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Michael Schmidt über ... Zwielicht, Zwielicht Classic

Michael SchmidtMichael Schmidt
... über Zwielicht, Zwielicht Classic und Silbermond

Es gibt in den letzten Jahren einen kleinen Boom an Anthologien, die aber leider meist nur in sehr kleinen Auflagen erscheinen. Das betrifft auch die Bereiche Horror und Düstere Phantastik. Wer sich für diese Kurzgeschichten interessiert, kommt nicht  an den Reihen Zwielicht und Zwielicht Classic vorbei. Der Kopf dahinter ist Michael Schmidt, seit Jahren ein überaus aktiver Autor, Herausgeber und Aktivist im Bereich Horror. Der Zauberspiegel wollte mehr über ihn und seine Arbeiten erfahren.


Michael SchmidtZauberspiegel: Hallo Michael Schmidt! Vielen Dank. dass Du Dir die Zeit nimmst, dem Zauberspiegel ein paar Fragen zu beantworten! Vielleicht zuerst einmal etwas zu Deiner Person. Wer ist eigentlich Michael Schmidt?
Michael Schmidt: Ich bin 45 Jahre alt und komme aus dem Raum Koblenz. Ich bin eine Leseratte und das ist auch der Grund warum ich schreibe, herausgebe und natürlich auch über Literatur schreibe.
 
Zauberspiegel: Deine Vorliebe gehört dem Horrorgenre. Was fasziniert Dich so an diesem Bereich der Phantastik?
Michael Schmidt: Nun, ich lese eigentlich alle Formen von Spannungsromanen. Krimis, SF, Fantasy und Horror. Horror oder auch die dunkle Phantastik zeigt die Abgründe der Menschen, das finde ich faszinierend. Ob der Mörder beim Krimi, das Böse im Horror oder das wahnsinnige Genie in der SF, ich finde gerade die dunklen Seiten interessant, weniger die Strahlemänner, geschweige denn interessiert mich Klatsch und Tratsch oder Wer mit wem, also alles was mit Boulevard zu tun hat. Leider ist genau das, was wohl die meisten Leute interessiert und so verkommen viele phantastische Geschichten Schön und Reich im Mittelalter oder Dallas in der Hölle. Horrorliteratur scheint mir da etwas weniger anfällig, wenn auch die vielen Serienkiller- und Folterromane die gerade den Buchmarkt fluten nerven. Aber es gibt ja kein Genre, das von solchen Wellen verschont bleibt.
 
Eddies SöhneZauberspiegel: Du bist auch als Autor aktiv und kannst auf verschiedene Veröffentlichungen verweisen. Welchen Deiner Titel kannst Du den Zauberspiegellesern empfehlen, die Dich als Autor kennenlernen wollen?
Michael Schmidt: Ich habe mehrere Geschichten geschrieben, die in der Stadt Silbermond spielen. Neben Bandenkriegen spielt Musik eine große Rolle und wer Horror und Rockmusik mag, ist da genau richtig. Dabei sind zwei Bände erschienen. Ein Sammelband namens Silbermond mit drei Geschichten, eine weitere mit dem Titel Eddies Söhne ist als Einzelband erschienen. Wer beim Titel an Eddie, die Figur der Iron Maiden Cover denkt, hat richtig geraten. Es gibt noch zwei weitere Geschichten, die eine ist in Zwielicht 5, die andere im Marburger Magazin für Phantastik erschienen. Aktuell habe ich eine neue Silbermond Geschichte fertig gestellt, die wird dann nächstes Jahr erscheinen.
 
Zauberspiegel: Viele Deiner Titel kommen aus dem Bereich der Kurzgeschichte. Was verbindet Dich mit dieser literarischen Gattung?
Michael Schmidt: Nun, wenn man zu schreiben anfängt, sind Kurzgeschichten eine gute Übung um seine Fertigkeiten zu üben. Da bin ich hängen geblieben, als Autor, aber auch als Leser. Kurzgeschichten bieten nämlich viel mehr. Gerade wenn man nicht immer das gleiche lesen will, wenn man genervt ist von ewig langen, endlos erzählten Stereotypen, lernt man die Kurzgeschichte lieben. Aber ob kurz oder lang, bei beiden gibt es Highlights, aber auch Geschichten, auf die man verzichten kann.
 
