... Oliver Plaschka über Fairwater, Jungschriftsteller und psychische Störungen
Nicht so schrecklich viel. Die Anerkennung hat mir viel bedeutet, und die BuCon ist eine schöne Convention, aber mein Leben geht natürlich weiter wie bisher. Der neue Roman hat vielleicht mehr geändert; ich arbeite fast täglich daran.
Ich habe "Fairwater" mehrmals überarbeit. Der Großteil der sieben Jahre verging aber mit dem Versuch, mir meinen Lebensunterhalt zu verdienen, und gleichzeitig den Traum von der Schriftstellerei nicht aufgeben zu müssen. Dann war ich auch noch an der Universität eingebunden und so habe ich lange Zeit einfach zu wenig für eine Veröffentlichung getan. Erst durch die Zusammenarbeit mit Natalja Schmidt und Julia Abrahams, die damals ihre Literaturagentur (Schmidt & Abrahams) gründeten, hat sich das geändert.
Natalja und Julia haben das Manuskript, soweit ich weiß, einem knappen Dutzend Verlage angeboten, darunter alle "Großen". In Heyne hatten wir lange Zeit viel Hoffnung investiert, bis dann doch die Absage kam. Was die gemachten Erfahrungen betrifft: die Verlage stehen Jungautoren zwar nicht ablehnend gegenüber, aber sie haben auch nicht gerade auf einen gewartet. Außerdem reagieren sie eher schwerfällig, insbesondere, wenn man keinen persönlichen Draht zu ihnen hat. Man muß sich immer wieder in Erinnerung rufen, aber natürlich scheut man genau davor zurück, denn jede weitere Absage bedeutet ja eine verlorene Möglichkeit. Die Zusammenarbeit mit Agenten und auch der Kontakt zu anderen Autoren sind eine riesige Hilfe auf diesem Weg. Und wie bei allem, was man "werden" will, muß man irgendwann einfach damit anfangen.
Die Zusammenarbeit war super. Ich kannte viele der Mitarbeiter zwar von früher, von Rollenspielen, und das hat es vielleicht auch einfacher gemacht. Dennoch war es für uns alle eine neue Erfahrung, und eine sehr positive: Feder & Schwert werden in der Reihe "origin" auch weiterhin deutsche Phantastik verlegen, und ich kann froh sein, daß ich soviel an meinem Roman mitgestalten durfte. Insbesondere die Illustrationen, die sich an alten Bleistiftskizzen von mir orientierten, haben mich sehr gefreut. Im Nachhinein war Feder&Schwert der beste Verlag für "Fairwater", denn alle haben sich furchtbar viel Mühe damit gegeben. Es wird wohl auch nicht die letzte Zusammenarbeit gewesen sein.
Da ich hoffe, den nun eingeschlagenen Weg die nächsten Jahre fortsetzen zu dürfen, gehe ich zur Zeit sehr pragmatisch vor, und orientiere mich an den Möglichkeiten, die sich mir bieten. Die Mitarbeit an "Narnia Das Rollenspiel" ergab sich beispielsweise über meine Agentur; man brauchte Autoren, und Ulrich Drees und ich sagten sofort zu. Auch das aktuelle Projekt wurde älteren Ideen vorgezogen, nachdem wir damit das Interesse Klett-Cottas geweckt hatten. Ich gebe alte Ideen nie wirklich auf, aber ich kann sie ganz gut nach hinten schieben und trotzdem lebendig halten, bis der Zeitpunkt stimmt.
Ich empfinde das Spektrum gar nicht als so breit. Tatsächlich halte ich mein literarisches Vorprogramm für ziemlich beschränkt: in der Phantastik & Fantasy fühle ich mich zuhause; in der Science Fiction kenne ich zumindest meine Lücken; aber links und rechts davon wird es rasch mager. Ich habe in meiner Jugend kaum ein Buch gelesen, das nicht den fantastischen Genres zuzuordnen wäre, und ich bezweifle, daß ich einen Krimi oder einen adäquaten Historienroman schreiben könnte. Was Erzählweise oder Stil eines Projekts betrifft, so entscheiden sich diese von Fall zu Fall, und ergeben sich eher aus meiner Vorstellung von der Stimmung einer Geschichte als ihrer Genrezugehörigkeit.
Ich lese nach wie vor sehr gerne die "alten Meister" der Fantasy, wie Lord Dunsany, James Branch Cabell, oder (aktuell gerade) Charles G. Finney. Viele dieser Geschichten sind überraschend zeitlos; wenn mir jemand gesagt hätte, daß Finney seinen "Circus of Dr. Lao" in den Sechzigern oder später hätte, hätte ich ihm das geglaubt (tatsächlich ist es von 1935). Auch unter zeitgenössischen Autoren gefallen mir am besten jene schwer einzuordnenden halb-fantastischen, halbwirklichen Geschichten, wie sie Autoren wie Peter S. Beagle, Matt Ruff oder Neil Gaiman erzählen. Das nennt man wohl "Urban Fantasy" heutzutage.
Das Thema faszinierte mich schon lange Zeit es war weniger eine bewußte Entscheidung, als daß diese Faszination dann auch auf Fairwater übergriff.
Meine ältere Schwester hatte ihre Diplomarbeit (in Psychologie) darüber geschrieben. Darüber bin ich auf The Minds of Billy Milligan von Daniel Keyes gestoßen. Ein wunderbares und trauriges Buch Billy ging mir wochenlang nicht mehr aus dem Kopf. Ich habe mich aber nicht wissenschaftlich damit beschäftigt.
Das ist eine gute Frage, die ich mir selbst noch zu stellen vermeide ... Ich denke aber, ich bin auf halbem Weg. Ein Großteil meines Lebens wird zeitlich und mittlerweile auch finanziell vom Schreiben und verwandten Tätigkeiten (Übersetzungen, Gutachten) bestimmt. Ich brauche unheimlich viel Zeit und Ruhe, damit ich meinen eigenen Ansprüchen gerecht werden kann. Und da ich es bisher selten länger in einem anderen Job ausgehalten habe, stehen die Zeichen momentan eher auf Selbstständigkeit.
Ich habe keine genauen Zahlen, aber der Verlag äußert sich uns gegenüber zufrieden. Wir haben auch schon über Folgeveröffentlichungen nachgedacht, es gibt aber noch nichts Definitives dazu. Wir haben jetzt übrigens endlich unsere halboffizielle Homepage zum Spiel am Start: auf www.laternendickicht.de (Seite öffnet sich in einem separaten Fenster und verlässt die Seiten von Zauberspiegel). Wenn Fans Wünsche oder Ideen haben, können sie uns dort gerne eine mail schreiben.
Ich danke für das Interview und die guten Wünsche!