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Die Bewandtnis mit Atlantis: 3. Der archäologische Befund - Zypern

Die Bewandtnis mit Atlantis3. Der archäologische Befund
Zypern: Die Insel des Kupfers

Zypern hat nahezu von Anfang an eine Sonderrolle gespielt. Spuren einer ersten Besiedlung reichen bis in die unmittelbare Nacheiszeit zurück. Anders als bei fast allen anderen Inseln des Mittelmeeres ist es nicht allzu unwahrscheinlich, daß bereits zu der Zeit, in der Atlantis existiert haben soll, Menschen dort gelebt haben.

 

Im neunten Jahrtausend vor Christus werden die Bewohner erstmals soweit greifbar, daß man ihre Herkunft aus dem syrischen Raum erkennen kann.

Gegen 6500 v. Chr. wurde hier eine neolithische Kulturstufe erreicht. Sie stand noch ganz unter orientalischem Einfluß (siehe oben), aber auch Impulse aus dem ägäischen Raum sind erkennbar. Aus dieser Frühzeit stammt die Siedlung Khirokitia im zentralen Süden. Auf einem Abhang an einem Flußufer gelegen, wurde es durch benachbarte Quellen das ganze Jahr über mit Frischwasser versorgt. Etwa 300 bis 1000 Einwohner lebten in ungefähr 60 runden, bis zu zehn Meter durchmessenden Bauten aus Lehmziegeln, deren Mauerfundament aus unbehauenem Stein bestand. Ihre Form war die von Bienenkörben mit konischen Dächern, wie es ähnliche Haustypen auf Kreta und im Norden Syriens gab. Bis zu drei von ihnen bildeten eine Art Hof, den eine Mauer einfrieden konnte. Sicheln aus Feuerstein und Mahlsteine lassen erkennen, daß die Einwohner bereits Landwirtschaft betrieben haben. Man hielt Schweine, Schafe und Ziegen, aber das für den Stierkult von Atlantis so wichtige Rind scheint zu fehlen. Es ist allerdings auch nicht so einfach, die in dieser Ära gerade erst seit zwei oder drei Jahrhunderten domestizierten Tiere mit dem Boot vom Festland her zu transportieren. Dafür hielt man sich schon Hauskatzen.

Eine interessante Sitte war es, die Form der kurzen („brachykranen“) Schädel künstlich zu verändern. Die Toten wurden – wie es damals weit verbreitete Sitte war – in Hockerstellung im Fußboden bestattet. Vermutlich sollten sie so als Ahnengeister weiter am Leben ihrer Nachkommen teilhaben. Allerdings gibt es auch einen Fund, wo man einer Leiche ein Stück Fels auf den Kopf gelegt hat: Hier wollte man wohl verhindern, daß er noch einmal zurückkehrt, um Alpträume zu stiften, Blut zu saugen und sonstwie für Unheil zu sorgen. Vor allem Frauen erhielten Grabbeigaben (Muschelketten, Schmuck aus Stein), wobei rituell Schalen über ihnen zerbrochen wurden.

Das vulkanische Ergußgestein Andesit war ein beliebtes Material zur Herstellung von Schüsseln, aber auch von Axtklingen und von Kult- Statuetten, die Menschen und Tierköpfe darstellten. Verziert wurden sie mit eingeritzten Ornamenten. Auch importiertes Obsidian (Messer), Feuerstein (Pfeilspitzen für die Jagd) und Steatit dienten als Werkstoff. Ton war als Material zunächst noch unbekannt, doch als die Keramik dann in der Troulli- Phase Mitte des sechsten Jahrtausends vor Christus endlich auftaucht, ist sie mit ihrer Kamm- Muster- Verzierung im roten Anstrich schon etwas entwickelter.

