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... Samantha Richter über »Toxic Lullaby«, »Eloise«, Schauspiel, Technik und Emotion

Samantha Richter ... Samantha Richter ...
... über »Toxic Lullaby«, »Eloise«, Schauspiel und Emotion

Samantha Richter spielt Eloise. Das ist die Hauptfigur in Ralf Kempers Film »Toxic Lullaby«, der derzeit in Kassel und Umgebung entsteht. Es ist ein No- bis Low-Budget-Projekt. Und doch hat Ralf professionelle und gelernte Schauspielerwie eben Samatha Richter, Eva Balkenhol und Franz Hofmann gewinnen können. Mit Samantha sprachen wir zum einen über das Projekt »Toxic Lullaby« und daraus resultierend über Aspekte des Schauspiels. Da sind viele interessante Fragen, auch darüber, wie ein Schauspieler versucht, sich in extreme Situationen zu versetzen. Aber lest selbst...
Zauberspiegel: Moin Samantha, du spielst die Hauptrolle in Ralf Kempers „Toxic Lullaby“. Wie bist du an diese Rolle gekommen?
Samantha Richter: Mein damaliger Freund, selbst Schauspieler, lernte zufällig eine Person des Toxic- Teams kennen. Sie kamen ins Gespräch, bei dem die Rede irgendwann auf dieses Filmprojekt kam. Daraufhin erzählte er mir davon und von einem dafür bevorstehenden Casting. Leider konnte ich ausgerechnet  zu diesem Zeitpunkt nicht in Kassel sein. Deshalb schickte ich meine Vita, Fotos etc. an Ralf Kemper, der mich dann zu einem persönlichen Gespräch einlud. So kam dann eins ums andere und plötzlich das Angebot der „Eloise“. Wow….

Zauberspiegel: Welche Gründe waren für Dich ausschlaggebend, die Rolle zu übernehmen? Die Gage wird es doch wohl nicht gewesen sein...
Drehbuchautor und Regisseur Ralf Kemper Samantha Richter: Nein, die nicht vorhandene Gage war es sicher nicht Laughing
Nachdem ich das Drehbuch gelesen hatte war ich sehr bewegt, denn schon alleine die Texte und Regieanweisungen haben meine Phantasie sofort mit in diese grausame Welt gerissen. Die Geschichte spielte sich in meinem Kopf ab, als hätte ich den Film bereits gesehen. Diese Emotionalität die allein das Drehbuch in mir auslöste, war ein Zeichen für mich.
Mich reizt es die Figur darzustellen, die ab der ersten Sekunde die Bezugsperson für den Zuschauer ist, ihn mitzuführen in eine unbekannte Welt, in der wir gemeinsam versuchen uns zu Recht zu finden.
In der Rolle der Eloise durchlebt man so viele Emotionen und heftige Situationen. Das ist eine absolute Chance und Herausforderung für mich als Schauspielerin  vielseitig- und schichtig spielen zu dürfen.
Bislang war ich fast nur am Theater tätig. Dies war ein Angebot, endlich auch im Film/ Fernsehbereich aktiver zu werden und Erfahrungen zu sammeln. Und das gleich als Hauptrolle-toll.

