... Peter Hopf über kostenlose eBooks, Autorensuche, Marketing und neue Wege
... Peter Hopf über kostenlose eBooks, Autorensuche, Marketing und neue Wege
Peter Hopf ist Jahrgang 1949. Er gründete seinen Verlag 1995. Nach einigen Versuchen mit Comics und BOD-Büchern, konzentrierte er sich zunächst auf Vertriebsaktivitäten (Comics und Romane).
Im März 2003 Gründung von vph-eBooks. Bis Ende 2008 veröffentlichte er über 600 eBooks. Von der eBook-Abteilung des Verlages trennt sich Peter Hopf zum Jahresende. 2008 Start der Printprodukte in Taschenbuch- und Paperback-Format, der er in Zukunft seine volle Aufmerksamkeit widmet.
Eben ist mit KRIEG AM MISSISSIPPI (Civil War Chronicles Band 2) von Alfred Wallon das neueste Taschenbuch erschienen.
: Ich arbeite schon seit Jahren daran, eine Strategie zu entwickeln, deren Ziel es ist, endlich das Internet in die Auswertung von Buchinhalten miteinzubeziehen. Und zwar auf eine Weise, die vom Publikum auch angenommen wird. Es geht also darum, ein Internetangebot zu schaffen, das den Buchverkauf unterstützt und die Bekanntheit des Titels fördert. Die Musikindustrie hat uns allen vorgemacht, wie man es nicht machen sollte. Es wurde so lange gewartet, bis der Markt für Tonträger praktisch zusammenbrach. Ich glaube, dem Buchhandel ist durchaus bewusst, dass er dies besser machen muss. Gute Beispiele sieht man bereits im Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt. Der Spiegel, Stern, Focus und nahezu jede Tageszeitung kombinieren ein Gratis-Angebot im Netz mit einem kostenpflichtigen Angebot am Kiosk. Beide ergänzen sich und fördern einander. Im Buchhandel muss da noch die Balance gefunden werden.
: Oh, es wird viel darüber nachgedacht und dieses Thema ist im Moment das Thema Nummer Eins in der Branche. Manche tun auch etwas aber wie ich glaube, das Falsche. So bietet Knaur seine Erfolgstitel auch als eBook an zu einem Preis, der kaum unter dem Buchpreis liegt. Das ist meiner Ansicht nach der falsche Weg und er wird allenfalls für Titel wie Konz' legale Steuertricks funktionieren, weil das eBook einen Mehrwert hat. Nicht aber für Die Wanderhure und ähnliches. Wir haben die Situation, dass die Leser das gebundene Print-Buch immer noch als Mehrwert empfinden. Und bis die ersten Generationen von Schülern heranwachsen, die ihre ersten Leseerlebnisse auf dem Laptop und nicht mit einem Buch hatten, wird das auch noch so bleiben. Zumindest gilt das für den Bereich der fiktionalen Literatur. Also gehen wir davon aus, dass trotz eines umsonst angebotenen eBooks sich immer noch viele Käufer dafür entscheiden, das Buch zu kaufen. Autoren wie Cory Doctorow haben ihre Romane in eigener Regie ins Internet gestellt und sind damit einem großen Publikum bekannt geworden. Verlage sind konservativ. Sie argumentieren so: Wenn Millionen Menschen sich einen Roman herunterladen und nur einige zigtausend davon ihn sich auch kaufen, haben wir Millionen potenzieller Romankäufer verloren. Ich argumentiere andersherum: Diejenigen, die das Buch schließlich gekauft haben, hätten doch von dem Titel vermutlich gar nichts erfahren, wenn sie ihn nicht zuvor gratis hätten downloaden und testen können.
: Er schreibt gut. DIE MAGISCHE KLINGE ist ein Fantasy-Schinken von Schrot und Korn, in dem es zur Sache geht. Götter, Magie, blutige Kämpfe alles was man braucht. Aber was soll ich lange reden? Lesen Sie das Buch einfach demnächst und umsonst! Ansonsten sagt Nils van Doren am besten selbst, was er zu sich zu sagen hat.
