Edgar Wallace - Multimedial betrachtet und in HD - Das Rätsel des silbernen Halbmonds
Multimedial betrachtet und in HD
Das Rätsel des silbernen Halbmonds
Jetzt erscheinen nach und nach sogar erstmalig Blu-ray-Boxen. Die Filme sind gemastert. Hohe HD- Auflösung und ein brillantes Bild lassen die alten (zum Großteil in Schwarzweiß gedrehten) Klassiker in neuem Glanz erstrahlen. Die Filme kommen in einem neuen, nie gesehenen Detailreichtum daher. Und das alles obwohl schon etliche Boxen auf DVD und Gesamteditionen erschienen sind. Jetzt lockt man die Fans erneut.
Leider haben die Blu-ray-Boxen einen entscheidenden Nachteil. Genauer gesagt sogar zwei. Die Boxen bieten kein Zusatzmaterial, also Bonus. Und das obwohl genug davon in den Archiven der Rialto und den UFA-Wochenschauen lagert. Auch unzählige Interviews mit den damals Beteiligten dürften noch auffindbar sein. Doch die Boxen bieten nur die Original-Kinotrailer an. Die findet man mit etwas Mühe aber auch auf Portalen bekannter Netzdienste. Bleibt als einziges Highlight also wirklich die Bildqualität. Aber der hohe Preis von etwa 35 Euro für drei Filme rechtfertigt das nicht. Da der Schreiber dieser Zeilen aber höchst neugierig ist und etwas von dem neuen Seherlebnis erfahren wollte, griff er zu einer Alternative. Dem HD-Streaming. Gleiche Qualität wie auf Blu-ray, nur eben wesentlich günstiger, wenn auch nicht physisch tastbar.
Koch-Media bietet verschiedene Filme der Wallace-Serie, die streng genommen aus insgesamt 32 Filmen besteht an und liefert diese zum Teil als Media-Book. So geschehen bei Das Geheimnis der grünen Stecknadel und jetzt auch bei dessen vermeintlichen Nachfolger "Das Rätsel des silbernen Halbmondes" Vermeintlich deswegen, weil der Halbmond-Film noch vor der Stecknadel abgedreht wurde, aber erst später ins Kino kam. Das ist ein Umstand, der diese letzten beiden Wallace-Filme in einem seltsamen Licht erscheinen lässt. Der zweite Umstand ist, das es sich um Gialli handelt. Also italienische Krimis oder Thriller mit Stilelementen aus Edgar Wallace-Filmen. Meistens geht es da um einen Mörder, der serienmordend durch die Lande zieht und weder dieser noch ein Motiv ist erkennbar. So auch hier. Man lese zunächst die Inhaltsangabe:
Eine bizarre Mordserie, bei welcher der Mörder stets nur eine Kette mit einem silbernen Halbmond am Tatort hinterlässt, versetzt ganz Rom in Angst und Schrecken. Auch die frisch verheiratete Giulia (Uschi Glas) gerät scheinbar zufällig ins Visier des Killers und überlebt seinen Angriff nur denkbar knapp. Zusammen mit ihrem Ehemann (Antonio Sabato) beschließt sie daraufhin, selbst auf die Suche nach dem Täter zu gehen. So kommt die junge Frau einem dunklen Geheimnis auf die Spur, das nicht nur sie erneut in Lebensgefahr bringt. (1)
Das italienische Drehbuch hatte wie auch die italienische Filmfassung einen anderen Titel, der übersetzt "Sieben blutgefleckte Orchideen" heißt. Diese spielen im Film eine sehr kleine Rolle. Der Protagonist findet sie auf dem Grab eines Verstorbenen. Sie stehen für die 7 potenziellen Mordopfer, wie sich später herausstellt. Einen viel größeren Raum nimmt im Film der silberne Halbmond ein - ein Schlüsselanhänger, der jeweils bei den Toten gefunden wird. Dies ist das wiederkehrende Element, welches auch an Edgar Wallace erinnert. Sonst hat der Film aber nichts mit der Rialto-Reihe zu tun. Regisseur Umberto Lenzi (Foto re.) nannte es sogar eine Unart, Filme mit einem Emblem zu versehen, nur um sie markt-technisch besser platzieren zu können. Sein Film, so sagte er, passt nicht in die Serie und sie würde ihm auch nicht gerecht. Damit spricht der Reihe indirekt eine gewisse Qualität ab, obwohl er auf dessen Pfaden wandelt. Er erinnerte sich in einem Interview am Uschi Glas und Marisa Mell sowie eine weitere deutsche, deren Namen er aber vergessen hatte. Gemeint ist Petra Schürmann. Diese drei Schauspielerinnen sind der einzige Export, den Co-Produzent Wendlandt im Film unterbrachte. Aber auch ein deutscher Drehbuchautor wurde in ein Trio integriert. Paul Hengge schrieb den "deutschen Anteil" und dürfte für die Idee mit dem Halbmond verantwortlich sein.
Die männliche Hauptrolle spielte der italienische Spaghetti-Western-Star Antonio Sabato. Lenzi machte im Interview - das sich in den Extras des Mediabook findet - keinen Hehl daraus, dass er ihn nicht mochte. Er sei ein verkappter Frauenheld gewesen, der mit jeder Darstellerin irgendwie anbändeln wollte, aber keine Chancen hatte. Dagegen hielt er sich für einen unwiderstehlichen Macho. Ein guter Schauspieler sei er trotzdem, so Lenzi.
