Garth Ennis, Chris Sprouse u.a.: Midnighter: Killing Machine 1
Der Midnighter entstammt dem Wildstorm-Universum und ist dort Mitglied der Authority, wo er gemeinsam mit seinem Lebensgefährten Apollo und einigen anderen Superhelden (in durchaus umstrittener Weise) für Ordnung auf der Erde sorgt. Ja, richtig, kein Schreibfehler der Midnighter ist homosexuell. Nicht dass Homosexualität im 21. Jahrhundert etwas Ungewöhnliches wäre (oder sein sollte), definitiv ungewöhnlich ist ein schwuler Superheld aber sehr wohl (auch wenn so mancher Superheldenhasser schon lange behaupten wird, dass man bei so vielen Männern in engen Strumpfhosen wohl kaum etwas anderes erwarten kann). Weniger ungewöhnlich ist das Motiv des Superhelden, der gegen fiese Nazis kämpft. Allerdings ist die große Zeit solcher Storylines bereits seit dem Ende des zweiten Weltkriegs weitestgehend vorbei. Damals waren es aber die eindeutig guten Helden, wie Captain America oder Superman, die den Kampf der Systeme stellvertretend für die (und parallel zu den) amerikanischen Truppen führten.
Von eindeutig und gut kann bei dem Midnighter, ebenso wie bei vielen anderen Figuren aus dem Wildstorm-Universum, allerdings kaum die Rede sein. Okay, eindeutig schwul ist er, doch darüber hinaus handelt es sich bei ihm um einen eher schwer einzuordnenden Helden. Zynisch und Brutal vorgehend, handelt es sich bei ihm grob gesagt um eine Mischung aus Batman und dem Punisher, dessen aktuelle Serie ebenfalls von Garth Ennis geschrieben wird. Überhaupt sollte nicht unerwähnt bleiben, dass ich allen, die auch mal etwas derberen Humor vertragen können unbedingt mal einen Blick auf eines der Werke des umtriebigen Nordiren werfen sollten. Ennis, der in erster Linie durch seine Arbeit an der Kultserie Preacher, dem Punisher und Judge Dredd bekannt geworden ist. Durch seine politisch extrem unkorrekten Geschichten, die in den allermeisten Fällen sowohl brutal als auch lustig und originell sind, hat er sich gerade in Kreisen, die auf Erwachsenencomics stehen, in den letzten Jahren Kultstatus erarbeitet.
Doch zurück zur Story: In typischer Ennis-Manier führt die haarsträubende Geschichte den Midnighter zunächst in die Schützengräben des ersten Weltkriegs, von dort in die letzten Tage des zweiten Weltkriegs ins zerstörte Berlin und schließlich wieder zurück in die Gegenwart. Ennis gelingt es (wie so oft) eine extrem kurzweilige, völlig abgedrehte Geschichte zu erzählen, die dem Leser allerdings ein gewisses Maß an schwarzem Humor und einen unempfindlichen Magen abverlangt. Gerade die Klischeehafte Darstellung der Nazis und die heftigen Splattereinlagen werden sicherlich nicht jedermanns Sache sein. Überhaupt sollte man anmerken, dass es Ennis wieder einmal gelingt, eine klischeebeladene Geschichte zu erzählen, ohne dabei unoriginell oder langweilig zu sein. Er ist halt so etwas wie der Quentin Tarantino der Comicbranche (wenngleich mir seine Veröffentlichungen zuletzt meistens besser gefallen haben, als die des Filmemachers).
Die Zeichnungen sind von unterschiedlicher Qualität. Während Chris Sprouse einen guten, wenn auch relativ unauffälligen Job abliefert, fallen meines Erachtens die von Peter Snejberg gezeichneten Abschnitte des Bandes im Vergleich zu Sprouses Zeichnungen deutlich ab.
Die letzte Story des Bandes, eine im historischen Japan angesiedelte, kurzweilige Geschichte, wurde von Glenn Fabry (Preacher-Covers/ Authority: Kev) sehr schön (wenn man auch abgetrennten Körperteilen etwas schönes abgewinnen kann) gestaltet, und stellen in zeichnerischer Hinsicht ganz klar den Höhepunkt der Publikation dar.
Fazit: Panini veröffentlicht mit Midnighter: Killing Machine 1 die ersten sechs Hefte der amerikanischen Originalserie, und tut dies in gewohnter Qualität. Druckqualität und Aufmachung gehen in Ordnung und alles in allem kann man bei einer Ennis-Geschichte sowieso nicht allzu viel falsch machen. Jeder, der auf etwas extremere, lustig-brutale Storys steht, sollte sich den Midnighter nicht entgehen lassen.