The Entertainment It Is a-Changin' - Unterhaltung im Wandel der Zeiten
The Entertainment It's a-Changin'
Unterhaltung im Wandel der Zeiten
Der Fußball der jeweils gespielt wurde unterscheidet sich fundamental. 1954 war es für jeden Verteidiger eine Todsünde, die Mittellinie zu überschreiten. 1974 war Paul Breitner einer der Außenverteidiger, die immer wieder mal ins Spiel nach vorn eingriffen (und dafür als modern bezeichnet wurden). 1990 war die Abwehrreihe deutlich flexibler und 2014 werden die Positionen variabel ausgelegt. Jeder Spieler ist der erste Verteidiger oder der erste Stürmer - je nach Spielsituation. Vom Torwartspiel wollen wir gar nicht reden. Zwischen Toni Turek (1954) und Manuel Neuer (2014) liegen nicht nur Welten sondern vielmehr Universen. Heute darf bzw. soll der Torwart ein mitspielender Torwart sein. Als ich Mitte der Siebziger meine bescheidene Karriere zwischen den Pfosten antrat, bekam der Trainer gern mal einen Infarkt wenn ich den Strafraum verließ (immerhin hatte ich als Feldspieler begonnen und wollte so auch immer wieder Mal eingreifen). Hätte Toni Turek auch nur ansatzweise so gespielt wie Manuel Neuer, wäre er von Herberger augenblicklich auf die Tribüne gesperrt worden. 1974 sprach man bei Sepp Maier von Strafraumbeherrschung, aber der Torwart wurde kaum als Teil des Feldspiels begriffen. Auch 1990 war Bodo Illgner auch nur einer, der seinen Kasten sauber halten sollte. Nun aber genug der Beispiele.
Das Fußballspiel ist einem ständigen Wandel unterworfen. Das ist das Fazit dieser Einführung ins Thema. Selbst diejenigen, die vom Fußball nichts verstehen und am Ball alles können (aufpumpen, einfetten und in den Schrank legen) sind in der Lage, das zu erkennen, wenn sie sich die Spiele angucken.
Mit der Unterhaltung bzw. (neudeutsch) dem Entertainment ist das nicht anders. Man sehe sich Kino-Filme, Fernsehserien, Shows an, höre Hörspiele, lese Bücher, Hefte und Comics. Man nehme einmal nur denselben Zeitraum aus dem Fußballbeispiel (eben die sechs Jahrzehnte zwischen 1954 und 2014). Da stößt der interessierte Konsument auf gewaltige Entwicklungen. Man sehe sich nur an wie Filme und TV-Serien einst und heute geschnitten sind. In den Fünfzigern und Sechzigern gab es ellenlange Einstellungen. Mittlerweile sind die Schnitte und Perspektivwechsel deutlich häufiger. Aus dem Videoclip heraus hat sich das ergeben. Manche Filme sind mittlerweile derart hektisch geschnitten, dass ich als älterer Herr manchmal einfach abschalte, weil mir das zu viel und zu hektisch geworden ist.
Sprache (egal ob gesprochen, geschrieben, in Form von bewegten oder unbewegten Bildern) wandelt sich. Da gibt es nichts dran zu rütteln. Auch die Unterhaltung, die stets zeitbezogen und (in der Regel) nichts für die Ewigkeit ist, wandelt sich. Damit muss man leben lernen oder man kommt nicht mehr mit. Durch die Diskussion um die Qualität oder nicht-Qualität der »Larry Brent«-Romane mit der Gastuserin ›Katja‹ förderte es wieder zutage, dass Unterhaltung sich wandelt. Da erschien es mir angebracht, mich dem Thema einmal ausführlich zu widmen, um auch mal ein paar grundsätzliche Dinge herauszuarbeiten.
Insofern wandelt sich auch immer wieder die äußere Reform der Unterhaltung. Storymäßig gibt es nichts Neues mehr. Jede Geschichte ist x-fach erzählt (egal in welcher Form), aber die Art der Präsentation wandelt sich immer wieder und manchmal habe ich das Gefühl immer schneller. Was die Spezialeffekte angeht, so bietet die Elektronik im Grunde Möglichkeit, alles darzustellen was man will. Da hat sich seit den späten Achtzigern Unglaubliches getan. Waren viele der frühen Spezialeffekte aus dem Rechner noch echte Lachnummern und leicht zu durchschauen, erstarb das Lachen und das Staunen setzte ein. Je leistungsfähiger die CPUs und je größer der Arbeitsspeicher und je ausgereifter die Programme kann man heute jedes Szenario im PC erzeugen und mit realen Schauspielern so kombinieren, das neue Welten entstehen.
