Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Flaggschiffe, Flottenkadetten und Flops Folge 23: Der solide Mittelbau

  Mini- und Subserien bei Terra und UtopiaFlaggschiffe, Flottenkadetten und Flops
Folge 23:
Der solide Mittelbau
SF-Kurzserien von Perry Rhodan-Autoren (III)

Von den Fünfzigern bis in die Achtziger hinein gab es SF auch in zahlreichen Reihen. Herausragend dabei die ›Marken‹ »Utopia« und »Terra«. Für viele der erste Kontakt mit der Science Fiction bzw. dem ›utopischen Roman‹. In diesen Reihen erschienen zahlreiche Sub- und Miniserien. Diese werden in den kommenden Wochen einmal etwas näher betrachtet ... 

In der heutigen Folge beschäftigen wir uns mit jenen beiden Autoren, die zwar nicht der unmittelbaren Perry Rhodan-Gründergeneration angehörten, aber nach ihrem Einstieg in den „Erben des Universums“ über viele Jahrzehnte mit einer großen Anzahl von Titeln wichtige Beiträge zur Serie lieferten, ohne mit ganz großen Romanen herauszustechen: Ernst Vlcek und H. G. Francis sind nahezu zur gleichen Zeit 1971 in die Serie eingestiegen und haben ihren Lesern viele unvergessliche Stunden der Unterhaltung bereitet. Auch ihre Kurzserien außerhalb von Perry Rhodan bieten uns ein großes Ausmaß von „Sense of Wonder“.

Der unglaublichre PlanetErnst Vlcek (1941 – 2008) brachte noch vor seinem Start bei PR als ganz junger Autor den vierteiligen Zyklus „Das Galaktikum“, den er zusammen mit Helmuth W. Mommers verfasst hatte, in der Terra-Reihe heraus.

Anfang des 5. Jahrtausends terranischer Zeitrechnung: Längst sind die Menschen weit ins All vorgestoßen, haben neue Welten kolonisiert, Kontakt zu Fremdrassen aufgenommen und ein Solares Imperium geschaffen; eine neue Zeitrechnung verkündet die Galaktische Ära. Doch unter der Oberfläche brodelt es. Die Kolonialwelten fühlen sich von der Zentralwelt unterdrückt, und auch den Fremdrassen ist die wachsende Macht des Imperiums ein Dorn im Auge. Die Situation droht zu eskalieren, eine kriegerische Auseinandersetzung scheint unausweichlich – da taucht aus dem Nichts ein gnadenloser Feind auf. Und plötzlich müssen die Bewohner der Milchstraße erkennen, daß sie nur eine einzige Chance haben, gegen den übermächtigen Gegner zu bestehen: wenn sie ihre kleinlichen Streitereien beiseite schieben und das Galaktikum endlich Wirklichkeit werden lassen ...

Klappentext von: H. W. Mommers und Ernst Vlcek: Das Galaktikum, Blitz Utopische Klassiker 8, Windeck 1999

Mit diesem Vierteiler sowie zwei Kurzgeschichtensammlungen, die ebenfalls in den Terra-Reihen erschienen, bewies das Autorenteam, dass es für höhere Weihen geeignet war. Mommers verließ allerdings die SF-Szene für Jahrzehnte, bevor er Anfang des 21. Jahrhunderts wieder aktiv wurde, unter anderem mit der Herausgabe des Magazins „Nova“. Große Verdienste um die SF-Community erwarb er sich außerdem durch den Aufbau der „Villa Fantastica“ in Wien, die als öffentliche Bibliothek mit einer großen Anzahl von einschlägigen Werken fantastischer Literatur aller Schattierungen, aber mit Schwerpunkt auf SF in deutscher und englischer Sprache, dem Leser und Forscher zur Verfügung steht. Die Villa Fantastica ist als Foundation ähem Stiftung organisiert. Ein Exemplar der „Encyclopaedia Galactica“ habe ich bei meinen Besuchen dort in der Abteilung für Sekundärliteratur aber noch nicht entdecken können. Eine Reihe von Sammlern haben ihre eigenen Schätze in die Bibliothek eingebracht, Zuwachs ist weiterhin willkommen.

