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... Friedrich Fritz Tenkrat und (ein bisschen) Michael Kubiak über Tony Ballard, den Heftroman und ein Massaker

 Fritz Tenkrat (Interview von 1983)... Friedrich »Fritz« Tenkrat und Michael Kubiak
... über Tony Ballard, den Heftroman und ein Massaker

Im Frühjahr 1983 führten Norbert Aichele und ich auf einem Cons des Horror-Clubs-Meerbusch ein Interview mit A.F. Morland. Auch Michael Kubiak (damals Redakteur des Gespenster-Krimis) war dabei. Es war ein hoch interessantes Gespräch.

Damals verschwiegen wir den Namen Tenkrat, weil A.F. Morland auf den Heften stand und eben nicht Friedrich Tenkrat.

Dieses Interview, welches eigentlich keines ist, verzichtet auf jene Allerweltsfragen wie nach dem Geburtsort, den ersten Roman und den Hobbys. A.F. Morland dürfte durch das häufige Abdrucken seines Lebenslaufes jedem im Fandom wohl nun ein Begriff sein. Für den letzten Rest hier noch ein­mal ein kurzer Abriß:

1939 wurde A.F. Morland (Der richtige Name wird aus wohl verständlichen Gründen verschwiegen) in Wien geboren. Nach einer eigentlich normalen Kindheit und einer Lehre als Schriftsetzer folgten wenige andere Jobs, bevor er 1969 seinen ersten Kriminalroman verkaufen konnte. Es folgte recht schnell das Einsteigen in Serien wie Kommissar X oder Cliff Corner. Mit dem Start des 'Gespenster-Krimis' des Bastei-Verlages kam er zum Gruselroman. Recht schnell entwickelte er sich auch in diesem Genre zu einem beliebten Autor. Er schrieb für den 'Geister-Krimi' des Kelter-Verla­ges und den 'Vampir-Horror-Roman' des Pabel-Verlages, sowohl Heftromane wie auch Taschenbücher. Im Zuge des Erfolges schaffte er sich eine eigene durchgehende Heldenfigur - Tony Ballard -. Jener Name ziert nun seit No­vember 1982 den Titelkopf einer eigenen Gruselserie.

Soviel kurz zum Autor selbst. Mit Tony Ballard besonders beschäftigt sich das folgende Interview. Infolge eines regen Wortwechsels entstand dann mehr eine Diskussion denn ein Interview. Es wurde dadurch weitaus Interessanter als das übliche Frage- und Antwortspiel. Als dann der Re­dakteur Tony Ballards - Michael Kubiak - hinzukam, wurde das Ganze mehr noch zu einem Gespräch über die Grundsätze des Heftromanes. Trotzdem ha­ben wir es mit hereingenommen, da es ein direkter Übergang ist. Das Ganze wurde mit einem älteren Kassettenrekorder aufgenommen. Aufgrund vieler Hintergrundgeräusche sind einige Sätze untergegangen. Michael Kubiaks Worte waren teilweise gar nicht zu verstehen, da er im Hintergrund gestan­den hatte. Na ja...

Dieses Gespräch wurde auf dem Clubtreffen des 'Horror-Clubs-Meerbusch' geführt. Und an dieser Stelle sei noch ein Dank an Dieter Hoven gerichtet, der dieses fast überfüllte Treffen gut über die Runden brachte.

Zauberspiegel (Horst von Allwörden): Stellst du eigentlich ein Konzept für deine Romane auf? Wenn ja, inwieweit vertiefst du es, bevor du mit dem Schreiben beginnst?
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Ja. Also ich erstelle ein grobes Konzept. Entweder habe ich ein Titelbild oder einen Titel. Da steht schon ungefähr fest, was pas­sieren soll. Dann überlege ich mir, was ich denn dazu Schreiben kann. Anschließend mache ich mir ein feineres Konzept über 20 - 25 Seiten. Dann überlege ich, wie ich die Geschichte weitergehen lassen kann.

