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Die Russisch-Amerikanische Handelskompagnie

Flagge der Russisch-Amerikanischen HandelskompagnieDie Russisch-Amerikanische Handelskompanie

Die Russisch-Amerikanische Handelskompagnie, vergleichbar mit der Englischen Ost-Indien-Handelskompagnie, war zu ihrer Zeit ein schier unglaublich wichtiger Wirtschaftsfaktor für das russische Zarenreich, das in großem Stil mit Fellen handelte. Dabei reichten ihre Handelsbeziehungen von Europa über Arabien (nachweislich gehörten nicht wenige Sultane zu Kunden der Kompanie) bis nach Asien. Vor allem China hatte großes Interesse an den Fellen und Pelzen, die aus Russlands Handelshaus kamen.

Flagge der Russisch-Amerikanischen HandelskompagnieAus einer Interessensgemeinschaft von sibirischen Fellhändlern (ein Mischung aus Trappern, Jägern und Händlern) hervorgegangen, erhielt die Kompagnie ihren Namen nach der Quelle ihres großen Reichtums jener Zeit: Fellen und Pelzen aus der Russisch-Amerikanischen Kolonie.

Die Russisch-Amerikanische Kolonie, es handelt sich dabei um Alaska, war bis zu ihrem Verkauf 1867 im Besitz des russischen Zaren und stand unter der Verwaltung der Kompagnie, die dort den Zaren vertrat.

Russisch-Amerikanische Compagnie, eine 1779 in Petersburg gegründete Aktiengesellschaft zur Ausübung der Pelzjagden in Russisch-Amerika und zur Beförderung des Pelz- und Theehandels mit China, mit Faktoreien in Moskau, Kasan, Tomsk, Irkutsk, Jakutsk, Aëan und Kamtschatka. Sie ward 1865 aufgelöst. - Vgl. Tichmenew, Geschichte der R. C. (russisch, Petersb. 1863)1


 
Grigori Iwan. SchelichowGrigori Iwanowitsch Schelichow (auch Schelechow , Schelitoff oder Selichow) war ein russischer Seefahrer und Händler, der als einer der Vordenker und Begründer dieser Handelskompagnie gilt, war ein russischer  Seefahrer  und Händler. Von ihm gingen die ersten organisierten Handelsfahrten aus, die von Russland in das „neue entdeckte“ Alaska führten. Ab 1775 steuerte er die Kurilen und Aleuten an, vorrangig um mit dem bis dato großen Schatz Alaskas zu handeln: Fellen.
 
Unter seiner Führung fand in den 80-er Jahren des 17. Jahrhunderts eine weitere russische Expedition statt, in dessen Folge die erste feste russische Siedlung auf der Insel Kodiak entstand. Zu diesem Zeitpunkt hatte es bereits die ersten gewalttätigen Auseinandersetzungen mit den eingeborenen Indianern gegeben, denen inzwischen klar geworden war, dass die Fremden eine Bedrohung darstellen konnten.
 

Schelikoff war ein Mann von kühnem Unternehmungsgeiste und großer Ausdauer, aber sein frevelhaftes Verfahren gegen die Eingeborenen, von denen er viele rücksichtslos und ohne allen Anlaß tödtete, zeugen von rohem und grausamem Gemüthe.2

Dieses Zitat entspricht nur teilweise den historisch bekannten Fakten. Tatsächlich soll Schelichow mit dem Ziel eines friedlichen Nebeneinanders in die Kontakte mit den Indianern gegangen zu sein. Auslöser einer Schlacht mit vielen Verwundeten und einer umfangreichen Strafaktion an den Indianern im Anschluss daran soll eine Mondfinsternis gewesen sein, die in den Indianern den Eindruck erweckt hatte, diese Fremden seien gefährlich. Tatsächlicher Grund oder Begründung der Sieger ... den überlegenen Waffen der Europäer hatten die Indianer wenig entgegen zu setzen.

