Colfer, Eoin - Cosmo Hill, der Supernaturalist

Cover

Cosmo Hill – Der Supernaturalist
von Eoin Colfer
erschienen: März 2008
287 Seiten, 14,90 €
ISBN 978-3-471-77281-2
List (Ullstein Buchverlage GmbH)

Wenn man den Namen „Eoin Colfer“ liest, mag es sein, dass einem zwei Fragen in den Sinn steigen: „Kann der auch was anderes als Artemis Fowl?“ und „Wie spricht man diesen Namen eigentlich aus?“ Der Autor hat inzwischen schon einige Bücher veröffentlicht, darunter seine Kinderbuchreihe über die Brüder Will und Marty (wobei ersterer in den deutschen Übersetzungen Tim heißt). Bekanntheit hat er allerdings in der Tat als geistiger Vater von Artemis Fowl erlangt. Zuweilen habe ich den Eindruck, dass eben jener Artemis Fowl dafür sorgt, dass von Colfers anderen Werken nicht gerade die größtmögliche Notiz genommen wird. Zu Unrecht, wie der 2004 erschienene Roman „The Supernaturalist“ zeigt, der nun endlich auch in der deutschen Übersetzung vorliegt.

Mit „Cosmo Hill“ entfernt sich Colfer von der magischen Welt eines Artemis Fowl. Vielmehr präsentiert er einen Science-Fiction-Roman mit einem einzigen (dafür aber wichtigen) übernatürlichen Element.

Cosmo Hill ist ein vierzehnjähriger Junge, der in Satellite City lebt (oder besser: überlebt) – einer gigantischen Metropole, die von einem Satelliten kontrolliert und gesteuert wird. Da er Waise und ein sogenannter „Sponsorloser“ ist, ist er Bewohner (oder auch hier besser: Insasse) des Clarissa-Frayne-Heims für familiär gefährdete Jungen. Dort ist er nicht mehr als ein entrechtetes Versuchskaninchen bei Tests jeder Art wie für Medikamente, Deodorants oder Musikvideos. Es gibt nur drei Wege, um aus diesem Heim zu kommen: Adoption, Tod oder Flucht. Nach einem Unfall bei einem Transport ergreift Cosmo kurz entschlossen die Gelegenheit und haut ab. Aber er wird von einem gewissenlosen Wärter verfolgt und stürzt von einem Dach. Schwer verletzt bleibt er liegen – und entdeckt auf seiner Brust einen blauen Parasiten, der ihm augenscheinlich die Lebenskraft aussaugt (Richtig! Das ist das übernatürliche Element!). Doch Cosmo wird gerettet von einer Jugendbande, den Supernaturalisten, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Parasiten zu jagen und zu vernichten. Weil er einer der Wenigen ist, die die Wesen sehen können, wird er in die Gruppe aufgenommen, um deren Kampf zu unterstützen. Ein aussichtsloser Kampf, denn es scheint, als gäbe es täglich mehr der Parasiten. Da bekommen die Supernaturalisten Hilfe von einem mächtigen Konzern – und finden etwas heraus, das ihr bisheriges Weltbild erschüttert!
 
Bücher mit jugendlichen Helden, die mehr können als andere Jugendliche (hier: blaue Parasiten sehen und die Welt davor retten), geraten schnell in den Verdacht, Harry-Potter-Klone zu sein. Ein Verdacht, der bei „Cosmo Hill“ keinesfalls gerechtfertigt ist. Colfer entwirft eine völlig eigenständige Welt in einer zeitlich nicht näher bestimmten Zukunft, die in ihrer Düsternis an George Orwells „1984“ erinnert. Und so schimmert durch die temporeiche Handlung auch immer wieder etwas Gesellschaftskritik durch. Der Autor präsentiert so manche technische und politische Entwicklung, die zwischen skurril und bedrückend rangiert. Dabei nimmt er jedoch nie über Gebühr die Hände von der Tastatur, um mit einem übertrieben erhobenen Zeigefinger zu wedeln, sondern packt dies alles in eine fesselnde Geschichte.

Und so gefällt dieser Roman gleich aus zwei Gründen: Zum einen ist man gierig darauf, mehr über Colfers Visionen einer Gesellschaft der Zukunft zu erfahren und sich mehr an seinem Ideenreichtum zu erfreuen. Zum anderen wird man aber auch von der Rasanz der Story gepackt – einer Story, die nahezu ohne Zwischenstopp geradeaus läuft, ohne dabei allerdings gehetzt zu wirken.

Um ehrlich zu sein: Ich hätte dieses Buch vermutlich niemals gelesen, wenn es dem Zauberspiegel nicht wärmstens ans Herz gelegt worden wäre. Das hat zwei Gründe: Erstens mal den meiner Ansicht nach echt dämlichen Titel „The Supernaturalist“. Der Verlag hat dem zumindest dahin gehend Rechnung getragen, dass er die deutsche Ausgabe des Romans „Cosmo Hill“ getauft und das abschreckende Wortmonster in den Untertitel verbannt hat. Dennoch: Selbst dort hätte er mich vom Kauf abgehalten. Der zweite Grund ist das Titelbild, weil es mich doch sehr an Manga erinnert – und ich mit Manga absolut nix anfangen kann.

Ich gestehe, dass ich echt etwas verpasst hätte. Deshalb noch einmal: Vielen Dank für die Empfehlung, Frau Schenkel! Mir hat der Roman sogar besser gefallen als Artemis Fowl. Unbedingte Leseempfehlung!

Damit beantwortet sich auch die oben gestellte Frage: Eoin Colfer kann tatsächlich mehr als Artemis Fowl! Und in meinen Augen kann er es sogar besser.

Bleibt nur noch die Frage zu beantworten, wie man Eoin eigentlich ausspricht. Sollte es Sie interessieren: Man spricht es aus wie Owen. Sollte es Sie allerdings nicht interessieren, spricht man es trotzdem so aus.

Kommentare  

#1 Bettina.v.A. 2008-02-26 11:17
Hi Olsen,
mir geht es da ähnlich wie dir. Wenn ich das Buch in der Buchhandlung gesehen hätte, wäre ich aufgrund des Covers daran vorbei gegangen.
Was du schreibst klingt allerdings ziemlich gut - richtig euphorisch nach deinem Maßstab 8)

Soll es weitere Bände geben?
#2 Oliver Fröhlich 2008-02-26 15:36
Also bisher ist "Cosmo Hill" ein Einzelband. Es gibt auch im englischen Original noch keine Fortsetzung. Ob eine geplant ist, weiß wohl nur Eoin Colfer. Vielleicht schreibt er ja eine, wenn das Buch gut ankommt. Allerdings: Das Buch gibt es auf Englisch bereits seit vier Jahren. Ich denke, wenn eine Fortsetzung geplant wäre, hätte er sie vielleicht schon geschrieben. Artemis Fowl ist auch gerade mal drei Jahre älter (glaube ich) - und von dem gibt es schon eine ganze Reihe von Abenteuern.
#3 Bettina.v.A. 2008-02-26 18:15
Weißt du etwas darüber, warum der Verlag gerade jetzt eine deutsche Ausgabe herausgibt?
#4 Oliver Fröhlich 2008-02-26 21:10
Nö, weiß ich nicht. Mit einem evtl. zweiten Teil hat's aber nix zu tun, wie mir der Verlag gesagt hat.

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