Hagen, Cord: Der Schlund
Der Schlund
von Cord Hagen
Mit Der Schlund betritt ein weiterer Roman das Feld der Unterwasserthriller. Diesmal ist es Cord Hagen (ein Pseudonym eines deutschen Autors), der den Lesern seine Vorstellung von dem, was unter der Meeresoberfläche lauert, präsentiert.
Die Story: Als zwei deutsche Taucher in den Gewässern von La Palma spurlos verschwinden, wird der Versicherungsdetektiv Vinzent Born darauf angesetzt zu überprüfen, ob hier ein Betrugsfall vorliegt. Auf seinem Hinflug zur Ferieninsel lernt er die attraktive Wissenschaftlerin Susanne Brecht kennen, die die Installierung eines Tsunamifrühwarnsystems in den Gewässern vor der Insel überwachen und die schon eingesetzten Seismometer überprüfen soll, da es mit diesen Probleme zu geben scheint. Recht schnell merken die beiden Deutschen, dass auf La Palma so einiges nicht mit rechten Dingen zu geht und kommen einem schweren Betrugsfall auf die Schliche.
Ein etwas anderes Problem hat der auf der Insel lebende deutschstämmige Fotojournalist Markus Wiesner. Als er von seinem Kumpel Jingo ein altes Foto gezeigt bekommt, auf dem etwas zu sehen ist, das einem gewaltigen Fisch gleicht, sieht er seine große Chance gekommen, reich und berühmt zu werden.
Es dauert nicht allzu lange, bis sich die Wege der einzelnen Protagonisten kreuzen. In den Tiefen des Atlantiks stoßen sie dabei auf etwas, das ihr Vorstellungsvermögen übersteigt.
„Ein packender Wissenschaftsthriller für alle Fans von Frank Schätzing und Michael Crichton“, so wird der Roman angekündigt. Alle, die sich das Buch nur aufgrund dieser Empfehlung kaufen, mögen gewarnt sein: Hagen erreicht niemals die Spannung, die Crichton durch das geschickte Verweben von wissenschaftlichen Fakten und faszinierenden Handlungssträngen erschafft. Genauso wenig hat sein Roman die Tiefe, Vielschichtigkeit und fesselnde Kraft wie Schätzings Der Schwarm. Ein Vergleich mit den beiden genannten Bestsellerautoren ist daher gewagt und nur mit Vorsicht zu genießen.
Es fällt nicht ganz leicht, einen Zugang zu den Protagonisten des Romans zu finden. Manche ihrer Entwicklungen und Verhaltensweisen passen nur mit Ach und Krach zu den Wesenszügen, mit denen der Autor seine Figuren zunächst ausgestattet hat. Manche Dialogszenen wirken dadurch gekünstelt und unnatürlich.
Ein weiteres Manko sind die oftmals fehlenden Beschreibungen. Was andere Schriftsteller gnadenlos übertreiben, lässt Hagen teilweise fast komplett weg, so dass es nicht immer einfach fällt, eine bestimmte Situation auf Anhieb zu verstehen und einzuordnen.
Doch genug der Kritik. Die Story als solche ist geschickt aufgebaut, gekonnt werden hier verschiedenen Plots miteinander verwoben. Zudem gelingt es Hagen – im Gegensatz zu so manchem anderen Autor, der sich mit den endlosen Tiefen der Ozeane befasst – ein glaubwürdiges und durchaus erschreckendes Szenario zu entwerfen, das den Leser nicht kalt lässt.
Großes Lob für die Unterwasserszenen: Selten sind diese derart spannend und atmosphärisch dicht geschildert worden wie im vorliegenden Roman. Fast schon hat man das Gefühl, selbst im Atlantik zu schwimmen und das Grauen, das die Taucher am Meeresgrund erwartet, mitzuerleben.
Alles in allem ist Der Schlund eine interessante Mischung aus Krimi, Wissenschaftsthriller uns Abenteuerroman. Vergisst man einfach mal den Vergleich mit Crichton oder Schätzing, kann man den Roman vollauf genießen. Allen, die ein wenig Spannung und Nervenkitzel suchen und die über das ein oder andere merkwürdige Verhalten der Protagonisten hinwegsehen können, sei der Thriller empfohlen. Nur wer Urlaub auf La Palma machen will, sollte sich die Lektüre lieber noch mal überlegen.