Der unglaublichre PlanetErnst, das Wölfchen, (Übersetzung von Vlcek aus dem Tschechischen, der Mann war halt ein echter Wiener) blieb im Gegensatz zu seinem Kumpel Mommers in der Szene und veröffentlichte etliche Einzelromane, bevor er sich an seine nächste Serie machte, diesmal als Einzelkämpfer. Die Terra-Nachfolgereihe Terra Nova startete 1968 gleich mit dem ersten Band seines Achtteilers „Die Wunder der Galaxis“. Dorian Jones ist Kommandant des Forschungsraumschiffes VASCO DA GAMA, das im Auftrag der Erdregierung unterwegs ist. Er ist mit gutem Grund zum Kommandanten ernannt worden, denn er hat die Fähigkeit, scheinbar ausweglose Situationen heil zu überstehen, was auch seinem Vorgesetzten MacKliff, dem terranischen Bevollmächtigten, aufgefallen ist. Und er bekommt eine spezielle Ausrüstung mit, die D.J.-Dimension, einen Raum, den er jederzeit mit einem distanzlosen Schritt betreten und an jedem gewünschten Zielort wieder verlassen kann. Der erste Auftrag führt Jones in „Die Todesgärten der Lyra“. Ihr Wächter GOLUP (kein Schreibfehler, es ist nicht Gollum), ein synthetisches Wesen, versucht die Expedition zu sabotieren, indem er die Pest an Bord bringt und mit falschen Spuren die Schuld Besatzungsmitgliedern in die Schuhe schiebt. Ein weißes Pelzwesen mit Namen Gerwin materialisiert im Raumschiff und verspricht, die Menschen in die Gärten zu führen. Die Todesgärten, eigentlich Lotusgärten, sind ein Tor zu einem anderen Universum, in dem im Unterschied zu unserem ständige Glückseligkeit herrscht. Deswegen wird unser Universum als HÖLLE bezeichnet. Als GOLUP Jones und Gerwin in die Lotusgärten folgt, wird er von den dortigen Einflüssen so überwältigt, dass er wahnsinnig wird. Jones lässt eine nukleare Bombe zünden, die den GOLUP und seine Basis vernichtet, aber gleichzeitig das Tor zum vermeintlichen Paradies zerstört. Die Forscher finden heraus, dass der größte Teil einer früheren Menschheit in das andere Universum ausgewandert ist und hier Artefakte hinterlassen hat, die für die hiesigen Menschen unverständlich und teilweise sogar tödlich sind. Jones wird nach Ruufa entsandt, wo es Unruhen gibt, seitdem eine Sekte namens HÜTER DES LICHTS, die von Menschen des anderen Universums gegründet worden ist, ihre Aktivitäten entfaltet. Die Sektenmitglieder errichten eine geistige Barriere, die es Raumschiffen unmöglich macht, aus dem Überlichtflug in den Normalraum zurückzukehren. Damit ist die komplette interstellare Raumfahrt gefährdet. Jones und seine Kameraden dringen mit Unterstützung durch Soldaten der Todeslegion zum „Tempel der Ewigkeit“ vor und treffen dort Agh'Dorgin, einen Homo superior aus dem anderen Universum und Gründer der Sekte, der eigentlich das hiesige Universum umgestalten sollte, aber spürt, dass die Hölle ihn verändert und er die hiesigen Gefahren zu lieben beginnt. Mit seinem Tod im Kampf ist der Spuk vorbei.

Der unglaublichre PlanetDie Wissenschaftler der VASCO DA GAMA versuchen, die von den Fremden auf Ruufa hinterlassenen Gebäude und Gerätschaften zu untersuchen, was für sie unendlich schwer ist. Einer der Physiker, der sich intensiv mit der fremden Mathematik befasst, wird darüber wahnsinnig. Er findet einen Wahrscheinlichkeiten-Regler, beginnt damit zu jonglieren, was multiple Gegenwarten und veränderte Zeitabläufe auf dem „Planet der tausend Möglichkeiten“ zur Folge hat. Als er von einem Legionär getötet wird, taucht Lai'Sinaoe auf, eine Frau der Homini superiores. Sie vernichtet den Wahrscheinlichkeiten-Regler und die anderen Anlagen auf dem Planeten, weil sie denkt, dass sie Fallen für die hiesigen Menschen sind und zieht sich wieder zurück. Jones macht sich auf die „Jagd auf eine Unsterbliche“, die sukzessive auch auf den anderen Planeten, wo noch Anlagen der anderen Menschen stehen, diese zerstört und auch die Quellen des Ewigen Lebens vernichten will, nach denen die Menschen gieren. Die Quellen stellen sich aber als weitere Falle heraus, denn Lai'Sinaoe ist den Einflüssen des hiesigen Universums erlegen und böse geworden. Jones ist überrascht, als er sie in seiner privaten Dimension findet und sie ihm das Angebot macht, zu ihr zu kommen. Sie will ihn auf die Spur des Menschenturms führen. Jones plant eine Expedition dorthin, er bekommt aber von seinem Vorgesetzten den Befehl, Untersuchungen über die Rasse der Cepheiden anzustellen, die erste nichtmenschliche Spezies, die kürzlich in der Galaxis entdeckt worden ist. Jones tritt als Kommandant der VASCO DA GAMA zurück, sein Stellvertreter ersetzt ihn. Mit dessen Rücktritt, einer Kommandanten-Neuwahl und nachfolgenden Meuterei bricht Chaos an Bord aus. Lai'Sinoe will mit dem Menschenturm, der die Individualmuster jedes Menschen aufzeichnet, die Herrschaft über die gesamte Menschheit antreten. Auf dem „Planet der verlorenen Träume“ wird Jones zum versklavten Wächter des Menschenturms, aber nachdem er Lai mit Drogen traumsüchtig macht, versinkt sie in einem künstlichen Traumdasein. Die Menschen, die in die Individualfesseln des Menschenturms geraten waren, werden wieder frei, nachdem sich Jones von den Suggestivimpulsen des Menschenturms losreißen kann.

