Hardebusch, Christoph: Sturmwelten

CoverSturmwelten
von Christoph Hardebusch
Heyne Fantasy
erschienen: Frühjahr 2008 (Deutschland)
720 Seiten, 13.00 €
ISBN: 978-3-453-52385-2
Heyne Verlag

Manche Autoren haben einfach Glück. Während einige Manuskript um Manuskript verfassen und veröffentlichen, ohne dass ihnen allzu großer Erfolg beschieden ist, gelingt es anderen bereits mit ihrem Erstling, einen echten Bestseller auf den Markt zu bringen. Etwa Christoph Hardebusch, dessen Fantasyroman Die Trolle große Beachtung beim Publikum gefunden hat.

Dieser Erfolg hat dann unter anderem zu zwei Fortsetzungen geführt, von denen eine bereits erschienen ist und eine weiter im Herbst diesen Jahres auf den Markt kommen soll, sowie zur Veröffentlichung eines Abenteuer-Spiel-Buches auf Grundlage der Troll-Romane.

Doch irgendwann kommt für jeden die Zeit, da er sich neuen Projekten zuwenden will. So auch für Christoph Hardebusch. Mit Sturmwelten ist der Auftaktband zu einer neuen Reihe aus der Feder des jungen deutschen Schriftstellers erschienen, der zwar ebenfalls dem Fantasygenre zuzuordnen ist, jedoch ganz ohne Trolle und überhaupt weitestgehend ohne klassische Fantasy-Elemente daherkommt.

Hardebuschs neustes Werk erzählt die Geschichten verschiedener Personen, deren Leben sich in der Sturmwelt, einem Gebiet voller kleiner und größerer Inseln, abspielt und deren Wege mehr oder weniger stark miteinander verbunden sind.

Da wäre zunächst einmal Jaquento, ein junger Hiscadi mit dunkler Vergangenheit, der gegen seinen Willen zum Freibeuter wird und sich auf dem Piratenschiff, der Todsünde, nicht nur Freunde macht. Zur gleichen Zeit wird die pflichtbewusste Roxane Offizierin an Bord der thaynrischen Fregatte Mantikor. Ihr anfänglicher Enthusiasmus schwindet schnell, als sie feststellt, wie sehr es hinter der gelackten Fassade des Kriegsschiffes brodelt.

Unterdessen befinden sich der Paranao Majagua und die junge Sinao als Sklaven auf der Insel Amara, ein Schicksal, das sie zu einem langsamen und qualvollen Tode verdammt. Doch besonders Majagua ist nicht bereit, sich mit seinem Dasein abzufinden und sucht nach einem Weg, seinen Peinigern zu entkommen. Zu guter Letzt ist der Poet Franigo zu erwähnen, der sich in Géronay, dem mächtigsten Reich der bekannte Welt, als Lyriker und Dramatiker verdingt und bald eine ebenso erfolgreiche wie verhängnisvolle Karriere antritt.

Fünf Leben, die eigentlich recht wenig miteinander gemein haben. Doch ein geheimnisvolles Schiff mit mysteriöser Ladung soll ihre Lebensfäden miteinander verbinden...

Zwei Besonderheiten springen einem bei der Lektüre von Hardebuschs neustem Roman direkt ins Auge. Interessanterweise handelt es sich dabei nicht um vorhandene Elemente, sondern ganz im Gegenteil um Aspekte, die gerade deshalb auffallen, weil sie fehlen.

Zum einen ist dies der äußerst spärliche Einsatz von Fantasy typischen Elementen. Zauberer und Magie kommen zwar vor, werden aber nur am Rande erwähnt, magische Kreaturen wie Zwerge und Elfen tauchen erst gar nicht auf.

Zum anderen fällt das fast vollständige Fehlen einer klaren Rahmenhandlung auf. Hunderte von Seiten vergehen, ohne dass man eine klare Verbindung herstellen kann zwischen den Erlebnissen der einzelnen Personen. Wäre nicht der geheimnisvolle Prolog, käme man kaum auf die Idee, dass sich aus all den Geschehnissen überhaupt einmal eine zusammenhängende Geschichte ergeben könnte. Das Thema der Saga bleibt bis zum Ende des Romans ein Rätsel; die hier endlich auftretenden Andeutungen bringen letztendlich aber auch nicht wirklich Licht ins Dunkel. Und, so viel sei verraten: Bei zumindest einer Person ist auch zum Schluss des Romans nicht ersichtlich, wie sie in die Gesamthandlung hineinpasst.