Zauberspiegel (Horst von Allwörden): Wie kommt es, daß du dann im Laufe der Geschichte kleinere oder größere logische Fehler begehst? Wir haben dazu Beispiele:
Zauberspiegel (Norbert Aichele): Ich habe eigentlich extra hierzu mehrere Deiner Romane gelesen. Da fiel mir einiges auf. In 'Die Rückkehr der Bestie' wurde Steve Drury die Blutbestie, wiedererweckt und handelte sozusagen rein nach den Gesetzen des Blutrausches. (Nicken) Er dachte also im Grunde garnicht. Konnte gar nicht denken. Kurz vor Ende des Romanes aber tritt er in telephatischen Kontakt, und führt dann sogar ein Telefonge­spräch. Wieso konnte er das vorher nicht?
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Steve Drury war zunächst einmal ein Mensch, ist dann durch wissenschaftliche Versuche zur Blutbestie geworden. Nun erweckte ihn die Magie. Ich sage immer, wenn Magie im Spiel ist, ist alles möglich.

Zauberspiegel (Norbert Aichele): Na ja, aber er hat den ganzen Roman lang nur geknurrt und gegrunzt.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Das bleibt doch dem überlassen ob er knurrt oder redet.

Zauberspiegel (Norbert Aichele): Hm, Tony Ballard war auch einmal unsichtbar...
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Da wurden die Manuskripte vertauscht.

Zauberspiegel (Norbert Aichele): Nein, das meine ich nicht. Da gab es mehrere Ungereimtheiten, was die Unsichtbarkeit selbst angeht. Beim Drinkmixen zum Beispiel wa­ren die Gläser in Tonys Händen unsichtbar, beim Trinken aber war sein Glas plötzlich sichtbar...
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, daß ich das so gemacht ha­be. Es kann aber sein, daß es mir so passiert ist.

Zauberspiegel (Norbert Aichele): Ich lese Romane zumeist etwas genauer und da fällt mir so etwas auf. Ich habe festgestellt, daß so etwas öfter vorgekommen ist. Ein paar Romane früher gab es einen Mann, der grundsätzlich Whisky in seinem Flachmann hat, nie in der Kirche gewesen ist, plötzlich aber, als es die Situation erfordert, Weihwasser in der Flasche hat. Irgendwo fehlt mir da der Zusammenhang.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Ich weiß ungefähr, welcher Roman das war.
Zauberspiegel (Norbert Aichele): Anfangsszene von... (Der Herr der Ghouls)
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Ich kann mir aber nicht vorstellen, daß mir das so passiert ist. Zauberspiegel (Norbert Aichele): Ich habe es aus dem Roman herausgeschrieben.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Ich kann es mir einfach nicht vorstellen, daß es mir passiert ist.
Zauberspiegel (Norbert Aichele): Deswegen fragen wir ja nach dem Konzept, weil das ja ein Bestand­teil eines solchen Konzeptes ist.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Ich weiß es nicht, aber so etwas merke ich mir doch...

Zauberspiegel (Horst von Allwörden): In wieweit verwendest du Ideen oder Grundlagen anderer Serien für dich? Ich spreche hierbei besonders auf den Fall Roxane an. Zuerst möchte ich die Situation kurz dastellen: Roxane ist eine abtrünnige Hexe, von Mago verfolgt und in Co-Held Mister Silver verliebt. Ich möchte jetzt, ohne irgendwie beleidigend zu wirken, einmal sagen, daß hier eine Verbindung zur Serie 'Macabros' besteht. Danielle de Barteaulliee ist eine abtrünnige Hexe, von Nolochos gejagt und ver­liebt in den Co-Helden Rani Mahay.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Ob ihr es glaubt oder nicht, noch nie habe ich einen Macabros gele­sen, obwohl ich welche zu Hause habe. Ab und zu lese ich von Dan Shocker einen Larry Brent. Ich habe mir gedacht, da Mr. Silver ein Abenteuer in der Stadt im Jenseits erlebt (Höllenbrut), kann ich ihm doch eine Hexe aus früherer Zeit zur Seite stellen und zu seiner Freundin machen. Um die Sache etwas spannender zu machen, da die Hexe gut angekommen ist, habe ich die Figur des Mago erfunden, der die Hexe töten soll, die den Kreis des Bösen verlassen hat. Wenn dies irgendwo schon mal gestanden hat, kann ich nichts dafür, gebe aber zu, daß das passieren kann.

