Landy, Derek - Skullduggery Pleasant - Der Gentleman mit der Feuerhand
SKULLDUGGERY PLEASANT
DER GENTLEMAN MIT DER FEUERHAND
von Derek Landy
Übersetzung:
344 Seiten Hardcover - 16,90 (D), 17,40 (A)
ISBN 978-3-7855-5922-2
Loewe Verlag GmbH, Bindlach
Gordon Edgleys plötzlicher Tod war ein Schock für alle nicht zuletzt für ihn selbst. Gerade saß er noch in seinem Arbeitszimmer beim siebten Wort des 25. Satzes vom letzten Kapitel seines neuen Buches Und Dunkelheit brach über sie herein, und im nächsten Moment war er tot. Ein tragischer Verlust dieser Gedanke schoss ihm noch durch den Kopf, als er bereits abtauchte.
Etwas britischer Humor gefällig?
Manchmal muss man sich schon wundern, was unter dem Siegel des Kinder- bzw. Jugendbuches so alles verkauft wird. Das Titelbild ist so stimmig wie irreführend, der Inhalt haut einen schlicht aus den Socken.
Die zwölfjährige Stephanie Edgley erbt beinahe den gesamten Besitz ihres Onkels Gordon, den sie immer sehr mochte. Es stellt sich schnell heraus, dass sie aber nicht viel von ihm wusste. Sie macht die Bekanntschaft mit Skulduggery Pleasant, einem Detektiv aus der magischen Welt, der Gordons Freund war. Der Typ ist ein Skelett, besitzt das Flair eines klassischen Detektivs der 40er Jahre und hat zu seinem Leidwesen nicht einmal seinen eigenen Schädel mehr, der wurde ihm nämlich gestohlen. Stephanie kommt schnell dahinter, dass Skulduggery in Sachen Mord an ihrem Onkel ermittelt, obgleich die weltlichen Ärzte lediglich einen Herztod bescheinigten. Es gibt da einen Bösewicht namens Serpine, der hinter einem magischen Zepter herjagt, das eigentlich nur eine Legende ist. Da Stephanie den Angriffen des Bösen ausgesetzt ist, heftet sie sich an die Fersen des untoten Detektivs und zusammen beginnen sie eine Jagd auf Serpine und das Zepter.
Das mag sich jetzt unheimlich flach anhören, ist es aber nicht. Um den Inhalt einigermaßen adäquat wiedergeben zu können, bräuchte ich mehrere Seiten.
Die Phantasie des Autors ist beeindruckend. Es wimmelt nur so von skurrilen Gestalten, abstrusen Geheimnissen, sowie unheimlichen und actiongeladenen Geschehnissen. Dabei verliert Landy jedoch nie den Überblick. Das Universum, das er für dieses Abenteuer entworfen hat (dem sicherlich noch weitere folgen werden, denn es steht eine 1 auf dem Buchrücken), ist in sich schlüssig. Er bewegt sich mit bemerkenswerter Sicherheit innerhalb der gesteckten Grenzen, schreibt praktisch keinen Unsinn, sondern alles ist auf seiner erfundenen Grundlage erklärbar.
Der Stil ist locker und flüssig (gute Übersetzung). Die spritzigen und frechen Dialoge zwischen Skulduggery und Stephanie sind, ich muss es so sagen, einfach toll. Sie besitzen jene Art von Leichtigkeit, die einem sozusagen die Angst vermittelt, das pausenlose Schmunzeln nie mehr aus dem Gesicht zu bekommen.
Wenn man jedoch glaubt, es hier mit einer lustigen Geschichte zu tun zu haben, dann sollte man vorsichtig sein. Was zunächst wie eine lockere Abenteurstory für Heranwachsende beginnt, entwickelt mit der Zeit eine Dynamik und Dramatik, die den Roman deutlich aus der Masse solcher Abenteuerbücher für Jugendliche heraushebt. Dabei steigert er sich so weit, dass er auch für Erwachsene eine sehr hohe Akzeptanz gewinnt. Das letzte Drittel ist schlicht und ergreifend ein höllisch spannender Horror/Fantasy-Roman, wie ich ihn schon lange nicht mehr gelesen habe. Wie bei britischen Kinderbuchautoren durchaus üblich, schreckt Landy auch nicht davor zurück, seine Helden leiden oder gar sterben zu lassen. Das geschieht jedoch auf eine Weise, die niemals spekulativ oder anstößig wird. Zum Ende hin schlägt die Story sogar einen Bogen zu H.P. Lovecraft, was zunächst blödsinnig erscheint, aber im nächsten Moment logisch wird, wenn man sich einige der Figuren und Ereignisse genauer vor Augen führt. Für erwachsene Insider gibt es dann auch noch so putzige In-Jokes, wie etwa die virtuose Schwertkämpferin Tanith Low(!).
Der Roman ist ein Rundum-Lesevergnügen, bietet alles, was das Herz begehrt. Er ist lustig, spannend, rasant. Für mich der beste Roman, den ich 2007 lesen durfte.
Ich warte schon jetzt sehnsüchtig auf die Fortsetzung und hoffe, dass Derek Landy weitestgehend dieses sehr hohe Niveau halten kann, mit dem er begonnen hat.
Versprichst du, mir in Zukunft nichts mehr zu verheimlichen?, fragte Stephanie.
Skulduggery legte die Hand auf die Brust.
Hand aufs Herz. Ich schwöre es bei meinem Leben.
Okay.
Er nickte und ging ihr voraus zu seinem Bentley.
Allerdings hast du kein Herz mehr.
Ich weiß.
Und rein technisch gesehen auch kein Leben.
Auch das weiß ich.
Dann verstehen wir uns ja.