Die Vampire und Dirk - Der Vampir-Horror Roman: Der schwarze Tod
Der Vampir-Horror-Roman
Der schwarze Tod
Der schwarze Tod
Mein Senf
Das war mal ein Vampir-Horror Roman der ganz anderen Art. Wenn schon, dann eher ein phantastischer Geschichts-Roman mit einer gehörigen Portion Endzeitstimmung und einigen recht schlüpfrigen Passagen. Es gab in dieser Reihe ja immer wieder solche Ausreißer, die mit den klassischen Gruselelementen nicht viel zu tun hatten, aber „Der Schwarze Tod“ tanzt dabei ganz oben auf der Schaumkrone. Wenn ich richtig darüber nachdenke, besteht ein Großteil der Serie bisher aus genialen Ausreißern.
In diese Riege passt dann auch hervorragend der Franzose Georges-Jean Arnaud, über den es wirklich viel im Netz zu lesen gibt. Am aufschlussreichsten für mich waren die Übersetzungen in Esperanto oder Euskara! Also, Arnaud ist Franzose, 1928 geboren und lebt immer noch. Am liebsten schrieb er wohl phantastische Sachen, die auch schon mal an den Bereich Horror kratzten. Über 300 veröffentlichte Geschichten, hauptsächlich bei Fleuve Noir, in den Bereichen Thriller, Krimi, SF (jetzt kommt`s) und EROTIC FICTION sind aus seiner Feder geflossen! Ha, da hat der Pabel Verlag den Lesern also klammheimlich einen Erotik-Fiction Roman untergeschoben. Ich habe mich gleich gewundert, warum Arnaud in Sachen Körperkontakt ein Blatt weniger vor den Mund genommen hatte als die anderen Autoren bei den Vampiren. Da war selbst Kurt Luif mit seinen hoch angesetzten Brüsten eine graue Maus. Ich komme weiter unten noch mal darauf zurück. Seine bevorzugten Pseudonyme waren wohl Saint-Gilles, Georges Murey und L`Arabesque. Aber auch sein eigener Name prangte oft auf Publikationen wie dem Vampir-Horror. Das war übrigens meine erste Deutsch/Englisch Übersetzung seit dem 10 Schuljahr und könnte einige Verwirrungen und Ungereimtheiten beinhalten. Was ich aber mit Bestimmtheit sagen kann ist, dass die Dämonen-Land Ausgabe 70 Gramm wiegt. Immerhin. Ob „Der Schwarze Tod“ nun eine 60 Seiten Story (Anthologie?) oder ein gekürztes Taschenbuch war, kann ich nicht sagen aber das Biggy Winter eine saubere Arbeit abgeliefert hat, ist gewiss. Ich tippe auf eine 1:1 Umsetzung (also 60 Seiten) weil sie so schön rund zu lesen war.
Der Anfang des Romans erinnerte mich stark an traute Männerfreundschaft ala Robinson Crusoe, nur das Freitag ein geläuterter Zwerg mit ein paar seltsamen Eigenheiten war. Auf ein Schiff in die Heimat warteten die beiden auch nicht, sondern auf einen erneuten Riss im Zeitgefüge. Übrigens gab 1973 den Begriff kleinwüchsig wohl noch nicht. Collin hatte einiges auf Lager was die täglichen Dinge anbelangte und er wäre wahrscheinlich der Star unter den Kochbuchautoren im Bereich Mittelalter-Küche geworden. Backen, Kochen und ein feiner Gaumen für Wein und Gewürze waren die Stärken des Allround-Zwerges. Zumindest haben die ersten Seiten bei Arnaud viel Sinn für Gemütlichkeit gezeigt. Bis sich die Zwei allerdings gefunden hatten, dauerte ein wenig. Collin war halt ein Kind seiner Zeit (1385), mit allen Wassern gewaschen (obwohl sein Eigengeruch stark an der 100 Olf Marke kratzte) und sehr hinterlistig. In Filmen sieht man ja öfter, dass die Franzosen ihr Baguette unter dem Arm nach Hause tragen. Bei ihm hätte ich das Mittelstück wohl eher nicht gegessen. Da beide aber nichts mehr zu verlieren hatten und die einzigen Bewohner des Ortes waren, taten sie sich irgendwann zusammen. Mit dem Rest der sich weiter drehenden Welt wollten sie nichts zu tun haben. Wohl doch kein Crusoe sonder eher ein Enemy Mind des Heftromans. G.J. Arnaud beschrieb das Zusammenleben und Zusammenkommen der Zwei recht humorig. Nachdem die Zeittore verschlossen waren, belauerten sie sich gegenseitig monatelang bis Simon den Zwerg mit Essen anlockte. Beim Autofahren betete Collin unaufhörlich (kenne ich noch von meinen Beifahrern aus früheren Tagen) und technischen Errungenschaften stand er sehr kritisch gegenüber.