Zauberspiegel (Norbert Aichele): Dazu noch etwas, das Bad im Drachenblut.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Das ist vom Siegfried. Aber warum soll man das nicht machen? Es gibt Leute, die nehmen etwas aus der griechischen Mythologie und bauen sich daraus Stoff für einen Roman. Zum Beispiel habe ich auch den Phorkys, den Vater der Ungeheuer aus irgendeiner Mythologie ent­nommen. Auch die Geschichte mit dem Drachenblut ist eine reine An­lehnung. Ich habe mir gedacht, wenn Tony Ballard schon da hinein­fällt, kann doch ruhige etwas passieren, warum nicht das?

Zauberspiegel (Norbert Aichele): Hast du denn vor, aus Tony Ballard einen Mythos wie Siegfried zu machen?
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Nein, das bleibt nicht so. Ab Band 6 der Tony Ballard-Serie ist er wieder normal.

Zauberspiegel (Horst von Allwörden): In jedem Roman steht, daß Tony viel lieber im Verborgenen arbeitet. Er erzählt aber jedem, dem er begegnet, daß er ein Dämonenjäger ist.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Wenn es um solche Fälle mit dämonischem Einfluß geht, muß er ja sa­gen, daß er ein Dämonenjäger ist, sonst könnte ja jeder zu ihm sa­gen: "Was suchst du denn hier?". Ganz im Verborgenen kann er natür­lich nicht arbeiten, aber ich finde, daß er nicht gerade den Weg in die Öffentlichkeit sucht. Wenn er eingreifen muß, dann sagt er auch: "Ich bin die Feuerwehr". Die Feuerwehr kommt ja auch im roten Wagen und nicht mit einem Neutralen.

Zauberspiegel (Norbert Aichele): Aber er sagt es so vielen Leuten. Ein Spion der Gegner könnte es leicht mitbekommen.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Ich glaube nicht, daß er damit protzt, bis auf einen Roman, da war er im Fernsehen. Er wird aber auch nicht zu irgendwem sagen, daß er Tony Ballard der Dämonenjäger ist, nur wenn es die Situation erfordert.

Zauberspiegel (Horst von Allwörden): "Dem Bösen ist so gut wie nichts unmöglich ". Dieses Zitat stammt aus vielen deiner Romane. Wie ist es denn möglich, daß Tony Ballard noch existiert?
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Da hört dann ja. wohl alles auf. Natürlich gibt es einen, der sich wegen seiner Erfahrung und seiner Waffen gut wehren kann. Ich gebe aber ohne weiteres zu, daß seine Gegner, wenn sie sich zusammenrot­ten würden, Tony ohne viel Federlesens vernichten würden.

Zauberspiegel (Norbert Aichele): Wenn den Dämonen eigentlich nichts unmöglich wäre, könnten sie ja etwas schaffen, gegen das Tony Ballard selbst mit seinen Waffen nicht ankommt.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Die Dämonen werden schon ihre Grenzen haben. Man kennt ja nicht die Macht der Dämonen. Ich habe bei Franco Solo geschrieben, der allein gegen die Mafia kämpfte. Oder der Jerry Cotton. Der kämpft auch laufende gegen die Mafia. Glaubt ihr nicht, daß die schon lange tot wären, wenn die das so machen würden. Der Held muß gewinnen, sonst ist die Serie zu Ende.

Zauberspiegel (Norbert Aichele): Mir ist aufgefallen, daß deine Hexen in besonderem Maße Fähigkeiten entwickeln, die zeitweise dazu geeignet sind, Asmodis erblassen zu lassen.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Es gibt bestimmt auch in der Hierachie Hexen, die besser mit dem Bösen vertraut sind els andere. Diese entwickeln dann mehr Fähigkeiten als andere:

Zauberspiegel (Norbert Aichele): Oft erklärst du nie, wie das Böse eigentlich aktiv wird. In dem Roman 'Der Herr der Ghouls' zum Beispiel wird nie klar, woher sie eigentlich kommen.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Das würde zu weit führen, den Weg der Ghouls zu beschreiben. Die tauchen auf und dann wird der Einsatz für Tony Ballard erforder­lich. Wer hat je geschrieben, wo Bram Stokers Romanfigur Dracula herkam. Der war auch da, wie meine Ghouls.

