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»Keeping Up Appearances«: Den schönen Schein wahren

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-Kolumne»Keeping Up Appearances«
Den schönen Schein wahren

„It’s Bouquet.“ Wer bei diesem Zitat anfängt zu grinsen, der kennt eine der versteckten Perlen der britischen Comedy. In Deutschland ist „Keeping Up Appearances“ tatsächlich mal kurz gezeigt worden - ZDF, 6 Folgen - aber so richtig Fuß fassen konnte die Serie um Hyacinth Bucket nicht gerade. Dabei ist die Serie von Roy Clarke ein britischer Klassiker, der bis heute gezeigt wird. Warum die Serie so amüsant ist?

Weil sie das Sprichwort „Hochmut kommt vor dem Fall“ bestens illustriert. Abgesehen natürlich vom typisch britischem Humor.

Die Buckets - ähm, Bouquets - sind gehobene Mittelklasse. Richard arbeitet im Finanzdepartment seiner Firma, Hyacinth ist Hausfrau. Eine Hausfrau, die sehr viel Wert auf Etikette und gute Umgangsformen legt. Was ja nun nichts Schlechtes ist, aber Hyacinth himmelt die englische Oberschicht, besonders den Adel, an. Sie strebt definitiv nach Höherem, merkt aber nicht, dass ihr aufgesetztes manieriertes Verhalten ihre gesamte Umgebung nervt. Dabei kommt Hyacinth eigentlich aus der Unterschicht. Was deutlich wird, wenn ihre Schwester mit ihrem Gatten Onslow zu Besuch ist. Dass ihre andere Schwester Rose ständig neue Freunde hat ist auch nichts, auf das Hyacinth wirklich stolz wäre. Natürlich ist der Gegensatz das, was die Komik in den Folgen auslöst. 

Es ist natürlich keine Serie, die deutlich Kritik an der englischen Gesellschaft übt. Es ist eine britische Comedy, die mit 30 Minuten pro Folge ein Problem anstößt und es bis zum - meistens für Hyacinth - bitteren Ende durchkeklamiert. Aber wenn man sich die etwas hysterische Hyacinth anschaut, die einen Dünkel gegenüber der Unterschicht hegt, aus der sie stammt, und Onslow, den Mann ihrer Schwester, wird doch deutlich wo Roy Clarke Sympathien liegen. Eigentlich müsste man ja Richard, Hyacitnhs Mann, bemitleiden. Der reagiert in der zweiten Staffel auch auf die Möglichkeit in Frührente zu gehen mit - sehr - gemischten - Gefühlen. Eigentlich ist die Arbeit der einzige Ort, an dem Hyacinth ihn nicht herumkommandiert. Wobei: Häufige Telefonanrufe sind auch nicht unüblich.

Dass die Fallhöhe die Komik bestimmt ist ein Gesetz des Genres. Je höher die Fallhöhe, desto größer die Komik. Das ist bei „Keeping Up Appearances“ durch den Klassenunterschied zwischen Hyacinth und ihren Verwandten gegeben. Und der könnte größer nicht sein. „Mir tun die Müllmänner leid, die können gar nicht wissen was Müll ist und was nicht“, gibt Hyacinth zu Protokoll als sie ihre Verwandten besucht. Was schon Einiges über die Umgebung aussagt. „Oh, die Spüle ist so sauber, dass man sich drin spiegeln kann“, ist noch so ein Kommentar von Hyacinths Schwester. Sprich: Mit Ordnung und Sauberkeit haben es ihre Verwandten nicht unbedingt. Zudem: Der senile Vater Hyacinths lebt noch bei Onslow - und verursacht natürlich auch noch zusätzlich Chaos.

Aber es ist der Geistliche des Ortes, der genau das feststellt, was man als Zuschauender der Serie nach und nach selber entdeckt: „Ich mag Onslow. Er fühlt sich wohl in seiner Haut.“ Nun ist Onslow weder besonders produktiv noch fleißig, aber im Gegensatz zu Hyacinth ist er selbstbewußt und straßenklug. Zudem schimmert ab und an durch, dass Onslow alles andere als dumm ist. Im Gegenteil: Onslow ist sogar ziemlich klug, aber er weiß auch, dass er mit seinem Verstand alleine nicht weiterkommt. Dazu müsste er die notwendigen Ressourcen haben. Aber gerade diesen Ansprüchen verweigert sich Onslow - weil er so sein möchte, wie er ist und nicht anders zu sein braucht.

Alles in allem kann man sich über den Hochmut, der vor dem Fall kommt mit den Buckets hervorragend amüsieren. Vielleicht kann man sich fragen, ob man nicht selbst ab und an ebensoviel Wert auf den schönen Schein legt. Anstatt einfach das zu sein, was man einfach ist. 

Kommentare  

#1 Andreasdoria 2022-10-07 09:45
Ich hab mir immer gewünscht, SHERIDAN zu sein, bei Anruf gab's immer Geld für den unsichtbaren Sohnemann.

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