Moore, Alan & Gibbons, Dave: Watchmen

Moore, Alan & Gibbons, Dave: WatchmenWatchmen
Autor: Alan Moore
Zeichner: Dave Gibbons
Softcover, 436 Seiten
29,95 €

Panini-Comics

Der Watchmen-Kinofilm ist kürzlich angelaufen und auch der Comic ist daher wieder in aller Munde. Somit lag es nahe, nochmals einen Blick auf das frisch zum Start des Films von Panini (wieder)veröffentliche Werk des Briten Alan Moore zu werfen. Immerhin handelt es sich bei Watchmen nicht um irgendeinen Comic, sondern um den einzigen seiner Art, der es in die Liste der 100 besten Bücher des amerikanischen Time Magazine geschafft hat.
 

Als Watchmen in Form einer 12-teiligen Miniserie erstmals im Jahre 1985 bei DC erschien, schlug die Reihe ein wie eine Bombe – wohl nie zuvor hatte ein Superheldencomic soviel an inhaltlicher Tiefe und Bezug zur Realität geboten, wie Watchmen es tat.

Alan Moore, der zum damaligen Zeitpunkt bereits einige Swamp Thing-Geschichten für DC geschrieben hatte, war zuvor in seiner Heimat England tätig und hatte unter anderem bereits den Anfang seiner (ebenfalls verfilmten) hinlänglich bekannten „V wie Vendetta“-Reihe veröffentlicht.

Mit den Watchmen gelang ihm jedoch der endgültige Durchbruch in den USA. Der Erfolg dieser Reihe ermöglichte Moore in den darauf folgenden Jahren, sich Projekten zuzuwenden, die er selbst gerne verwirklichen wollte – und auch hier war noch so einiges dabei, was vollkommen zurecht einen Platz im Comic-Olymp einnimmt, wie z.B. „Liga der außergewöhnlichen Gentleman“ oder seine Jack the Ripper-Story „From Hell“.

Doch was war es, was Watchmen so sehr von damaligen Superheldencomics unterschied? Die Helden in Watchmen waren zum Teil mehr oder weniger deutlich von bekannten Superhelden inspiriert - beeinflussten aber in ihrer Darstellung in der Folgezeit ebenso deutlich andere Superheldencomics. Zu nennen wären hier (aus unterschiedlichen Gründen) unter anderem Garth Ennis´ Boys, Straczynskis Squadron Supreme, Marvels Ultimatives Universum aber auch die jüngsten Ereignisse von Marvels Civil War. Auch die erfolgreiche Vertigo-Reihe von DC wäre sicherlich ohne die Watchmen kaum in der heutigen Form denkbar. Moore war Mitte der achtziger Jahre der erste, der versuchte, eine realistische Sichtweise auf eine Welt zu werfen, in der es Superhelden tatsächlich gab. Dies zeigt sich unter anderem darin, wie Moore die Auswirkungen der Existenz dieser Übermenschen auf das politische und gesellschaftliche Leben der „normalen“ Menschen miteinander verknüpft. Überhaupt gab es bis zum damaligen Zeitpunkt wohl kaum eine Superheldengeschichte, die sich so detailliert mit dem Background der dargestellten Welt befasste. Nicht zuletzt spielt die Geschichte von Watchmen in einer alternativen Realität der USA, in denen die Amerikaner beispielsweise siegreich aus dem Vietnam-Krieg hervorgegangen sind – und zwar unter deutlicher Mithilfe der Übermenschen. Richard Nixon ist immer noch Präsident der USA, die Russen haben sich (aufgrund der Abschreckung in Gestalt des gottgleichen Dr. Manhattan) noch nicht getraut in Afghanistan einzumarschieren und über allem schwebt jederzeit das Damoklesschwert des drohenden Atomkriegs. Die Superhelden mussten sich 1977 aufgrund gesetzlicher Bestimmungen demaskieren um weiterhin tätig sein zu dürfen, was dazu führte, dass die Mehrheit der Helden das Cape oder die Maske an den Nagel gehängt hat. Lediglich Dr. Manhattan, der im Auftrag der US-Regierung als Forscher und nukleare Allzweckwaffe tätig ist und der (alles andere als lustige) Comedian besitzen die offizielle Lizenz, weiterhin im Superheldengeschäft tätig zu sein. Der dunkle Rächer Rorschach ist der einzige noch aktiv im Untergrund agierende „Held“, der weiterhin seinen privaten Feldzug gegen das Verbrechen durchzieht.

In diese Situation hinein platziert Moore sehr geschickt die (zu Beginn) einfach daherkommende Story um den Mord an einem der maskierten Helden (Comedian), die der (am ehesten mit dem Punisher zu vergleichende) Rorschach aufzuklären versucht.  Hierfür nimmt er Kontakt zu anderen ehemaligen Superhelden auf, da er glaubt, im Tod des Comedian den Versuch zu erkennen, auch andere ehemalige Superhelden aus dem Weg zu schaffen.

Das die Story natürlich nicht so simpel ist, wie man zunächst annehmen könnte, liegt auf der Hand. Vielmehr entspinnt sich langsam aber sicher eine Geschichte, die viel bedrohlicher ist, als es sich Rorschach zu Beginn der Story vorzustellen vermag. Über den Inhalt mag ich an dieser Stelle jedoch nicht mehr verraten, denn Watchmen ist definitiv ein Comic, den jeder, der von sich behauptet, Interesse an Superheldencomics zu haben, unbedingt gelesen haben sollte.

Dabei darf man sich auch keineswegs von den (vor allem aus heutiger Sicht) eher unspektakulär wirkenden Zeichnungen von Dave Gibbons täuschen lassen. Der sehr traditionell (um nicht zu sagen altbacken) wirkende Zeichenstil von Gibbons steht dabei im krassen Gegensatz zu Moores überaus moderner und stilbildender Erzählweise, passt aber vielleicht gerade deshalb so gut zu den Watchmen, da er die althergebrachte grafische Darstellung der Superhelden mit der bahnbrechend modernen inhaltlichen Ebene noch deutlicher hervortreten lässt.

Auch in Punkto Aufmachung gibt es bei der Panini-Neuauflage nichts zu bemängeln. Die Druckqualität ist gut und neben einer Covergalerie werden dem Leser auch noch einige hilfreiche Informationen geboten, die insbesondere einige der Anspielungen und Zitate, derer Moore sich bediente, nochmals genauer unter die Lupe nehmen.

Fazit: Schön aufgemachter Comic-Klassiker, den jeder Superheldenfan gelesen haben sollte. Wer Watchmen nicht kennt und durch den Kinofilm auf Alan Moores Meisterwerk aufmerksam gemacht wurde, sollte meiner Meinung nach unbedingt zuerst den Comic lesen, da man dann den (ebenfalls sehr guten) Film eindeutig besser genießen kann – und ihm auch inhaltlich wesentlich mehr abgewinnen können wird.

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