Christian Montillon - Tamaran-Zyklus Band 2: Sternenfall der Goldenen
Montillon schließt nahtlos an die Handlung des ersten, noch von Kneifel verfassten Tamaran-Bandes an: Mitte des sechsten Jahrhunderts vor Christus befreit Atlan als sagenumwobener weißer Krieger das Helle Volk aus der Sklaverei und führt es aus Ägypten einer selbstbestimmten Zukunft in einem mythischen Inselreich entgegen, wie es die alte Prophezeiung von Sais geweissagt hat. Doch der Weg dorthin ist äußerst beschwerlich und für einige Teilnehmer des Trecks auch tödlich. Dabei zählen Atlan und seine Getreuen nicht nur die unerbittliche Natur der nordafrikanischen Steinwüste zu ihrem Gegner, vielmehr gibt es offenbar in den eigenen Reihen einen geheimnisvollen Mörder, dessen Motiv dem Arkoniden zunehmend Rätsel aufgibt. Der Unbekannte schlägt wie ein Phantom mit außerirdischer Technik zu und kann deshalb seine Spuren lange erfolgreich verwischen.
Den Zug des Hellen Volkes Richtung westafrikanische Küste und die Jagd auf den unbekannten Mörder verwebt Christian Montillon zu einer sehr spannenden, nie langweiligen Mischung aus Abenteuer- und Kriminalroman. Dabei setzt der Autor wirksam Schockmomente ein, etwa bei der mitunter plastischen Schilderung des grauenhaften Endes der Mordopfer. Montillon hat gleichwohl auch beim Kneifel gelernt und versieht seine Romanhandlung mit in jeder Hinsicht stimmigem Lokal- und Zeitkolorit. Dabei sind die großen historischen Zusammenhänge nicht unbedingt das Ding des Autors. Aber das menschliche Alltagsleben im sechsten Jahrhundert vor Christus kommt atmosphärisch dicht beim Leser an. Manchmal in einer Detailfreude, an die sich selbst ein Kneifel wohl nicht so gewagt hätte.
So schildert Montillon handwerklich sicher korrekt die Schlachtung von Ziegen. Bei dem folgenden Festmahl werden Atlan über dem Feuer gegrillte Fleischbällchen angeboten, nur mit wenig Salz bestreut und mit etwas Öl bestrichen. Der Arkonide, sicher im Verlauf der Jahrtausende einiges gewohnt, greift beherzt zu und nahm den gesamten Ziegenhoden in den Mund und zerbiss ihn. Er schmeckte saftig, herb und ein wenig schleimig. Köstlich.
Das ist, um mit einem Terminus aus der Rhodan-Serie zu sprechen, das Leben an sich. Meine Lieblingsstelle in diesem zweiten historisch-phantastischen Roman des Tamaran-Zyklus.
Keine Frage, dass Atlan und seine Freunde am Ende den Mörder stellen. Seine Identifizierung wirft aber eher neue Fragen auf. Rätsel werden daher auch den weiteren Weg des Hellen Volks unter der Leitung von Atlan begleiten. Rhodan-Autor Marc A. Herren will sie im dritten Band des Tamaran-Zyklus lösen. Montillon hat eine lesenswerte Vorlage abgeliefert, die für die Schlusserzählung viele Erwartungen weckt und für die Atlan-Zeitabenteuer neue Akzente gesetzt hat.