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... Hugh Walker über Vampire, Helden und Hans Feller

Hubert Strassl ... Hugh Walker ...
... über Vampire, Helden und Hans Feller

Hubert Strassl aka Hugh Walker ist einer der besten deutschsprachigen Horrorautoren, hat aber auch und gerade in der Fantasy seine Spuren hinterlassen. Er ist nicht nur Autor, sondern auch Übersetzer und Herausgeber.

Es war an der Zeit, ihn mal zu seinen unterschiedlichen Funktionen und Tätigkeiten zu befragen. Beginnen wollen wir mit dem Horror ...

 

Zauberspiegel: Du hattest ja schon zu Fanzeiten ein Faible für das Unheimliche. Wer oder was hat Dich schlussendlich zu Vampir Horror gebracht?
Hubert Straßl (Hugh Walker): Das ist alles recht lange her. Ich bewundere immer die Menschen, die sich in ihren Memoiren an so viele uralte Details erinnern. Da spielt dann vielleicht die Phantasie auch gelegentlich eine Rolle. Ich versuche also vorsichtig zu sein. VAMPIR war für den Anfänger, der ich damals war, wirklich ein toller Einstieg. Außer ein paar SF-Romanen in den TERRA Reihen hatte ich ja noch nichts veröffentlicht. Natürlich interessierte mich das Genre. Ich hatte  angefangen, englische SF-Taschenbücher zu lesen. Das erste, das mir in die Finger fiel, war eine Kurzgeschichtensammlung von Ray Bradbury (und er hat ja nicht nur SF geschrieben), und dann Robert Bloch, der ja wirklich skurrile Grusel- und Fantasyideen hatte. In einem Antiquariat in Wien stieß ich dann auf Hanns Heinz Ewers, der mich eine Weile sehr beeindruckt hat.

Zauberspiegel: Was war der Grund, den letztlich als Vampire unter uns erschienen Stoff, als Miniserie einzureichen? Wie wurde daraus dieser Einzelroman, der der Reihe einen wunderbaren Start lieferte?
Hubert Straßl (Hugh Walker): Herr Kurt Bernhardt und  Frau Sybille Illfeld konzipierten die Reihe. Fau Illfeld war für die Verträge und Zusammenstellung zuständig. Sie hatten ausländisches Material eingekauft. Herr Bernhardt wollte aber auch deutsche Autoren haben. „Seine“ Autoren, wie er es nannte, pflegte er möglichst an den Verlag zu binden, und das ging am besten, indem er neue Reihen und Serien ins Leben rief, in denen er sie beschäftigen konnte. Mit Übersetzern, wie etwa meiner Frau Lore, tat er das übrigens auch. Und eine Weile, in den Siebziger- und Achtzigerjahren, hat das recht gut funktioniert. Kurz und gut, er wollte Exposés für seine neue VAMPIR-Reihe haben. Und da ich auch schon so ein bisschen ein Pabel-Autor war, reichte ich meinen VAMPIR-Zyklus ein, der offenbar Gefallen fand, aber Herr Bernhardt, der auf möglichst spannende Romane für seine neue Reihe aus war, wollte, dass ich alles in einen Roman packe. Na ja, mit Abstrichen hab ich das dann versucht. Der Roman schien irgendwie bei den beiden Herrschaften einen Nerv getroffen zu haben. Offenbar kam er dem sehr nahe, was sie sich für die Reihe vorgestellt hatten. Dass er dann gleich als Band 1 der Reihe vorangestellt wurde, war wirklich toll, gehörte ich doch jetzt zu den Pabel Autoren, wie Clark Darlton, Willi Voltz, K.H. Scheer, Ernst Vlcek, die jedem deutschen SF-Fan wie mir ein Begriff waren.

Zauberspiegel: Zu Anfang warst Du in der Reihe sehr präsent. Kaum ein Monat ohne Hugh Walker-Roman. Dann ließ Dein Engagement dramatisch nach. Was war der Grund?
Hubert Straßl (Hugh Walker):  Hier lassen meine Erinnerungen aus. Vielleicht fand ich keine interessanten Themen mehr. Vielleicht begann die Beschäftigung mit der Fantasy. MAGIRA blieb ja noch eine Weile nur ein Fan-Projekt. Aber DRAGON stand vor der Tür.

