Kirkpatrick, Russell: Across the Face of the World - The Fire of Heaven 1
Across the Face of the World
Das hört sich doch recht vielversprechend an. Ohne viel Federlesens habe ich daher zur Tatstatur gegriffen und mir Kirkpatricks Roman übers WWW bestellt, um mir selbst ein Bild von der Geschichte machen zu können.
»Across the Face of the World« spielt auf dem Kontinent Faltha, der in 16 Königreiche und eine Reihe von unbeanspruchten Territorien untergliedert ist. Die Geschichte des Romans nimmt ihren Anfang in den eisigen Weiten von Firanes, dem nordwestlichsten Reich. Hier wachsen die ungleichen Stiefbrüder Hal und Leith auf, deren Leben seit dem Verschwinden ihres Vaters vor zwei Jahren alles andere als ein Zuckerschlecken gewesen ist. Doch erst als Mahnum wieder auftaucht, wird das Leben der beiden Jungen wahrhaft auf den Kopf gestellt.
Im Auftrag des Königs von Firanes war Mahnum unterwegs, um verdächtige Aktivitäten auf dem Nachbarkontinent Bhrudwo zu untersuchen. Was er entdeckte, überstieg seine schlimmsten Befürchtungen: Der Unsterbliche Mann, eine vermeintliche Sagengestalt, hat die Lande des benachbarten Erdteils unter sich vereinigt und strebt nun danach, auch Faltha unter seine Kontrolle zu bringen.
Gejagt von unermüdlichen, brutalen Häschern macht sich Mahnum auf den Weg zurück nach Hause. Zu seinem Entsetzen muss er feststellen, dass sein König tot ist, und noch bevor er entscheiden kann, was nun zu tun ist, erreichen ihn die Jäger Bhrudwos und bringen ihn in ihre Gewalt. Nun liegt das Schicksal Falthas in den Händen seiner Söhne: Sie müssen ihren Vater befreien und die Königreiche des Kontinents vor der anstehenden Invasion warnen.
Diese schwere Bürde ist der Auftakt für eine Reise, die Leith, Hal und einige Gefährten quer über das Antlitz der Welt führen soll...
»Across the Face of the World« beginnt großartig. Zwar dauert es knapp hundert Seiten, bis die Geschichte tatsächlich losgeht, doch das stört nicht weiter. Kirkpatrick lässt sich Zeit, seine wichtigsten Protagonisten einzuführen, indem er ihr alltägliches Leben schildert. Das mag sich langweilig anhören, ist es aber ganz und gar nicht. Schnell nimmt einen die ungeheure dichte Atmosphäre des Romans gefangen, und man würde am liebsten noch mehr von dem Leben in Louela kennen lernen.
Vielleicht wäre es besser gewesen, der Autor wäre dabei geblieben, das dörfliche Dasein zu beschreiben, denn kaum nimmt die Reise der Gefährten ihren Lauf, so baut der Roman mehr und mehr ab.
Ähnlich wie Jules Vernes »Die Reise zum Mittelpunkt der Erde« ist »Across the Face of the World« ein Roman, auf den der Spruch Der Weg ist das Ziel in seiner ganzen Breite zutrifft. Wo es Verne allerdings schafft, seine Leser trotz fehlender Actionsequenzen immer wieder mitzureißen, scheitert Kirkpatrick kläglich.
Die Reise über das Antlitz der Welt gestaltet sich als überraschend eintönig. Das liegt zum einen daran, dass der Autor ein Fan von Landkarten und Landschaften ist, was er in endlosen Beschreibungen von Reiserouten und Vegetationsgürteln voll auslebt. Immer wieder wird die Handlung so unterbrochen, und auch Kirkpatricks an sich gut lesbarer Stil kann nichts daran ändern, dass bei diesen ellenlangen Abhandlungen schnell Langeweile aufkommt.
Zum anderen gelingt es dem Autor einfach nicht, echte Spannung aufzubauen. Es ist nicht so, als würde er es nicht versuchen. Gefechte, Verfolgungsjagden und halsbrecherische Stunts sind wahrlich keine Seltenheit in der Handlung. Überzeugend wirken diese Szenen aber nur bedingt. Logiklöcher (wenn etwa ein fremdländischer, bewaffneter Trupp durch verschiedene Königreiche reist und niemand was dagegen zu haben scheint), eindimensionale Figuren und allenfalls niedlich anmutende Kampfsequenzen (irgendwie hat mich die Beschreibung der Kampfszenen die ganze Zeit an das alte Computerspiel »Die Siedler III« mit seinen pummeligen Figuren und deren lustig anmutenden Gefechten erinnert) sorgen dafür, dass man die Handlung zu keiner Zeit wirklich ernst nehmen kann.
Je weiter man liest, umso schlimmer wird es. Die Logiklöcher nehmen zu, und aus der Reise der Gefährten wird die in allzu viele beschreibende Worte gekleidete Abhandlung der Weltkarte. Die Bedrohung durch die feindliche Armee hätte man längst vergessen, würde sie nicht hin und wieder beiläufig erwähnt werden.
Ich für meinen Teil kann den gewaltigen Erfolg von »Across the Face of the World« nicht im Mindesten nachvollziehen. Das Buch fängt zwar fantastisch an, doch schon nach knapp hundert Seiten geht es mächtig bergab und die Lektüre wird mehr oder weniger zu einer Qual.
Mein Tipp daher: Wer sich auf eine phantastische Reise begeben will, der ist mit Jules Vernes Klassiker weitaus besser bedient. Bessere Fantasyromane in ähnlich aufgebauten Welten finden sich ebenfalls schnell etwa Brian Ruckleys »Winterwende«. »Across the Face of the World« ist da allenfalls ein schwacher Abklatsch, den man nicht wirklich gelesen haben muss.
Schade um den schönen Auftakt...