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Saumagen statt Hotdog?

Das Romanheft, das Universum ... und die Dinge dazwischen - Die Multimedia-KolumneSaumagen statt Hotdog?

Es waren interessante Ausführungen, die hier von den Herren Marzin und Holzhauer zu lesen waren. Das Für und Wider von Übersetzungen und Synchronisationen ist ja hier und anderswo schon zur Genüge diskutiert worden. Da muss ich nicht auch noch als Trittbrettfahrer auftreten. Und es wurde ja in einem Kommentar richtigerweise angemerkt, dass solche Diskussionen immer die Geister beschwören, die dann die Meinung vertreten: „Aber mein Englisch ist nicht so gut.“
Aufgrund dieser meiner Mangelerscheinung bin ich leider gezwungen – mehr oder weniger – die Filme und Serien in Synchronisation zu sehen. Da ich viele Filme und Serien auf DVD im Regal habe, könnte ich und werde ich auch irgendwann mal das Original antesten. Vor einigen Jahren hatte ich mal das Vergnügen die Star Trek (TOS) Folge „Patterns of force“ im Original zu sehen.

Diese Folge wurde bis dahin nie im deutschen Fernsehen gezeigt und lag in Synchronisation auch nicht vor. Ich verstand nur einen einzigen Satz in dieser Folge: „Remove your helmet“. Das war´s. Heute liegt diese Folge als „Schablonen der Gewalt“ auch synchronisiert vor. Kurz zuvor hatte ich eine Übersetzung der Spielanleitung des „Star Trek Customizable card game“ gemacht. Ohne Langenscheidt ging da gar nichts. Und wenn ich das „übersetzte“ Wort dann im Kontext des ganzen Satzes gesehen hatte, konnte ich erkennen, dass das was da rauskam unmöglich einen Sinn ergab.

Ephraim Kishon hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er der Meinung ist, dass er seine Bekanntheit in Deutschland nur seinem grandiosen Übersetzer Professor Torberg zu verdanken hat. Das ist dann aber wohl die Ausnahme, die die Regel bestätigt.

Im Bereich des Gedruckten bin ich in letzter Zeit auf einen „Dritten Weg“ geraten, mehr unbewusst, denn willentlich. So bin ich wenigstens nicht gezwungen mir zu überlegen, ob ich Romane im Original lese oder in Übersetzung. Ich lese Romane im deutschsprachigen Original!

Grundsätzlich bin ich ja ein Verfechter der deutschen Sprache, so gut es eben geht zumindest. Viele Anglizismen haben sich mittlerweile eingeschlichen und einige von diesen ergänzen unsere Sprache auch recht ordentlich. Es gibt aber auch eine Menge Bullshit darunter (Haben Sie´s gerade gemerkt?). Noch heute bin ich jemand, der seine Termine absagt und nicht cancelt, ich informiere und briefe nicht, ich gehe auf das Fest XY, niemals zu einem Event! Der Gipfel allerdings, der mir regelmäßig die Zornesröte ins Gesicht treibt – und das passiert meist dann, wenn Anglizismen „erfunden“ werden, die man gar nicht braucht – ist das Wort Destination (sprechen Sie das deutsch aus, denn ich meine nicht das englische destination). Früher hatte eine Reise ein Ziel, heute ist das eine Destination. Ein Wort, das im deutschen mit nur vier Buchstaben auskommt, wird in seiner englischen Entsprechung deutsch ausgesprochen. Also geht´s noch?

Ganz nebenbei fallen mir hier auch noch die genialen Frühstücks-Cerealien ein. Die Destination ist eins dieser Worte, die bei mir unter die Rubrik Klugscheißer-Deutsch fallen. Den Porsche fahrenden, Schlips tragenden Investmentbanker kriege ich eben eher an eine Destination, als an ein Reiseziel, sofern die sich zukünftig so was überhaupt noch leisten können. Da ist die Urlaubsdestination dann wohl eher der Baggersee.