: Woher willst du wissen, dass Nils ein Pseudonym benutzt? Wer sagt das? Es ist richtig, dass er sonst unter einem anderen Namen veröffentlicht, aber könnte es nicht genauso sein, dass Nils sein wirklicher Name und der andere ein Pseudonym ist?
Nils will, glaube ich, dieses Projekt von den anderen Dingen, die er schreibt, unterscheiden und benutzt deswegen dafür einen anderen Namen. Manchmal ist das auch ein Erfordernis des Marktes, dass man eine neue Marke präsentiert. Das Ehepaar, das hinter dem Namen Iny Lorentz steckt, schreibt ja beispielsweise auch auch seine Fantasy unter Diana Wohlrath und benutzt, glaube ich, auch noch andere Namen und bei Uschi Zietsch alias Susan Schwartz werden sogar zwei Namen für dasselbe Genre benutzt. Wodurch die Verwirrung noch gesteigert wird ist dann der Umstand, dass es in diesem Fall genau wie bei Richard Schwartz auch noch gleichnamige US-Autoren gibt. Nun denn, Verwirrung stiften gehört manchmal zu Literaturbetrieb.
: Mir fehlte ein Autor, der sich auf dieses Experiment einlässt und darauf vertraut, dass ein kostenloser Download wie virales Marketing wirkt. Außerdem brauchte einen Roman, der wie ein Hammer wirkt. Beides habe ich jetzt. Außerdem scheint mir jetzt auch der Markt endlich reif dafür zu sein. Die Datei wird weitergegeben, in Foren präsentiert, meinetwegen auch verrissen jedenfalls pflanzt sich das fort und sickert durch. Das Ziel dabei ist es, neue Leser zu erreichen, denn wir wissen aus den begleitenden US-Untersuchungen zum Kindle, dass die meisten eBook-Leser sonst eher wenig Kontakt zum Medium Buch haben.
Das ist es, was man begreifen muss! Der Markt ist erweiterbar! Man erreicht Menschen, die nicht einfach mal so zum stöbern in den Buchladen gehen, aber durchaus durch das Internet surfen und alles heraussaugen, was gratis ist.
Dazu kommt, dass wir dieses viral verbreitete Gratis-eBook mit Werbung ausstatten wollen und mittelfristig darin sogar eine zusätzliche Einnahmequelle für Autor und Verlag sehen.
: Es ist die Erkenntnis, dass die Verbreitung von belletristischen Inhalten im Netz wie beim Fernsehen funktionieren muss also umsonst, werbefinanziert und als Antrieb des Marketings für das Buch selber.
Alles, was in Deutschland an Pay-TV versucht wurde, ist mehr oder minder gescheitert. Den überteuerten eBooks wird es auch so gehen.
: Völlig frei. Es wird sogar erlaubt sein, dass eBook auf seiner eigenen Homepage zu präsentieren und weiterzuverbreiten.
: Klar. Wenn ihr wollt...
Es wird da nur zwei Begrenzungen geben: Eine zeitliche (und sehr großzügige, nach Jahren bemessene) und es ist nicht erlaubt, das eBook zu verändern.
Aber wer eine neue Homepage machen will, aber keinen Inhalt hat, darf sich gerne bedienen.
Man muss sich nicht registrieren lassen, aber wer DIE MAGISCHE KLINGE pünktlich bei Erscheinen per eMail bekommen will, kann, wenn er will, seine eMail Adresse hinterlassen.
Wer das nicht will, muss stattdessen ab und zu einen Blick auf unsere Homepage werfen, um die Datei dort abzufischen. Oder eben auch im Zauberspiegel...
Aber wer eine neue Homepage machen will, aber keinen Inhalt hat, darf sich gerne bedienen.
