Durham, David Anthony: Acacia (Broschiert)
Acacia -
Macht und Verrat
Acacia. Book One: The War with the Mein
von David Anthony Durham
Deutsch von Norbert Stöbe
Wie beschreibt man den
Inhalt und die Wirkung eines Buches mit 800 Seiten von dem man weiss, dass es
noch zwei weitere geben soll? Im Fall von Acacia fällt mir dies schwer, zu
vielschichtig ist das Buch, zu vielfältig meine Eindrücke.
Acacia entführt in eine
Welt, die weit entfernt von einem eindimensionalen Gut-Böse-Schema entfernt
ist. Gerade das macht es meiner Ansicht nach auch so packend - trotz gewisser
Schwächen, die dazu beitrugen, dass das Lesen lange dauerte (mal abgesehen von
der schieren Länge).
Die Handlung hat kein
klares Zentrum, keine klare Hauptperson. Es gibt einen Kern von Akteuren um die
sich die Erzählung entspinnt. Da sind zum einen die Kinder des ermordeten König
Leodan Akaran, die nach dem Tod des Vaters in alle Winde verstreut werden, zum
anderen die beiden Brüder Hanish und Meander aus dem Volk der Mein aus dem
Norden. In einem engen Geflecht bewegen sich eine ganze Gruppe anderer Personen
durch die Handlung.
Als einen zentralen Satz
empfand ich folgenden Ausspruch:
(Der Kartenausschnitt links führt zu einer großen Darstellung der Karte)
Erwachsene Männer (...) müssen Widersprüche aushalten können. Nur Narren glauben, alles müsse eindeutig sein (S. 232)
Hephron ist es, der diese entscheidenen Worte zu Aliver sagt, Sohn des ermordeten Leodan Akaran und damit designierter Nachfolger auf dem Thron von Acacia. Der Satz fällt als Aliver von den politischen Realitäten erfährt, in deren Schraubstock sein Vater steckte.
Es gibt einige dunkle Geheimnisse der Macht, die es den Akaren erst möglich gemacht hat an die Herrschaft über die "bekannte Welt" zu gelangen und sie über viele Jahrhunderte zu halten. Eines davon ist der "Nebel", eine mysteriöse Droge, die von jenseits der Grenzen der bekannten Welt von einem weitgehend unbekannten Volk importiert werden. Die Bezahlung ist ebenso grausig wie teuer: Kinder. Jede Provinz, jedes Volk muss eine gewisse Anzahl an Kindern "zur Verfügung" stellen, die dann zu jenem Volk gebracht werden. Wozu? Das weiß in Acacia niemand.
Niemand? Doch, es gibt sie: Die Händlergilde. Durch ihre Vormachtstellung auf den Meeren sind sie es, die den Handel zwischen dem unbekannten Volk der Lothan Aklun und der bekannten Welt
Eine Meinung zu dem Buch bildet(e) sich bei mir auf verschiedenen Ebenen.
Da ist zum einen die Geschichte an sich: Bisher ist sie nichts absolut Neues (wo gibt es auch wirklich etwas Neues?) Es geht um Verrat und Krieg, Liebe und Tod, Treue und Mystik. Dabei gelingt es Durham meiner Ansicht nach durchaus die Handlung in spannenden Strängen verlaufen zu lassen. Interessant fand ich die Komposition der Handlung. Immer wenn ich während des Lesens dachte "Uff, jetzt wird's langsam langweilig" macht die Geschichte einen Sprung und ich fand mich in einer anderen Situation mit spannender Aktion wieder.
Nicht sehr befriedigend war für mich die Darstellung und der Einsatz der Santhot, einer Zauberergruppe. Es wirkte ein bisschen als hätte Durham die Notwendigkeit einer magischen Macht auf Seiten der Arkaner gesehen und sich überlegt wie das Gegengewicht zu der magisch/mysthischen Gruppe auf Seiten der Mein aussehen könnte.