Der unglaublichre PlanetIn der Zwischenzeit werden immer mehr Planeten in Sonnensystemen von Veränderlichen entdeckt, auf denen die krötenartigen Cepheiden leben, und es kommt zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Menschen. „Die pulsierenden Sterne“ steuern den Lebenszyklus der Cepheiden, die aber beginnen, sich auch für die Systeme der anderen Sterne zu interessieren. Durch einen übereifrigen Soldaten wurde ein Cepheide getötet, die daraufhin alle Menschen als Mörder ansehen und ausrotten wollen. MacKliff wird Vorsitzender einer Militärjunta, die alle Ressourcen dem Kampf gegen die Cepheiden unterordnet. Zwei Piraten, die früher Mitglieder von Jones' Mannschaft waren, finden auf einem gekaperten Schiff einen heruntergekommenen Säufer, der sich als der desillusionierte Dorian Jones entpuppt. Er wird einer Entziehungskur unterzogen und will dann MacKliff stoppen, dessen Vorgehen immer brutaler wird. MacKliff sendet Jones als Unterhändler zu den Cepheiden, von denen er die kriegerische Vergangenheit von Menschen und Cepheiden erfährt, in der vor einer Million Jahren der Großteil der Menschen nach dem verlorenen Krieg in ein anderes Universum ausgewandert war – die Homini superiores, während die in der Galaxis Verbliebenen sich in unzählige Völker aufsplitterten und degenerierten. MacKliff hat Jones aber nur vorgeschoben, weil er eine Waffe gegen die Cepheiden austesten wollte, welche die Atmosphäre ihrer Planeten vergiftet. Jones ist kurz vor dem Friedensschluss gescheitert, und MacKliff triumphiert, aber nur solange, bis die Cepheiden zum Gegenschlag ausholen und die Erde massiv angreifen. Fritz Hebernich, früheres Mannschaftsmitglied von Jones und später als gefürchteter Pirat Nero bekannt, hat nur mehr wenige Stunden im „Countdown des Todes“ vor seiner Hinrichtung zu leben. Jones will ihn retten, scheitert aber. Ein Mexemen, ein genetisch veränderter Menschenabkömmling, beauftagt ihn, mit einer Expedition der VASCO DA GAMA II verschiedene andere Völker von Menschennachkommen zu untersuchen, welche sich in unterschiedlich starkem Ausmaß vom Erdstandard unterscheiden. Bei seiner Rückkehr ist MacKliff tot, getötet von der Exfrau Hebernichs, die Jones dazu angestiftet hatte. Aber Fritz lebt, denn MacKliff ließ ihn nur einer Scheinhinrichtung unterziehen. Jones findet auf seiner Suche das fehlende Volk der Metamorphosekette, welches beweist, dass die Cepheiden in Wirklichkeit eine mit den Menschen verwandte Schwesterspezies sind, welche am Ende des Spektrums der verschiedenen Nachkommen des Homo sapiens stehen. Als er in seine Dimension treten will, landet er stattdessen im anderen Universum, wo er von einem Homo superior die Geschichte erfährt, dass beim lang vergangenen Krieg zwischen den Menschen und den Cepheiden ein gigantischer Robotkomplex, der FRIEDENSROBOT konstruiert worden war, der als Lösung des Konfliktes die Auswanderung der Menschen plante und sie mit den WUNDERN DER GALAXIS, einer gigantischen Schau, ins andere Universum lockte. Und auch in im jetzigen Konflikt haben die WUNDER wieder ihre Schau begonnen und bringen mit ihrer Anziehungskraft die Menschen zur Massenauswanderung. Jones bringt die Führung der Menschen aber dazu, die Alternative zur Stagnation im anderen Universum zu ergreifen, mit den Cepheiden Frieden zu schließen und nach der „Dämmerung im Universum“ eine neue friedliche Zivilisation der miteinander verwandten Völker aufzubauen. Er, neben MacKliff einer der beiden Synther, die vom Friedensrobot geschaffen worden waren, um einen Ausweg aus der verfahrenen Situation zu finden, hat seine Aufgabe erfüllt. Nach einem gemeinsamen Leben mit seiner Gefährtin wird Jones vom Friedensrobot zurückgeholt. Aber:

