Krieg um Troja - 7. Daten und Fakten
7. Daten und Fakten
a.) Eine kleine Liste
Der Großkönig von Hattusa schreibt seinem griechischen Standesgenossen (den zwei Namens Andeutungen mit Theben verbinden), er solle Pijamaradu entweder verbieten, von Hellas aus Überfälle zu unternehmen, oder ihn verbannen. Er erwähnt, daß die Differenzen, die beide Monarchen einmal wegen Wilusa gehabt hätten, nun ausgeräumt seien. Er mahnt aber auch: Krieg wäre nicht gut für uns.
, daß es zwischen 1237 und 1209 trotzdem zu einem weiteren Übergriff auf Wilusa kommt. Diesmal unterstützen die Griechen einen Usurpator namens Tarhunaradu, der Teile der Stadt und des Landes erobern kann. Die Hethiter vertreiben ihn, doch der für sie rechtmäßige König Walmu bedarf noch ein weiteres Mal ihrer Hilfe, als er aus unbekannten Gründen erneut den Thron verliert.
Man erkennt, daß die Beziehungen zwischen Hattusa und den Mykenern unruhig gewesen sind. Doch dann wiederum stellen die erhaltenen Dokumente jeweils nur Momentaufnahmen dar. Wenn beispielsweise zwei Schriftstücke in einem Zeitraum von 30 Jahren auf Krieg schließen lassen, kann dies bedeuten, daß tatsächlich drei Jahrzehnte gekämpft worden ist. Es kann aber auch genauso gut anzeigen, daß über diesen langen Zeitraum Frieden geherrscht hat, gerade mal unterbrochen von zwei kurzfristigen Auseinandersetzungen.
, daß der hethitische Großkönig seinem assyrischen Kollegen schrieb, welche Machthaber er als Brüder, also als gleichrangig betrachtete. Der Name des Ahhijawa Monarchen ist in dieser Liste nachträglich durchgestrichen worden. Dies kann gewesen sein, weil das Reich der Ahhijawa aufgehört haben mag zu existieren, oder aber auch, weil zwischen Griechen und Hethitern ein Krieg ausgebrochen sein kann.
, daß der hethitische Großkönig um 1220 dem ihm untergebenen Herrscher von Amurru Sausgamuwa befahl, griechischen Schiffen das Anlanden zu verwehren. Die Hethiter befanden sich gerade im Krieg mit Assyrien, das offenbar von den Griechen mit Handelsware unterstützt wurden. Die Assyrer nahmen die hethitische Provinz Isuwa und die Kupferbergwerke am oberen Tigris ein. Wie zum Ausgleich dafür (allerdings wohl schon um 1230 v. Chr.), eroberten die Hethiter die für ihre Kupfervorkommen bekannte Insel Alasija (später benannte man sie nach dem griechischen Namen des Elements, Kypros, und darum heißt sie heute Zypern).
Die Handelsnetze gerieten darüber aus den Fugen, denn in Pylos (Peloponnes) beklagte man, daß die für die Herstellung von Bronze nötigen Lieferungen des Metalls ausblieben. Das Embargo zeigte augenfällig auch in Griechenland Wirkung.
, daß viele mykenischen Paläste in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts zu Festungen ausgebaut worden sind. Gleiches gilt für Hattusa. Vielleicht rechnete man mit feindlichen Heeren, vielleicht aber auch mit plündernden Horden, die Mißernten von ihren Äckern vertrieben haben.
Denn auch, daß Vorderasien um 1210 v. Chr. von einer mehrjährigen Hungersnot heimgesucht wurde, die als die sieben mageren Jahre vielleicht sogar in die Bibel Einzug gehalten hat.. Einzig die Ägypter schienen gerüstet, so daß Pharao Merénptah das ach so mächtige Hattusa mit Getreidelieferungen versorgte. Auch aus Ugarit ist ein flehentliches Hilfsgesuch bekannt. Andere baten gar nicht erst: Ägypten wurde angegriffen von Haru (aus Syrien und Kanaan), von Libyern und auch schon von Seevölkern. Die Menschen gerieten in Bewegung, und die geordnete Welt der späten Bronzezeit ins Wanken.