Ebenso zum Vokabular des Klugscheißer-Deutsch wie Destination gehört letztendlich. Wieso das? Nun, gegen dieses Wort an sich ist ja nichts zu sagen. Es steht im Duden. Es ist allein die inflationäre Verwendung dieses Wortes. Kein Mensch scheint mehr ohne dieses Wort auszukommen. Falls Sie das nicht glauben, hören Sie sich in Ihrem Betrieb und auf der Straße um. Schauen Sie sich Interviews mit Fußballern, Politikern oder anderen Wichtigkeiten an, oder lesen Sie die Artikel auf dieser Website (wer hat´s jetzt wieder gemerkt?). Was haben wir nur vor der Entdeckung des Letztendlichen gemacht?

Und um meine Top-3-Charts (da, schon wieder!) zu komplettieren kommen wir letztendlich zu einem zusammengesetzten Fremdwort, das in seiner ganzen Schwachsinnigkeit nicht mehr zu überbieten ist: Suboptimal. Jetzt lesen Sie bitte den vorher gehenden Satz noch einmal und streichen „letztendlich“. Der Satz sagt genau das Gleiche aus, oder etwa nicht? Aber zurück zu suboptimal. Die Menschen, die heute in Ostwestfalen leben, können sich damit trösten, diese Gegend nicht selbst benannt zu haben. Und die Bielefelder haben es auch so schon schwer genug. Aber jedem, der das Wort suboptimal ausspricht sollte die Zunge abfallen.

Diese Liste könnte ich noch eine Weile weiterführen, aber darum geht es heute ja gar nicht. Ich möchte hier auch nicht als der allwissende Deutschlehrer erscheinen, der ich weder bin noch sein will. Oft genug benutzt man Anglizismen, die die Welt nicht braucht, in der gesprochenen Sprache ist das auch nicht weiter schlimm. Ausnehmen kann ich mich davon natürlich nicht, ganz im Gegenteil. Und dass eine Sprache nun mal lebt, ist auch klar. Aber an dem Tag, an dem ich die Worte Destination, letztendlich oder suboptimal im Ernst gemeinten Kontext benutze, soll mich der Blitz treffen.

Nebenbei bemerkt wäre ich auch dankbar, wenn einige Zeitgenossen zur Kenntnis nähmen, dass Dinge nur sinnvoll sein können oder einen Sinn haben, aber niemals einen Sinn machen. Das ist eine dieser eingedeutschten Algengrütze, was noch schlimmer ist, als ein Anglizismus selbst. Aber da eine Sprache – wie schon erwähnt – lebt, befürchte ich, dass dieses Sinn-machen irgendwann im Duden auftaucht.

Als Unterstützer der deutschen Sprache habe ich nun mehr oder weniger schleichend die deutschen Autoren entdeckt. Nicht Goethe oder Schiller, obwohl man gerade von diesen noch eine ganze Menge mehr lernen kann, sondern die heutigen Autoren, die für die Zielgruppe des Zauberspiegels schreiben. Da gibt es nämlich eine ganze Menge guter Autoren, die sich hinter keinem Amerikanischen zu verstecken brauchen.

Stellvertretend nenne ich mal Tobias O. Meißner, Walter Moers, Andreas Eschbach, Kai Meyer oder Markus Heitz. Das soll jetzt nicht als Rangliste verstanden werden, es gibt noch eine ganze Menge weiterer guter deutschsprachiger Schriftsteller. Auch solche, deren Name nicht so bekannt und deren Auflage nicht so hoch ist wie bei den genannten. Einige von Ihnen werden vielleicht bei einem der oben genannten Namen die Augen verdreht haben. Aber es kann nicht jedem alles gefallen. Und ein ziemlich bekannter deutscher Auflagenkönig fehlt bei diesen Namen. Mit diesem Herrn, der im Heftroman begonnen hat, kann ich absolut nichts anfangen.

