Jürgen Grasmücks Romantitel (7/12) – Deutschkunde für Pulpautoren
Jürgen Grasmücks Romantitel (7/12)
Deutschkunde für Pulpautoren
Im Groschenheftbereich waren damals ca. 25 Romantitel-Erstellungsverfahren gängig; d.h. Dan Shocker hat bewußt nur einen Teil der vorhandenen Möglichkeiten ausgeschöpft und durch diese Verengung auf eine Auswahl bestimmter Titel-Schemata die für ihn so charakteristischen Coveraufschriften geschaffen.
Wie wird´s gemacht?
Jürgen Grasmück musste seine unterbewußt „gespeicherten“, formelhaften Romantitelstrukturen nur noch mit (austauschbaren) Textbausteinen bestücken, um sich so seine jeweiligen Heftromanüberschriften zusammenbasteln zu können.
Die sieben feststehenden, von Dan Shocker vorgeprägten „Satzbau-Schablonen“ werden weiter unten im Artikel en detail vorgestellt.
Mit Hilfe nachstehender Romantitel-Formeln könnten selbst Hobbyautorinnen oder Schriftstellerlaien zusammen mit Jürgen Grasmücks Angst-Reizwörtern (als den besagten Textbausteinen) prototypische Larry Brent- bzw. Macabros-Titel anfertigen.
Als Reizwörter sind einschlägige Horror- (bzw. Science-Fiction-)Begriffe wie „Experiment“, „Krieg“ oder „Seuche“ zu verstehen, die der Reihe nach in den Beiträgen dieser Artikelserie aufgelistet werden.
Jürgen Grasmück dienten diese Wörter als frei in seine Hefttitel einsetzbare Module und wurden von ihm x-fach – in diversen Kombinationen für weitere Überschriften – wiederholt neu angeordnet und bis zu 28 mal wiederverwertet.
Zu meinem Fachgebiet, der wissenschaftlichen Publizistik mit dem Schwerpunkt „Trivialliteratur“ zählt auch germanistische Grundlagenarbeit wie etwa die methodische Aufgliederung der Romantitelstrukturen. Dan Shockers Überschriftenformeln werden hier zusammen mit den von Jürgen Grasmück zusätzlich gebrauchten Modifikationen vorgestellt.
Infos/Legende: Siehe Beitrag Nr. 1/12
1.) Mehrfach benutzt: Einworttitel:
Für diese Art Werkstitel verwendete Dan Shocker ein meist aus zwei starken Reizwörtern zusammengesetztes Substantiv (= Hauptwort, Nomen).
Hauptwort mit Artikel und vorangestelltem Eigennamen:
2.) Titelbildung nach dem Muster:
Eigenname im 2. Fall (= Genitiv) + ein (mitunter aus zwei Reizbegriffen zusammengestoppeltes) Substantiv
Mit Adjektiv:
3.) „Schema C“ aus Jürgen Grasmücks Titelbaukasten kam relativ häufig zur Anwendung:
Formel: (Artikel und) Substantiv + Artikel und Nomen im 2. Fall
Mit Adjektiv:
Variante mit vorangestelltem Eigennamen:
4.) Von Dan Shocker weitaus am öftesten beansprucht wurde das Titelbildungs-Verfahren:
(Artikel und) Nomen + Präposition (= Verhältniswort) + (Artikel mit) Substantiv
4. a.: Besagtes Grundmuster mit dem Verhältniswort „aus“
4.b.: Obiges Schema mit der Präposition „von“:
4. c.: Erneut: (Artikel und) Nomen + Präposition (hier: „mit“) + (Artikel mit) Substantiv
4. d.: Vorgenannte Formel mit „in“ als dem Verhältniswort:
Beispiele („in dem“ = „im“):
Variante mit zusätzlich vorangestelltem Eigennamen:
Zusätzlich an die Grundform angehängtes Hauptwort mit Artikel im Genitiv:
4. e.: Dieselbe Schablone mit seltener von Jürgen Grasmück benutzten Präpositionen:
Es folgen genretypische SF-, Krimi- und Horrorromantitel-Auswahlbeispiele mit den Verhältniswörtern:
u.a.m., siehe Rätselkrimi-Überschriften
Dan Shockers Storytitel-Bildungsverfahren Nr. 5:
In + Artikel mit Substantiv + Artikel und Nomen im 2. Fall
6.) Das grasmück´sche Titelbau-Schema F:
Formel: Subjekt(gruppe) + Zeitwort (= Verb):
7.) Hefttitelgestaltung mit der Grundform:
(Artikel und) Substantiv + Verb + Präpositionsgruppe
Mit Adjektiv:
Variante mit vorangestellter Präpositionsgruppe und hier angehängtem Subjekt:
8.) Die sonstigen Romantitel-Bildungsverfahren Jürgen Grasmücks:
Rar: Zusammenstellungen mit klassischem Modalverb und einem Zeitwort am Ende:
Vereinzelt in Gebrauch: Aufforderungs- oder Fragesätze:
Selten in Anspruch genommen: Titelverfertigung mit dem Bindewort „wenn“:
Kaum verwendet: Einfache Konjunktionen:
...sowie weitere, gelegentlich benutzte meisterliche Titelformungen mehr.