, daß die Hethiter kurz vor dem Ende ihres Großreichs auch im Westen im Krieg lagen. Ihr letzter bekannter Großkönig, Suppiluliuma II., hat einer Siegestafel zufolge Tarhuntassa (Paphlagonien) und Lukka (Lykien und wohl auch Karien) erobert. Danach verstummen alle hethitischen Quellen.
auch, daß die mykenischen Festungen um 1200 herum verwüstet worden sind, und das so gründlich, daß der Gebrauch der Schrift für nahezu ein halbes Jahrtausend in Vergessenheit geriet. Und das allem Anschein nach ein bis zweieinhalb Jahrzehnte, bevor es die Hethiter erwischte.
Beide Reiche befanden sich also im Krieg, aber bisher gibt es keine sicheren Hinweise darauf, daß es sich um einen Konflikt zwischen ihnen beiden handelte. Genauso vorstellbar ist, daß man in Hellas Opfer eines Erdbebens wurde, während man in Anatolien mit blutigen Thronwirren beschäftigt war. Aber auch das beruht vornehmlich auf Spekulation.
auch, daß auf Trojas Burgberg die gewaltigen Megaron Bauten des 14. Jahrhunderts im 13. Jahrhundert mehreren kleinräumigen Häusern weichen. Es scheint, als hätten auf einmal viele Menschen innerhalb der Mauern beherbergt werden müssen. Auch bisher freie Plätze werden überbaut, und an vielen Stellen Vorrats Amphoren angelegt. Es finden auch Bestattungen auf dem Burgberg statt, gleichsam als gäbe es keine Möglichkeit, zum außerhalb der Stadtgrenzen gelegenen Friedhof zu gelangen.
, daß auch Troja um das Jahr 1190 herum zerstört worden ist. Man hat einige Pfeilspitzen und Leichenreste in den Trümmern gefunden Nun ist nicht ganz Troja ergraben worden, so daß sich keine Aussage treffen läßt, ob diese Fundstücke auf Straßenkämpfe und damit auf eine Eroberung hinweisen, oder ob sie einfach nach einem Brand nicht geborgen worden sind.
Allerdings hat man auch drei Haufen mit Steinen gefunden. Diese sind gerundet, was sie für architektonische Zwecke ungeeignet macht. Als Wurf und Schleudergeschosse eignen sie sich dafür ausgezeichnet.
Oberhalb dieser Zerstörungsschicht finden sich fremde Kulturelemente aus dem Balkan. Sie erlauben freilich keinerlei Schlüsse, ob sie nun von Eroberern herrühren, oder von Neusiedlern in einer durch Brand oder Krieg entvölkerten Stadt. Schon gar nicht läßt sich sagen, ob es sich nun erst um Dardaner handelt (laut Ilias [Neu?] Gründer der Metropole und unter Führung von Aeneas Verbündete im Krieg), oder aber schon um Phryger.
Gefunden wurde in dieser neuen Schicht (Troia VIIb) auch ein luwisches Siegel. Angesichts der hethitischen Korrespondenz mit Wilusa mag dies auf eine Schreibstube, ja, auf eine luwisch sprachige Verwaltung hindeuten. Hertel wendet jedoch ein, daß man auch in Theben solch luwische Siegel gefunden hat, dieser Ort jedoch nach vielen Hinweisen Hauptstadt des mykenischen Reiches gewiß nicht Teil des luwischen Kulturkreises war. Auch aus Mykene, sowie (zum Schmuckstück umgearbeitet) aus Perati kennt man ein Exemplar.