Zauberspiegel: Zu Anfang deiner Karriere als professioneller Horrorautor stand der Vampir gern im Mittelpunkt deiner Romane. Woher kam die Leidenschaft für die Blutsauger?
Hubert Straßl (Hugh Walker): Also, von Leidenschaft kann man wirklich nicht reden Aber der Vampir ist ein sehr interessantes Konzept, egal ob man ihn als Bösewicht, als evolutionäre Rasse, als Parasiten, oder als missverstandene Kreatur sieht. Ich hatte immer das Gefühl, wie so viele andere gefährdete Kreaturen müsste er vor dem Aussterben bewahrt werden. Vielleicht besser verstanden werden. Aber er ist natürlich ohnehin keine aussterbende Art gewesen, wenn man die heutige Vampirwelle  in Film und TV sieht.

Zauberspiegel
: Mit deiner Dracula-Miniserie schien das Interesse an den Vampiren aber zu erlahmen. Da kippte die Geschichte und wurde zu einem surrealen Feuerwerk, zum Kampf zwischen Phantasie und Realität.
War der Vampir und das was dich daran interessierte auserzählt? Zugleich trat hier deutlicher und faszinierender denn je der Einbruch der Phantasie in die reale Welt zutage. War dies ein bewusster Entschluss oder bist du spontanen Eingebungen gefolgt?

Hubert Straßl (Hugh Walker): Man muss halt auch sehen, dass der 3. und 4. Band in sehr großen Abständen erschienen sind. Ich hab sicherlich mit dem 4. Band den Zyklus dazu missbraucht, um mich mit meinem damaligen Lieblingsthema Realität/Phantasie zu beschäftigen. Im Grunde hätte noch ein Band folgen sollen, um zu den Wurzeln zurückzukehren.

Zauberspiegel: Reizen dich Vampire überhaupt noch? Was hast du in ihnen gesehen? Wie würde heute ein Vampirroman aus deiner Feder aussehen oder würdest Du gar keinen mehr schreiben wollen?
Hubert Straßl (Hugh Walker): Ich glaube nicht, dass ich heute noch einen Vampir-Roman schreiben möchte. Aber ich sehe mir gern, was die blutsaugenden Herrschaften in Fernsehserien wie TRUE BLOOD und BEING HUMAN so treiben. Mit dem Teenie Erotik Kitsch habe ich weniger im Sinn.

Zauberspiegel: Du hast – und das gilt ebenso nicht nur für deine Horrorromane – gern texte in der dir bekannten Umgebung angesiedelt. Statt London, Paris und Tokio, spielten deine Romane in Wien, Linz und dem bayerischen Wald. Was führt dich dahin, gerade Heftromane abseits der exotischen Schauplätze anzusiedeln?
Hubert Straßl (Hugh Walker): Aber ist das nicht gerade der Reiz, das Phantastische dort anzusiedeln, wo man lebt und sich gut auskennt. Wenn du auf der B12 zwischen Passau und Büchlberg einen Autostopper mitnimmst, der dich beim Einsteigen mit langen Zähnen angrinst. Da ist alles offen. Du hast vielleicht eine Möglichkeit, deine Neugier zu befriedigen. Oder du bist vielleicht in Kürze selber einer von der Sorte. Oder du hast keine Blutdruckprobleme mehr. Oder der Sauger ist eine attraktive Rothaarige. Die Möglichkeiten sind endlos. Aber im Ernst, auf dem Land hat die Phantasie mehr mythische Wurzeln als in der Stadt.

Zauberspiegel: Was sich durch deine kompletten Horrorromane zieht. Keines der Monstren, Hexen und Dämonen ist von Grund auf böse und einfach nur eindimensional. Was ist denn das Böse in einem Roman für dich? Steckt dahinter gar eine Philosophie?
Hubert Straßl (Hugh Walker): Ich denke, dass es Gut und Böse nicht wirklich gibt. Man muss das alles relativieren und genauer hinsehen. Und so ein Roman mit Monstern bietet die Gelegenheit dazu.  Die Fantasy ist ja ein gutes Werkzeug, um solche Dinge auszuleuchten.

Zauberspiegel: Für mich hattest du mit deinen ›Helden‹ bzw. Protagonisten immer mehr Schwierigkeiten als mit ihren Gegnern, deren Zeichnung dir immer prima gelang.
Harry Fuchs (aus der Dracula-Miniserie) ist der Typ, der einem Heftromanhelden am nächsten kommt (ich hatte immer das Gefühl, in den ersten beiden Bänden, Fuchs wäre am Reißbrett entworfen worden). Von deinem Mythor-Engagement ist der Spruch überliefert, Du hast es nicht so mit den ›Gutlingen‹.
Was ist für dich das Komplizierte am Umgang mit den ›Helden‹?

