Reilly, Matthew: The 6 Sacred Stones
von Matthew Reilly
Das Konzept ging auf, der Roman wurde international zum Bestseller. Kein Wunder also, dass sich Reilly, seines Zeichens ein Riesenfan historischer Mysterien, erneut den Charakteren des Romans zuwendete, um sie auf eine neue, noch gefährlichere Mission zu schicken.
Rund eineinhalb Jahre ist es her, dass Jack West Jr. und sein Team das Rätsel um das Tartarus-Orakel gelöst und Australien zur mächtigsten Nation der Welt gemacht haben. Theoretisch zumindest, denn außer den Mitgliedern von Wests Kampftrupp weiß kaum jemand, welche Folgen die spektakulären Ereignisse im Schatten der Großen Pyramiden von Ägypten hatten.
Doch jetzt, wenige Monate später, sorgt ein mächtiges Ritual dafür, dass die Wirkungen von Tartarus rückgängig gemacht werden. Damit nicht genug: Unvermittelt sehen sich West, seine Adoptivtochter Lilly sowie zwei seiner Kameraden, die gerade einige ruhige Tage auf Jacks Farm mitten im australischen Outback verbringen wollten, einem gewaltigen Trupp chinesischer Soldaten gegenüber, der mit aller Macht versucht, die vier auszuschalten. Der Grund hierfür dürften die Inhalte der geheimnisvollen Mails sein, die Wizard, ein Archäologe und alter Freund Wests, dem ehemaligen Elitesoldaten hat zukommen lassen.
Schon bald befinden sich West und seine Leute erneut auf einer Schatzjagd, die sie in die verschiedensten Regionen der Erde führt und bei der es um nicht weniger geht als das Schicksal der Welt...
Gut gezeichnete, innovative Charaktere, ein differenziertes Bild von Gut und Böse, ausdrucksstarke Dialogszenen, eine sinnvolle, wohl durchdachte Handlung jeder, der schon mal einen Roman von Matthew Reilly in der Hand hatte, weiß, dass all dies Punkte sind, die man von den Thrillern des Australiers nicht erwarten darf. Wer mit der Hoffnung, auch nur einen der genannten Aspekte geboten zu bekommen, an das Buch herangeht, der wird ziemlich enttäuscht werden.
Ich gehöre zu den Glücklichen, die schon vor The 6 Sacred Stones diverse Thriller aus der Feder Reillys gelesen haben, weshalb ich wusste, auf was ich mich da einlasse. Nach der Lektüre kann ich deshalb nur feststellen: The 6 Sacred Stones ist ein Actionthriller Marke Reilly durch und durch, und das ist zu hundert Prozent im positiven Sinn zu verstehen.
Sicher, die Protagonisten des Buches sind enorm simpel gestrickt, und gerade was die Seite der Gegenspieler anbelangt, wird durchaus schon mal tief in die Klischeekiste hineingegriffen und ein allzu einfaches Schwarz-Weiß-Schema entworfen. Auch die Story ist nicht der Rede wert; sie dient eigentlich nur dazu, den Figuren einen Grund zu geben, sich von einer Actionszene zur nächsten zu hangeln.
Doch genau genommen ist das egal. In den Romanen von Reilly geht es nämlich nur um eines, und das ist nun mal die Action. Und diese spielt auch im vorliegenden Buch eine zentrale Rolle.
Irrwitzige Verfolgungsjagden zu Land und in der Luft, Gefängnisausbrüche, die mit Brachialgewalt durchgeführt werden, Zweikämpfe mit monströsen Tieren Reilly greift mal wieder in die Vollen und bietet dem geneigten Leser allerhand abwechslungsreiche Showdowns. Es wird geschossen, gerannt, geschlagen und geschrien, und all das in gewohnt ausdrucksstarker, bildhafter Weise, die schon die früheren Romane des Australiers so fesselnd gemacht habt.
Nicht fehlen dürfen dabei natürlich die Unmengen an Skizzen und Karten, die den Leser auch diesmal wieder durch das Buch begleiten und die Lektüre, gerade während der Actionsequenzen, stark erleichtern. Die Grafiken sind allesamt übersichtlich und informativ und machen erneut deutlich, dass es nicht immer ausführlicher Beschreibungen bedarf, um bestimmte Sachverhalte darzustellen. Andere Autoren, gerade auch aus dem Actionbereich, sollten sich ruhig ein Beispiel an diesem Stilmittel holen; die Skizzen sind eine gute Ergänzung zum geschriebenen Wort.
Es gibt eigentlich nur eine Sache, die an The 6 Sacred Stones bedauerlich ist. Wie auch schon Das Tartarus-Orakel ist der Roman zwar ein echter Page-Turner; mit Reillys deutlich actionreicheren und kompromissloseren Reihe um Scarecrow (die die Romane Ice Limit, Die Offensive und Operation Elite umfasst) kann das Buch allerdings nicht mithalten. In diesen Werken gab es einfach noch mehr Thrill und Action, und bei aller Hochachtung für die Art und Weise, wie Reilly die Schatzsuche in den Roman einbaut: Nichts liegt dem Mann mehr als Schießereien und Co.
Nichtsdestotrotz ist The 6 Sacred Stones ein Thriller, den sich kein Freund wilder Verfolgungsjagden und halsbrecherischer Stunts entgehen lassen sollte. Auch wenn es trotz abgefahrener Story um das Schicksal der Welt ein wenig ruhiger zugeht als in früheren Romanen: Action gibt es noch immer in Hülle und Fülle, und alleine deswegen lohnt es sich für den geneigten Fan, den Roman zur Hand zu nehmen.
Wer die Nicolas Cage-Filme The Rock, Das Vermächtnis der Tempelritter und Nur noch 60 Sekunden mochte und das Beste aus allen drein komprimiert in einem Werk haben möchte, der wird an The 6 Sacred Stones nicht vorbeikommen. Und für alle, die die Heftromanserie Perry Rhodan Action lesen und mögen, was sie dort geboten bekommen: Unbedingt in die Thriller von Matthew Reilly reinschnuppern! Gegen das, was man hier erleben darf, wirkt PRA richtig gemäßigt. Und das will was heißen...
Es empfiehlt sich, vor der Lektüre zunächst den Roman Das Tartarus-Orakel (Seven Deadly Wonders) zu lesen, da hier die Grundlagen für The 6 Sacred Stones gelegt werden. Letzterer erscheint voraussichtlich im Oktober 2008 unter dem Titel Die Macht der sechs Steine als Hardcover im Ullstein-Verlag. Zudem arbeitet Reilly gerade an der Fortsetzung des Thrillers.