Also braucht es andere Hinweise, um zur Landessprache Ilions gesicherte Aussagen treffen zu können. Doch weitere Schriftquellen hat die Stadt selbst bislang noch nicht geliefert; bestenfalls ließen sich indirekt über den Grundriß Schlüsse ziehen. Die Anordnung mit Burgberg und Unterstadt ist charakteristisch für den Nahen Osten, nicht aber für das späthelladische Griechenland.
allerdings, daß der Übergang von Troia VIIa zu Troia VIIb nicht einfach nur eine Schicht mit Brandschutt und vereinzelten Indizien für eine Eroberung ist. Mehr oder weniger gleichzeitig reißt in weiten Teilen des Nahen Ostens die schriftliche Überlieferung ab. Ganze Metropolen werden in Schutt und Asche gelegt, und manche wie Ugarit und Hattusa nie wieder aufgebaut.
Hier setzen die ägyptischen Quellen an, die von einem Seevölkersturm sprechen. Möglicherweise hat hier die erwähnte Hungersnot eine Rolle gespielt, möglicherweise handelt es sich aber auch um Kriegsflüchtlinge, die selbst den Unfrieden brachten. Oder gar um marodierende Heere einer aus dem Ruder geratenen Auseinandersetzung, die auch zu einer Belagerung und/ oder Schlacht um Troja geführt haben mag. Oder es war alles zusammen. Die ägyptischen Quellen berichten nur von den Schlachten, nicht von den Ursachen.
b.) Generationen an Stelle von Zahlen
Auf jeden Fall haben wir Daten, und manche stehen sogar im Bezug zu Sonnenfinsternissen, die sich astronomisch exakt bestimmen lassen. So ist es Fakt, daß Ugarit im Jahre 1188 vor Christus für immer zerstört worden ist.
Eigentlich brauchen wir da nur noch nach chronologischen Anhaltspunkten in den Epen selbst Ausschau zu halten aber genau das ist das Problem. Weder die Ilias, noch die Odyssee oder die bekannten Überreste des epischen Zyklus enthalten Angaben, die sich sicher in Jahreszahlen umrechnen lassen. Zwar ranken viele altgriechische Mythen um die Ahnherren mächtiger Fürstengeschlechter, doch abgesehen von einigen Erwähnungen in hethitischen Quellen (Attarissija = Atreus; Tawag(a)lawa = Ete(w)okles), die auch auf Namensähnlichkeiten und gleichheiten zurückgehen könnten, sind uns keine Belege für ihre tatsächliche Existenz überliefert worden.
Diese Ahnentafeln jedoch stellten die Basis späterer Gelehrter Hellas dar, den Zeitpunkt des legendären Konflikts einzugrenzen; insbesondere die der Könige Spartas und Athens sind oft genutzt worden. Hekataios machte wohl den Anfang, aber erst von Herodot, der sich auf ägyptische Listen berief, kennen wir ein erstes Datum, nämlich etwa achthundert Jahre vor seiner Zeit, also gegen 1230 v. Chr.
Nun waren solche Stammbäume freilich durchsetzt mit Sagengestalten und Daten, die der Phantasie entstammen mochten. Schon Herodot operierte mit Schätzungen und Wahrscheinlichkeiten, und selbst seine Nachfolger darunter Thukydides, Hellanikos und der Chronist des Marmor Parium verfügten kaum über genauere Methoden. Immerhin wanderte das errechnete Jahr des Krieges immer näher an 1200 v. Chr. heran. Eratosthenes von Kyrene und Apollodoros von Athen legten das Datum schließlich auf acht Jahre über vierhundert vor Beginn der Olympischen Spiele. Diese setzten traditionell um 776 v. Chr. ein, also hatten sie das Jahr 1184 v. Chr. errechnet. Ihr Ergebnis sollte sich allmählich durchsetzen, auch wenn über die Jahrhunderte immer wieder neue Alternativen vorgeschlagen wurden.
Freilich ist dieses Datum wie so mancher Forscher vermutet hat nicht als Schuß ins Blaue entstanden, sondern als Resultat sorgfältiger Kalkulationen. Desweiteren wäre es schon ein erstaunlicher Zufall, daß man aus purer Willkür eine Jahreszahl gewählt hätte, die exakt den Zeitpunkt beschreibt, an dem eine große Welle der Zerstörung über das östliche Mittelmeer hereinbrach. Der Seevölkersturm, von dem weder Hekataios, noch seine Nachfolger etwas gewußt haben dürften.