Später – viele Menschenalter später …

„Wach auf, Jones, es gibt Arbeit für dich. Du erhältst eine neue Persönlichkeit. Du wirst dich an nichts erinnern können, auch nicht an deinen Auftraggeber. Das ist wichtig für deinen Erfolg. Die Menschheit befindet sich in einer ernsten Krise. Wach auf, Jones!“ Die Vasco da Gama raste durch die Unendlichkeit des Alls und hatte einen Androiden an Bord ...“

zitiert aus: Ernst Vlcek: Dämmerung im Universum, TN 51, 1969

Erinnert etwas an den Epilog in „Das Erbe der Lens“, finden Sie nicht auch? Für mich sind die „Wunder“ mein Favorit unter allen SF-Kurzserien eines deutschsprachigen Autors, die in dieser Artikelserie besprochen werden, deswegen auch die Länge der Besprechung (die „Sternensaga“ habe ich erst in der Buch-Neuausgabe kennengelernt). Es ist Vlcek dabei gelungen, trotz der Fülle der Ideen den Roten Faden zu behalten und ein rundes Ende zu schaffen, das nicht so aufgesetzt wirkt wie das im etwa vergleichbaren „Vermächtnis der toten Augen“ von H. G. Ewers.

Der unglaublichre PlanetSeine Vielseitigkeit bewies Vlcek dann mit seiner humoristischen Trilogie „Pan Laboris“. Kurz danach widmete sich sein Zweiteiler „Revolte der Androiden“ der nachdenklich machenden Frage, ob man zum Menschsein einen Nabel benötigt oder ob auch ein glatter Bauch akzeptiert wird. Dann kam in Terra Nova und Terra Astra der achtbändige Zyklus „Die Evolutionspolizei“, in dem Erdmenschen von Außerirdischen angeworben werden und in ihrem Auftrag als Agenten in der Galaxis tätig werden. Nachdem die unterdrückerischen Absichten der Yskander auffliegen, wenden sich die Erdmenschen zum Schluss gegen sie und nehmen den Kampf für die Befreiung auf, den wir mangels weiterer Bände allerdings nicht mehr miterleben konnten. In der Endphase von Terra Astra erschien noch Vlceks „Sternensaga“ in sechs Bänden. Diese Serie über die Legendensammler blieb aufgrund der Einstellung von Terra Astra unvollendet. Sie passte mit ihrem beinahe lyrischen Stil auch nicht wirklich in eine actionbetonte Heftreihe.

Die junge Legendensammlerin Fini-Ana Vanda landet auf dem Planeten Jakchos, weil sie einem Gerücht über ein uraltes, verschollen geglaubtes Volk nachgehen will und eine große Geschichte wittert. Sie hat wie ihre Kollegen das Ziel, den großen Wettkampf der Geschichtenerzähler zu gewinnen und in der 10. Ausgabe der ANALECTA GALACTICA vertreten zu sein. Kollege Thor Hamatta lässt sich auf die abgeschottete Sanatoriumswelt Scizia, die berühmte Heilanstalt für alle Geisteskranken einweisen, um die Geheimnisse der mysteriösen Herrscher von Scizio aufzuklären. Doch bald muss Hamatta erkennen, dass er sich auf ein sehr gefährliches Spiel eingelassen hat, denn einmal als Patient aufgenommen, muss jeder sich den strengen Regeln und Gesetzen anpassen, und die Aussichten auf eine genehmigte Abreise sind sehr gering ... Selma Veerkoorn dagegen will das Geheimnis der Mutanten lüften, deren Spuren sich vor etwa 100 Jahren verloren haben – zur gleichen Zeit, als die geheimnisvollen Blitzer wieder aus der Milchstraße verschwanden, jene kosmischen Vandalen, welche die halbe Galaxis verwüstet hatten.