Zauberspiegel (Norbert Aichele): Dann eröffnet sich ja. die Möglichkeit, Monster vom Fließband zu bauen und alle fünf Minuten ein böses Geschöpf irgendwo auftauchen zu lassen.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: könnte man, aber es würde zu viel werden. Es wird ja auch nicht immer beschrieben, wie jemand zum Werwolf wird. Es gibt 4 oder 5 Möglichkeiten, habe ich in einem Lexikon gelesen. Es gibt ihn ein­fach und er muß bekämpft werden. Man kann es so und so bringen, aber die meisten Storys sind doch so, daß der Dämonenjäger erst spät erfährt, was da los ist.

Zauberspiegel (Horst von Allwörden): Meist wird aber doch erklärt, wo der Werwolf herkommt, am Ende.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Das würde ich nicht unbedingt sagen. Zum Beispiel der Film 'Zombie'. Hier wurde nie erklärt, wo die Zombies herkamen. Da geht es so zu, daß die ganze Welt oder Stadt von Zombies bevölkert ist. Das wird akzeptiert.
Zauberspiegel (Horst von Allwörden und Norbert Aichele): Nein!
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Aber vom Rest der Welt. Aber wenn es einer schreibt nicht. Wenn ich mit einer seitenlangen Rückblende anfange, schmeißen meine Leser es mir an den Kopf.
Zauberspiegel (Norbert Aichele): Da muß ich doch einmal Den Shocker aufführen. Von ihm habe ich eigentlich nie einen Roman gelesen, dem eine Erklärung fehlte und trotz dem war es spannend.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Das heißt nicht, daß ich auf Erklärungen vollständig verzichte. Aber. ab und zu sehe ich nicht ein, warum ich erklären soll, wo dies doch den Fluß der Handlung stört. Bei den Heften ist das ja so eine Sa­che, da muß man immer darauf achten, daß es zum Weiterlesen anregt- Man kann sich zwar ab und zu solche Hänger leisten, aber die dürfen nicht zu lang dauern. Ich meine, wenn ein Roman gut und abwechslungs­reich geschrieben war, müßte das reichen. Der Werwolf ist eben ein Tier, das man nicht lange erklären muß. Die Veranlagung ist da und bricht hervor. Für den Roman, ob er gut oder schlecht ist, sind Er­klärungen nicht unbedingt von Bedeutung.
(Verständnislosigkeit bei Horst von Allwörden und Norbert Aichele)

Zauberspiegel (Horst von Allwörden): Manchmal stellst du an den Anfang eines Romans einen Superdämon, der der etwas erschafft um Tony zu vernichten. 'Der Ghoul von Mallorca' oder die 'Rückkehr der Bestie' sind solche Beispiele. Die erschaffe­nen agieren denn aber mit einer solchen Inkonsequenz, während sie so also den ganzen Roman Ballard überhaupt nicht angreifen, ja so­gar vor ihm davonlaufen. Der Ghoul war auf absolute Vernichtung programmiert, lief aber dauernd vor Ballard weg und wurde nicht vor dessen Haus gesetzt, sondern nach Mallorca, wo er erst einen Freund Tonys umbringen sollte, um Tony anzulocken. Dabei war er aber auf die Vernichtung Ballards angesetzt.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Das könnte man ja so und so sehen. Man kann den Tony Ballard ja je­den Tag in seinem Haus engreifen, tut aber, keiner. Des ist aber euch wieder ein Widerspruch. Die könnten je das ganze Haus vernichten. Soweit darf man die Phantasie aber nicht fesseln. Wenn man dauernd mit Vernunft kommt, dann gibt es keinen Horror mehr. Das muß man akzeptieren. Nun fährt Tony mit Silver nach Mallorca, weil die Dä­monen da ihre Falle besser aufstellen können.
Zauberspiegel (Horst von Allwörden): Der Ghoul war ja dauernd am Flüchten, sobald Ballard sich zeigte.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Der Ghoul ist ja nicht so mächtig.
Zauberspiegel (Norbert Aichele): Zwei Superdämonen haben diesen Ghoul erschaffen. Sie haben in der Einleitung gesagt, daß sie etwas schaffen werden, das Tony vernich­tet.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Hätten sie eigentlich auch einen Superghoul machen können, aber ich möchte nicht, daß diese Superdämonen zu sehr in den Vordergrund tre­ten, damit der Held nicht zu sehr ins Schwimmen gerät. Darum schicke ich solche schwächeren Dämonen vor. Der Hitler hat ja auch nicht selbst gekämpft, sondern seine Leute vorgeschickt. So ist das auch bei den Superdämonen und dann schaffen sie sich halt niedere Dämonen und werfen dem Tony Knüppel zwischen die Beine. Man könnte auch sa­gen, daß die nun ein Heer aufstellen, das ihn niederwalzt. Dieses Heer nimmt Sinclair und Brent gleich mit. Diese ganze Literaturgat­tung lebt doch davon. Natürlich darf man keine Seite überhand nehmen lassen. Nur, wenn man die nicht selbst in Aktion treten läßt, können sie ruhig stark bleiben. Zum Beispiel Asmodis. Er ist der Stärkste überhaupt. Glaubst du nicht, daß der alle hinwegfegen könn­te? Man muß das offen halten, sonst verliert Tony Ballard.