Diese Kolumne soll ein kleiner Appell sein an diejenigen, die Übersetzungen nicht mehr lesen wollen und Originale mangels Fremdsprachenkenntnissen nicht lesen können. So wie die englischsprachige Literatur Schwergewichte wie Poe, Lovecraft, Hemingway oder Joyce (ein Ire, aber englischsprachig) etc. aufzuweisen hat, kann Deutschland u.a. mit Goethe, Heine oder Thomas Mann aufwarten. Seit jeher gibt es erstklassige deutsche Schriftsteller, die keinen Vergleich zu scheuen brauchen. Meiner Meinung nach ist eine Cornelia Funke einer J.K. Rowling ebenbürtig. Vorschüsse und Auflagenhöhen sagen nichts über die Qualität eines Buches aus. Den Beweis, dass ein deutscher Autor ebensolche „kranken“ Sachen schreiben kann wie Clive Barker, hat Tobias O. Meissner mit Hiobs Spiel erbracht.

Das soll nicht als Vergleich oder Überprüfung verstanden werden, ob deutschsprachige Autoren besser oder schlechter als ihre Kollegen aus USA sind. Besser oder schlechter liegt ohnehin im subjektiven Auge des Betrachters. Es sollte nur noch einmal verdeutlicht werden, dass eine sehr große Auswahl an Büchern existiert, deren deutsche Autoren ihr Handwerk beherrschen.

Da ich also aufgrund meiner unzureichenden Englischkenntnisse weiterhin auf Übersetzungen und Synchronisationen angewiesen bin, hat sich klammheimlich der dritte Weg geöffnet, den ich mit zunehmenden Vergnügen beschreite. Schade nur, dass sich dieser dritte Weg – bis auf ganz wenige Ausnahmen – nicht auch im Film- und TV-Bereich geöffnet hat.

Eine dieser Ausnahmen könnte vielleicht Krabat werden. Mal sehen wie lange es dauert, bis nach Filmstart einer dieser Pisa-Deppen in einem Forum oder hinter mir im Bus die Meinung vertritt, das wäre nur ein Abklatsch von Harry Potter.

Wer sagt mir denn, dass J.K. Rowling die Grundidee zu ihrem Harry Potter nicht aus Krabat adaptiert hat? Krabat erschien 1971. Und 1973 erhielt Krabat einen Preis der American Library Association. Es ist also anzunehmen, dass Krabat nicht nur ins amerikanische, sondern auch ins englische übersetzt wurde, zumal über 30 Übersetzungen vorliegen. Bin jetzt zu faul, das nachzuprüfen. 1973 war Mrs. Rowling acht Jahre alt. Vielleicht hat sie Krabat als Kind gelesen und war von der Grundidee fasziniert. Und hat sich dann – als sie 1990 Harry Potter erfand – daran erinnert. Nein, ich behaupte hier nicht, die Idee wäre geklaut, oder könnte zumindest geklaut sein. Zum Einen hatte ich an anderer Stelle bereits erwähnt, dass es im Grunde keine neuen Ideen mehr gibt und zum Anderen beruht Krabat selbst auf einer Volkssage. Lassen wir das als Verschwörungstheorie mal so im Raum stehen.

Leben Sie lange und in Frieden, ich komme wieder

Und für diejenigen, die das Original möchten:
Live long and prosper, I´ll be back.


(zur Erläuterung: in vorstehendem Text sind die Bezeichnungen Autor/Schriftsteller gleichbedeutend mit Autorin/Schriftstellerin zu sehen. Bei Anglizismus gilt gleichbedeutend Amerikanismus, aus Gründen der besseren Lesbarkeit habe ich mich für jeweils eine Schreibvariante entschieden)


Jochen “Captain Elch” Stude

 

Kommentare  

#1 Stefan Holzhauer 2008-10-10 13:53
Ich finde die zwanghaften Versuche "der Reinerhaltung der deutschen Sprache" niedlich.
Sprache entwickelt sich weiter, es fließen und flossen immer Wörter aus anderen Sprachen ein. Auch heute finden sich Unmengen von Wörtern, die jedermann als urdeutsch ansieht und die in Wirklichkeit aus einer anderen Sprache stammen.

