Go West! - 09. Mai 2022
In Denver
Ich bin in Denver, Colorado, gelandet. Seit über 40 Jahren ist diese Metropole am Fuße der Rocky Mountains Ausgangspunkt für meine Reisen durch den amerikanischen Westen. Ein internationaler Großflughafen mit guten Verbindungen von und nach Europa. Kreuzungspunkt zwei der bedeutendsten Interstate-Autobahnen (70 und 25). Trotz des rasanten Wachstums und moderner Industrien ein Ort mit Westernatmosphäre und Geschichte.
Nach zwei Jahren Abstinenz bin ich diesmal mit sehr gemischten Gefühlen angekommen. Morgen früh werde ich das Mietfahrzeug abholen. In den vergangenen Jahrzehnten habe ich danach stets meinen guten Freund Dr. David Halaas besucht, ehemals Staatshistoriker von Colorado, einer der größten lebenden Cheyenne-Experten. Sein Haus lag in der kleinen Gemeinde Elizabeth, rd. 45 Minuten Autofahrt nach Osten, unweit vom alten Smoky Hill Trail, einer Frachtwagenroute der Goldrauschzeit. Ehemaliges Bisonland. Noch heute sehr dünn besiedelt. Plainsgebiet. In den ersten Jahren musste ich die letzten 10 Meilen auf unbefestigten Rough Roads fahren. Erst spät wurden die Wege asphaltiert. In harten Wintern konnten er und seine Frau ihr Haus kaum verlassen.
Ich erinnere mich an einen Besuch, bei dem ich mehrere Tage im Gästezimmer des Hauses wohnte. Wir saßen am Abend auf der Terrasse, schauten über die Plains – und sahen mehrere Tornados vorbeiziehen.
Schöne Erinnerungen. Alles vorbei. Das Haus ist verkauft. Seine Frau lebt jetzt in Kalifornien. David ruht in einem Grab auf der Cheyenne-Reservation in Montana. Die Cheyenne hatten darum gebeten, ihren großen Freund bei sich bestatten zu dürfen. Der jährliche „Sand Creek Gedenklauf“ wurde ihm gewidmet, denn er hatte dafür gesorgt, dass das Massakerfeld am Sand Creek zur nationalen Gedenkstätte wurde.
Mein Herz ist schwer, aber ich habe den Kopf voll mit Gedanken an meine Reisenden, die ab morgen Nachmittag einfliegen. Dann beginnt das große Abenteuer wieder – eine Tour von Tausenden von Meilen durch Gebiete, in denen sich seit der Pionierzeit nicht viel geändert hat.
Und ich vermisse im Moment meine Karen, die zur Zeit noch an der Universität in New York ihren Studenten die letzten Examen abnimmt. Sie wird erst New Mexico zu uns stoßen können. Wir haben schon zusammen telefoniert.
Jetzt bin ich todmüde. Nach dem Duschen geht es sofort ins Bett. (Bild 1-4)