Kommentare
Aber mal ehrlich, da diese Analyse für sämtliche Heltserien genauso zutreffend wäre, ist Grasmück nur ein ziemlich beliebiges Beispiel.
Zweitens ist es gerade bei den frühen Titeln pure Spekulation, wer den Titel letztendlich geschaffen hat. Grasmück, der Redakteur oder dessen Sekretärin. Sollte germanistische Grundlagenarbeit mit Wissenschaftsanspruch da nicht sauber(er) arbeiten?
Drittens lässt diese Analyse völlig das kulturelle Umfeld außer Acht. Gerade die frühen Titel sind im Einklang mit anderer, von der Kritik verpönten Massenware zb im Kino, lesen sich gerade hinsichtlich des Verkaufsortes Bahnhof kaum anders als Bahnhofskinoplakate. Und hatten darum eine ganz andere Akzeptanz als in späteren Jahren. Es besteht kein qualitativer Unterschied zwischen Titeln wie zb. "Frauen bis zum Wahnsinn gequält" (ein Film von 1970) und "Schrei, wenn dich der Hexentöter würgt" ( ein Heft von 1970). Okay, beide gaukeln letztlich einen Inhalt vor, der im Produkt nicht mal annähernd vorkommt. Aber zu der Zeit stand nun mal das Plakative im Vordergrund.
Da sich aber der Massengeschmack nun mal änderte, ist ein Titel wie "Mördergrube des grünen Inka" 1986 lächerlich, und da es den Nostalgiefaktor noch nicht gab, eher verkaufshindernd.
Klar ist es ein "Romanbildungsverfahren" - schönes Wort - , aber auf das Thema Trivialliteratur bezogen halte ich diese Analyse für wenig aussagekräftig.
Es muss zwischen meiner universitären Arbeit, also den fortlaufenden wissenschaftlichen Publikationen einerseits, sowie den 12 Romantitel-Beiträgen andererseits klar unterschieden werden. Letztere sind ein keinesfalls ernst zu nehmendes Nebenprodukt der erstgenannten Bemühungen. Die 12 Artikel dienen ausschließlich der Information von eingefleischten Jürgen Grasmück-Fans sowie der Bespaßung aller für diese Art Edeltrash empfänglichen Zauberspiegel-Leser/innen.
Zitat: Im Text ist zwar nur vom Romantitel-Bildungsverfahren die Rede – tatsächlich sollen aber auch gewisse Romanbildungsverfahren benutzt worden sein: Vom englischen Autor Edgar Wallace wird berichtet, dass er durch willkürliches Ziehen einiger vorbereiteter Karteikarten mit dort aufnotierten Begriffen wie "Verrat-Szene", "Entführungs-Szene", "Drohbrief-Szene" usw. aus einem Stapel Karten, die Auswahl (und die Reihenfolge) seiner Krimi-Handlungsabschnitte festgelegt habe. Sozusagen Romanerstellung im Zufallsverfahren.