Diese beiden Punkte, die ich hier anspreche, sollen jetzt allerdings keine Kritikpunkte sein. Ich erwähne sie nur, weil sie mich beim Lesen zunächst ein wenig irritiert haben. Betrachtet diese Anmerkungen daher einfach als dezente Hinweise, die helfen sollen, eventuellen Verwunderungen vorzubeugen.

Wenn ich mich über etwas beschweren kann, dann sind es vor allem die Handlungsweisen und die Vorstellungen von Pflichtgefühl und Ehre, die Hardebusch seine Protagonisten zur Schau tragen lässt. Egal, wie misslich oder verzweifelt die Lage ist, in der sich eine Figur gerade befindet, Pflicht und Ehre sind oftmals alles, was für sie zählt. Manchmal möchte man einfach nur schreien, so dämlich verhalten sich die Personen, und das alles nur, weil es ihnen ihr Ehrgefühl oder ihr Amtseid gebietet. Als Leser ist man oft dabei, zu verzweifeln, und man möchte den handelnden Charakteren am liebsten Verstand in ihre engstirnigen Schädel prügeln. Keine Frage, Hardebusch hat die Sache mit der Ehre und der Pflicht bestimmt ganz bewusst eingebaut, aber zumindest mich hat das daraus resultierende Verhalten der Personen meist nur genervt und mir gehörig die Freude am Lesen verdorben.

Insgesamt hat das zögerliche und oft geradezu kitschig ehrwürdige Gebaren der Figuren zur Folge, dass die Geschichte nach einem interessanten Auftakt langsam aber sicher immer stärker vor sich hin dümpelt und weder Spannung noch einen wirklichen Handlungsfluss aufkommen lässt. Erst zum Finale des Buches hin kommt wieder Leben in den Plot. Als wolle er für vorangegangene Langeweile entschädigen, lässt es Hardebusch hier in bester Fluch der Karibik-Manier ordentlich krachen. Die Protagonisten werfen ihre Gedanken an Pflicht und Ehre (die ich langsam oft genug erwähnt habe, ich weiß) teilweise über Bord, es gibt eine Menge Action, und so manches Schicksal wird zu einem gnadenlosen Ende gebracht. So macht der Roman wirklich Spaß, das ist beste Unterhaltung in Reinkultur. Schade, dass der Autor es nicht schafft, sein Werk die ganzen 700 Seiten auf diesem Niveau zu halten.

Der Roman als solches ist gut zu lesen, Hardebuschs Schreibstil ist angenehm und erinnert ein wenig an den gefälligen Stil von Stan Nicholls, dem Autor des Bestsellers Die Orks. Wenn Hardebuschs in diesem Stil weiterschreibt und es qualitätsmäßig so weitergeht wie zum Finale von Sturmwelten hin, dann darf man sich auf eine durchaus interessante Fortsetzung freuen.

Sturmwelten ist ein netter Fantasyroman für zwischendurch, den man allerdings nicht wirklich gelesen haben muss. Zeitweilige Längen, Personen, deren Verhalten einem manchmal wirklich auf die Nerven geht, sowie ein Mangel an einzigartigen, mitreißenden Handlungselementen machen das Buch nicht gerade zu einem Highlight der Fantasyliteratur. Wer Zeit und Muße hat, sollte allerdings einen Blick riskieren; schon alleine das großartige Finale ist es wert.

Empfehlen kann ich Hardebuschs neusten Roman daher nur mit Vorbehalten. Fans von nautisch angehauchter Fantasy könnten Gefallen daran finden, ebenso alle diejenigen, denen Hardebuschs Stil schon bei der Troll-Reihe zugesagt hat. Auch Fans von Stan Nicholls Quicksilver-Trilogie (in Deutschland erschienen unter den Titeln Der magische Bund, Das magische Zeichen und Die magische Insel) dürfte Sturmwelten zusagen.

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