Hambly, Barbara: James Asher/Vampire-Serie

CoverJames Asher/Vampire-Serie
1. Jagd der Vampire (1992)
(Those Who Hunt the Night; 1988)
Bastei; Allgemeine Reihe 13385
350 Seiten; Taschenbuch; 9,80 DM
ISBN: 3-404-13384-6  
Bastei Verlag
2. Gefährten des Lichts (1999)
(Travelling With the Dead; 1995)
Bastei; Allgemeine Reihe 14178
447 Seiten; Taschenbuch; 14,80 DM
ISBN: 3-404-14178-4  
Verlagsgruppe Lübbe

London 1907: Der dreihundertjährige spanische Grande, dessen ellenlanger Name sich zum Rufnamen „Don Simon Ysidro“ abkürzt, sieht sich zu sehr ungewöhnlichen Aktionen gezwungen: er nimmt Kontakt zu James Asher auf und zwingt ihn, für sich zu arbeiten, indem er dessen Ehefrau Lydia in einem komaartigen „Todesschlaf“ versetzt, aus dem nur er sie wieder erwecken kann.

Das fällt ihm nicht allzu schwer, ist er doch (siehe oben) einer der ältesten Vampire in London, und eben diese Gruppe ist es, die von einem Unbekannten bedroht wird. Dieser öffnet tagsüber Särge und setzt die Untoten dem tödlichen Sonnenlicht  aus... Asher, seit 6 Jahren als Philologie-Gelehrter in Oxford tätig, ist ein früherer, desillusionierter, aber fähiger Geheimdienstagent und es gelingt ihm, auch diesen Fall zu lösen, Ysidro und andere, darunter seine Frau zu retten, wofür beide zu Stillschweigen über die Existenz der Vampire verpflichtet werden.

Ein Jahr später tritt der umgekehrte Fall ein: Lydia sieht sich gezwungen, trotz erheblicher Ängste und Bedenken, mit Ysidro Kontakt aufzunehmen und ihn um Hilfe zu bitten. Ihr Mann ist völlig zufällig auf einem Londoner Bahnhof zwei Personen begegnet und ihnen stante pede nach Paris nachgereist, um Schaden für das Land abzuwehren (ein ungarischer Graf und Geheimagent reist mit einem der Londoner Vampire ab), was ihm aber zunächst nicht zu gelingen scheint, da der Geheimdienst seine Warnungen (einer der beobachteten sei ein Vampir...), nicht ganz unverständlich.., ignoriert. Lydia hat nur zwei Telegramme von James, aber den Beweis, dass dieser in eine Falle gelockt werden soll, was auch der Wahrheit entspricht: in Wien schafft James es gerade noch soeben, dieser zu entkommen, aber in Konstantinopel, dem Endpunkt der Reise, wird er dann doch vom örtlichen Vampirmeister gefangen und in eine Konfrontation mit anderen gezwungen, die allenthalben sehr blutig enden wird. Auch Lydia und Ysidro, der die „innervampirische Ordnung“ bedroht sieht und ihr hilft, sind darin noch intensiv verwickelt.....

Wenn die Vampire in diesen Romanen ihre Opfer tot hinterlassen, ist deren Haut wächsern-weiß, blutleer, der Lebenssaft ausgequetscht....genauso vermutet man es auch beim Thema „Vampire“, es ist ziemlich, um nicht zu sagen, „ausgelutscht“; nachdem es ohnehin wenig Spielraum für große Spekulationen und Bandbreite bietet.

Es reduziert sich ja zumeist auf: 1. es gibt Vampire; 2. sie ernähren sich von Menschenblut; 3. sie sind dadurch ziemlich „böse“ (aus Menschensicht...); 4. sie müssen bekämpft werden darob. Alles weitere ist Beiwerk und entsprechend variabel.