Damit hat sich die Bildsprache von Leinwand und Mattscheibe komplett geändert. Man mag nun sagen, dass das manchmal zum Selbstzweck verkommt und der Effekt mehr zählt als die Geschichte, der Schauspieler oder die Figuren, aber auch damit muss man leben lernen. Man darf hoffen, dass mit weiterer Perfektionierung der Spieltrieb in Sachen Effekt wieder der Versuch erwacht, dden Effekt in den Dienst der Geschichte und seiner Figuren zu stellen.
Am 10. und 20. dieses Monats will ich das Thema versuchen zu vertiefen und mich diesem Wandeln in der Unterhaltung zu befassen. Diese Zeilen hier dienen nur der Einführung ins Thema.
Man liest sich also am 10. April ...
Die vier Teile von The Entertainment it's A'Changin
Dazu
Kommentare
Und auch der für viele Leser heute überholte Schreibstil der "Altmeister" findet garantiert noch eine große Lesergemeinde, wenn man die Sachen vielleicht stilistisch etwas entstauben und von der Handlung und den Hintergrunden her die Sache überarbeiten würde (wie z.B. die Neufassung von Ren Dhark - Kurt Brand konnte damals die reale Entwicklung der heutigen Technik nicht voraus sehen).
Karl May hat man in den "Grünen Bänden" nach dem Krieg ja auch total neu gefasst und bearbeitet - udn teilweise einige seiner "Begleitfiguren" Old Shatterhands durch prominentere Namen wie den Hobble-Frank, die Tante Droll, den langen Davy und den dicken Jemmy etc. ersetzt. In den Original - Romanen von Karl May werden die Freunde von Sam Hawkins in "Winnetou II" erschossen. Aber in anderen Romanen wie z.B. im "Ölprihz" oder "Zobeljäger und Kosak" sind Dick Stone und Will Parker wieder mit dabei - und in diese Neufassund ist in "Winnetou II" nicht die Rede davon, das sie tot sind.
Woher ich das weiß? Vor ein paar Jahren kaufte ich bei Weltbild die komplette Karl-May-Edition mit den "Ausgaben der letzten Hand", die noch zu Lebzeiten Karl Mays erschienen und die Texte enhalten, die er tatsächlich geschrieben hat - und die da eben so völlig anders klingen. Auch vom Stil her gesehen hat man in der Bearbeitung mit den "Grünen Bänden" hier schon mächtig die Feile über den wirklich mehr als überholten Schreibstil gleiten lassen.
Und genau das würde dem einen oder anderen Roman von Fantasy- und Horror gut tun. Nichts zerstören - nur leicht anpassen, damit die heutigen Leser, die eben leicht verdauliche Kost wünschen, dennoch die Werke von Autoren lesen können, bei nach deren Lektüre man gelegentlich wirklich unter das Bett sah, ob sich da nicht irgend welche Tetakel drunter kringelten.
Auf diese Weise kömnte mancher spannende Roman und manche wirklich gute Story heute einer neuen Lesergeneration wieder vorgelegt werden - bevor diese Autoren und ihre Werke in Vergessenheit geraten. Das man bei der demnächst beim "Mondschein-Corona-Verlag" erscheinenden Horror-Anthologie "13 Schläge nach Mitternacht" mit einer Sammlung von Kurzgeschichten (eingebunden in einer Rahmen-Story) einen der Autoren noch nicht erraten hat, das hat mich doch etwa erschüttert und mir zu denken gegeben...sic transit gloria mundi...
Schön, dass es nicht nur mir so geht. Ich finde viele derzeitige Comics von der Kolorierung furchtbar und das Artwork seelenlos und austauschbar. Und als Produkt schlichtweg zu teuer. Vielleicht liegt es doch am Digitalen.
PRINCE VALIANT ist noch immer schön. Ich sehe alle paar Monate mal rein, und auch wenn ich Gianni besser als jetzt Yeates finde, schlägt das doch Marvel und DC um Längen.