Castro, Adam-Troy - Die dritte Klaue Gottes

Adam-Troy Castro - Die dritte Klaue GottesDie dritte Klaue Gottes
(The Third Claw of God)
von Adam-Troy Castro
aus dem Amerikanischen von Frauke Meier
Titelbild und Innenillustrationen: Arndt Drechsler
Erste Auflage Juli 2010, Paperbackausgabe
ISBN 978-3-404-28541-9, € 14,00
Bastei Lübbe

Andrea Cort hat in ihrer Kindheit Grausames durchlebt: Im Alter von acht Jahren musste sie zur kaltblütigen Killerin werden. Heute ist sie die beste Ermittlerin im Diplomatischen Corps. Sie verbeißt sich nur in die "heißen" Fälle, die man niemand anderem anvertrauen will. Dabei hilft ihr ihre dunkle Vergangenheit. Denn seit ihrer Kindheit ist Andrea kein Mensch mehr. Sie ist ein Monster ...

Auch das zweite Buch des noch recht frischen US-Autors Adam-Troy Castro hat Bastei aufwändiger ausgestattet als die üblichen Taschenbücher: stabiles Paperback mit Klappenbroschur, umlaufendes Titelbild mit geprägt wirkenden Foto-Applikationen. Was sich gut anfühlt, sieht zudem auch noch gut aus: Das Cover von Arndt Drechsler ist eine Augenweide.

In seinem zweiten Roman setzt Castro auf das in „Halbgeist“, dem ersten Band, erfolgreich eingeführte Personal. Wir sehen Andrea Cort wieder, die durch blutige Erlebnisse in ihrer Kindheit traumatisierte Sonderstaatsanwältin des Diplomatischen Corps, freuen uns auch wieder mit ihr über die Porrinyards, dem von den geheimnisvollen KIQuellen kybernetisch verschmolzenen Menschenpaar, das Cort tätig lieben gelernt hat. Ansonsten bleiben die KIQuellen und ihre Fraktion der „Unsichtbaren Dämonen“ in diesem Band wohltuend im Hintergrund, obwohl sie für Andrea und damit den Leser zumindest im Kopf präsent bleiben. Schließlich arbeitet Andrea inzwischen für eine Fraktion der uralten Superintelligenzen.

Die Handlung setzt ein, als Andrea Cort und die Porrinyards auf der Docking-Station über Xana eintreffen, der Hauptwelt des Bettelhine-Konzerns. Denn Andrea hat eine Einladung des mächtigen Waffenproduzenten Hans Bettelhine zum Besuch auf Xana erhalten, ohne zu wissen, wie sie zu der Ehre kommt. Dieses nicht unbedeutsame Rätsel löst sich auch erst ganz am Ende des Buches auf.

Davor platziert Adam-Troy Castro eine zum Teil recht rasante Krimi-Handlung. Andrea Cort überlebt ein erstes Attentat, lernt die „Dritte Klaue Gottes“ kennen, eine 16000 Jahre alte Alien-Waffe, die ebenso selten wie tödlich ist. Weitere Gefahren drohen Andrea und den Porrinyards an Bord einer „Königlichen Kutsche“, der luxuriösen Kabine des orbitalen Fahrstuhlsystems, mit dem die Ermittlerin den Planeten erreichen will. Als aber unterwegs ein Religionswissenschaftler der Bocai mit der „Dritten Klaue“ regelrecht „versaftet“ wird, stoppt die Kabine aus unbekannten Gründen mitten im All und kann zunächst weder vor noch zurück bewegt werden.

Spätestens hier entwickelt Castro ein „Locked-Room-Mystery“ nach klassischem Krimi-Muster. Opfer, Mörder und Ermittler befinden sich gemeinsam in einem geschlossenen Raum, bestellen zusammen Drinks an der Bar und belauern sich ansonsten so herzerfrischend misstrauisch, dass es eine Lesefreude ist. Andrea Cort und die Porrinyards kommen bei ihren Verhören nicht so recht weiter. Viele Mitreisende einschließlich der „Flugbegleiter“ hatten Gelegenheit und Motiv, den Mord zu begehen. Weitere Mordversuche unter anderem an Andrea geben zudem Rätsel auf. Als die Sonderstaatsanwältin schließlich wie im schönsten englischen Häkel-Krimi alle Verdächtigen – unter ihnen auch mehrere prominente Mitglieder der Bettelhine-Familie - in einem Raum versammelt und den oder die Mörder bloßstellen will, löst sich die angesammelte Spannung in so einem furiosen Showdown auf, dass wie bei einer schönen Saloon-Schlägerei die Fetzen fliegen.

So nebenbei und quasi als „Dankeschön“ zum versöhnlichen Abschluss erfährt Andrea Cort auch den Grund ihrer Reise nach Xana. Konzern-Seniorchef Hans Bettelhine ging es offenbar um eine besondere Art der Familienzusammenführung.
Während Castros erster Andrea-Cort-Roman den erwartungsvollen Leser noch etwas verwirrt und enttäuscht zurückließ, lässt „Die dritte Klaue Gottes“ nichts zu wünschen übrig.

Die Bezeichnung „SF-Thriller“ ist voll und ganz gerechtfertigt: Autor Castro steckt den Leser mit seinen Protagonisten in eine Blechbüchse mehrere Tausend Kilometer über der rettenden Planetenoberfläche und schüttelt alle einmal kräftig durch. Wer sich mitschütteln lassen will, sollte sich das Buch zulegen, es lesen und danach einen kräftigen Drink an der Bar im Salon nehmen.

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