Zauberspiegel: Die Rolle stellt hohe Anforderungen an Dich. Eloise (Deine Rolle) muss viele Dinge durchstehen. Unter anderem gibt es Szenen (die schockierend sind und mit sexueller Gewalt zu tun haben). Wie „spielt“ man so was? Wie bereitet man sich darauf vor?
Samantha Richter: Schwer zu beantworten. Ich versuch`s.
Als Schauspieler muß man nicht jede Situation schon erlebt haben um sie spielen zu können, Gott sei Dank
Laughing
Die Grundlagen des Spielens habe ich natürlich aus meinem Schauspielstudium .Diese auszuführen würde jetzt einen Roman füllen…
Das wichtigste für mich ist es, mich mit allem was ich habe (Körper, Stimme, Seele, Erfahrung…) für die zu spielende Figur  bereitzustellen. Sie soll nicht mich übergestülpt bekommen sondern im Gegenteil- den Raum einnehmen können, den sie braucht.
Im Laufe der Dreharbeiten lerne ich Eloise immer besser kennen.
Für Nicht-Schauspieler so zu sehen, wie wenn man einen neuen Menschen kennenlernt, der einem sehr sympathisch ist und Interesse weckt. Es entwickelt sich eine Freundschaft, die es irgendwann ermöglicht sich auch ohne Worte zu verständigen und zu verstehen. Man weiß mit der Zeit wie der andere isst, schläft, lacht, erzählt, auf bestimmte Situationen und Menschen reagiert…
In diesen äußerst heftigen Szenen versuche ich mich völlig aufzumachen, allen Emotionen freien Lauf zu gewähren und mich komplett in diese Situation zu begeben, keine Angst zu haben, was dabei passiert.  Dazu brauche ich höchste Konzentration, Ruhe und den Glauben an mich.
Es gibt Tage, an denen klappt das aus den unterschiedlichsten Gründen nicht so, wie man es sich wünschte. Das frustriert dann,  zeigt aber dass wir Menschen und keine Maschinen sind.   

Zauberspiegel: In diesen und in unserer gemeinsamen Szene, hattest Du um Minimalbesetzung am Set gebeten, was heißt nur die beteiligten Schauspieler, Ton, Regie und Kamera dürfen dabei sein.- Bei den anderen Szenen ist mir der Wunsch nach Intimität klar. Bei der Sequenz mit dem Butcher nicht so wirklich. Was war an dieser Szene so drastisch, dass Du mit „kleiner“ Besetzung arbeiten wolltest? Warum war das nötig? Und was ist der Vorteil für Dich dabei?
Samantha Richter: Für diesen Film möchte ich mein Allerbestes geben.
Um das Bestmöglichste aus mir herauszuholen und den Gefühlen freien Lauf zu lassen, brauche ich viel Konzentration und in heftigen Szenen auch eine Menge Mut. Wenn eine Szene ansteht in der ich emotional total aufmachen muss, weiß auch ich vorher nicht was dabei heraus kommt. In dieser Butcher-Szene war es der Fall, dass Eloise innerhalb kürzester Zeit den einzigen Menschen, der einen Bezug zu ihrer Vergangenheit herstellt und ihr helfen könnte, abgeschlachtet und aufgeschlitzt vor ihr liegt. Sie muss sich übergeben und steht daraufhin direkt  vor dem ebenfalls ermordeten  Chef ihrer Truppe der „neuen Welt“, der ihr helfen wollte und deshalb sterben musste.
Es wird Eloise in dieser Szene mal wieder auf furchtbare Weise der Teppich unter den Füssen weggerissen.
Jeder von uns kennt wahrscheinlich die Situation der Nachricht des eingetroffenen Todes eines persönlich wichtigen Menschen.
Die Reaktionen sind unterschiedlich dennoch vereint sie eines, sie sind eine emotionale Extremexplosion.
Stehen 20 Leute am Set und 40 Augen starren auf mich, wissbegierig, wie macht Samantha das jetzt, dann kommt zusätzlich zu meinem eigenen hohen Anspruch noch dieser Druck hinzu. Ich weiß in solchen Situationen nicht, was mit meiner Stimme und meinem Körper passiert. Deshalb brauche ich dafür viel Mut und Ruhe, auch um mich herum und vor allem einen geschützten Raum. Je mehr Zuschauer umso mehr Unruhe, Druck, Angst…
Dieser Wunsch eines Schauspielers um „ Minimal-Besetzung“ sollte immer und von jedem respektiert werden.
Dies ist selbst bei Größen in Hollywood absolut üblich, die in solchen Drehsituationen wesentlich geübter sind als ich.

