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Kurt Luifs HEXENGLAUBEN (Teil 21)

Kurt Luif's HexenglaubeWie hoch waren nun die Kosten, die für die Hexenprozesse aufgewandt wurden? Damit beschäftigen wir uns in dieser Folge unserer Serie

HEXENGLAUBEN
(Teil 21)

Die Hexenverfolgung war zu einem Geschäft geworden. Die Kosten der Gerichtsverfahren und Hinrichtungen wurden vom Besitz der Verurteilten finanziert, von seinen Verwandten oder, wenn das Opfer keine Angehörigen hatte, von der Gemeinde. Tausende verdienten an den Hexenverfolgungen:

 

Richter, Gefängniswärter, Geistliche, Schreiber, Folterer, Scharfrichter, Exorzisten, Ärzte, Gerichtsdiener, Wachen, Boten, Zimmerleute, die Schafotte errichteten, Arbeiter, die das Holz für die Scheiterhaufen hackten, Fuhrmänner, die es transportierten, etc. Dazu kam noch, daß Hinrichtungen zu einer Art Volksfest würden. So profitierten außerdem auch Gasthäuser und Kneipen von den Hinrichtungen.

Wir zitieren aus Soldan-Heppe, HEXENPRO¬ZESSE, Band 1, Seite 440:
„Über die Kosten der großen Eßlinger Prozesse von 1662 und 1663 wird mitgeteilt, daß sie aus dem Vermögen der Justifizierten und aus den Strafgeldern gedeckt wurden. Bis zum 30. Juni 1663 hatte man 2300 Gulden aufgewendet und 2045 Gulden eingezogen. Was für die vielen bei den Juristenfakultäten zu Tübingen, Heidelberg und Straßburg eingeholten Gutachten bezahlt wurde, ist unbekannt. Von den Geistlichen, die mit der Seelsorge der Verhafteten viel zu tun hatten, erhielt nach Beschluß vom 20. 9. 1664 jeder drei Tonnen Ehrenwein, wobei, sie wiederholt ermahnt wurden, in ihren Schranken zu bleiben und den Untersuchungsrichtern nicht in ihr Amt zu greifen. Diese selbst erhielten vom Spital für jedes Verhör eine Kanne Wein und einen Laib weißes Brot. Dasselbe bekam wöchentlich der aufwartende Knecht. Auch die Weinzieher, Kornmeister und Wächter auf der Burg wurden für ihre Dienste bei den Hinrichtungen mit Brot und Wein vom Spital belohnt. Dem Scharfrichter Deigentesch bewilligte man am 1. 12. 1664 eine außerordentliche „Ergötzlichkeit'' von 20 Gulden wegen seiner vermehrten Geschäfte und weil er die herbeigezogenen fremden Scharfrichter hatte traktieren müssen. Nach einer Originalrechnung des Rats von Zuckmantel vom 20. 10.1639 brachte das Einäschern von elf Hexen 425 Reichstaler ein. (Man bedenke den damaligen Geldwert!). Als in einem friedbergischen Prozesse das Gerichtspersonal nach gehaltenem peinlichen Gerichte auf Kosten des Angeklagten schmauste und der Prälat von Arnsburg zufällig dazukam, ließ man noch etliche Flaschen Wein kommen, auch diese wurden dem Manne zur Last gesetzt. Der Beschuldigte überstand Verhöre und Folter mit seltenem Mute, wurde zuletzt aus dem Lande gejagt nach Ausweis der Akten 404 Gulden und 49 Kreuzer an Kosten bezahlen

Einige andere Angaben entnommen aus „Zauberglaube und Hexenkult" von Frank Donovan:

„Die durchschnittliche Ausgabe für eine Verhandlung und Hinrichtung betrug in Frankreich ungefähr 500 Franken — damals eine beachtliche Summe. Das Protokoll eines Gerichtsverfahrens benannte Löhne, Gebühren und Honorar für zwei Geistliche, einen Anwalt, den Bürgermeister, neun Bürger, vier „ehrenwerte Bürger“, einen Schreiber, zwei Assessoren, vier höhere Rechtsanwälte, und jemanden, der Jakob genannt wurde. Eine andere Aufzeichnung der Ausgaben schloß als Posten ein: das Essen der Angeklagten, Stroh für ihre Pritsche, Wein für die Wächter, das Transportieren ihres Eigentums bei Gefängniswechsel, Gebühren für den Vorsitzenden der Gerichtsverhandlung, den Anwalt, den Schreiber, die Rechtsgelehrten, das Nachschlagen in den Gerichtsakten, die Frau, die die Haare der Angeklagten rasierte, der Folterer — und selbst „die Auslagen des Mannes, der nach Nancy gehen mußte, um den besagten Folterer abzuholen“.

Im Folgenden ist eine spezifizierte Aufrechnung der Ausgaben für die Hinrichtung der Hexe Margaret Dunhome abgedruckt. Sie wurde von einem Buchhalter angefertigt und dem Eigentümer des Anwesens übergeben, das die Hexe gemietet hätte. Der Verkauf ihres Besitzes hatte nur 27 Pfund gebracht, und der Vermieter mußte die Differenz begleichen. 
Zunächst an William Currie Pfund Schilling
und Andrew Grey für das
Beobachten ihres Hauses
während 30 Tagen,

  • jeder Tag 30 Schillinge 45
  • An John Kincaid für das Foltern 06
  • Fleisch, Wein, Getränke
  • für ihn und seine Gehilfen 04
  • Kleidung für die Hexe 03
  • Holz für den Galgen  40
  • Lohn für die Arbeiter,
  • die das Holz schlugen 03
  • An den Henker aus Haddington,
  • und für seine Reisekosten, 04 14
  • für seine Beköstigung, Fleisch,
  • Wein, Getränke,  03
  • für einen Fuhrmann und zwei
  • Pferde, die ihn abholten und
  • wieder nach Hause brachten  40
  • Fleisch und Getränke für die
  • Hexe, pro Tag 40 Schilling,
  • 30 Tage lang  06
  • Lohn für zwei Beamte, pro Tag
  • 6 Schilling und 8 Pennies  10
  • Summe:   92 Pfund 14Schilling
  • gez. Ghilbert Lander

Nach Abzug der 27 Pfund, die Margret Dunhome besaß, blieben also noch 65 Pfund und 14 Schilling zu bezahlen.

Henker und Folterer forderten so viele Extragebühren und Auslagen, daß manche Städte Höchstsätze für ihre Dienste festlegten. Der Erzbischof von Köln veröffentlichte einen solchen „Folterungstarif" mit einem Vorwort, in weichem er hervorhob, daß der oberste Henker bereits jährlich Gehalt bekäme und seine Forderungen nach Sonderleistungen überhöht seien. Der Tarif benannte 55 Punkte, eingeschlossen solche Gebühren wie: „für die erste Stufe der Folter", „für das Vorbereiten und Zerquetschen des Daumens". Ebenso gab es festgesetzte Gebühren für verschiedene Formen der Hinrichtung.

Bis in einer Woche..
Copyright by © Kurt Luif 1976 + 2010

 

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