Uschi Glas und Marisa Mell
Uschi Glas (Foto re.) ist in ihrem fünften Wallace-Film zu sehen. Nach Der unheimliche Mönch, "Der Mönch mit der Peitsche", Der Gorilla von Soho und Die Tote aus der Themse. Nur der unsägliche Gorilla-Film sticht unangenehm aus dieser Liste heraus. Dass die Glas aber ausgerechnet in den mitunter besten Filmen der Reihe mitwirkte, lag nicht an ihr. Ihre schauspielerische Blässe kam keinen der Filme zu Gute. Ihr geradezu künstliches Geschrei in diesem letzten Wallace-Streifen der Rialto-Film wirkt wohl nicht wegen der Synchro lächerlich. Optisch ist sie ein Gewinn für den Film, wenn sie auch mit ihren Reizen stets geizte. Selbst in diesem Italo-Thriller, der sonst nur so vor nackter Haut strotzt.
Sie synchronisierte sich im Übrigen selbst für die deutsche Fassung.
Glas nannte im Interview dieselben Probleme mit den italienischen Darstellern wie Karin Ball beim Stecknadel-Film. Diese weigerten sich englisch zu sprechen und reagierten nicht wie nötig auf Stichwörter. Lenzi begrüßte die Glas jeden Tag am Set mit den Worten "Achtung!" und "Arbeit macht frei!" - Dies und einiges mehr gefiel ihr nicht, weswegen sie Wendlandt kontaktierte. Der sagte sie solle doch den Set einfach verlassen. Das tat sie aber nicht, weil sie dann wieder nie zurück käme, so Glas. So erfüllte sie brav und deutsch ihren Vertrag.
Die Österreicherin Marisa Mell spielte 1962 in "Das Rätsel der roten Orchidee" die Hauptrolle. Vom Titel her gibt es als Parallelen zu diesem Film. Handlungs-technisch liegen Welten dazwischen.
Die Mell spielt gar eine Doppelrolle in diesem Film. Einmal stirbt sie, als der unheimliche Rächer ihr mit einer Bohrmaschine das Herz durchbohrt. Lenzi nannte es die "Black & Decker-Szene". In der deutschen Fassung ist sie drastisch geschnitten.
Gabriella Giorgelli
Die Italienerin Giorgelli sollte ein Mordopfer spielen - dafür sollte sie sich beim Casting vor Umberto Lenzi nackt ausziehen. Das lehnte sie ab, obwohl sie eigentlich kein Problem hatte in Filmen nackt aufzutreten. Lenzi engagierte sie dennoch.
Nacktszenen sind für italienische Filme jener Zeit obligatorisch. Gerade für die Gialli. Deutsche Gastdarstellerinnen ließen sich meistens per Vertrag davon frei schreiben.
Literarische Vorlage Ja oder Nein? - Spoiler
Eigentlich soll es zu dem Film keine literarische Vorlage geben. Schon gar nicht von Wallace. Regisseur Lenzi belehrt uns eines Besseren. Die Motive der Geschichte stammen laut ihm von Cornell Woolrich (u.a. Das Fenster zum Hof). Er will die Geschichte aus dem Roman "Die Tote vom 31. Mai" haben, wo ein Mann den Tod seiner Geliebten rächt. Da er nicht genau weiß, wer der Täter ist, tötet er alle Verdächtigen in der Hoffnung irgendwann den Richtigen zu treffen.
Für die Auflösung ging man den ungewöhnlichen Weg, einen Täter zu entlarven, der in der Handlung kaum auftauchte.
Gedreht wurde in Rom und Umgebung, womit dieser vermeintliche Wallace noch zunehmend exotisch wirkt.
Die Internationale Langfassung
Die Langfassung kommt ohne das Opening mit den Schüssen und der Vohrer-Stimme "Hallo , hier spricht Edgar Wallace!" aus. Damit ist gleich die Eingangs-Szene ganz anders und viel atmosphärischer. Zu Beginn gibt es auch einen Mord an einer älteren Frau. Der steht aber in keinem Zusammenhang mit der Handlung, weswegen er in der deutschen Fassung nicht schmerzlich vermisst wird. Die übrigen Mordszenen sind detaillierter als in der deutschen Version. Insgesamt ist die Langfassung 9 Minuten länger (91 Min. statt 82 Min.).
HD und BluRay
Das Bild der von Koch Media gelieferten BluRay ist brillant und es macht Spaß den Film noch einmal zu schauen - auch wenn man das Ende kennt.
Das Ende der Wallace-Reihe
Wendlandt schloss damit die Wallace-Serie ab, die 1959 mit dem Frosch mit der Maske begann und hier endet. Die Serie hatte insgesamt zwei bis drei Stilwechsel durchlebt. Hätte man im Stil von Die Tote aus der Themse weiter gemacht, wäre vielelicht nochmal eine andere Richtung möglich gewesen. Doch man zog den Etikettenscchwindel vor und verulkte die Zuschauer. Das machten die nicht mit und zog man die Konsequenz keine Wallace-Filme mehr in Deutschland zu produzieren. Dabei war der Halbmond-Film nicht einmal der mit dem schlechtesten Einspielergenbis aller dieser Krimis.
FSK ab 16
(1) = Koch Media
Quellen: Interviews der BD/ Joachim Kramp: Hallo! Hier spricht Edgar Wallace, Schwarzkopf & Schwarzkopf 2005
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