Robinson, Jeremy: Antarktos Rising
Da stellt sich heraus, dass die Katastrophe für einen Kontinent ein Segen war: für die Antarktis, deren Gletscher in Windeseile abgeschmolzen sind und die in voller Pracht erblüht ist. Um einem Krieg zu entgehen, einigen sich die Nationen der Erde auf einen einmaligen Wettstreit: Jedes Land sendet ein Team in die Antarktis. Diejenigen drei Nationen, deren Teams das Zentrum des Kontinents als erstes erreichen, sollen das neue Land schlussendlich unter sich aufteilen.
Ein gnadenloser Wettlauf um Leben und Tod nimmt seinen
Lauf. Doch es sind nicht nur die gegnerischen Teams, die eine Gefahr
bedeuten. In der Antarktis ist etwas erwacht, das mehrere tausend
Jahre unter dem Eis verborgen war eine Macht, die das Ende der
Menschheit herbeiführen könnte ...
Augen zu und durch lautet das Motto, wenn man sich auf die Lektüre von »Antarktos Rising« einlässt. Der amerikanische Autor Jeremy Robinson erzählt eine Geschichte, die ganz und gar auf große Schauwerte setzt und Logik sowie Realismus schon nach wenigen Zeilen komplett über Bord wirft.
Um zunächst mal bei den Schauwerten zu bleiben: In dieser Hinsicht hat »Antarktos Rising« so einiges zu bieten. Den Auftakt macht die spektakuläre Beschreibung der Erdkrustenverschiebung und ihrer Folgen. Kaum ist dies abgehandelt (was überraschend schnell der Fall ist), wirft Robinson seine Charaktere in einen mörderischen Wettlauf quer durch einen atemberaubend anzusehenden Kontinent, in dem es vor prähistorischen und mystischen Monstern nur so wimmelt. Der Plot hat ordentlich Tempo und es kracht gewaltig (zwischenmenschlich wie auch handlungstechnisch). Zudem ist das Ganze auch noch ansprechend geschrieben, weshalb sich die Geschichte gut lesen lässt. Keine Frage, wer sich einfach mal anspruchslos unterhalten lassen will, der ist hier genau richtig.
Anders sieht das aus, wenn man auf der Suche nach einem Thriller ist, den man auch nur ansatzweise ernst nehmen kann. Das ist bei »Antarktos Rising« unmöglich.
Robinson ging es wohl ausschließlich darum, eine temporeiche, actionbetonte Story zu erzählen, bei der er seiner Fantasie freien Lauf lassen kann. Das ist ihm auch gelungen leider auf Kosten so gut wie aller übrigen Aspekte. Von Logik und Realismus sollte man sich ganz schnell verabschieden, denn darauf pfeift Robinson völlig. Dass die Antarktis innerhalb weniger Monate komplett abtaut, ergrünt und gar dichte Wälder vorzuweisen hat, ist nur eines von vielen Dingen, die man hinnehmen muss, wenn man das Buch genießen will.
Im Grunde ist das aber noch der einfache Part. Sehr viel schwieriger ist es, den Umgang Robinsons mit seinen Charakteren zu akzeptieren. Zum einen sind die Protagonisten samt und sonders reichlich klischeehaft gezeichnet, zum anderen ist Robinson bei ihrer Charakterisierung mit dem Holzhammer zu Werke gewesen, so hat es zumindest den Anschein. Einfachste Figurenkonstellationen und simpelste Schwarz-Weiß-Malerei prägen das Bild. Gewürzt ist das Ganze mit jeder Menge pathetischen, oft übertrieben rührseligen Gehabes, das die Figuren nur allzu gerne an den Tag legen. Wenn etwa ein islamistischer Terrorist seinen Irrglauben erkennt und er sich mit einem überzeugten Christen verbrüdert, der Bekannte bei Attentaten verloren hat, nun aber bereit ist dem Terroristen aufgrund der schlimmen Situation nach der Erdkrustenverschiebung zu vergeben, dann bleibt einem beim Lesen vor lauter ungläubigem Staunen und Unmengen an gefühlsduseligem Gehabe der Mund weit offen stehen.
Auf den letzten hundert Seiten verliert der Roman dann völlig den Bezug zur Realität und bringt einen im wahrsten Sinne des Wortes biblischen Feind der Menschheit ins Spiel. Das hätte nun wahrlich nicht sein müssen. War der Roman bislang allenfalls abgehoben, aber doch einigermaßen spannend, so wird er durch das Auftauchen dieses mystischen Gegenspielers fast schon ins Lächerliche gezogen.
Alles in allem ist »Antarktos Rising«, sieht man einmal von dem bizarren Finale ab, ein mäßig spannender, aber immerhin kurzweiliger und temporeicher Roman. Zumindest, solange man auf Trash in Reinkultur steht, heißt das. Fans von Matthew Reilly und James Rollins, die bereit sind, Geschichten zu lesen, die noch eine beachtliche Stufe weiter jenseits jeglicher Realität stehen, werden Robinsons Roman sicher etwas abgewinnen können. Alle anderen seien gewarnt: Was man hier zu lesen bekommt, ist bestens dazu geeignet, einem die Haare zu Berge stehen zu lassen und das nicht etwa, weil die Story so unheimlich wäre ...