Zauberspiegel (Horst von Allwörden): Wie kann ein Dämon zu Silber erstarren? Mr. Silver trägt je auch noch einen Rest seiner dämonischen Existenz in sich.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Der Mr. Silver stammt aus der Silberwelt. Das kommt jetzt erst he­raus. Dort ist fast alles aus Silber. Silber ist ja erst dann für Dämonen gefährlich, wenn es geweiht ist, oder zumindest wird Silber dann besonders gefährlich. Wenn Silver da aus der Welt kommt, ist er ja damit aufgewachsen und somit bedeutet es keine Gefahr für ihn. Diese Welt gibt es auch nicht mehr, weil es Ärger mit Asmodis gege­ben hat. Ein Einziger ist übrig geblieben. Das ist der Metal. Nun trifft Silver Metal in einer anderen Dimension. Die kämpfen da zu­sammen gegen einen Paviandämon, glaube ich. Interessant ist, daß diese Beiden, die sich nicht mögen, zusammen kämpfen müssen.

Zauberspiegel (Horst von Allwörden): Weshalb sind die Beziehungen der Hauptpersonen untereinander so gut? Sicherlich fördert die Gefahr den Zusammenhalt der Gruppe untereinander, doch in den Streßsituationen, denen sie ausgesetzt sind, muß es zwangsläufig zu Auseinandersetzungen kommen. Warum nicht?
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Ich finde, daß Not zusammenschmiedet. Je dreckiger es einem geht, desto größer ist die Bedeutung der Freundschaft. Warum sollten sie in dieser Situation streiten? Dann würden sie ja das Verkehrte machen
Zauberspiegel (Norbert Aichele): Warum nicht mal das Verkehrte machen? Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Helden grundsätzlich einer Meinung sind.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Die Helden haben keine Zeit, sich etwas zu überlegen. Sie müssen handeln. Da ist man einer Meinung. Hinterher oder vorher kann man sich streiten, aber nicht, wenn's um's Überleben geht. Da ist man einer Meinung.
Zauberspiegel (Norbert Aichele): Sie sollen wohl dann auch nicht streiten, klar. Aber oft müßten sie recht gegensätzlich handeln.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Das kann gut sein, wenn es auch selten vorkommt. Sie sind halt auch Freunde. Ich habe einen Freund, mit dem ich mich noch kein einziges mal gestritten habe.
Zauberspiegel (Norbert Aichele): Aber sicher gegensätzliche Meinungen diskutiert.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Ja. Ich bin der Meinung, daß in Streßsituationen Streit unmöglich ist. Zum Beispiel, was die Argentinier gemacht haben. Die haben den Falklandkrieg nur deshalb angefangen, weil im Land Uneinigkeit herr­schte. Da hatten sie sich ein Feindbild geschaffen, nämlich den Eng­länder. De waren sich alle einig. Und so ist das bei Ballard. Das gibt es überhaupt nicht, daß jemand in echter Gefahr anfängt zu strei­ten.
Zauberspiegel (Horst von Allwörden): Ich räume ein, daß Menschen bei langer Zusammenarbeit und Freund­schaft aufeinander eingespielt sind. Doch ihre Handlungen können sich nicht zu jeder Zeit ergänzen.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Das passiert schon, daß sie getrennt gehen. Angenommen ein Labyrinth. Da gibt es das schon, daß der eine meint da lang und der andere sagt, daß ein anderer Weg zum Ziel führt.
Zauberspiegel (Norbert Aichele): Ich meine auch zum Beispiel Kurzschlußhandlungen, wie in der Nr. 1 der Tony Ballard Serie. Da. reagiert Tony rein vom Gefühl er und erschießt einen Zombie, muß aber hinterher feststellen, daß es ein Fehler gewesen war.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Sowas kann auch passieren. Ich versuche mich in die Leute hineinzuversetzen und zu ergründen, was ich an ihrer Stelle tun würde. Die reagieren dann so, wie ich es tun würde. Die reagieren dann auch gemeinsam, weil sie aufeinander abgestimmt sind.