Man muss sich nicht registrieren lassen, aber wer DIE MAGISCHE KLINGE pünktlich bei Erscheinen per eMail bekommen will, kann, wenn er will, seine eMail Adresse hinterlassen.
Wer das nicht will, muss stattdessen ab und zu einen Blick auf unsere Homepage werfen, um die Datei dort abzufischen. Oder eben auch im Zauberspiegel...
: Ja.
: Es wird bereits Anzeigen geben. Da der Kunde es umsonst bekommt, muss er die ein Kauf nehmen. Früher hatten ja sogar Rowohlt- und Bastei-Taschenbücher Werbung. Die Printversion ist allerdings von Eigenwerbung für Autor und Verlag abgesehen werbefrei.
: Nun, ich traf Nils erstmalig auf der Buchmesse und wir unterhielten uns eher zwanglos über die Möglichkeiten, das Netz produktiv mit einzubeziehen. Nils war durch seine sehr erfolgreiche Arbeit für andere Verlage und andere Projekte natürlich mit der dort herrschenden Ideologie geimpft gewesen, dass man ja nicht zu viel umsonst abgeben soll. Aber mal ehrlich: Leseproben von zehn Seiten oder dergleichen das ist völlig lächerlich! Ich überzeugte ihn in einigen weiteren Gesprächen schließlich davon, dass dies eine völlig neue Strategie der Vermarktung sein könnte. Eine Strategie, die den Kunden als mündigen Verbraucher endlich einmal ernst nimmt und ihm nicht zumutet, die Katze im Sack zu kaufen, sondern ihm ermöglicht, die Ware erst zu testen. Genau dieser Test-Gedanke ist übrigens im belletristischen Bereich ein Hauptmotiv zum eBook-Kauf. Aber das ist natürlich sinnlos, wenn keine Preisdifferenz da ist.
Bei uns beträgt diese Preisdifferenz nun satte Hundert Prozent. Das Risiko für den Kunden ist gleich Null.
: Kein Mensch weiß, wie die Zukunft aussehen wird. Ich glaube nur, dass alle, die sich jetzt noch ausruhen und glauben, sie bräuchten nichts zu verändern, schon sehr bald böse erwachen könnten . Ich führe noch einmal die Musikindustrie an! Da sind große Konzerne wie Kartenhäuser zusammengebrochen. Man muss also etwas tun und meiner Ansicht nach geht das in die Richtung eines kombinierten Gratis/Pay-Angebots, in dem sich beides ergänzt. Das Gratis-Angebot ist dann eine Art Service am Kunden. Wenn man in arabischen Ländern in ein Teppichgeschäft geht, dann wird einem erst einmal eine Tasse Tee angeboten - und die kostetet auch nichts.
So zuvorkommend möchten wir unsere Kunden auch behandeln.
: Das hat Zeitgründe. Dies neue Projekt erfordert den ganzen Mann. Und da Thomas Knip bei den eBooks von vph ohnehin schon das operative Geschäft geleitet hat, war das ein logischer Schritt. Wir werden weiter kooperieren und uns gut ergänzen.
:Ich denke, der Buchhandel ist interessiert daran, Bücher zu verkaufen und wird letztlich davon profitieren.
: Man wird mit Sicherheit verschiedene Experimente in die eine oder andere Richtung sehen, denn es beginnt langsam allen Branchenbeteiligten zu dämmern: Ein gewaltiger Umbruch steht bevor.
Bild: Mindener Tageblatt
Kommentare
aber eins noch zu holzi: publizieren kann ich heute alles bei bod oder lulu ... aber mal im ernst: es gibt wahrscheinlich 99,99 prozent der menschen, die das nicht kaufen werden.
im gegensatz zu den nur 99,95 prozent menschen, die es sonst nicht kaufen
ebook etc - das ist NOCH NICHT so weit, dass es den traditionellen buchkäufer reizt. ich kenn keine verkaufszahlen oder entwicklungen ... aber ich geh mal von mir aus:
sagen wir, ich kenne 1000 menschen.
ich zieh die "beruflichen verlags/autorenmenschen" mal ab. also privatleute. bleiben 900.
von diesen 900 sind 300 bücher völlig hupe.