Das im Mittelalter in manchen Lebensbereichen raue Sitten herrschten, ist bekannt und dass nicht jede Frau einen Keuschheitsgürtel trug ebenso, aber bei G.J.Arnaud stolperte der Protagonist Simon von einem Techtel Mechtel ins nächste. Immer knapp an „ Nicht Jugenfrei“ vorbei musste er seine Abenteuer bestehen und dabei noch einen kühlen Kopf bewahren. Das gelang ihm aber nicht immer und manchmal wurde er einfach nur abgeschleppt. Wie zum Beispiel von Berangeres, der drallen Magd mit chronischer Distanzlosigkeit:
„Zu faul zu reagieren, ließ ich mich abhäuten wie ein Kaninchen. Mit einem sinnlichen Schnurren und voller Wildheit ergriff sie von mir Besitz.
Sie war ein überwältigendes Weibsstück, das sich nicht auf ein paar saftlose Umarmungen oder langweilige Küsse beschränkte. Als sie mich losließ, war ich völlig zerschlagen und schlief sofort ein.“
Oh, la`la`! Ein paar Minuten später lernte er dann seine geliebte Ninon kennen und bekam auch bei ihr Gelüste.Angeblich rührte Simon die Hilflosigkeit und Verzweiflung Ninons, aber als junger Mensch (Simon war an dieser Stelle 20 Jahre) verwechselt man schon mal Liebe mit Triebe. Dass er Schwierigkeiten hatte sie zu überreden mit in sein Jahrhundert zu kommen, wundert da nicht. Er hatte wohl noch ein paar Überbleibsel der Liebesnacht anhaften („Ich errötete. Der starke Geruch Berangeres zog mir in die Nase.“). Und das waren nicht die einzigen schlüpfrigen Szenen in diesem Roman. Der Baron und Ritter Charles de Korguen (oder so) trieb es noch viel doller. Ständig war er betrunken und hatte mindestens zwei Mägde im Arm. Er lebte in Endzeitstimmung und ließ es nochmal richtig krachen und es ging ganz schön drunter und drüber, oder auch mal andersrum. An einigen Stellen habe ich echt gedacht, was muss sich die Übersetzerin Biggy Winter nur gedacht haben als sie den Roman bearbeitet hat? Oder hat sie Arnaud gar entschärft und runtergedimmt? Stellenweise erinnerte die Geschichte an ein feuchtfröhliches Bühnenstück mit Anfassen. In der einen Hand ein Degen in der anderen ein Schoppen Wein und zwischendurch wurde lustig geträllert, wobei im Hintergrund die Dirnen ihre Röcke hoben. Das die Romane dieser Reihe nicht immer ganz Jugendfrei waren ist bekannt, aber Arnaud schoss den Vogel mit seinem Beitrag bisher ab (ohne dabei aber richtig ins Detail zu gehen... und schließlich sind wir ja alle erwachsen).
Zwischen diesen vergnüglichen Abschnitten ging es dann aber auch schon mal etwas heftiger zur Sache. Nachdem die Pest so ziemlich alle Buracher auf beiden Seiten dahingerafft hatte, stieg unser Protagonist auf das höchste Gebäude und rief nach Überlebenden. Als keiner mehr antwortete, ging er selber nachschauen und plünderte ein wenig die übrig gebliebenen Vorräte. Warum auch nicht. Dabei musste er über halb verweste Leichen steigen und nebenbei die Wölfe in Schach halten. Walking Dead lässt grüßen, nur ein paar Jahrzehnte früher. Der Kampf um die Ressourcen wurde am Schluss recht heftig und es flogen Kugeln in Richtung Neuankömmlinge. Die ein oder andere Schädeldecke verlor dabei ihren Besitzer.
