Hohlbein, Wolfgang: Das Dämonenschiff
Das Dämonenschiff (Die Chronik der Unsterblichen 9)
von Wolfgang Hohlbein
erschienen: Winter 2007 (Deutschland)
565 Seiten, 22.90 €
ISBN 978-3-802-53539-0
vgs Verlagsgesellschaft
Die Chronik der Unsterblichen ist eine der bekanntesten und beliebtesten Reihen von Wolfgang Hohlbein. Lange haben die Fans darauf warten müssen, dass der neunte Band erscheint. Zwar gab es zwischendurch mal einen Sammelband mit fünf zusammenhängenden Kurzgeschichten rund um die Abenteuer des Schwertkämpfers Andrej und seines Begleiters Abu Dun, doch der hat einen mit ziemlich zwiespältigen Gefühlen zurückgelassen. Das wiederum hatte zur Folge, dass ich den neuen Band zwar freudig herbeigesehnt habe, gleichzeitig aber auch so meine Zweifel hatte, ob Hohlbein die Kurve wieder kriegt und die Reihe zu ursprünglicher Stärke zurückführen kann.
Nun ist Das Dämonenschiff endlich erschienen. Und meine Befürchtungen haben sich glücklicherweise nicht bewahrheitet.
Ein eisiger Winter liegt über Nordeuropa. Andrej und Abu Dun, die mit der Fenrir, dem Schiff, das sie nach ihrem Sieg über die Wolfsmenschen erbeutet haben (diesen Teil der Handlung kann man in dem Sammelband Blutkrieg nachlesen), auf dem Weg in wärmere Gefilde sind, stranden auf einer einsamen Insel. Hier finden sie ein niedergebranntes Dorf – und eine Horde von Nordmännern, die sie für Feinde halten und gefangen nehmen (zumindest lassen es die beiden Unsterblichen so aussehen...).
Kaum im Lager der Nordmänner angekommen, wird dieses auch schon angegriffen. Die Angreifer, die Dauger genannt werden, sind enorm stark, ausdauernd und kaum zu besiegen. Nur mit Mühe gelingt es Andrej und Abu Dun, die Oberhand zu behalten, und das, obwohl ihre Gegner keine Unsterblichen im eigentlichen Sinne sind!
Neugierig geworden, welches Geheimnis sich hinter den Daugern verbirgt, reisen die beiden Unsterblichen mit in die Heimat der Nordmänner. Schon bald sehen sie sich mit dem angeblichen Gott Odin konfrontiert, der ihre Einmischung in seine Angelegenheiten alles andere als amüsant findet. Andrej und Abu Dun lernen schnell, dass es schlimmere Gegner gibt als die Dauger, denn Odin beherrscht Kreaturen, die weitaus Furcht einflößender sind...
Das Dämonenschiff ist ein rundum gelungenes Buch, was mich sehr erleichtert hat, denn das war ja, wie bereits erwähnt, nach dem mehr oder weniger verkorksten Blutkrieg alles andere als selbstverständlich. Hohlbein findet wieder zu alter Stärke zurück und beschreibt ein düsteres Szenario, dem es an monströsen Gestalten und blutigen Kämpfen nicht mangelt.
Natürlich kann man Kritik anbringen. Eine Menge Leute werden sagen, dass hier doch nichts neues geboten wird, was der wohl am häufigsten geäußerte Kritikpunkt an der Serie ist. Wieder einmal treffen Andrej und Abu Dun auf einen übermächtigen Feind, dem sie nicht gewachsen zu sein scheinen, trotz all der besonderen Fähigkeiten und Kräfte, die sie haben. Doch bei Dr. House etwa stört sich niemand dran, dass er Woche für Woche immer wieder auf ein Krankheitsbild trifft, das erst nicht zu fassen ist und erst in den letzten fünf Minuten der Folge diagnostiziert und (meistens) bekämpft werden kann. Und überhaupt, wäre es nicht langweilig, wenn die Unsterblichen ihre Gegner schon auf Seite 12 umhauen und den Rest des Buches gelangweilt durchs Land reisen?
Davon mal abgesehen, bietet das Buch wirklich eine ganze Reihe neuer Elemente, die es von anderen Bänden der Reihe anheben. So ziehen Andrej und sein Begleiter diesmal nicht alleine in die Schlacht, sondern gemeinsam mit einem Heer von Kriegern, und auch ihr Gegner kämpft mit anderen Mitteln, als man dies aus den Vorgängerbänden gewöhnt ist. Wer also nicht kleinlich ist und verzweifelt nach irgendwelchen schon mal vorgekommenen Handlungselementen sucht, der wird eine spannende und düstere Story zu lesen bekommen.
Mit etwas gemischten Gefühlen habe ich die Beziehung, die Andrej zu Urd, der Tochter des Königs der Nordmänner, aufbaut, zur Kenntnis genommen. Die Verbindung des Unsterblichen mit einer Frau hat schon in den Vorgängerbänden immer einiges an Dynamik aus der Handlung genommen und für ein (deutliches) Zuviel an Melancholie gesorgt. Doch der neue Frauencharakter passt sich gut in die Storyline ein. Das Einzige, was man kritisieren könnte, ist die einfache Umreißung von Urd, die Hohlbeins standardmäßigem Bild von Frauen entspricht, die als Love Interest des Helden dienen: Sie ist ganz hübsch, aber nicht die schönste Frau, die Andrej kennt, streitlustig, lässt sich keine Vorschriften machen und gibt eine Menge spöttischer Kommentare von sich. Eine differenziertere (und abwechslungsreichere) Darstellung hätte nicht geschadet.
Das Ende des Buches ist, in typischer Chronik der Unsterblichen-Manier, halb offen und eigentlich sehr fies. Das stört aber nicht, sondern passt herrlich zur Gesamtstimmung des Romans. Da freut man sich auf die Fortsetzung in Band 10...
Das Dämonenschiff wird Fans der Chronik der Unsterblichen und überhaupt der Dark Fantasy gefallen. Die Handlung ist spannend und düster, die Atmosphäre bedrückend, die Geschehnisse oft brutal und manchmal auch durchaus niederschmetternd. Also genau das, was man sich von der Reihe erhoffen darf. Wer es gerne nett und freundlich mag, der sollte also lieber die Finger von dem Buch lassen. Ansonsten empfiehlt es sich, die Vorgängerbände gelesen zu haben, um alle Details der Handlung zu verstehen. Und dann erwarten einen finstere und spannende Stunden; gutes Lesevergnügen also für alle, die den dunklen Seiten der Fantasy etwas abgewinnen können.