Wieder mal heiter bis besinnlich - »Der zerrissene Vorhang«
Wieder mal heiter bis besinnlich
»Der zerrissene Vorhang«
Wie sich herausstellt sitzt Michael in einer Maschine nach Ost-Berlin, anscheinend plant er überzulaufen. Tatsächlich wird er in Schönefeld mit allen Ehren empfangen. Doch seine Reise ist, laut eigener Aussage dem höheren wissenschaftlichen Interesse gewidmet - es entbrennt ein heftiger Streit zwischen den beiden. (1)
Hitchcock hatte eigentlich beschlossen, sich nach Der unsichtbare Dritte von den eher heiteren Big-Budget-Filmen zu entfernen und wieder düsterer und ernster zu werden. Psycho war da der Ausgangspunkt und mit "Die Vögel" legte er noch einen drauf. Doch schon in "Marnie" merkte man wieder ein leichtes abdriften ins Komödienfach, was sich in "Der zerrissene Vorhang" noch mal verstärkte, auch wenn die eher heiteren und lustigen Szenen hier nur zu Beginn uns am Schluss folgen.
Thematik
Der Film greift das Thema des kalten Krieges auf und im speziellen das Thema DDR und USA. Wobei der Westen Deutschlands hier kaum eine Rolle spielt. Selbst die spätere Flucht des Agenten erfolgt über das Meer nach Skandinavien.
Hitchcock hatte sein offensichtliches Lieblingsthema der Spionage hier wieder etwas klischeehaft angelegt. Es geht um eine Erfindung, die ein alternder Forscher der DDR seinem Kollegen aus den USA bekannt machen will - allerdings nur, wenn dieser zur DDR überläuft und gleichsam sein Wissen zur Verfügung stellt. Das nutzt der US-Forscher nun für seine Zwecke und geht zum Schein auf den Deal ein. Er nimmt angekommen in der DDR Kontakt zu Mittelmännern auf, was ihm fast zum Verhängnis wird.
Nebenher spielt noch eine Rolle, dass Armstrong (so der Name des Forschers) seiner Ehefrau nichts verraten darf und deswegen zum Konflikt zwischen beiden kommt. Somit hat Hitchcock hiermit auch eine weibliche Hauptrolle eingebaut.
Spannung kommt insbesondere durch die Verfolgungsszenen auf. Beispielweise als Armstrong von einem Stasi-Mann verfolgt wird und er sich diesem schließlich "entledigt".
Auch am Schluss, als die Flucht in den Westen nötig wird, kommt etwas Spannung auf. aber es gibt auch Längen.
Hitchcock versteht es einmal mehr eine an sich magere Geschichte gut bebildert und etwas aufgebläht dennoch spannend zu erzählen.
Kunst der Darstellung
Ausgerechnet die Gaststars aus Deutschland bereichern diesen Film ungemein. Mit Paul Newman und Julie Andrews war Hitchcock der Überlieferung nach unzufrieden. Sie waren von der Produktionsfirma vorgegeben und man setzte somit auf die momentane Kassenattraktivität der beiden Darsteller.
Das Ergebnis spricht für sich. Andrews wirkt geradezu hölzern. In den Szenen im Hörsaal blickt sie drein, als wäre sie paralysiert oder hätte einen Außerirdischen gesehen. Auch Newman überzeugt nicht recht. Er musste von Hitchcock zu jeder Szene speziell motiviert werden und diskutierte zu viel, wie es hieß. (2)
Um so zufriedener schien Hitchcock mit Wolfgang Kieling, der einen Stasi-Schergen mimte. Im Gedächtnis blieb die Szene in der Armstrong und die Bäuerin den Stasi-Mann lautlos umzubringen versuchen, um ihre Entdeckung zu vermeiden. Hitchcock baute sogleich noch eine Szene mit Kieling ein, weil er ihm so gut gefiel. Leider fiel diese Szene später dem Schnitt zum Opfer. (3)
Weitere deutsche Darsteller sind Hansjörg Felmy und Günter Strack. Ludwig Donath kam aus Österreich dazu und spielte den alten DDR-Professor. Außerdem spielte noch die Schauspielerin Gisela Fischer mit, die auch in Deutschland bekannt war und mit dem Schweizer Schauspieler Pinkas Braun einige Zeit verheiratet war. (4)
Drehorte
Über die Drehorte ist einiges bekannt. Hitchcock arbeitete hier aber vorwiegend mit Rückprojektionen. Bei diesen nahm er den Hintergrund an anderen Orten auf, und die Darsteller agierten dann im Studio vor einer Leinwand. So geschehen bei der Verfolgungsszene mit dem Bus am Ende des Films. Diese Szenen wurden im Landkreis Hildesheim zwischen Diekholzen und Sibbesse am roten Berg gedreht. Fragmente der Gaststätte "Heidekrug", die noch heute existiert sind zu erkennen. (5) Die Darsteller waren jedoch nicht an dem Ort. Die Technik der Rückprojektion wandte Hitchcock bei den Berlin-Szenen an, wo es jedoch nur wenige bekannte Orte gibt, die er erwähnt. So sieht man dem film an, dass er im wesentlichen ein Atelierfilm ist. Das ist für einen Film mit dieser Thematik dann doch ungewöhnlich für Hitchcock.
Anderes geplant
Eigentlich wollte Hitchcock diesen Film nicht machen, da er geplant hatte einen Geisterfilm zu machen. Er beugte sich aber dem Druck von Universal, die mit diesem Film wohl eine Antwort auf die James Bond-Filme finden wollte. Und zwar indem man etwas realistischer mit der Agenten-Thematik umging. (6)
Die BD
Die Blu-ray-Version bietet diesmal leider kaum Bonusmaterial, welches erwähnenswert wäre. Auch das Bild ist nicht ganz so gut und kristallklar, wie man dass von den anderen Filmen des Altmeisters auf BD gewohnt war. Deswegen habe ich auch entschieden, hier nicht die bewährte Überschrift "Multimedial und in HD betrachtet" zu verwenden. Denn HD trifft hier nicht wirklich zu.
Der zerrissene Vorhang (Torn Curtain)
mit Paul Newman, Julie Andrews, Günter Strack, Wolfgang Kieling, Hansjörg Felmy, L. Donath, G. Fischer u.v.a.
Regie: Alfred Hitchcock
Buch: Brian Moore
USA 1966 - ca. 122 Minuten
(1) filmstars.de
(2-6) Wikipedia
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Kommentare
Also hat er ihn gleich doppelt an die Wand gespielt...