Zauberspiegel (Horst von Allwörden): Warum hast du für deine Romane überhaupt eine durchlaufende Person erfunden, eben Tony Ballard? Ist es nicht so, daß dadurch der Hand­lungsablauf und das Überleben der Helden bestimmbar geworden ist? Eben auch der ganze Roman berechenbarer. Das schränkt irgendwo doch die Bewegungsfreiheit des Autors ein. Ich denke daran, daß viele deiner früheren Romane tragisch ja sogar mahnend endeten. Zum Beispiel die Insektenduologie oder Gorra. Gute Romane hast du damals ohne durchgehenden Haupthelden geschrieben, da das Ende offen und somit die Spannung erhöht war. Z.B. 'Das Satanszeichen', 'Blutbestien-Duologie', 'Das Blutgericht der Medusa'. Warum also Ballard? Hat man dich aufgefordert, einfacher und berechenbarer zu Schreiben?
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Nein, das nicht. Es war aber schwer, mit jedem Roman eine neue Figur zu schaffen. Und er kann auch nicht immer die selben Waffen ha­ben. Dadurch ist der Autor gezwungen, immer etwas neues zu erfinden, und dann kommt noch der Gewöhnungseffekt hinzu. Der Leser kann sich besser an eine immer wiederkehrende Figur gewöhnen. Ich werde beim Gespenster-Krimi auch wieder Romane ohne wiederkehrende Helden schreiben.

Zauberspiegel (Horst von Allwörden): Wirst du auch weiterhin Spuk-Romane schreiben?
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Ich bleibe vorläufig dabei, solange ich Zeit dazu habe. (Applaus von Norbert Aichele) Ich komme mit der Redakteurin sehr gut klar und der gefällt auch, was ich mache. Meiner Frau gefällt's auch.
(Unbekannter spielt im Hintergrund Klavier)
Zauberspiegel (Norbert Aichele): Mir und Horst gefällt es auch. Besser noch als Ballard.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Da bin ich aber erstaunt, daß ihr so was sagt. Wenn eine Frau sagt: 'Ich mag dieses harte Zeug nicht'. Daß Männer so reagieren?! Ich habe nämlich einen Brief gekriegt, der mich wegen dieser Sache in Grund und Boden gestampft hat, weil das eben Frauenromane sind.
Zauberspiegel (Norbert Aichele): Frauen lesen ja auch Männerromane. Mir gefällt es, weil der Hor­ror auf atmosphärischem Gefühl beruht. Schocks kann wohl so ziemlich jeder auf die billigste Art und Weise herstellen, aber eine gruselige Atmosphäre ist nicht so einfach.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Das ist Ansichtssache. Es gibt ja zwei Seiten des Horrors, die eine Seite geht unter die Haut, die andere schockiert. Ich bin gegen dieses absolut schockierende, blutrünstige Zeug. Das ist ja nichts, das ist auf die Dauer langweilig. 'Zombie' zum Beispiel war ein langweiliger Film, obwohl da unheimlich viel passierte.

Zauberspiegel (Horst von Allwörden): Nun noch eine Frage zu dem häufige Pseudonymwechsel im Bastei-Ver­lag. Dein Insektenzweiteiler hatte ja großes Aufsehen erregt und durch einen Artikel in einer großen deutschen Zeitschrift eine Menge Wirbel verursacht. Hängt das damit zusammen?
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Ja, das war der Grund. Dann hat es geheißen 'Dean Morris', darauf­hin hat der Kelter-Verlag Einspruch erhoben, weil die schon einen Morris hatten. Da mußten wir uns wieder ein Pseudonym suchen. Das war der Frederik Collins. Bei Collins war es aber ein Sammelpseudo­nym und ich habe gesagt, daß ich für meine Sachen selbst gerade stehen will, was ich jetzt ja auch muß. Dann haben wir gesagt, daß wir den A.F. Morland nehmen, mit einem gewissen Wiedererkennungseffekt auf A.F. Mortimer. Mit dem Gag in Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Meine Frau heißt Anni, ich heiße Fritz.