600 haben bücher (mehr oder weniger, lesen oder nicht lesen).
KEINER von diesen 600 liest aber ebooks.
ich kenne nur und ausschließlich übers netz leute (also "kennen" ist fast zuviel gesagt - dich, holzi, "kenn" ich im eigentlichen sinn ja nicht), die ebooks kaufen und lesen.
fazit: niemand (!) in meinem bekanntenkreis liest ebooks.
ich bin nicht repräsentativ oder so ... aber es ist ein statement. ich kenne 600 leute, die in eine buchhandlung gehen und bühcer kaufen. und null leute, die ebooks kaufen/downloaden.
ich denke, der wandel fängt gerade erst an.
Die Redaktion dort ist felsenfest der Meinung, dass sich Internet auf dem Handy durchsetzt und jetzt auch schon kontinuierlich genutzt wird. Vor allem von den beiden Gesprächsleitern und der (logischerweise handy-affinen) Redaktion.
Sie konnten es nicht fassen, dass ich Internet auf dem Handy bis heute für überteuert, langsam und eher unnötig halte - und niemanden in meinem gesamten Bekannten- und Verwandtenkreis kenne, der es nutzen würde.
Alles eine Frage der Perspektive. Und des Zielpublikums. Ich habe ihnen auch gesagt: Wenn das Angebot und der Preis stimmt, wird es sich durchsetzen. Und dasselbe trifft (im Prinzip) auf eBooks zu. Nicht sofort, nicht bei jedem. Aber eine ausreichend große Käuferschicht ist vorhanden.
Aber, um damit auch den Bogen zu Harantors Ansinnen zu schlagen: Dafür müsste auch ein Verlag wie Bastei mal über seinen Schatten springen und z.B. Sternenfaust 100 kostenlos als eBook anbieten.
Verbunden mit einem Artikel bei Webnews und Links bei Mr. Wong. Eventuell ein kleiner Trailer bei YouTube. Himmel, den baue ich Bastei in einem Nachmittag zusammen! Virales Marketing über Social Communities funktioniert. Für Verlage liegt mit einem kostenlosen Angebot und einer Bekanntmachung über Netzquellen eine große Chance, Interessenten zu erreichen, die noch nie auf deren Homepage, in der entsprechenden Ecke im Buchhandel oder Bahnhofskiosk waren.
Der Sinn ist es ja, durch solche Aktionen genau die Leser zu erreichen, die man auf konvetionellem Weg nicht erreicht.
Ich habe mit den 25 Folgen meiner kostenlosen Dschungelserie im Lauf von fünf Jahren weit über 200.000 Downloads erzielen können. Mein Pech war, dass Social Networks zu der Zeit noch kein Thema waren und mein Fehler war, dass ich nicht intensiv genug in die Richtung hingearbeitet, sondern das Projekt als Hobby betrachtet habe.
Aber die Kernfragen - interessieren sich Leute für die Serie eines völlig Unbekannten und wie weit lässt sie sich verbreiten? -, die konnte ich als positiv beantwortet abhaken.
Ab Januar 2009 werden Verstöße auf diesem Gebiet verfolgt. Ein Verstoß gegen die Buchpreisbindung ist wettbewerbswidrig und kann abgemahnt werden.
Günstiger als der gedruckte Titel darf es sein; der Preis muss eben nur gebunden bleiben. Ich überlege mir aber schon, beschädigte Dateien als Remittenten anzubieten.
Und was die Buchpreisbindung auf eBooks angeht: Vielleicht klagt ja mal einer. Ich könnte mir da ein paar Aspiranten vorstellen...
E-Books bringen Buchhandel in die Bredouille
www.heise.de/newsticker/E-Books-bringen-Buchhandel-in-die-Bredouille/meldung/120328
www.derhandel.de/news/technik/pages/show.php?id=547