gekürzte Zusammenfassung der Klappentexte von: Ernst Vlcek: Arena der Nurwanen, Irrlichter des Geistes, Orakel der Sterne, Fabylon Verlag, 2007

Ingo Kirchofs LesereiseParallel zu den Terra-Aktivitäten stieg Vlcek Ende der sechziger Jahre ins Perry Rhodan-Universum ein, in dem er zuerst mit etlichen Taschenbüchern in den Planeten-Romanen, darunter den Jugendabenteuern Michael Rhodans, positive Aufnahme bei den Lesern und PR-Machern fand. So war es kein Wunder, dass er nach dem Start der Atlan-Serie in diese und bald auch in die Mutterserie berufen wurde, wo er über Jahrzehnte einer der verlässlichsten Autoren war. Seine PR-Karriere krönte er durch die Übernahme der Exposé-Redaktion, die er 15 Jahre innehatte. Das Galaktikum, das er schon in seiner ersten Serie beschrieben hatte, fand auch Eingang in die PR-Serie. Vlceks Alter Ego Paul Wolf war im Schwestergenre Grusel aktiv. Mit dem Dämonenkiller Dorian Hunter schuf er neben den Kollegen Larry Brent und John Sinclair einen der drei Top-Helden des deutschen Grusel-Heftromans. Außerdem arbeitete Vlcek auch bei den Fantasy-Serien Dragon und Mythor mit. Dass A. E. van Vogt zu den literarischen Vorbildern von Vlcek zählte, fällt vor allem bei den Romanen auf, in denen die Ezialisten, Wissenschaftler mit fächerübergreifenden Kenntnissen, eine Rolle spielen. Da lässt Grosvenor, der Nexialist vom Raumschiff „Space Beagle“ grüßen. Und auch einige Szenen auf der „Vasco da Gama“, des Raumschiffes in den „Wundern der Galaxis“, und ihre Mannschaftszusammensetzung erinnern eindeutig daran.

Der unglaublichre PlanetNach seinem Aussteig aus der PR-Exposéredaktion 1999 hatte Vlcek wieder mehr Zeit für eigene Projekte. Eine Reihe seiner früheren Arbeiten außerhalb der Großserien erlebten Neuveröffentlichungen, und da war auch noch die „Sternensaga“. Uschi Zietsch, als Susan Schwartz auch Ex-PR-Autorin und gute Freundin von Ernst, brachte die Serie in drei Sammelbänden mit Titelbildern seines Sohnes Alexander in ihrem Fabylon-Verlag heraus und konnte Ernst überzeugen, nach drei Jahrzehnten die Serie endlich mit einem Abschlussband zu vervollständigen. Dieser kam posthum kurz nach Vlceks Tod Mitte 2008 heraus. Die Legendensammler haben sich auf dem Planeten Gulistan getroffen, um in den Wettstreit der besten Geschichten zu treten und in die ANALECTA GALACTICA aufgenommen zu werden. Die Rätsel um die verschollene Gründerin der Gilde der Legendensammler und die nach wie vor unbekannten Blitzer werden endlich gelöst.

Uschi Zietsch schrieb dazu in ihrem Nachwort zu „Treffpunkt Gulistan“, dem Abschlussband:

Am 19. 4. 2008 um 19:57 Uhr mailte Ernst mir: „Liebe Uschi, kann dir freudig vermelden, dass ich beim 4. Band der Legendensammler gerade das Wort ENDE geschrieben habe.“ Am 22. 4. 2008 ist Ernst Vlcek in den frühen Morgenstunden friedlich im Schlaf verstorben.

zitert aus: Uschi Zietsch: Nachwort zu: Ernst Vlcek, Treffpunkt Gulistan, Fabylon Verlag, 2008

Das Ende von Vlceks Lebensgeschichte erinnert an das von Isaac Asimov und sein Buch „Das Foundation-Projekt“. Die Sternensaga war ein Lebenswerk von Ernst, in das er viel Herzblut steckte. In den Romanen findet man Anspielungen auf ihn selbst. Zum Beispiel gibt der Legendensammler Thor Hamatta vor, die Reinkarnation eines vor Jahrtausenden verstorbenen Schriftstellers namens Paul Wolf zu sein, welches bekanntermaßen ein Pseudonym für Vlcek ist. Und dann nannte Thor sich auch Isegrim ... Für mich persönlich war Ernst einer meiner absoluten Lieblingsautoren unter den deutschsprachigen SF-Schriftstellern. Vielleicht liegt es auch daran, weil er Österreicher war. Nein, das sind keine Ressentiments eines Ösis gegen Bundesdeutsche, möglicherweise liegt es an der vertrauteren Sprachmelodie. Bei seinen Kollegen Hugh Walker und Michael Marcus Thurner geht es mir ähnlich, dagegen ist Leo Lukas weniger mein Fall.