Klar gibt es nerviges Wichtigtuerdeutsch, aber in vielen Fällen handelt es sich ganz einfach um Weiterentwicklung der Sprache insbesondere in einem durch das Internet global gewordenen Kontext. Äh, 'schuldigung, in einem weltweit gewordenen Zusammenhang. :lol:

Noch eins: Ich stimme zu, dass wir diverse sehr lesbare Autoren im Bereich Phantastik (und sicher auch sonstwo) im deutschsprachigen Raum haben und die lese ich auch. Dennoch möchte ich gern über den Tellerrand schauen und das möchte ich tun, bevor sich jemand herabläßt, etwas schlecht zu übersetzen.

Im Buchbereich geht's ja sogar noch. Da kann man auch qualitativ hochwertige und/oder unterhaltsame Autoren lesen (ich vermeide das Wort "goutieren", um nNicht als Wichtigtuer zu gelten :lol: ), aber im Film- und Fernsehbereich hat man gerade im Umfeld Phantastik diese Möglichkeit nicht. Was einem da an deutschsprachigem geboten wird ist in den allermeisten Fällen völlig ungenießbar. Naja, warten wir Krabat ab, das sieht vielversprechend aus. Bin gespannt, wie deutlich da der typisch deutsche erhobene Zeigefinder zu sehen sein wird...

"Suboptimal" finde ich übrigens total klasse. Das ist vor Jahren vermehrt als Spaßwort benutzt worden (um eben auf Wichtigtuerworte hinzuweisen) und hat dadurch seinen Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden. Wie cool, äh entschuldigung, geil ist das denn? :lol: Warten wir mal ab, wie lange es dauert, bis jeder "evolutionsresistent" benutzt... :P
#2 Cartwing 2008-10-10 18:24
Um jetzt auch noch mal meinen Senf zum Thema Übersetzungen zuzufügen: Wirklich durchweg schlechte Übersetzungen habe ich persönlich hauptsächlich in den älteren Jahrgängen entdeckt. Heutzutage wird meiner Meinung nach schon etwas mehr Wert auf Qualität gelegt. Ich glaube einfach dass auch in einer guten oder sehr guten Übersetzung gravierende Fehler auftreten können. Aber ich denke gerade bei 3000 Seiten Wälzern wie etwa dem "Otherland" Epos sollte man darüber hinwegsehen können. Für mich ist wichtig, dass es sich beim Lesen "anfühlt" wie ein Original und ich nicht alle paar Zeilen den Übersetzer vor meinem geistigen Auge sehe, wie er sich mit dem Original - Manuskript herumplagt. So erging es mir z.B. mit Clive Barkers "Weaveworld" (deutsch: Gyre).
Womit ich bei einem weiteren Punkt wäre, der mir erwähnenswert erscheint. Denn hier sieht man, dass auch gute Übersetzer schludern oder völlig versagen können, weil sie mit dem Stil des Autors überhaupt nicht klarkommen. Gerade bei Körber (der mit den Hyperion - Übersetzungen gute Arbeit abgeliefert hat) schwankte die Qualität öfter mal.
Sicherlich ist es auch von Vorteil, wenn der Übersetzer selbst Erfahrungen als Autor hat (siehe etwa Uwe Anton)
#3 Captain Elch 2008-10-11 12:59
Darauf hätt ich wetten können, dass das Ganze überinterpretiert wird!
#4 Stefan Holzhauer 2008-10-11 14:00
Wie jetzt? :o
#5 Wolfgang Trubshaw 2008-10-11 17:09
... beim Korrigieren den eigenen Beitrag vernichtet. Na toll ...

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