als Uni-Stadt erwähnt. Die Gründe, warum man nichts über seine Person herausfindet sind also ungewiss. Vielleicht hat hier tatsächlich ein bekannter Autor ein neues Pseudonym ausprobiert (obwohl der Schreibstil nicht gerade Wiedererkennungswert hat) oder irgendein „Student“ hat mal eben seine knappe Haushaltskasse aufgebessert. Linberg kannte sich nämlich mit dem Studentenleben prima aus. Ein Studierter also. Überhaupt hat sich der Autor um einen saloppen Sprachgebrauch bemüht, zumindest für damalige Verhältnisse. Eben ein Roman seiner Zeit, samt dem dazugehörigen VW Käfer...
Was gab es sonst noch?
Thole verteilte Küsschen. Eine klasse Idee, denn der pinke Lippenstift gab dem Cover eine super schmusige Hintergrundbemalung und war ein krasser Gegensatz zur unteren Hälfte des Bildes. Das Gesicht der „Hübschen“ mit den großen Augen hat etwas magisches, hypnotisierendes und ein wenig Brust musste natürlich auch sein. Ein gelungenes Bild mit Pop-Art Elementen. Der Afro, den die Dame auf dem Kopf trägt, war zu dieser Zeit absolut angesagt. Sogar Paul Breitner hatte einen. Er war, nach eigener Aussage, jahrelang Gefangener seiner eigenen Haare.
Es ist schon eine Weile her, dass ich mal solche Briefe mit Lippenstift verzierten Kussmund bekommen habe, aber dunkel kann ich mich noch daran erinnern. Irgendein armes Mädchen mit Geschmacksverkalkung, eine Klasse unter mir, hat sie damals verschickt. Hinterher kam heraus, dass der Brief falsch zugestellt wurde und sie an mir keinerlei Interesse hatte. Mädchen! Eine damalige Bekannte hatte sogar eine ganze Wand abgeknuscht um ihr Zimmer zu verzieren. Ich zog die Variante der aufgeklebten Zigarettenschachteln als Schallschutz für ungetrübten Musikgenuss vor. Ob es was gebracht hat können nur die Nachbarn beantworten, aber ich denke mal, wenn ich mich recht an ihre grimmigen Gesichter erinnere, eher nicht.
Ich weiche vom Thema ab...
Die Bertholds waren wie immer recht schrecklich anzusehen. Besonders das Große mit dem erdrosselten Veit (heraushängender Zunge und hervorquellende Augen) war schön schaurig.
Jens Lindberg hat es zudem geschafft ohne die kleinen Zeichnungen auszukommen, die normalerweise die Kapitel trennen. Nummerierungen gab es auch nicht. Nur eine Freizeile trennte die einzelnen Abschnitte. Irgendwie habe ich die kleinen Särge und Vampire vermisst...
Kommentare
Sollte mich nicht wundern, wenn Lindberg irgendein Mainstream- oder Literaturautor gewesen wäre, der mal ein Heft schreiben wollte. Der Roman passte ganz gut in die frühen VHRs, als sich das Schema F noch nicht rausgebildet hatte.
Lindberg hatte zwar nicht das Rad neu erfunden aber sein Roman passte schon zu den VHRs, bzw. hat nicht gestört. Immerhin. Der Fall Göldi sagte mir vorher auch nicht viel. Da kann man mal sehen, dass Heftromane doch nicht nur Schund waren sondern auch lehrreich...
Thomas Mühlbauer danke fürs Lob