Der unglaublichre PlanetH. G. Francis (1936 – 2011), Pseudonym für Hans Gerhard Franciskowsky, den „Hansdampf in allen Gassen“ (bei welcher Serie hat er eigentlich nicht mitgeschrieben? - zweckdienliche Hinweise bitte an den Autor dieses Artikels!), brachte nach dem kriminalistischen Zweiteiler in Utopia um den kettenrauchenden Psychiater Harold van Skyan, der „Im Auftrag der Inter-COSMIC“ unterwegs war, die humorvollen Abenteuer des „kosmischen Entwicklungshelfers Jack Norton“ in vier Bänden in Terra Nova und Terra Astra heraus. Beim Vergleich mit Andersons Sternenhändler Nicholas van Rijn, seinem Geheimagenten Dominic Flandry und ganz besonders mit Laumers galaktischem Diplomaten James Retief fällt auf, dass die Unterschiede zwischen diesen auf den ersten Blick so unterschiedlichen Berufsgruppen gar nicht so groß sind. Besonders viele Parallelitäten ergeben sich mit Retief. Immer wieder ergeben haarsträubende Situationen aufgrund der unterschiedlichen Mentalitäten und Gebräche von Erdmenschen und der jeweiligen Eingeborenen. Der „Sendbote der Erde“ hat im ersten Band alle Hände voll zu tun, den Einwohnern des Planeten Bell beizubringen, dass das Metall Yull nur solange wertvoll ist, solange es selten bleibt. Nachdem sie ihm auch das Rezept für Whiskyproduktion klauen und eigenen grünen Whisky produzieren, gerät die Sache weiter aus dem Lot. Der Entwicklungsdienst zieht die Notbremse und zieht Norton ab. Er bekommt als „Terras Mann auf Hloga“ eine neue Chance, sich zu bewähren. Weil er aber den Bericht über seine Probleme auf Bell fertigmachen muss, kommt er nicht mehr dazu, sich die Bandspulen mit den Informationen über seine neue Wirkungsstätte anzuhören, ist nicht auf die hloganischen Sitten und Gebräuche vorbereitet und gerät gleich in Schwierigkeiten, als sich der einheimische Gepäckträger mit Nortons Reisetaschen auf und davon macht. Aufwärts geht es erst, als Jack dem Thronfolger das Leben rettet.

Der unglaublichre PlanetAls dessen Vater, der GANTA von GANTA auf dem Planeten landet, beordert er Jack mit sich, denn er benötigt auch „Spezialisten für ESSTA-4“. Nortons Vorgesetzer Inspektor Vaugham ist sauer, denn er wollte sich selbst beim GANTA einschleimen und Norton rauswerfen. Nachdem Norton bei der Reise zum Planeten Essta-4, der Residenz von Ganta, das falsche Landungsboot erwischt, stürzt er ab und landet bei den Uruks, den Eingeborenen des Planeten, die den Palast des Ganta angreifen wollen, um an eine für sie dringend notwendige Droge zu kommen. Nachdem Jack die Zusammenhänge klar geworden sind, schafft er es, zwischen den Uruks und den Hloganern Frieden zu stiften, Mit dem Vermächtnis eines ausgestorbenen Volkes, einem Transmitter, welcher jedem die Jugend und Gesundheit zurückgibt, der ihn passiert, rettet er dem schwer verletzten Ganta das Leben. Norton muss allerdings erkennen, dass seine Vorgesetzten vom Entwicklungsdienst null Bock an einer tatsächlichen Entwicklung der jeweiligen Fremdvölker haben, sondern einzig und allein daran, sie zum Vorteil des terranischen Imperiums auszubeuten. Die rachsüchtigen Oberinspektor Hyreman und Inspektor Vaugham, deren Pläne Norton durchkreuzt hat, wollen ihn endgültig fertigmachen. Jack entkommt aber der Falle, die sie ihm stellen, setzt sich endgültig durch und wird durch die Beendigung des Krieges gegen die außerirdischen Schacks „Der Held des Imperiums“, sodass ihm sogar die Leitung des Entwicklungsdienstes angeboten wird. Man kann die Serie als Entwicklungsroman sehen, in der sich Norton vom tollpatschigen Faulpelz, über dessen Missgeschicke man sich amüsiert, zum zielstrebigen Kämpfer für die Rechte von unterdrückten Völkern gegen die korrupte Erdbürokratie wandelt.