Zwielicht 5Zauberspiegel: Auch als Herausgeber spielst Du eine wichtige Rolle. Da gibt es Kurzgeschichtensammlungen und vor allem Zwielicht! Seit wann erscheint das Horror-Magazin und welche Zielgruppe willst Du damit ansprechen?
Michael Schmidt: Zwielicht bieten Kurzgeschichten und Artikel. 2009 erschien der erste Band, damals bei Eloy Edictions. Der Verlag hat dann aber irgendwann geschlossen und so war ich mit Zwielicht 3 auf der Suche nach einem neuen Verlag und bin bei Saphir im Stahl gelandet. Aktuell erscheint Zwielicht 8 und es ist noch lange kein Ende in Sicht. Zielgruppe ist eine gute Frage. Das Magazin bietet einen bunten Strauß. Die Wölfe von Nebraska in Zwielicht 1 sind sowas wie homoerotischer Splatter, Feuerhaut aus Zwielicht 2 anspruchsvoller Horror mit eindeutig deutschen Wurzeln, Das Muschelmädchen aus Zwielicht 3 hat dagegen humorvolle Züge und Mein Onkel Stanislaus aus Zwielicht 4 schon fast etwas morbides. Hier werden keine Themen vorgegeben, nein, die Autoren toben sich aus und entsprechend trifft man in Zwielicht immer wieder auf Geschichten, die man so nirgend woanders findet. Dazu kommen Sachartikel, ob es dabei um die Horrorgeschichten von Karl. E. Wagner geht, die Fernsehserie Twilight Zone oder Repairman Jack. Abwechslung ist Trumpf und die größte Gefahr ist natürlich, das man zu viel Lesestoff findet durch die ganzen Artikel. Es sind übrigens noch alle Ausgaben erhältlich, die ersten beiden allerdings nur als E-Book.
 
Zauberspiegel: Zusätzlich gibst Du ein Schwestermagazin heraus. Wie kam es zu "Zwielicht Classic"?
Michael Schmidt: Die Wartezeit für Zwielicht 3 war lang. Eigentlich sollte das Buch 2011 erscheinen und da der Verlag irgendwann wegbrach, hatte ich als Übergang die Idee, schon erschiene Kurzgeschichten zu sammeln und als E-Book herauszubringen. Später kamen die Bände dann auch gedruckt. Mittlerweile sind 9 Bände erschienen und bieten das breite Spektrum des Horrors, aber auch die dunkle Seite der SF. Abgerundet werden die Bände ebenfalls mit Artikeln und Interviews.
 
Zauberspiegel: Mir ist aufgefallen, dass dort auch sehr alte Geschichten aus dem 19. Jahrhundert erscheinen. Wie kommst Du an dieses Material?
Michael Schmidt: Felix Woitowski hatte geplant, Das Gespensterbuch neu herauszugeben und so stellte er mir mehrere Geschichten draus zur Verfügung Der Freischütz kennt dem Namen nach wohl jeder, aber die Geschichte in Zwielicht Classic 4 hat wohl kaum jemand gelesen. Die Sammlung Das Gespensterbuch erscheint übrigens voraussichtlich nächstes Jahr im Blitz Verlag.
 
Zauberspiegel: Die meisten Kurzgeschichten stammen aus der Zeit nach 2000. Nach welchen Kriterien stellst Du die einzelnen Ausgaben zusammen?
Michael Schmidt: Abwechslung ist wichtig. Thematisch vor allem, dazu sollen ja verschiedene Autoren zu Wort kommen. Aber der Inhalt ist wichtig. Die Geschichten sollen originell sein, spannend und lesbar, aber oft auch Tiefgang besitzen. Ich lese viel und so finde ich in vielen Anthologien gute Geschichten, die noch weitere Aufmerksamkeit verdient hätten und ansonsten ja schnell in der Versenkung verschwinden. Bei Hunderten von Kurzgeschichten ist eine Reihe wie Zwielicht Classic unabdingbar und ich wundere mich, dass sowas bisher niemand gemacht hat. Im englischsprachigen Raum gibt es „Years Best" Anthologien in inflationärem Maß. Zum Glück gibt es das in Deutschland nicht und so habe ich reichlich Auswahl für Zwielicht Classic. Neben herausragenden Geschichten versuche ich aber auch Perlen zu finden, die verschüttet gegangen sind und so wieder das Licht der Welt erblicken. Viele sind da auch in genrefremden Publikationen erschienen.
 
Zauberspiegel: Man findet in Zwielicht Classic Geschichten von bekannten Autoren wie Christian Endres, Tobias Bachmann, Arthur Gordon Wolf, Andreas Flögel und Vincent Voss. Wie sieht die Akzeptanz bei den Autoren generell aus? Musst Du Überzeugungsarbeit leisten oder kommen sie von allein auf Dich zu?
Michael Schmidt: Mich wundert das immer noch, aber von alleine kommt kaum jemand. Wenn ich ihn aber frage und die Geschichte frei ist, haben bisher alle ihre Geschichte zur Verfügung gestellt. Blind Date z.B. ist damals bei Heyne erschienen und hat den KLP gewonnen, aber Malte S. Sembten war sofort bereit, sie in die erste Ausgabe zu bringen.
 
Zauberspiegel: Welchen Stellenwert haben die Interviews und Artikel für Dich?
Michael Schmidt: Ich finde, man sollte nicht nur schreiben und lesen, sondern auch darüber schreiben, also die Erfahrungen die man gemacht hat, diese faszinierenden Leseerlebnisse, anderen mitteilen. Auch wenn das oft viel Arbeit ist, macht das unglaublich Spaß. Interviews sind großartig, da kann man den Autoren vorstellen, andererseits gibt er auch viel von sich und seinen Lese- und Schreibgewohnheiten preis. Da ich selbst Interviews hasse mit Fragen wie „Warum schreibst du?", „Wer sind deine Vorbilder", etc., versuche ich die Interviewpartner zum Plaudern zu bringen. Das macht am meisten Spaß und den Lesern gefällt es auch. So wie du es mit mir in diesem Interview machst.
 
Zauberspiegel: Wie fällt das Resumee der Leser aus? Wieviel Reaktion bekommst Du überhaupt als Herausgeber?
Michael Schmidt: Rückmeldungen sind nicht so viele, das muss ich leider sagen. Magazine wie Zwielicht haben ja nur geringe Auflagen und somit sind auch die Anzahl der Rückmeldungen limitiert. Dafür wird sich mit jeder Ausgabe intensiv auseinandergesetzt, wenn auch der Kreis relativ überschaubar ist. Oft bekommt man aber auch Feedback per Email oder auf Cons. Und ich bin immer wieder überrascht, wie oft Zwielicht richtig gut wegkommt.

Zauberspiegel: Ursprünglich erschien Zwielicht nur als eBook. Die ersten Titel wurden erst mit größerem zeitlichem Abstand auch in Printform herausgebracht. Inzwischen erscheinen alle Ausgaben gleichzeitig als eBook und als Print. Wie verteilen sich die Leser?
Michael Schmidt: Hm, das stimmt nur bedingt. Ursprünglich erschien Zwielicht nur als gedrucktes Buch, erst Zwielicht 3 erschien als E-Book und das Taschenbuch erst fünf Monate später. Du meinst Zwielicht Classic, das erschien erst als E-Book und dann als gedrucktes Buch. Bei Zwielicht Classic betragen die E-Books mehr als 50% und die ganze Reihe wird auch eher als E-Book Reihe wahrgenommen scheint mir. Bei Zwielicht ist es genau umgekehrt. Das wird eindeutig als Taschenbuch wahrgenommen und die E-Books haben vielleicht 10-20%. Außer Zwielicht 1, das findet regelmäßig seine Leser, das Taschenbuch ist aber auch schon seit 2010 vergriffen. Aber an Zwielicht 1 sieht man auch, Kurzgeschichten verschwinden nicht immer in der Versenkung. Torsten Scheib schreibt übrigens an der Fortsetzung von Götterdämmerung, der Endzeitgeschichte aus dem Buch.
 
Zauberspiegel: Welche Bedeutung hat der Vincent Preis für Dich?
Michael Schmidt: Eine sehr große. Schließlich hatte ich den 2007 ins Leben gerufen und bis 2013 durchgeführt. Also kann ich nur allen Horrorliteraturinteressierten ans Herz legen, stimmt mit ab. Die Horrorszene lebt und je mehr ihren Lieblingen eine Stimme geben, umso aussagekräftiger sind die Ergebnisse. Und das Vincent Preis Team (Elmar Huber, Eric Hantsch und Markus Solty) ist mit Herzblut dabei und ich finde, die Vincent Preisträger können sich sehen lassen.

Uwe Weiher


Die Fragen für den Zauberspiegel stellte: Uwe Weiher

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