Gablé, Rebecca - Das Spiel der Könige (Roman/Hörbuch - Audio-CD)
Das Spiel der Könige (Roman)
von Rebecca Gablé
1196 Seiten / 24,95 €
ISBN 978-3-431-03721-0
September 2007
Ehrenwirth Verlag (Verlagsgruppe Lübbe)
Das Spiel der Könige (Hörbuch)
Sprecher: Detlef Bierstedt / Rebecca Gablé
1330 Min (18 CD)/ 29,95 €
ISBN 978-3-7857-3384-4
September 2007
Lübbe Audio (Verlagsgruppe Lübbe)
„Das Spiel der Könige“ ist der fulminante Abschlussband um die Waringhams, einer mittelalterlichen englischen Adelsfamilie, die zu den Vertrauten des Hauses Lancasters gehören. Aus dem einst bescheiden gestarteten Roman „Das Lächeln der Fortuna“, in dem Robert (Robin) of Waringham um das Erbe seines Vaters kämpft, wurde die monumentale Waringham-Saga. Drei Bände mit über 3300 Buchseiten liegen vor dem geneigten Leser. In diesen Bänden zeichnet Rebecca Gablé die Geschichte des Hundertjährigen Krieges und der daraus resultierenden Rosenkriege nach, die sie mit der Geschichte der ‚fiktiven’ Waringham mischt.
Der Roman beginnt bei der Schlacht von St. Albans im Mai 1455. John of Waringham, der Hüter der Rose, fällt auf dem Schlachtfeld und verflucht mit seinem letzten Atemzug Richard of York, der den Bürgerkrieg um die Krone Englands angezettelt hat. Weitere 30 Jahre lang wird dieser Krieg immer wieder aufflackern, bis die Lancasterabkömmlinge aus dem Hause Tudor (dazu gehören auch Heinrich VIII. und Elisabeth I.) den Thron erlangten und das Mittelalter in England zu Ende geht.
Die „Rosenkriege“ zwischen den von Edward III. abstammenden Zweigen der Plantagnets Lancaster und York sind ein Thema, dass nicht unbedingt einfach zu fassen ist. Die Namen der Beteiligten lauteten allzu oft Edward, Henry oder Richard. Zudem waren die meisten miteinander verwandt oder verschwägert. Also handelte es sich hier wieder einmal um eine dieser außer Kontrolle geratenen Familienfehden, wo Unschuldige bluten müssen, weil Brüder und Cousins und die sonst noch angeheiratete oder Blutsverwandtschaft, sich um die Erbschaft bzw. die Macht balgen.
Rebecca Gablé ist es nun nicht nur gelungen mittels Spitznamen und Titeln oder unterschiedlicher Schreibweisen das Gestrüpp der Edwards und Richards zu entwirren, sondern auch wunderbar unterhaltende, spannende und spritzige Historische Romane zu schreiben, bei denen die Lektüre einfach nur Spaß macht.
Kaum einer der Pro- und Antagonisten lebte lang genug, um die Rosenkriege von Anfang bis Ende zu erleben (dabei starben die wenigsten eines natürlichen Todes) und um den Leser ‚biografisch’ durch den Roman zu führen. Es wäre auch nicht gut, denn kaum einer von ihnen taugt als Identifikationsfigur. Es wimmelt nur so von Verrat, Seitenwechseln und Intrigen; dem Leser kann da durchaus schwindelig werden. So wäre man als Autor nicht gut beraten gewesen, einen dieser Männer (oder Frauen) als Protagonisten zu wählen. Viele fallen durch Verhalten auf, das - zumindest heute - moralisch-ethisch verwerflich erscheint. Shakespeare gelang es mit Richard III („Der Winter unseres Missvergnügens ...“ und „Ein Königreich für ein Pferd“) schon, ein wunderbares und blutiges Drama daraus zu machen. Aber ein Roman ist etwas anderes.
Für Rebecca Gablés Roman ist es daher ganz gut, wenn man über eine selbst erdachte Familie verfügt, die als Konstante in dem ganzen Tohuwabohu stehen kann, um den Leser durch das ausgehende englische Mittelalter und dessen blutige Auswüchse zu führen. Julian of Waringham ist der Held des Ganzen. Er ist der Enkel von Robert (Robin) of Waringham, der seinerseits im Waringham-Erstling „Das Lächeln der Fortuna“ sein verlorenes Erbe (die Baronie Waringham) zurückgewann. Im zweiten Band „Die Hüter der Rose“ stand Julians Vater John im Mittelpunkt, seines Zeichens jüngster Sohn von Robert. Julian hatte sich in diesem Band mit seiner Familie entzweit und war in die Dienste des Machtmenschen und Yorkisten dem Duke of Warwick getreten.
In den ersten Kapiteln vom „Das Spiel der Könige“ wird der Weg Julians zum loyalen Lancasterianer geschildert, der dieser Sache dann bis zum Schluss und zum verdienten Happy End getreu dient. Dabei erlebt er alle Höhen und Tiefen der Rosenkriege. Das geht soweit, dass die Baronie wieder in fremde Hände fällt. Zu guter letzt gelingt es ihm, sie für sich zurückzugewinnen - und hat seine literarische Schuldigkeit getan, nämlich das Dickicht aus Intrigen, Mord, Schlachten und Verrat zu erhellen.
Hier deuten die Waringhams bereits das neue England an, das einmal die Meere beherrschen würde (und vielleicht erleben wir irgendwann einen Waringham, der mit Francis Drake um die Welt segelt oder die Spanische Armada besiegt).
Doch (und das ist wichtig): Rebecca Gablé lässt ihre Leser nicht ständig Schlachten erleben und ihre Protagonisten auf jedem verfügbaren Schlachtfeld stehen und einen Kampf nach dem anderen durchstehen. Ihr Hauptaugenmerk liegt auf den Intrigen dahinter. Sie zeigt uns, wie sich Freunde entzweien, wie Familien zerbrechen. Die Schicksale der historischen und ihrer fiktiven Figuren interessieren sie. Bis auf Richard of Gloucester (Richard III.) ist auch keiner ihrer Schurken durch und durch ein Bösewicht. Sie haben Gewissen und überraschen den Leser manchmal mit ihrem Handeln. Doch auch die „Guten“ (inklusive der Waringhams) sind durchaus dazu in der Lage, finstere Dinge zu tun. So werden ihre Figuren begreifbar und ja – auch menschlich.
Auch im dritten Band der Waringham-Saga bleibt Rebecca Gablé ihrer Linie treu und setzt einen wunderbaren (vorläufigen?) Schlusspunkt unter das Schicksal der Waringhams.
„Das Spiel der Könige“ ist einer jener historischen Romane, die ich zur Lektüre uneingeschränkt empfehlen kann (vulgo und an den Fußballreporter Werner Hansch angelehnt: „Ein geiles Buch!“). Dabei braucht niemand die beiden vorangegangenen Romane zu kennen, obwohl ich diese Lektüre ob des Spaßes empfehlen kann.