Der unglaublichre PlanetIn der Terra Astra-Reihe veröffentlichte Francis seinen Fünfteiler „Legende der Mutanten“. Die Hobby-Archäologen Irish Xamathin, Brutus Bosh und Crerik Cappout werden Zeugen einer „Rebellion der Tiere“ mit Angriffen auf Siedler auf dem Planeten Eldoraan Es scheint, dass die Vorgänge von einem oder mehreren Mutanten gesteuert sind. Das Rätsel bleibt vorläufig ungelöst, die Siedler verlassen fluchtartig den Planeten. Auf dem Planeten Eppklan entdecken die Drei bei Ausgrabungen ein riesiges eiförmiges Gebäude, und „Der Seelendieb“ beginnt seine unheilvolle Tätigkeit, in der er sich auch die übernatürlichen Kräfte eines Mutanten einverleibt, worauf ein Wesen entsteht, das mächtiger und gefährlicher ist als jedes andere, das vorher in der Galaxis gelebt hatte. „Die Götter von Hamath“ heilen todkranke Menschen, die zu ihnen pilgern. Die Götter sind Mutanten, die sich in Folge aber gegen die Bevölkerung wenden. Die drei Freunde entdecken, dass hinter dem unheilvollen Spiel die Lamaguren stehen, die die Herrschaft über die Galaxis anstreben. Sie werden auf dem Planeten Otru-Reue ausgesetzt und müssen sich in die Zivilisation durchschlagen, wo „Der Abtrünnige“, der auf Eppklan entstandene Supermutant, mit seinen parapsychischen Kräften die Herrschaft übernommen hat. Auf dem Planeten Lamagur fällt die Entscheidung. Der „Götze der Mutanten“ wurde aktiv und hat die Lamaguren zu einem Volk von Mutanten gemacht. Er ist der letzte Überlebende eines uralten Volkes, das auf vielen Planeten in die Evolution eingegriffen hat. Im finalen Kampf wird er besiegt und kommt um. Cappout überzeugt die Lamaguren davon, dass sie nicht die Herren über die galaktischen Völker werden können, sondern ihre Diener sein müssen, um auf Dauer überleben zu können.

Der unglaublichre PlanetJahre später versuchte Francis in seinem Eigenverlag „Gold-Edition der besten SF-Autoren“, seinen Zyklus um Jack Norton neu zu vermarkten und als Einstieg für eine Neuveröffentlichung weiterer Romane aus der Heftvergangenheit zu nutzen. Die vier Romane wurden in zwei Sammelbänden zusammengefasst. Leider waren die Bände sowohl grafisch schlecht aufgemacht als auch in einer extrem leseunfreundlichen kleinen Schrift gesetzt. Sie wirkten ähnlich wie Taschenhefte. Weitere vorangekündigte Bände dieser Reihe von Ernst Vlcek usw. sind nicht mehr erschienen.

Der unglaublichre PlanetIn den SF-Serienkosmen war Francis schon seit den sechziger Jahren aktiv. Zuerst schrieb er einige Romane für Perry Rhodans Konkurrenten Mark Powers und Ren Dhark, bevor er als Chefautor Rex Corda und Ad Astra konzipierte. Nach dem Scheitern dieser Projekte lieferte er die Romane um Jack Norton bei Moewig ab. Dann war es nur mehr eine Zeitfrage, bis ein so produktiver und zuverlässiger Autor wie er eingeladen wurde, bei Perry Rhodan mitzuarbeiten. Im SF-Bereich ist auch noch seine „Commander Perkins“-Serie bemerkenswert, die unter dem ähnlichen Pseudonym H. G. Francisco in Form von Hörspielen und Schneider-Jugendbüchern erschien. Eine Bibliografie über die riesige Anzahl von Romanen, Jugendreihen (z. B. TGKK) und Hörspielen würde ein eigenes Buch füllen. Spitzenwerke waren allerdings kaum darunter. Am ehesten ist seine Anti-Utopie „Die vom fünften Hundert“ zu nennen, in der die Menschen nur mehr in riesigen Hochhäusern leben, die keine Eingänge haben, sondern wo man mittels Materietransmitter von einem zum anderen Haus wechselt.

