Cain, Tom: Target
Nur mit Mühe überlebt er einen Mordanschlag, den zwei russische Killer auf ihn verüben. Carver schäumt vor Wut. Es sieht ganz so aus, als hätten ihn seine Auftraggeber hintergangen und wollten dafür sorgen, dass er für immer von der Bildfläche verschwindet. Der Grund für diesen Hinterhalt ist schnell gefunden: Aus den Fernsehnachrichten erfährt Carver, dass sein Auftrag ein voller Erfolg war, doch statt eines fundamentalistischen Terroristen hat er ein Mitglied des britischen Königshauses ermordet.
Gejagt vom Geheimdienst begibt sich Carver auf eine schier selbstmörderische Mission: Er will die Hintermänner finden, die ihm eine Falle gestellt haben, und für ihre Taten zur Verantwortung ziehen...
Na ja. Dieses Statement, das auf der Coverrückseite von Target zu finden ist, mag ja recht viel versprechend klingen. Nachdem ich den Debütroman des Journalisten Tom Cain nun gelesen habe, komme ich allerdings nicht umhin anzumerken, dass das Zitat von Bookseller ein klein wenig übertrieben ist. Sicher, Target ist ein durchweg überzeugendes und zweifellos spannendes Werk, aber einer der größten Thriller aller Zeiten? Also ich weiß nicht...
Im Zentrum des Romans steht der Auftragskiller Samuel Carver, der, wie könnte es anders sein, immer stärker an Gewissensbissen zu knabbern hat, die ihn ob seiner mörderischen Profession von Zeit zu Zeit heimsuchen. Eigentlich möchte er aus dem Geschäft aussteigen, doch dann kommt alles ganz anders...
Tom Cain zeichnet ein detailliertes, wenn auch nicht besonders innovatives Bild von seinem Protagonisten. Gleiches gilt auch für die weibliche Hauptperson des Buches, die, trotz eines gekonnt skizzierten Charakters, nicht wirklich zu überraschen weiß, weder von ihrem Innenleben, noch von ihrer Vergangenheit oder ihren Verhaltensweisen. Die restlichen Figuren des Buches sind weniger stark ausgearbeitet. Da Cain mit Carver aber trotz 0-8-15-Charakterzeichnung eine interessante Hauptperson zu bieten hat, stört dies nicht weiter.
Was die Story angeht, so ist diese durchgehend spannend und lebendig geschildert. Es gibt ausreichend packende Actionszenen, aber auch die ruhigeren Sequenzen wissen zu überzeugen. Carvers Stil, sich im Wesentlichen auf seine Protagonisten zu konzentrieren und auf langatmige Beschreibungen von Orten und Ereignissen zu verzichten, trägt viel dazu bei, dass der Roman ein ordentliches Tempo hat und den Leser an die Seiten fesselt.
Was jedoch fehlt, ist das gewisse Etwas, das den Roman zu dem Meisterwerk macht, als das er von dem Zitat auf der Coverrückseite angepriesen wird. Die Idee, die dem Plot zugrunde liegt, ist zweifellos originell und hochinteressant, und Carvers Jagd nach den Schattenmännern, die seinen Tod wollten, verfügt über so manchen fesselnden Moment. Doch nach einem wirklichen Höhepunkt sucht man im Thriller vergebens. Mit den furiosen Actionreißern eines Matthew Reilly oder den bitterbösen, vor genialen Einfällen nur so strotzenden Werken von Kyle Mills kann Target einfach nicht mithalten.
Nichtsdestotrotz ist Target ein Thriller, dem man ruhig den ein oder anderen Blick gönnen sollte. Er mag vielleicht kein moderner Klassiker sein, eine durchgängig spannende Lektüre ist er aber allemal. Dafür sorgt alleine schon Cains eingängiger Schreibstil, der die Handlung temporeich nach vorne peitscht und die Geschehnisse lebhaft an die Leser vermittelt.
Wer auf der Suche nach einem lesenswerten Thriller ist, der wird keinen Fehler machen, wenn er zu Target greift. Freunde des Bond-Films Casino Royale (der mit Daniel Craig in der Hauptrolle und nicht dieses komische Machwerk von 1967) dürften an Cains Erstling viel Freude haben.
Kommentare
Na klar gibt's das! Wer Werke von Mills lesen will, der sollte ruhig mal zu seiner Reihe um den FBI-Agenten Mark Beamon greifen. Die ersten vier Bücher (Band 1: "Der Auftrag", Band 2 "Die Spur", Band 3 "Die Geheimakte", Band 4 "Die Organisation") sind bereits bei Heyne erschienen, Band 5 "Global Warning" erscheint voraussichtlich im Dezember.
Mein Geheimtipp ist allerdings "Das Abkommen", ebenfalls bei Heyne erschienen, in dem es darum geht, was passiert, wenn die Tabakindustrie von einem auf den anderen Tag ihre Produktion einstellt. Ein wirklich, wirklich geniales Buch! Es trieft nur so vor Ironie und genialen Einfällen und ist absolut lesenswert. Meiner Meinung nach Mills' beste Arbeit bisher.