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Sektierer, Piraten und Kopierer - van den Booms Scareman-Saga

0Sektierer, Piraten und Kopierer
van den Booms »Scareman-Saga«

Dirk van den Booms neue zwölfteilige Serie hat das erste Drittel hinter sich. Jeden Monat erschien ein weiterer Titel, drei von van den Boom persönlich und einer von seiner Schwester Sylke Brandt. Über den Opener habe ich unter dem Titel Van den Booms neuester Streich - Die Scareman-Saga berichtet.

Jetzt folgt ein Blick auf die Bände 2-4.


Der EineHintergrund
Jonathan Savcovic, dessen Körper durch eine heimtückische Krankheit weitgehend funktionsunfähig ist, soll als Scareman auf Akkar den technologischen Fortschritt verlangsamen oder am besten ganz aufhalten, damit die Einheimischen sich nicht zu einer konkurrierende Zivilisation entwicleln können. Leider gibt es auch einige Angehörige der mit den Menschen im Krieg befindlichen Ek-Ek auf dem Planeten. Diese dort gestrandete Schiffsbesatzung verfolgt das gegenteilige Ziel. Sie wollen die Akkari möglichst schnell ins Raumfahrtzeitalter führen, um den Planeten wieder verlassen zu können. Aber während Savcovic praktisch über unendlich viel Zeit verfügt und seinen Geist für die Einsätze in Androidenkörper runterlädt, die als Einheimische agieren können, liegen die Ek-Ek im im Tiefschlaf und lassen sich nur alle paar Jahrzehnte für kurze Zeit wecken.

Die letzten Romane
Galt es im ersten Band der Serie einen genialen Erfinder auszuschalten, der in einer den alten Stadtkulturen des Zweistromlandes ähnlichen Stadt lebt, so bekommt es Savcovic im zweiten Band mit einer religiösen Gruppierung zu tun. Unter Führung ihres Propheten Ludon, der direkte Anweisungen der Ek-Ek erhält, sollen flächendeckend Schrift, Bildung und medizinische Erkenntnisse verbreitet werden. In seinem Androidenkörper als jugendlicher Cikkid tritt Savcovic dem Kult bei. In der jungen Lidi, die ebenfalls nicht aus religiöser Neigung beigetreten ist, sondern um mehr über ihre verschwundene Mutter herauszufinden, gewinnt er eine Verbündete. Und er findet heraus, dass die Ek-Ek schon vor Jahrzehnten auch ein Zuchtprogramm für Akkari gestartet haben.

Herr des MeeresIm dritten Band "Herr des Meeres, Herr des Blutes" verschlägt es Savcovic/Cikkid ins Nordmeer. Dort ist der Pirat Gjolar zu einer lokalen Größe geworden. Seine Tollkühnheit gepaart mit seinem Talent als genialer Schiffskonstrukteur droht die technologische Entwicklung und den Handel entscheidend voran zu bringen. Savcovic/Cikkid lässt sich als Rudersklave einschleusen. Schnell gewinnt er das Vertrauen des Piratenanführers. Auch die umliegenden Handelsstädte wollen den Piraten ausschalten.

Im vierten Teil der Scareman-Saga berichtet Sylke Brandt über einen neuen Versuch der Ek-Ek, die Entwicklung der Akkari zu beschleunigen. Sie haben eine Schule für behinderte Kinder eingerichtet, die üblicherweise von den Einheimischen ausgesetzt oder getötet werden. Dort werden Bücher mit fortschrittlichen Formeln von den Kindern per Hand vervielfältigt und anschließend überall verbreitet. Anders als van den Boom, der seine Romane aus der Sicht des Scaremans schreibt, den er als abgeklärten Mann mittleren Alters beschreibt, berichtet Brandt zunächst aus der Perspektive von Kattek, der einer geheimen von Savcovic ins Leben gerufenen Organisation angehört, und dann aus der Sicht von Pukka einem jungen Akkari-Mädchen, das in der Schule lebt. Um die Kinder zu schonen entscheidet sich Savcovic gegen Rat seines Stationscomputers Max, der die Vernichtung der Schule empfiehlt. Stattdessen startet er ein kleines Überfallkommando. Leider wird die Gruppe erwischt und Cikkid gerät in Gefangenschaft.