Zarin Katharina die GroßeSchelichkof war es auch, der 1789 Zarin Katharina davon überzeugen konnte, eine Geselllschaft zum Zweck der Organisation und Überwachung des Handels in Russisch-Amerika zu gründen. Zu diesem Zeitpunkt wurde Schechlikof bereits als Anführer der Promyshleniki angesehen. Diese sibirischen Pelzhändler (und Jäger) waren als rücksichtslose Gruppe von harten Männern bekannt, sowohl gegenüber ihrer Beute also auch den Menschen, die in den Regionen lebten, die sich die Promyshleniki ausgewählt hatten.

Schon Georg Wilhelm Steller, einer der Forscher an Bord der St. Peter, hatte festgestellt, dass die Aleuten „nicht rüde und barbarisch sondern mild, höflich und gastfreundlich“ waren „sie es auf keinen Fall verdient hätten als ‚dumm’ bezeichnet zu werden“. Das Verhalten der Promyshleniki stieß Steller zutiefst ab.

In der Folgezeit rotteten die Pelzjäger verschiedene Robbenarten vollständig aus, die anderen wurden so dezimiert, dass innerhalb weniger Jahre der Aufwand der Jagd und des geringen erzielten Ergebnisses sich nicht mehr lohnte.

William Healy Dall, ein Alaskaforscher der frühen Jahre berichtete, dass es leicht gewesen sei die Eingeborenen zum russisch-orthodoxen Glauben zu bekehren. Denn, so sagten sie, ein Gott, dem es gelungen sei so brutale und grausame Seelen wie die der Promyshleniki zu retten, der musste wirklich besonders kraftvoll sein.

Insel für Insel fielen die Promyshleniki über Alaska her, bis sie den Prinz William Sound erreichten. Die Inlandsindianer waren zu dem Zeitpunkt gewarnt und hatten – offensichtlich von den Eingeborenen an der Küste – von den heranschwappenden Russen gehört. Sie waren besser vorbereitet, hatten Speere mit Eisenspitzen (die vermutlich russischen Ursprungs und Tauschware der ersten russischen Expeditionen waren).  

1792 ließ Schelichkof die entstandene Siedlung verlegen. Er entschied sich – aus Sicherheitsgründen – für jene Stelle, an der die heutige Stadt Kodiak liegt. Binnen kurzer Zeit wurde die neue Ansiedlung der Hauptumschlagplatz für Pelze aus der gesamten Russisch-Amerikanischen Kolonie. Bis zu seinem Tod drei Jahre später war Schelichkof der Anführer der Gruppen von Promyshleniki.

Zar Paul I.Zar Paul 1. bestimmte am 8. Juli 1799 durch einen hochkaiserlichen Ukas, dass die Promyshelniki mit zwei anderen Gesellschaften zu der legendären Russisch-Amerikanischen Kompagnie zusammengeführt wurden.

Alexander Baranof, ein russischer Fellhändler und zur damaligen Zeit Leiter eines Handelsstützpunktes in Alaska, wurde die Ehre zuteil, der erste Leiter der neu gegründeten Kompagnie zu werden. Zu seinen Aufgaben gehörte es, Hauptverwalter die russischen Siedlungen und Faktoreien in Nordamerika zu sein. Diese Gesellschaft wurde vom Zar mit umfangreichen Privilegien ausgestattet, darunter auch das Handelsmonopol für Pelze, sowie die Vertretung des Zaren in Russisch-Amerika.

Die Aktien der Gesellschaft waren unter den Adeligen und Reichen der russischen Gesellschaft verteilt. Zu den Besitzern gehörten auch Mitglieder der Zarenfamilie, die auf diese Weise ihren Reichtum stetig weiter mehrten.

Um diese Zeit (1791) hatten die Russen acht Niederlassungen in Amerika, (sämmtlich im Osten von Prinz Williams-Sund) mit 252 russischen Bewohnern.3

 


Drei 
Inuit-Frauen aus SitkaAuch die Engländer waren nicht untätig. Sie bemühten sich ebenfalls um eine möglichst große Ausdehnung ihres Einflussgebietes und schafften es, sich mit der Gründung der Hudson Bay Company 1847 ebenfalls in Alaska festzusetzen.

 Immer wieder kam es zu Auseinandersetzungen zwischen russischen Soldaten / Jägern und den Ureinwohnern. Dabei taten sich vor allem Priester der griechisch-orthodoxen Kirche als Fürsprecher für die Aleuten hervor.