Zauberspiegel (Norbert Aichele): Was hat dich dazu bewogen, grausamer zu Schreiben. Das war doch praktisch ein neuer Weg. Die heutige Zeit vorausgeahnt?
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Da war die Redaktion schuld. Ich habe den ersten Roman geschrieben und da hat der Redakteur gesagt: 'Das ist zu langweilig'. Da habe ich mehr reingetan und fleißig weitergemacht. 

Da ist er ja. Vielleicht sagst du noch was dazu? Eins möchte ich noch sagen. Ich habe es dann nachher ein wenig übertrieben. Ich war dann der böse Bube und es hat geheißen, daß von dem nichts mehr ge­bracht werden darf, sonst wäre der Gespenster-Krimi indiziert worden, und das wollte man ja nicht.
Michael Kubiak: Da waren zwar noch mehr Autoren, die so geschrieben haben, aber seine Romane waren dann eben dran. Es gab zu diesem Zeitpunkt nur sehr wenige Serien und wir wollten einen Weg finden, zumal ja zu dieser Zeit sehr stark übertrieben wurde. Es waren auch keine Erfahrungswerte da. Zum Teil haben wir uns auch nach dem Gradmesser Kino gerichtet, und wenn man sieht, was da schon geboten wurde: Da wurden Filme ab 12 Jahren freigegeben, ich würde sagen, daß in den Heften die Hälfte von dem angedeutet wurde, was in den Filmen ge­zeigt wurde. Da haben dann Verlage Dinge gebracht, die detailliert wie in den Filmen geschrieben waren. Nach der Sache mit den Insek­ten sind wir ein wenig zu lasch gewesen. Aber nun glauben wir den Weg gefunden zu haben. Da tun wir keinem weh.
Friedrich "A.F. Morland" Tenkrat: Nun gibt es ja auch eine Prüfung und da wird alles rausgestrichen.
Zauberspiegel (Horst von Allwörden): Was sind das für Leute, die die Romane prüfen?
Michael Kubiak: Es ist eine von den Verlagen gegründete freiwillige Selbstkontrolle, wo die Prüfer mit der Bundesprüfstelle eng zusammenarbeiten. Diese Prüfer werden von den Verlagen beauftragt, Romane auf z.B. zu bru­tale Szenen zu überprüfen, die als jugendgefährdend gelten können.

Wir wollen konkurrenzfähig bleiben, aber wenn man sieht, was als Videofilm jedem zugänglich ist, da graust es selbst dem geschäftstüchtigstem Verleger. Da muß man überlegen. Machen wir die Storys härter? Meistens ist es so, daß die Härteren abgelehnt werden. So versuchen wir eben einer Serie etwas typisches zu geben, wie es der Jason Dark zeigt. Ich meine, daß man nicht unbedingt etwas über abgehackte Köpfe und Blutlachen schreiben muß. Nein, der Roman muß spannend sein. Viele junge Autoren, die gerade beginnen, schicken uns Manuskripte zu, wo ich mich frage, wo die ihre Phantasie her­nehmen, so etwas Blutrünstiges zu schreiben. Ich vermute, daß sie die aus den Filmen haben. Die Storys in den Horrorfilmen sind doch total Null.
Zauberspiegel (Norbert Aichele): Die Story gibt es gar nicht. Die Filme sind nur noch dazu da, eine wüste Anhäufung von Leichen zu zeigen, die alle auf blutigste Weise umgebracht wurden. (Es gibt auch bessere Filme, wie 'Poltergeist' oder 'Wolfen' - Anmerkung Zauberspiegel (Horst von Allwörden)
Zauberspiegel (Horst von Allwörden): Sind die Prüfer von irgendwelchen Institutionen wie die Kirche be­einflußt?
Michael Kubiak: Was heißt beeinflußt. Es gibt ja wohl allgemeingültige ästhetische und moralische Begriffe und Maßstäbe. Es ist wohl unerheblich, von welcher Institution derjenige kommt, der sich gegen Gewalt aus­spricht. Die Kirche hat in sofern einen starken Einfluß, weil sie eben Antragsberechtigt ist. Die Bundesprüfstelle wird erst dann ak­tiv, wenn ein Antrag gestellt wird, der auf Indizierung abzielt. Die Prüfstelle wird nicht von selbst aktiv, sondern nur auf Antrag. Es kann also passieren, daß irgendein Geistlicher sich irgenwie durch etwas in einem Roman gestört fühlt. Dann stellt er einen Antrag, über den dann verhandelt wird.