Fabrik der ZahlenMein Kommentar
Die Scaremanserie schreitet voran. Da jeden Monat ein neuer Titel erscheint, gibt es keine langen Wartezeiten. Die Themen der einzelnen Romane sind in sich abgeschlossen, aber es gibt auch übergreifende Entwicklungen. Savcovic gewöhnt sich mehr und mehr an das Leben als Akkari, geht sogar für ein paar Jahre eine Liason mit einer Einheimischen ein. Die Beziehungen zwischen Savcovic und seinem Stationscomputer Max spitzen sich dagegen langsam aber sicher zu. Schon hat die Rechenmaschine die völlige Auslöschung der Akkari durch die Zündung einer Novabombe als Alternative auf dem Schirm. Der Scareman lehnt einen Genozid ab, ist sich jedoch bewußt, dass er nur hinhaltenden Widerstand leisten darf, indem er z.B. kategorisch ablehnt, Kinder zu töten. Die Frage ist, wielange das gut gehen kann, bevor Max ein Scareman-Upgrade beschließt.

Aber auch bei seinen Gegnern, den Ek-Ek, gibt es Probleme. Die Drogenvorräte an Bord ihres Schiffes neigen sich dem Ende zu. Atavistische Emotionen und Instinkte kämpfen zunehmend gegen die strenge Konditionierung der Individuen. Und dazu kommt noch eine Tatsache, wie sie sich wohl nur ein Dirk van den Boom ausdenken kann. Wie sich herausgestellt hat, werden die Geschlechter bei den Ek-Ek willkürlich bestimmt. Weil die Außerirdischen viele Krieger benötigen, werden durch "biologisch-chemische Determination" viele Frauen zu Männern gemacht. Ohne die regelmäßige Zufuhr von entsprechenden Drogen entwickeln sich diese Männer zurück zu Frauen. Ausgerechnet dem Kommandanten des abgestürzten Raumers steht so ein Schicksal bevor. Als Frau wird er aber jede Autorität einbüßen, weil Frauen in der Gesellschaft der Ek-Ek nur eine untergeordnete Rolle spielen dürfen.

Mein Fazit
Nach einem Drittel der auf 12 Bände angelegten Scareman-Serie fällt mein Urteil positiv aus. Die Romane sind ansprechend geschrieben, die Wartezeit ist kurz und die Geschichten jeweils weitgehend in sich abgeschlossen. Trotzdem gibt es im Hintergrund Entwicklungen die eine inhaltliche Klammer bilden. Andererseits macht es van den Boom den Lesern nicht leicht. Die Ek-Ek und ihre unfreie, komplett reglementierte Gesellschaft sind die perfekten Bösewichte. Dazu passt ihre abstoßendes krötenartiges Erscheinung. Andererseits weist aber auch die menschliche Gesellschaft ihre Schattenseiten auf. Allein schon der Versuch des Imperiums andere Völker in ihrer Entwicklung zu behindern und notfalls sogar auszulöschen ist extrem unmoralisch. Bleiben als Sympathieträger eigentlich nur noch die wißbegierigen Akkari. Hintergrund der Saga sind im Grunde volkswirtschaftliche Theorien über den Zusammenhang von Technik, Handel, Wirtschaft und Gesellschaft. Bisher hat van den Boom es aber verstanden, ein Gleichgewicht zwischen Abenteuer und Belehrung zu halten. Mir persönlich könnte es in den Romanen ruhig etwas emotionaler zugehen. Der Charakter des Scaremans als abgeklärter, desillusionierter älterer Mann bietet dafür allerdings wenig Ansätze. Aber ich lasse mich gerne überraschen.

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