Dies ging so weit, dass ein Priester, der Hieromonk Makarii, mit sechs Aleuten nach St. Petersburg reiste, um dort direkt vor dem Zar über die Zustände und Bedürfnisse der Ureinwohner zu sprechen.

Im Lauf der Jahre hatten sich aber nicht nur feindliche Beziehungen zwischen Russen und Aleuten entwickelt. Es kam zu Mischehen, Kinder wurden geboren, und eine neue Gruppe von Einwohnern entstand. Wie auch in den amerikanischen Südstaaten nannte man diese Menschen gemischter Vorfahren Creolen.

Es dauerte bis 1818, bis die Ureinwohner nicht mehr gezwungen wurden für die Russen zu arbeiten, sondern nur noch auf der Basis freiwilliger Verträge für die Russisch-Amerikanische Gesellschaft arbeiten mussten.

Neu-Archangel, das heutige Sitka, Zeichnung aus dem 18. Jhd.

Der Einfluss wuchs. Neu-Archangels, eine Siedlung in Alaska aus der die heutige Stadt  Sitka entstand, wurde zur Hauptstadt ausgebaut, mittlerweile dehnten sich die Niederlassungen die gesamten Aleuten aus, und man strebte immer weiter gen Süden.

Abbildung von
 Sitka, bereits nach dem VerkaufBis 1814 verlief der Handel von Sitka aus über die Beringstraße hinüber nach Sibirien und Kamtschatka, um von dort aus über Land nach Petersburg gebracht zu werden.

Dies sorgte für nicht unerhebliche Kosten und einen großen zeitlichen Aufwand, was die Profite minderte. Seit der Einrichtung einer regelmäßigen Seeverbindung zwischen Sitka und Petersburg explodierten die Transportzahlen - und damit die Gewinne.

1838 hatte die Gesellschaft zwölf Schiffe von zusammen 1886 Tonnen. Sie besaß etwa vier Millionen Rubel. 1841 schickte sie allein 10,000 Seehundfelle in die Hauptstade des Zarenreiches.

Die Russisch-Amerikanische Compagnie gebietet unumschränkt. Die Oberleitung befindet sich in den Händen des Directoriums zu St. Petersburg, welches endgültige Entscheidungen fällt, sobald das kaiserliche Handelsministerium mit denselben einverstanden ist.
Alles auf die örtlichen Angelegenheiten der verschiedenen Posten Bezügliche ordnet der Gouverneur an, der in Neu-Archangel seinen Sitz hat, und von welchem die Aufseher der einzelnen Posten zunächst abhängen.
Es läßt sich nicht in Abrede stellen, daß die Grundsätze, nach welchen in den Niederlassungen verfahren werden soll, vortrefflich sind. Aber aus weiter Ferne ist keine strenge Controle möglich (...)4

Langsam aber stetig entwickelte sich Alaska für die Russen zu einem nicht mehr wirklich lukrativen Besitztum. Der in früheren Zeiten immens interessante wirtschaftliche Faktor Pelze wurden im Laufe der Zeit für Russland immer weniger relevant. Die rücksichtslose Abschlachtung von Ottern und Robben hatten zu einem erheblichen Rückgang der Bestände geführt und die Gewinne sanken.

Fort Ross Obwohl nur knapp 800 Russen in Alaska lebten, erwies sich die Versorgung der Siedler mit Lebensmitteln immer stärker als Problem. Ackerbau war in diesen Regionen nicht mehr möglich, so beschloss man, dass die Kompagnie auch im Süden Amerikas Land in ihren Besitz bringen sollte, das zur Versorgung dienen konnte. Also drang man bis nach Kalifornien vor, das 1806 noch Spanisch war. Nördlich von San Francisco wurde ein Fort gegründet, Fort Ross, ca. 100 Kilometer entfernt. Von hier aus führte man Expeditionen bis nach Mexiko und Hawaii durch.
 