In der kommenden Folge beschäftigen wir uns mit der nächsten Generation der Perry Rhodan-Autoren, die in der Anfangszeit ihrer schriftstellerischen Laufbahn mit eigenen Serien in den Terra-Heftreihen vertreten waren sowie mit zwei Autoren, die nur ein kurzes Gastspiel bei Perry Rhodan hatten.

Zur Titelliste: »Der solide Mittelbau«

Zum ersten ArtikelZur Übersicht

 

Kommentare  

#1 AARN MUNRO 2017-01-19 09:36
Ein sehr schöner Artikel. Danke dafür. bei Vlcek kann ich vollzustimmen. Ernst hatte nicht nur jede Menge Phantasie (auch morbide für die Horrreihe(n)), sondern diese auch immer sehr gut umgesetzt. Sowohl im PR als auch bei seinen eigenenen Projekten oder als Paul Wolf im Horror. Das dieser mitunter(abgeschwächt) in den Perry hinüberschwappte, machte nichts. Vlceks Figuren waren immer toll, bizarr, interessant und aufregend. Auch seine Planetenroman-TBs über Roi Danton alias Michael Rhodan gefielen mir damals. Bis heute gut: Der Untergang des Solaren Imperiums...(Was bekam ich damals einen Schreck, als ich diesen Titel las ;-) ). Übrigens auch gerade neu herausgekommen...
Schwachsinn hingegen: der Name der "Knooks" in die "Glüclsmaschine", wobei das Thema ganz rdentlich war. Den Namen and ich blöd.Ebenso wie Walty Klackton...war der nicht von Ernst?
#2 AARN MUNRO 2017-01-19 09:42
HGF war ebenfalls ein bunter Viel-und Schnellschreiber, der wirklich überall mitmischte. Seine SF mochte ich sehr, egal, ob bei RD/RC/AA oder bei Perry. Auch im Atlan forcierte er die Handlungen stark.Die C P- Bände waren für Jugendliche auch ordentlich zu lesen, später zu hören.Etwas vermisse ich ihn, irgendwie mehr als Ernst...er war etwas leichter zu lesen...immer forcierte Handlungen, aber nicht so verschnörkelt wie Vlcek... dafür gibt es mehr Moraldiskussionen in den Vlcek-Handlungen, während HGF meist gute Action darstellte ohne zu moralisieren...
#3 Hermes 2017-01-19 12:15
An die Evolutionspolizei habe ich ganz gute Erinnerungen. Zitat:

In der Endphase von Terra Astra erschien noch Vlceks „Sternensaga“ in sechs Bänden. Diese Serie über die Legendensammler blieb aufgrund der Einstellung von Terra Astra unvollendet. Sie passte mit ihrem beinahe lyrischen Stil auch nicht wirklich in eine actionbetonte Heftreihe.


Die Sternensaga war ursprünglich als TB-Reihe konzipiert und wurde dann auf Heftroman getrimmt. Das erklärt wohl einiges.
#4 Andreas Decker 2017-01-19 13:54
Als würde man in PR-Expos schmökern. Immer wieder interessant, wie viel dort recycelt wurde.

Vlcek war oft ein sehr interessanter Autor, den ich gern gelesen habe. Hut ab vor seiner Leistung. Nur mit seinen "humoristischen" Sachen konnte ich nie etwas anfangen. Obwohl das sicherlich auch ein Wahrnehmungsproblem ist. Als 12jähriger fand ich auch Ewers PR-Kapriolen in den 500ern witzig, wenn ich die heute lese, frage ich mich immer, warum er diesen pubertären und albernen Unsinn nicht umschreiben musste, um sich mehr aufs Exposé zu konzentrieren.

Francis hingegen war nie mein Fall. Er war sicherlich ein guter Jugendbuchautor, aber seine SF war doch sehr im Mittelfeld.
#5 Heiko Langhans 2017-01-19 14:21
Walty Klackton war eine Scheer-Erfindung für die ATLAN-Serie (Nr. 26). Vlcek hat dann zwölf Tacshenbücher nachgeschoben (nach dem vierten hätte er damit aufhören sollen ...).
Ein Wort der Warnung: Lest diese 12 Taschenbücher nicht am Stück! Da wird einem das Hirn zu Marmelade geschmort, und es dauert Jahre, sich davon zu erholen.

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles