... Uschi Zietsch über den "Ähh-Effekt", Susan Schwartz und die SF in Deutschland
: Bis etwa 11 Jahre schrieb ich zunächst Tiergeschichten (Pferde, Jaguar usw.), dann wandte ich mich gesellschafts- und sozialkritischen Themen zu, die ich zum Teil in der von mir und einem Freund herausgegebenen Schülerzeitung veröffentlichte. Dann überfiel mich das Träumende Universum, und ich schrieb einen 1000-Seiten-Wälzer, der reine Fantasy war und mit dem ich zum ersten Mal Verlagen etwas anbot, das war 1978.
: Das zweite Buch stand schon kurz vor Vertragsabschluss, als das Phantastik-Programm wegen der (allgemeinen) Umsatzeinbrüche aufgrund Übersättigung des Marktes radikal gekürzt wurde und deutsche Autoren keinen Programmplatz mehr erhielten, sondern nur noch Lizenzen für Serien eingekauft werden sollten.
: Nun, es stellte sich die Frage, ob ich gleich wieder in der Versenkung verschwinden wollte, oder Eigeninitiative ergreifen. Bedingt durch die allgemeinen Programmkürzungen standen die Chancen, mein Buch anderswo unterzubringen, sehr schlecht. Und ich wollte nicht zwei oder mehr Jahre warten, sondern es sollte gleich etwas von mir nachfolgen. Also machte ich mich kundig, wie man einen Verlag gründet, was die Buchproduktion kostet, und so weiter, und legte zusammen mit meinem Mann los. Aus eigenen Mitteln, denn einen damals vom Staat sehr beworbenen Förderkredit bekamen wir nicht, weil unser Vorhaben nicht von bleibendem Wert war, und nur etwas Unbedeutendes, das für den Markt nicht weiter von Relevanz war.
: Das stimmt nicht ganz, ich bin im Herbst 1991 ins Team gekommen. Im Gespräch war ich durch einige Autorenkollegen schon länger, man hatte mich bisher aber nicht angesprochen, weil ich keine Bereitschaft signalisiert hatte. Dann aber überrumpelte mich Heinrich Wimmer, Inhaber des Corian-Verlags, auf der Frankfurter Buchmesse mit der völlig zusammenhanglos gestellten Frage: Und wieso schreiben Sie nicht Perry Rhodan? Ich war so verblüfft, dass ich nur sagte: Ähhh Daraufhin verschwand er, und Florian Marzin, damaliger Chefredakteur, saß keine fünf Minuten später an meinem Stand und begann die Unterhaltung folgendermaßen: Also, ich schlage vor, wir machen zuerst ein Taschenbuch Abgabe bitte bis Ende Februar 1992, das Exposé hätte ich gern in spätestens zwei Wochen. Zum Einlesen gibt es ab sofort die laufenden Exposés, wir haben ja bald eine Doppel-Null, das ist der ideale Einstieg, und Irgendwann sah er mich erwartungsvoll an, und ich sagte: Ähhh , und Florian schüttelte meine Hand: Freut mich! Fein! Dann legen wir mal los! Aber: Kein Wort zu irgendjemandem!
So war das. Dass mein erster Heftroman dann 1993 erschien, lag schlicht am Vorlauf, und es musste ja auch ein passender Einstieg für mich gefunden werden. Aber natürlich war ich auch vorher schon auf der Autorenkonferenz, mein Taschenbuch erschien, ich wurde auf dem FreuCon 1992 offiziell als neues Teammitglied vorgestellt, und so weiter.
: Mein Status war genau derselbe wie der meiner männlichen Kollegen, da war kein Unterschied. Jeder musste über alles schreiben können und notfalls auch einspringen, wie es leider immer wieder erforderlich war, wegen Erkrankung oder gar Todesfall. Doch wenn Raum dafür war, wurde natürlich auf die Stärken des Autors achtgegeben. Als sich herausstellte, dass ich gut mit fremden Völkern und allgemein mit Charakteren kann, hat man mir gern Einführungsromane gegeben. Das war auch immer toll. Aber natürlich kam das nicht sehr oft vor.
: 11 Jahre sind eine lange Zeit, ich wollte gern wieder eigene Projekte verfolgen und aus dem Korsett Perry Rhodan raus. Obwohl ich während meiner Zeit im Team auch viele andere Projekte außerhalb des Genres realisierte, wollte ich doch auch mal Abstand dazu gewinnen. Nicht jede Woche Exposés und Datenblätter ackern müssen, sondern meiner eigenen Kreativität folgen können.
: Hmm, ob eine Frau es schwerer hat ich weiß nicht. Letztendlich entscheidet die Qualität, und es ist heutzutage bzw. war es auch vor 20 Jahren schon nicht mehr der Fall, dass man einen angloamerikanischen oder männlichen Namen in diesem Genre haben musste. Die Verlage sind da meiner Ansicht nach inzwischen eher aufgeschlossener als die Leser. Eine Bewegung hat es insofern sicherlich gegeben, als jetzt einige Frauen ausgezeichnete Science Fiction-Kurzgeschichten veröffentlichen und die Quote eindeutig erhöht haben. Das wäre allerdings ohne den steigenden Kleinverlags-Markt nicht möglich gewesen, aber das betrifft die SF ohnehin allgemein.
: Nein, das fällt mir überhaupt nicht schwer. Ich habe grundsätzlich keine Probleme, mich sehr schnell in eine fremde Materie einzulesen und darüber zu schreiben (manchmal musste das innerhalb einer Woche geschehen, weil ich sozusagen als Feuerwehr eingesprungen bin, das war auch bei Arbeiten außerhalb des Genres so), insofern sie natürlich meinen persönlichen Geschmack trifft. Ich bin zwar Profi und könnte im Prinzip alles, aber dennoch möchte ich zu dem stehen können, was ich schreibe, und auch entsprechende Qualität bieten. Deshalb mache ich nicht alles, sondern was mir selbst gefällt.
: Nun, ein Heftroman ist natürlich sehr viel knapper. Hier muss man also sehr schnell in die Geschichte einsteigen und sofort Spannung bieten. Die Schilderungen müssen knapp und präzise sein, schließlich will der Leser zwei bis vier Stunden gut unterhalten sein, in fremde Welten eintauchen und alles andere um sich herum vergessen. Da bleibt kein Raum für epische Schilderungen, lange Lebensläufe oder intensive Charakterisierungen. Charaktere müssen hier mit wenigen Worten lebendig werden. Man lernt beim Heftroman, auf das Wesentliche zu achten, alles Unnötige auszumerzen und sofort auf den Punkt zu kommen.
Im Buch kann man sich ausbreiten, da ist auch einmal Zeit zum Verweilen, dem Leser das Ambiente zu zeigen, und verschrobene Gedanken des Protagonisten, die nicht unbedingt die Handlung vorantreiben.
: Den Künstlernamen Susan Schwartz legte ich mir seinerzeit für Perry Rhodan zu und verwendete ihn dann weiter, da ich eine Trennung von Auftragsarbeiten und eigener Konzeption wollte. Uschi Zietsch ist diejenige, die eigene Projekte entwirft, und Susan Schwartz wird beauftragt. Eine Form dazwischen ist die Serie Elfenzeit, die ich im Auftrag des Pabel Moewig Verlags konzipiert habe, die aber auf meinem eigenen Konzept basiert, sprich: Außer dem Titel gab es keinerlei Vorgabe oder Hintergrund. Ich habe lange überlegt, welchen Namen ich dafür wählen sollte, und blieb dann bei Susan Schwartz, das war sozusagen ausgewürfelt.
: Ich glaube, die Szene stagniert, wie schon seit vielen Jahren. Das liegt aber auch an dem Randgruppendasein, in das sich die SF selbst manövriert und keine Lust hat, wieder daraus hervorzukommen. Der Buchhandel hat dies insofern quittiert, dass er so gut wie gar keine SF mehr auslegt. Die Verlage publizieren Bestseller-Autoren wie Eschbach und Schätzing demzufolge in ihrem allgemeinen Programm.
Die Trends müssen sich immer an der derzeitigen Entwicklung orientieren. Ich sehe da für die Social Fiction, aber auch Ideen über technische und wirtschaftliche Entwicklungen ein enormes (Thriller-)Potenzial, wo man basierend auf dem Status Quo eine Menge weiterspinnen kann. Gerade jetzt halte ich die SF für unglaublich entwicklungsträchtig die o.g. Eschbach und Schätzing machen es uns vor.
: Wie bisher auch wir bringen sehr gezielt ausgewählte SF mit besonderen Themen, außerdem haben wir im Bereich der Unterhaltung unsere SunQuest-Serie, die einen Mix aus SF und Fantasy bietet.