 Anfangs hielten sie sich bescheiden innerhalb der ihnen gesteckten Gränzen, baueten Weizen, und trockneten Fleisch, um damit Sitka zu bespeisen. Nach wenigen Jahren vermehrte sich indessen ihre Zahl, aus den wenigen Häusern erwuchs ein Fort. Der Statthalter sah sich genöthigt die Russen auszuweisen. Sie widersetzten sich, und der Agent Kuskoff erklärte, Spanien habe gar kein Anrecht auf daS Gebiet Californien! Inzwischen brach die Revolution in Merico aus, und die Russen behaupteten ihr Fort bis 1841.5



Die Widerstände, denen sich die Russen gegenüber sahen, waren nicht unerheblich. Engländer, Spanier, Amerikaner setzten den russischen Expansionsplänen eigene Bemühungen entgegen.

 

Zar  Alexander II. Wie bereits beschrieben, waren auch die inneren Probleme in Russland-Amerika nicht unerheblich. Zu den sich erschöpfenden Tierbeständen kam die noch immer offene Frage der Versorgung der Siedler.

Gleichzeitig war Russland im 19. Jahrhundert in einer finanziellen Klemme. Es hatte verschiedene kostspielige Kriege geführt (Aufstände in Russlandpolen, die Napoleonischen Kriege, Kriege gegen Persien und die Türkei, Krimkrieg), die ihnen akute Finanznöte bescherten.  Man musste gleichzeitig mit den aufständigen Indianern kämpfen und die immer mehr an Einfluss gewinnenden Engländer und Amerikaner zurückdrängen.

Inzwischen hatte die Gesellschaft durch Zar Alexander noch weiter reichende Privilegien erhalten. Sie waren damit beauftragt worden

Entdeckungsreisen anzustellen, solche Gebiete, welche noch von keinem gebildeten Volke besiedelt worden seien, der kaiserlichen Krone zu unterwerfen und die Eingebornen zum Glauben der griechischen Kirche zu bekehren.6

Als dann auch noch die Aktienpreise der Kompagnie immer weiter fielen - und die Aktienbesitzer ihr Geld in großem Stil verloren - kam es zu einem denkwürdigen Treffen in St. Petersburg.

Großfürst Konstantine von RusslandZusammen mit Zar Alexander II. und seinem Bruder Großfürst Constantine kamen der amerikanische Botschafter Baron Eduard de Stoeckel und einige andere zu der Entscheidung, Russisch-Amerika nicht mehr zu behalten, sondern sich nach einem interessierten Käufer umzusehen. Ab 1859 wurde mit den USA über einen Verkauf Alaskas verhandelt, nachdem England als Verhandlungspartner abgelehnt wurde.

Mit Unterberchungen dauerten die Verhandlungen über mehrere Jahre, unterbrochen zum Beispiel vom amerikanischen Bürgerkrieg. 

Im März 1867 war es schließlich soweit. In einer "Nacht-und-Nebel"-Verhandung wurden der russische Botschafter in den USA und der Amerikaner W. Seward handelseinig.

Nachdem Alaska bereits 1867 den Besitzer gewechselt hatte, wurde die Russisch-Amerikanische Kompanie am 04.05.1871 aufgelöst.

 

Zitate und (wichtigste) Quellen:

1  Brockhaus' Konversationslexikon, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

2  Karl Andrée - Amerika in geographischen und geschichtlichen Umrissen, Westermann, 1851

3 Peggy Wayburn, Sierra Club - Adventuring in Alaska, The Sierra Club adventure travel guides, Sierra Club Books, 1988

4, 5, 6   (siehe 2)

  • Murray Morgan - Bridge to Russia - Those Amazing Aleutians, Verlag READ BOOKS, 2007
  • Andreas Kappeler, Rußland als Vielvölkerreich: Entstehung - Geschichte - Zerfall, Beck'sche Reihe, Verlag C.H.Beck, 2008
  • Carl von Rotteck - Allgemeine Geschichte, vom Anfang der historischen Kenntniss bis auf unsere Zeiten: I. Volksausg., fortgesetzt bis auf unsere Tage, Band 10
  • Kieran Mulvaney - At the ends of the earth: a history of the polar regions, Island Press, 2001
  • Our Russian Possessions - New Archangel, The Principal Town of Russian America, Harper's Weekly, May 1867
 
Sowie Quellen genannt im Artikel Verkauf von Alaska

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