Natürlich muss man ein Faible für solch absonderlichen Geschichten haben (unabhängig von den erotischen Komponenten). Mit den Mainstream Gruselromanen der späteren Generationen (auch aus eigenem Haus) hatten die Vampire von Pabel zu dieser Zeit noch nicht viel am Hut. Die zahlreichen Dämonenvernichter von der Stange sollten erst noch kommen. Selbst Sinclair , Ballard, Zamorra usw. waren noch lesbar weil weniger abgedroschen und Brent und Hunter sowieso. Zu dieser Zeit funktionierten noch die leicht mysteriös erscheinenden Storys. Der Erfolg bzw. die lange Lebensdauer der Serie sprechen für sich. G.J. Arnaud ist der beste Beweis dafür und mit Sicherheit nicht der Schlechteste. Die „Tagebuch-Erzählweise“ ist zwar nicht neu, aber hier wurde sie nur sehr dezent eingesetzt und sorgte keinesfalls für Verwirrung und Knoten im Gehirn. Auch der Sprachgebrauch von Arnaud/Winter war überaus angenehm und alles andere als plump zu nennen. Eine schön erzählte Geschichte.
Was gab es sonst noch?
Eigentlich nicht viel. Das Titelbild von Thole deutet schon mal an, unabhängig vom Schriftzug, um was es geht. Klassisch in schwarzen Leichentuch gekleidet schwingt der Schwarze Tod seine Sense Marke „Grimmiger-Schnitter 2000“ und grinst den Lesern ins Gesicht. Die Augenlose Hofdame im Hintergrund macht es den Paparazzis leicht und lässt einen Busen blitzen. Der Rest liegt Tod (Achtung Wortspiel) zu Füßen.
Manfred Knorr läßt sich bei VAMPIR INFORMIERT über King Kong aus. Leicht angekratzt war er über die Meinung einiger „Experten“, dass der Film auf politische Zusammenhänge, wie den Beginn des internationalen Faschismus hinweist und sogar die amerikanischen Rassenprobleme anspricht. Sachen gibt`s. Ansonsten war er ein Fan von Harryhausen und seinen Trick-Aufnahmen.
Ein Blick auf die Rückseite bestätigt noch einmal recht anschaulich, dass der Vampir-Horror Roman den erwachsenen Leser ansprechen sollte und sogar die Werbung auf den heutigen Roman abgestimmt war: HAMMER – Sex der Spass macht!
Kommentare
Die inhaltlich-konzeptionelle Wendung im Vampir ist schon krass. Wenn man bedenkt, wie anglozentrisch die deutschen Verlage waren und sind, wundert es einen schon, dass Bernhardt ausgerechnet bei der Phantastik zuerst nach Frankreich geschielt hat.
Ich glaube aber, dass diese Art der Story, wie sie eigentlich alle Franzosen schrieben, fürs Heft nicht dauerhaft reproduzierbar gewesen wäre. Zu komplex, wenig Schwarz-Weiß-Malerei, keine knackigen Helden, kein Happy End, in dem das Gute zu siegen hat. Daher ist es nur folgerichtig, dass man sich ans angloamerikanische (Film)-Vorbild gehalten hat, wo der Detektiv oder Polizist den Tag rettet. Und rettet.
Ein wenig Klimbim Erotik förderte den Verkauf wohl ungemein. Da muss man dran bleiben. Heute siehst du viel mehr nackte Haut, was zu Teil aber schon nervt. So ändern sich die Zeiten.
So sehr ich die Franzosen teilweise auch mag, kann ich sie doch auch nur in Maßen konsumieren. Es ist schon merkwürdig, wie sehr sich ihre Literatur von der unseren unterscheidet, gerade auf diesem Gebiet.
zitiere Toni:
Aber nicht mehr auf Genre-Sachen. Bei den Western gibt es zwei Versionen, das nippelfreie Ebook (Laredo) oder das - noch peinlichere - retourschierte Ebook (Lassiter oder alte aufgearbeitete Sinclairs) und die Printausgaben, wo dieser Blödsinn nicht stattfindet. Und das war es. Auf allen sonstigen Serien findet weder Erotik noch schlichte Nacktheit mehr statt. Titelbilder wie die von Thole würden in den Redaktionen heute sofort in den Rückumschlag wandern - man hat ja schließlich die Vorgaben der Onlineshops zu befolgen, wenn man es vertreiben will.