Im weiteren Verlauf der Jungsteinzeit ging man dazu über, die (teilweise in den Fels gehauenen) Bauten in Räume zu unterteilen. Mit Beginn des Endneolithikums tauchten erstmals Werkzeuge aus Chalkos auf. Zypern hatte diesbezüglich enorme Erzvorkommen, daß das Metall schließlich sogar nach der Insel benannt wurde: Kypros, wovon das deutsche Wort „Kupfer“ abgeleitet ist. Die Keramik wurde nun auch mit Linien- und Blumenmustern verziert, und die aus dem Nahen Osten und von den Donau- Kulturen her vertrauten Frauen- Statuetten aus Ton wurden häufig. Aus Steatit wurden Idole in Kreuzform angefertigt. Etwas später schließlich setzte in der Keramik ein Übergang zu roten, polierten Oberflächen ein. Ab da trat das Eiland in die Bronzezeit ein, und sein Reichtum an Kupfer erweckte das Interesse der aufkommenden Großmächte im östlichen Mittelmeerraum. Damit fand die endemische Kultur zu einem Ende, und es stellte sich eine Mischung aus Elementen aller möglichen Anrainer ein. Die Verblichenen wurden nun mit reichlich Beigaben (darunter auch Waffen, Werkzeuge und Hausgegenstände aus Bronze, aber auch Silber und Gold) in Kammergräbern bestattet. Spiralförmiger Schmuck wurde aus Edelmetall gefertigt, und man kannte den Pflug. Die an den kleinasiatischen Stil angelehnten Gefäße wurden oft mit Reliefs verziert, die besonders gern Schlangen und die für die Atlantis- Deutung wichtigen Stierköpfe darstellten. Häuser mit L- förmigem Grundriß wurden charakteristisch. Von einer Abbildung her weiß man, daß es religiöse Zeremonien gab, die unter freiem Himmel abgehalten wurden.

Mit dem zunehmenden Reichtum wuchsen auf Zypern auch Handelsstädte wie beispielsweise Enkomi. Gegen Ende der Bronzezeit war es jedoch mit der relativen Eigenständigkeit vorbei: Die Insel geriet nacheinander unter hethitischen, post- mykenischen, assyrischen, ägyptischen und persischen Einfluß. Spätestens hier schwinden die möglichen Ähnlichkeiten mit Atlantis immer mehr.

Im Jahre 2004 erregte der aus den USA stammende Architekt Robert Sarmast ein gewisses Aufsehen, als er die Ergebnisse von Sonar- Messungen präsentierte, denen zufolge sich vor der Küste Zyperns (in Richtung Syrien) in 1500 Metern Tiefe ein großer Hügel, Mauern und Gräben erkennen ließen, die in Lage und Länge exakt Platos Beschreibung vom Grundriß der Stadt Atlantis entsprechen würden. Auf einem rechteckigen Plateau gelegen, wäre sie um 9000 v. Chr. herum im Mittelmeer versunken. Freilich sind nur diese Meßdaten bekannt; die Strukturen liegen unter Sedimentschichten begraben, so daß sich nicht nachweisen läßt, ob es sich um künstliche, oder natürliche Formationen handelt. Ähnliche Bildungen kennt man auch anderswo vom Meeresboden her, wo sie vulkanischen Ursprungs sind. Tatsächlich spricht die Auswertung geophysikalischer Daten gegen die Annahme, daß zwischen Zypern und Syrien größere Landmassen versunken sind. Und wäre hier eine Stadt Opfer eines Meeresspiegel- Anstiegs geworden, der zum Durchbruch des Bosporus geführt hat, so wäre sie längst wieder oberhalb der Wasserlinie… einmal abgesehen davon, daß die sich um 6700 v. Chr. ganze fünfzehn Meter unter dem heutigen Niveau befunden hatte!

Alles in allem ist es eher unwahrscheinlich, daß Platos Inselkönigreich ausgerechnet hier gelegen hat. Zumal weder an den benachbarten Küsten, noch auf dem Eiland selbst irgendwelche Spuren einer postglazilen Hochkultur zu finden sind. Hier, weit innerhalb der „Säulen des Herakles“!


 

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