Zauberspiegel: Wie setzt Du handwerklich erlerntes Schauspiel in echte oder zumindest täuschend echte Emotion um? Was geht im Schauspieler vor?
Samantha Richter: Es gibt zweierlei Ansätze zu Agieren.
Entweder vorwiegend technisch, d.h. man versetzt sich aufgrund Atmung und erlernter Täuschung in die zu spielenden Situationen.
Oder aber versucht der Schauspieler sich emotional und körperlich in die zu spielende Situation zu begeben.
Natürlich ist es eine Mischung aus beidem, jedoch bin ich eine Schauspielerin die mehr mit Zweiterem arbeitet, in der Hoffnung dass das im Spiel Empfundene und Erlebte für den Zuschauer ersichtlich ist und sich im besten Falle überträgt.

Zauberspiegel: Ralf sagte zu Dir, Du müsstest erst mich ansehen und dann kotzen. Ich konnte den Mund nicht halten und warf ein, dass das vielen so gehe. Reißen Dich solche Scherze völlig raus oder kommst Du damit zu Recht?
Samantha Richter: Daraufhin habe ich sehr gelacht, denn ich lache gerne.
So etwas reißt mich nicht raus, denn es war zwischen zwei Takes, also ein „privates Gespräch“.
Während des Spielens geht so etwas natürlich nicht. Da sollte die allgemeine Konzentration herrschen, die unbedingt nötig ist. Einen Kollegen während des Spiels z. B. mit Fratzen versuchen „raus zu bringen“ halte ich für unkollegial und respektlos.
Mir fällt immer wieder auf, dass in Produktionen die eher dramatisch, heftig und grässlich sind, am Set oder den Proben extrem viel gelacht und gealbert wird. Bei Arbeiten an Komödien eher weniger. Das liegt wohl daran, dass Lachen heftige Momente entschärft und einen „locker“ macht. Vor allem aber ist es wichtig um all das verarbeiten zu können und nicht völlig depressiv zu werden oder in emotionale Abgründe zu fallen nur weil man gerade solche Szenen zu spielen hat.

Zauberspiegel: Welche Erfahrungen nimmst Du aus der Arbeit an diesem Film mit?
Samantha Richter: Da wir noch mitten in den Dreharbeiten sind, ist das Fazit noch nicht gänzlich möglich.
Die Menschen die das Team bilden sind wichtig. Das war und ist bei diesem Film sehr toll. Es gibt etliche liebe Leute die voller Leidenschaft dabei sind, denen nichts zu viel ist und sich rührend um das Wohl der Mitmenschen bemühen.
Eine weitere Erfahrung, die ich für mich mitnehme ist die Erkenntnis, wie wichtig Kommunikation untereinander ist. Findet diese nicht statt ist ein reibungsloser Ablauf kaum möglich.
Ich habe sehr viel bei den Dreharbeiten zu Toxic Lullaby gelernt. Ein Beispiel dafür wäre  z.B. die Erkenntnis, dass ich der Kamera mehr vertrauen kann. Ich bin davon überzeugt, dass man nie auslernt und deshalb freue ich mich über jedes neue Detail, das ich bei diesem Projekt lernen kann.

Zauberspiegel: Was glaubst Du wird der Zuschauer in dem Film sehen? – Nur ein Trashfilm oder kann der Zuschauer neben der Unterhaltung auch mehr erkennen?
Samantha Richter: Diese Geschichte erzählt viel mehr als einfach nur eine Rahmenhandlung um Hauptsache viele Splatterszenen zu zeigen. Sie ist ein Aufruf an alle Menschen darauf zu achten, wie wir mit dieser schönen Erde umgehen. Sollten wir das nicht tun, erwartet uns wahrscheinlich eine ähnliche Welt wie die im Film dargestellte. Das wäre furchtbar, im wahrsten Sinne des Wortes.
Ein Thema, welches gerade die ganze Welt beschäftigt.
Dieser Film ist in meinen Augen ein kleiner Beitrag dazu.


Wer ist Samantha Richter?

 

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