 

So wird in diesen Romanen mal Knoblauch und Weissdorn als schädlich beschrieben, aber je älter die Vampire sind, desto widerstandskräftiger sind sie dem gegenüber. Kruzifixe und andere religiöse Symbole bewirken rein gar nichts, dafür ist es nun Silber (Kugeln, als Nitratsprühlösung oder, handfester, tun es auch Ketten um Hals und Arme zum Schutz oder eine in der Faust gehaltene silberne Uhr als Angriffswaffe), das Vampire gar nicht mögen; was auch erklärt, dass man von ihnen selten ein Spiegelbild sieht, weil Rückseiten von Spiegeln auch oft silberbeschichtet sind und sie sich dem Glas gar nicht nähern mögen. Sonneneinstrahlung bewirkt einen „fotomechanischen Effekt“ der Auflösung des untoten Fleisches (durch schnelles feuriges Verbrennen) und weil auch ältere Vampire die Annehmlichkeiten eines warmen nächtlichen Unterschlupfes zu schätzen wissen, um nicht das Gliederreißen zu kriegen, kommt man einem der Hauptakteure dadurch auf die Spur, dass man einen Techniker ausfindig macht, der gerade Zentralheizungen installiert hat...

Man sieht daraus: Vampire sind auch nur Menschen. Und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn in diesen Romanen haben sie, zum Unterschied zu anderen, auch zutiefst menschliche Züge, sind zur Liebe fähig, haben teilweise Ehrbegriffe und sind sich der Tragik ihrer Existenz, des ständigen Kampfes, jagen zu müssen (denn es ist auch weniger das Blut an sich, von dem sie leben, sondern so was wie eine Adrenalin-Ausschüttung beim Jagen) bewusst; und manche nehmen das Ende im Feuer der Tagsonne auch resignativ bis erleichtert hin.

Das ganze ist dann in die schöne Atmosphäre kurz nach Ende des viktorianischen Zeitalters, fast schon „fin de siecle“ verpackt und tendiert eher zu kriminalistischer Handlung und angenehmer „Gaslight“-Stimmung statt zu blutigem Gemetzel; den Leser, hat er die Existenz von Vampiren akzeptiert, wird’s kaum gruseln, allenfalls (angenehm) prickeln; das wirklich Schockierende sind die wenigen Handlungen von James Asher, wenn er, Profi der er immer noch ist, manchmal tut, was getan werden muss und seinen menschlichen Widersachern Schlimmeres antut als den Vampiren...

Ein paar Ungenauigkeiten nimmt man da auch gern in Kauf (hat Albert Einstein 1908 wirklich medizinische Artikel veröffentlicht? Kann man dazumal schon von Wien nach London telefonieren? Graf Karoliy ist „als Ungar mitten im Mythenwesen der Karpaten aufgewachsen“...Und das Sprachgewirr am Wiener Bahnhof mit, wie Volkskundler Asher sicher erkennt, Ukrainisch <!>). Eher lustig sind einige Übertragungshäkchen, etwa einem „tiefgalligen Pariser Kutscher“, und wie man den Originaltitel des zweiten Bandes „Travelling with the Dead“ zu „Gefährten des Lichts“ machen kann, wird wohl einsame Logik des Übersetzers bleiben. Natürlich bleibt auch noch die Kardinalfrage: wenn die Vampire wirklich so sind wie geschildert (physisch stark, hypnotisch begabt, lautlos in der Nacht sich bewegend, kaum verwundbar, durch „gebissene Zöglinge“ jederzeit ohne Nachwuchsprobleme...),  warum sind sie dann so wenig, so gefährdet und bedroht selbst in dieser, der neuen Zeit?

Beide Romane haben zwar dieselben Hauptfiguren, sind aber auch einzeln lesbar und verständlich, wobei der zweite Band imho der wesentlich bessere ist; vielleicht, weil er 11 Jahre nach dem ersteren erschien und die Autorin sich inzwischen noch mehr entwickelt hat?

Insofern würde man sich, es sind ja schon wieder 9 Jahre vergangen, auch über einen dritten Band freuen....

Angenehmes Prickeln beim Lesen; und möge man Silber nie außer Griffweite haben......

 

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