Die andere, für mich viel bewegendere Ebene ist die der politischen und geschichtlichen Verflechtungen. Mit sehr viel Gespür (da bin ich einer Meinung mit Kay Meyer, der auf der Rückseite des Buches zitiert wird) bildet Durham Realitäten ab. Wer sich in die Wege der Politik begibt wird mit gewisser Wahrscheinlichkeit mit der Tatsache konfrontiert werden, dass es keine weißen Westen gibt. Abhängigkeitsverhältnisse entstehen fast von selbst, denen man sich kaum entziehen kann, die man teilweise "erbt" oder die sich erst im Laufe der Zeit wie Albträume offenbaren.
So ist Leodan Akaran als König von Acacia liebender Vater, strahlender König in unvergleichlicher Pracht, drogenabhängiger alternder Mann, verantwortlich für politische Morde, die Entführung von Tausender Kinder. Feige, mutig, klug, dumm, abhängig ... und das alles in einer Person. In ähnlicher Weise gelingt es dem Autoren bei (fast) allen geschilderten Personen eine Identität mit Tiefe zu schaffen. Und gerade das ist es dann auch, das die unterschiedlichen Motive und Haltungen fast aller (Haupt)Akteure nachvollziehbar und teilweise verständlich macht.
Sie begriff, dass die Welt ein Tanz aus zahllosen Schicksalen war. In diesem Tanz war sie nichts weiter als eine einzelne Seele. (S. 350)
Dieser "Tanz des Schickals" ist es, der mich gepackt hat und mich wieder zu Horst Eberhardt Richter und seinen Ansichten zum Thema Leid und Schicksal führte und die Frage aufwarf, welche Bedeutung ein einzelnes Leben im großen Weltgeschehen hat. Manches Mal, so kann man zwischen den Buchdeckeln von Acacia erleben, eine durchaus große - wenn einen der Mantel der Geschichte streift.
Zum zweiten Band schreibt David A. Durham in seinem Forum: "I should mention that The Other Lands doesn't pick up exactly where the first book left off. It's a few years later, but that's a small thing. It's still very much about the characters dealing with life after the events of the last novel. And very much about the whole host of new stuff that arrives to complicate things."
Link zu einem Auzug in Engl: http://davidanthonydurham.com/excerpts.html
Quelle der Fotos und Abbildungen: http://davidanthonydurham.com
Kommentare
Die Personen sind mir fremd geblieben, Spannung konnte ich kaum finden, und was ich persönlich am schlimmsten fand, war der Mangel an Dialogszenen im Buch. Ellenlange Beschreibungen, aber kaum Gespräche. Selbst Szenen, in denen Leute miteinander sprechen, wurden gewissermaßen von außen wiedergegeben, also in erzählter Form.
Nach 250 Seiten habe ich enttäuscht aufgegeben. Schade, ich hatte mir mehr erhofft.
Damit will ich jetzt deine Rezi in keinster Weise angreifen. Ich will nur sagen, dass ich eben anderer Meinung war, ohne behaupten zu wollen, ich hätte Recht und du Unrecht. Ich bin halt eben, wie gesagt, schlicht anderer Meinung.
(Sry an alle, die ich damit nun in einen Gewissenskonflikt stürze, weil sie nun an gleicher Stelle zwei völlig verschiedene Ansichten vorfinden... )
Es hat zweifelslose seine Längen. Interessant finde ich, dass die Personen dir fremd blieben. Ich habe überlegt woran es liegen könnte, dass ich es anders empfand. Vielleicht war es die Tatsache, dass es (mit Ausnahme von Aliver, der ja noch am ehesten der "edle Held" ist) keine einfachen Personen gab. Sie hatten alle viele Gesichter.
Schade, dass du nicht weiter gelesen hast. Mich würde interessieren mit dir drüber zu diskutieren.
Ich hätte auch nie das Gefühl gehabt, dass du deine Meinung über meine stellen würdest :-). Das entspricht dir nicht ... und war auch nicht entsprechend formuliert