Andrews, Ilona - Magic Bites
»Magic Bites« ist der erste Roman aus der Urban-Fantasy-Reihe um Kate
Daniels, verfasst von Ilona Andrews. Er hat einen erfreulich
nicht-epischen Umfang von 260 Seiten, was mich persönlich anspricht,
denn es scheint mir manchmal so, als könnte man heute nur noch Werke
von epischem Ausmaß verfassen. Nichts gegen diese, aber ich konsumiere
gern auch mal einen etwas dünneren Roman, der auf simple - aber gute
gemachte - Unterhaltung abzielt, statt auf epische Breite.
Das grundsätzliche Setting des Romans ist düster. Mit der Magie kamen
neue Lebewesen und neue Fertigkeiten und insbesondere die Kreaturen
zeichnen sich in vielen Fällen nicht eben durch Friedfertigkeit aus.
Abgesehen von den völlig neu entstandenen Lebewesen findet sich unter
anderem eine breite Spanne von Hybriden: Menschen, die tierische
Fähigkeiten erhalten haben - oder umgekehrt. Aber auch Vampire -
allerdings mit einem völlig neuen Ansatz, nix ist mit sexy Blutsauger - oder Nekromanten treten auf.
Zusätzlich existieren spezielle Einheiten der Polizei, die sich speziell um magisch Angehauchtes kümmern, sowie eine Art Kirche mit Kreuzrittern, die dasselbe
tun, allerdings auf eine etwas brachialere Art und Weise.
Mit einem von deren Ritter-Beschwörern verband Kate eine spröde
Freundschaft und sie nimmt die Untersuchungen auf, als er auf
bestialische Weise verstümmelt aufgefunden wird, gleich neben ihm ein ebenso zugerichteter Vampir, der Magiescanner wirft eine unverständliche gelbe Linie aus...
Die Gestaltwandler nehmen einen breiten Raum im Roman ein, denn »das
Rudel« (the pack) scheint irgendwie mit dem Tod ihres Freundes zu tun
zu haben. Dank des Lyc-V Virus gestaltwandelt hier alles, was nicht schnell genug auf den Baum kommt, in vieles was vier Beine hat (und dann mächtig schnell auf den Baum kommt), und diese Wandler haben in Atlanta eine Art paramilitärische Organisation gegründet, ihr Anführer ist der Alpha-Löwe Curran.
Es gibt wenig auszusetzen an »Magic Bites«. Im Gegenteil, hervorzuheben
ist die Charakterisierung der Hauptfiguren, auf die deutlich mehr
Buchstaben entfallen, als in vergleichbaren Werken. Ilona Andrews
zeichnet ein höchst unterhaltsames Bild des magieverseuchten Atlanta
und sie tut dies stellenweise mit deutlichen Worten und Beschreibungen,
so dass ich diesen Roman eher in die Richtung Horror einsortieren
würde, als unter Fantasy. Zart besaiteten Lesern würde ich aufgrund der
nicht zu zahlreichen, aber dafür dann eindeutigen Beschreibungen von
Gewalt und Splatter abraten.
Alle anderen erhalten einen kurzweiligen und nachvollziehbaren Roman
ohne grosse Patzer in einem hochinteressanten Setting, der sich trotz
der düsteren Grundstimmung dennoch einen gewissen Humor leistet.
Die Handlung ist nicht zu gradlinig und vorhersehbar, was aber nicht
unbedingt auf spärliche Informationen zurückzuführen ist, sondern eher
auf die bereits genannten Charakterisierungen und das Verzichten auf allzu platte Klischees.
Als etwas nachteilig und schade habe ich empfunden, dass es keinerlei
Zukunftshistorie der Welt von »Magic Bites« gibt. Wie es zum »Einfall«
der Magie gekommen ist und was im Verlauf der Anpassung geschah, davon
erfährt der Leser nahezu gar nichts. Ich kann nur hoffen, dass man
hierüber vielleicht im zweiten Roman der Serie mehr erzählt bekommt. Ich werde
bald darüber berichten können, denn »Magic Burns« kam heute an.
Alles in allem ein empfehlenswertes Buch, das zwar die Klasse eines
Harry Dresden trotz unübersehbarer Parallelen nicht erreicht, aber
dennoch solide Unterhaltung darstellt. Das Ganze erinnert ein wenig an Shadowrun auf Acid ohne Cyber(space). Es wird gekonnt mit Bekanntem gespielt aber auch viel Neues eingebaut.
Freunde von Urban Fantasy und Horror können mit einem Kauf nicht viel falsch machen.
Bildnachweis:
Cover Copyright 2007 Ace Charter