Hubert Straßl (Hugh Walker): Ja, stimmt schon. Der fertige Held ist vorhersehbar und nicht sehr aufregend. Mythor ist ein typisches Beispiel. Für einen Serienhelden wird es auch nie wirklich gefährlich. Aber natürlich kann man ihm auch ein paar Prüfungen auferlegen, um zu zeigen, aus welchem Holz er ist. Das Komplizierte ist, dass man die Antagonisten, weil man sie eben interessanter und unvorhersehbarer findet, besser zeichnet, und der Held dann blass aussieht.

Zauberspiegel
: Als Michael Schönenbröcher dich für den 50. Roman der Dämonenland-Reihe zu einem neuen Roman überredet (?) hat, wurde so etwas wie dein Held – Robert Steinberg – geboren, der dann noch mal im Dämonenland 150 und bei Zaubermond zwei weitere Male in Erscheinung trat.
Was macht Robert Steinberg deiner Meinung nach zu deinem Helden? Wie ist er entstanden? Was interessiert dich an dieser Figur?

Hubert Straßl (Hugh Walker): Robert Steinberg  … ein Held? Er hat nur einen faszinierenden Job als Parascout. Er hat Mitgefühl, Verständnis, das Herz auf dem rechten Fleck, und er ist den Dingen gewachsen, die er entdeckt. So gesehen ist er vielleicht auch ein bisschen ein Held.

Zauberspiegel: Du bist ein – darf man sagen Fan – von Ray Bradbury. Du hast 1965 gar besucht. Inwieweit ist Ray Bradbury Vor- oder Leitbild für dich?
Hubert Straßl (Hugh Walker): Bradbury hat mir gefallen, weil seine SF nicht wissenschaftlich technisch, sondern emotional war. Und weil er einen sehr poetischen Stil hat, der in der Übersetzung natürlich weitgehend verloren geht. Es war sehr schön, ihm zu begegnen. Eine schöne Erinnerung. Aber ich kann nicht sagen, wie und ob er mich beeinflusst hat.

Zauberspiegel: Heute würde man so manche deiner Romane weniger dem Horror als vielmehr dem (marketing-insprierten) Begriff Urban Fantasy zurechnen.
Wäre das nicht mal wieder ein Anreiz für dich in die Tastatur zu greifen und einen deiner unverwechselbaren Romane zu schreiben? Wird man den Autor Hugh Walker noch mal erleben?

Hubert Straßl (Hugh Walker): Ich habe mich in letzter Zeit hauptsächlich Übersetzungen gewidmet und nicht wirklich darüber nachgedacht. Ich habe in paar Ideen im Hinterkopf seit einer Weile. Vielleicht wollen Sie ja mal wirklich raus …

Zauberspiegel: Du scheinst sehr gut mit dem Umfang eines Heftromans zufrieden zu sein. Ist in Dir nicht so ein Roman von 600 Seiten? Was gefällt Dir am Umfang eines Heftromans?
Hubert Straßl (Hugh Walker): Der Heftromanumfang (Novellenlänge) hat mir immer gut gepasst für meine Geschichten. Ich lese auch nicht sehr gern so dicke Bücher, obgleich ich viele von dieser Art übersetzt habe. Bei manchen umfangreichen Fantasybüchern habe ich mich gefragt: Will ich all diese Details über die Welt oder die Figuren wirklich wissen? Aber das ist vielleicht die subjektive Perspektive des Übersetzers, der sich intensiv mit allem auseinandersetzen muss. Letztlich hängt alles vom Autor und vom Thema ab.

Zauberspiegel: Hans Feller ist bei dir Romanfigur und wird als der Mann hinter dem Pseudonym Ray Cardwell geführt.
Wer ist Hans Feller? Ist er real gewesen oder doch die Fortsetzung des Leitthemas deiner Romane mit anderen Mitteln? Wie entstand Hans Feller?

Hubert Straßl (Hugh Walker): Tja, das ist auch Teil des Spieles mit der Realität und der Phantasie, und wo was aufhört. Ich kann nicht viel mehr sagen. Vielleicht weiß der Vorsitzende des EDFC eV mehr darüber. Der sagte mir mal, dass er Hans Feller getroffen hätte. Wie gesagt, das ist alles lange her, und mit den Erinnerungen ist das so eine Sache.

Hugh Walker - Vampire pflastern seinen Weg
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