Es ist vielleicht mal ganz interessant zu erzählen: Da ist ein SF-Roman vom Heyne-Verlag indiziert worden. Der war von Norman Spinrad. Einem der, würde ich sagen, bekanntesten Autoren der modernen SF. Der Roman heißt 'Der stählerne Traum' und ist eine bitterböse Satire auf den Nationalsozialismus. Und zwar wird Adolf Hitler, nach­dem er überlebt hat, als Comiczeichner dargestellt. Er schafft über seine Stellung einen Sektiererkult. Dieser Roman ist indiziert wor­den, wegen seines nationalsozialistischen Gedankenguts. Die Prüfer scheinen aber tatsächlich nicht bemerkt zu haben, daß es sich um eine Satire handelt. In Berlin hat es eine Bühnenshow gegeben, da sind als SA verkleidete Männer und Frauen über die Bühne gelaufen und haben getanzt und gesungen. Da hat sich kein Mensch darüber aufgeregt. Aber bei diesem Buch schon. Es kam glaube ich aus Nie­dersachsen. Da hat der Remmers sich stark gemacht, daß dieses Buch nationalsozialistisches Gedankengut positiv darstellt, was überhaupt nicht der Fall war. Man kann gewisse Dinge so ernst schreiben, daß solche Dinge in ihrem Ernst ad absurdum geführt werden. Das muß man natürlich erkennen. Man muß dazu auch satirische Romane verstehen können und das ist nicht jedermanns Sache. Ich meine, wenn man sich vor so ein Gremium stellt, will man natürlich exponieren. Wenn ich unter drei Tugendwächtern sitze, möchte ich natürlich der Tugendwächterischte sein. Da sehe ich Gefahren, wo gar keine sind. Der Roman ist nicht unbedingt gut, er ist interessant. Es ist eine außergewönliche Idee, auf außergewöhnliche Art und Weise abgehandelt. Man kann aus so etwas alles Mögliche herauslesen. Man kann auch Tony Ballard als eine Blutserie ansehen, weil auf Seite 16 ein Mord geschieht. Auf der anderen Seite führt Tony Ballard einen moralisch einwandfreien Lebenswandel. Das interessiert keinen, entscheidend sind die drei Szenen, wo dann fürchterlich die Post abgeht. Im Fernsehen können sie aber solche Filme, wie 'Das Wiegenlied vom Totschlag' zeigen, wo es fürchterlich brutal zugeht. Da sagt kein Mensch was. Das, so sagen viele, sei ja eine Demonstration für die Indianer. Das zeigt ja, wie schlimm das ist und so weiter... Da kann man plötzlich vorführen, wie Leute niedergemetzelt werden.

Band Ende

Soviel zu A.F. Morland und Michael Kubiak. Wir hoffen, daß es interessant war und zu weiterer Diskussion anregt.

Ein Dank noch einmal an alle Beteiligten.
HFC "Söhne der Zauberer"

Kommentare  

#1 Cartwing 2022-09-18 09:52
Schön, dass du diesen alten Beitrag noch hattest.
Sehr interessant, aber meine Güte, der arme Kerl...
Das war ja ein richtiges Verhör...

Ich war ja in meiner Ballard Revisited Reihe auch nicht gerade zimperlich. Heute fragt man sich natürlich, ob er das verfolgt hat.
#2 Harantor 2022-09-18 09:55
Und Fritz war immer freundlich und uns zugewandt. Er hat uns nichts nachgetragen oder wollte zwischendurch aufstehen und uns sitzen lassen. Er hat geduldig geantwortet und uns zugehört und sich so gut wie möglich verteidigt. Das hat richtig Spaß gemacht.

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