Das haut so auch nicht hin. Natürlich könnte man weiterhin Cover verwenden, wie sie Thole gemacht hat, aber oft steht den Verantwortlichen dabei die eigene political Correctness im Weg. Viele haben sich von der damaligen Hexenjagd des Jugendschutz doch bis heute nicht erholt. Und selbst in der Handlung könntest du Erotik locker einbauen bis zu einem gewissen Maß ohne anzuecken (siehe hier z.B. die Serie VAMPIRA), aber auch hier ist man oft wieder verdammt prüde geworden und wirft Erotik gleich mit Pornografie in einen Topf. Was wir heute noch auf dem Heftmarkt haben ist doch längst kein Horror mehr, sondern eher düstere Fantasy auf Märchen-Niveau, die sich seit den 70er/80er Jahren nicht mehr weiter entwickelt hat. Man nähert sich da ziemlich den SF-Nerds an, die statt Erotik lieber einmal mehr mit einer Nadel in die Steckdose packen um den Robotergang besser hin zu bekommen. Den meisten Onlineshops ist es in der Regel eher egal, solange sich die Teile verkaufen. Dieses "nippelfreie" Getue glotzen die sich doch meistens bei den Amis ab als wäre es wegweisend für die Welt. Dabei bringen die durchaus eine Menge Autoren hervor, die selbst mit pornografischen Elementen im Genre überhaupt keine Probleme haben, dafür aber auch bei den richtigen Verlagen da drüben veröffentlichen.
Zu meinen Heftromanzeit (Anfang bis Mitte 80er) war die Luft in Sachen Erotik ja schon raus und scheinbar hat sich da auch nichts dran geändert. Nicht dass ich da etwas vermisst hätte. Nur wenn ich mir die Vampire so anschaue, die ja immerhin noch ca. 10 Jahre älter sind, kommen die schon manchmal etwas wilder rüber.
Aber im Phantastiche Bereich war er (leider) nicht so produktiv. Da zähle ich nur 4 "Angoisse" und 2 "Gore" (obwohl manche seine Thrillers an der Grenze des Phantastiche sind aber dann doch eher "unheimlich" als "phantastich").
Sein "Le dossier Atree" wäre ein interessanter Kauf gewesen für Pabels VHR: das Thema liegt nahe an Mastersons "Rituel de chair"(Ritual/Feast) aber Arnaud verfasste es ganz anders.
Ein Hinweiss über seine Pseudonymen: Saint-Gilles, Georges Murey stimmen aber "L'Arabesque" ist der Name des Verlags in dem Arnaud damals veröffentlichte (vor dem Fleuve Noir). Im Erotischen Bereich schrieb er hauptsächlich unter den Namen Georges Ramos und Ugo Solenza. Er war auch beteiligt im kollektiv pseudonym Gil Darcy (Spionage Romanen für L'Arabesque) u.a.
Wie immer: hoch interessanter Beitrag und bereichernde Kommentare!
Für die "Angoisse" ist eigentlich nicht nur "Le dossier Atree" mit einem Masterton Roman (Ritual) zuvergleichen aber auch noch "Ils sont revenus". Da denkt man an Mastertons "Choosen Child". Bei Arnaud passiert es in Prag, bei Masterton in Warsaw - die selben Elementen (Okkultismus, Zweiten WK, seltsame Ereignisse unterirdisch und in den Abwasserkanäle,...) anders inszeniert und benutz...
Der Erzählungs Styl in Arnauds beiden Romanen liegt in seltsame Berichte die vom BURAS (ein Sonderkommission der UNESCO) untersucht werden. Also verschiedene Erzähler und dann die Ermittlungen und der Einsatz der Beamten...
Und danke für die Info zu L`Arabesque - hätte auch ein Pseudo sein können
www.sf-hefte.de/Details.php?id=515&Reihe=Gaslicht%20VPM
Es gab den Roman erneut in der dritten Auflage ("Gaslicht - Krönung"); dort trug
er die Nummer 420.
Dafür war er in den 60ern mit etlichen Krimis vertreten. Neben den im bereits erwähnten SEP-Verlag erschienen Krimis gab es in einem "Verlag der Europäischen Bücher Hieronimi" - noch nie davon gehört - 5 weitere Krimis. Als Hardcover.
Interessant, dass französische Autoren Ende 70/Anfang 80 so schlagartig aufhörten präsent zu sein. Da fallen nur noch Simenon und witzigerweise de Villiers ein.