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... Joachim Angerer über Ideen, Inspiration und Warnungen

Joachim Angerer... Joachim Angerer ...
... über Ideen, Inspiration und Warnungen

Der österreichische SF-Autor Joachim Angerer hat bisher drei Romane vorgelegt: "Becquerelsche Träume", "Die maschinellen Technokraten" und zuletzt "Becquerelsche Ränke".

Er schreibt unter dem Verständnis: "Sci-Fi kann sich der Realität annähern und sie manchmal sogar vorhersehen. Viel wichtiger ist jedoch ihre Rolle als Abbild der menschlichen Vorstellungskraft." (Joachim Angerers Blog)

Joachim AngererZauberspiegel: Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, dem Zauberspiegel einige Fragen zu beantworten. Nicht alle Leser werden Sie kennen. Stellen Sie sich doch einmal kurz vor: Wer ist eigentlich Joachim Angerer?
Joachim Angerer: Ich bin österreichischer Science-Fiction-Autor. Das Schreiben von Roman habe ich mir im Wesentlichen autodidaktisch angeeignet. Hauptberuflich arbeite ich in einem Labor, wodurch ich regelmäßig in Kontakt mit Wissenschaftlern und deren Texten komme. Dieser Einfluss ist vielleicht in manchen meiner Werken erkennbar.
Das Schreiben von Texten und Romanen ist mein kreatives Hobby, meine Passion. Für mich hat der Gedanke etwas mit seinem Verstand zu erschaffen, das einen selbst überdauert, etwas zutiefst Erfüllendes.

Zauberspiegel: Sie schreiben ausschließlich Science Fiction Romane oder? Was fasziniert Sie so daran? Warum schreiben Sie nicht Krimis oder Horrorromane?
Joachim Angerer: Es stimmt, ich bin praktisch ausschließlich in diesem Genre tätig. Ray Bradbury sagte einst sinngemäß, Science Fiction sei die Geschichte der Ideen. Das ist es, was mich an diesem Genre so fasziniert. In den meisten Geschichten liegt der Fokus auf den Charakteren. Bei der SF stehen aber Ideen im Vordergrund. Das lässt einerseits einen enorm großen, kreativen Freiraum zu. Hinzu kommt, dass ich eher ein analytischer und weniger ein emotionaler Mensch bin. Das Genre erlaubt mir daher, mich auf meine Stärken zu konzentrieren.

Zauberspiegel: Bei allen ihren Romanen, nennen Sie andere SF-Romane als Inspirationsquellen. Gibt es bei Ihnen generell andere SF-Autoren, die Ihnen als Vorbilder dienen?
Joachim Angerer: Als Teenager haben mich klassische Dystopien wie jene von George Orwell und Aldous Huxley in ihren Bann gezogen. Später stieß ich auf Stanislaw Lem. Sein stark technischer Zugang zur Science Fiction, gemischt mit philosophischen Ansätzen war für mich sehr inspirierend.

Zauberspiegel: Sie geben in den Romanen oft wissenschaftliche Quellen an. Welchen Stellenwert hat das "Science" in Science Fiction für Sie und ihre Werke?
Joachim Angerer: Hier haben mich mein Studium und meine Arbeit geprägt. In der Wissenschaft ist es wichtig, seine Arbeitsschritte nachvollziehbar zu präsentieren. Ein Roman erfüllt natürlich einen anderen Zweck als eine wissenschaftliche Publikation. Aber mir ist es wichtig zu zeigen, woher meine Ideen stammen. So können sich interessierte Leser einen detaillierteren Einblick in die Welten verschaffen, die ich in meinen Büchern kreiere.

Becquerelsche RänkeZauberspiegel: Auf dem radioaktiven Planeten Becquerel spielen gleich zwei Ihrer Romane: "Becquerelsche Träume" und "Becquerelsche Ränke". Wie sind sie auf diesen ungewöhnlichen Schauplatz gekommen?
Joachim Angerer: Es ergab sich aus der Thematik. Für die im Roman erwähnte Form der Energieerzeugung braucht es radioaktive Erze, welche auf der Erde nur schwer beschafft werden können. Als einfachste und direkteste Lösung erschien mir die Idee eines fiktiven Planeten. Sie passte auch gut ins Konzept. Einerseits entstand dadurch eine stimmige Kulisse für die düstere Handlung andererseits verlangt die im Roman erwähnte Waffe ohnehin einen Hitzeschild. Dies ließ sich gut mit der Idee eines Strahlenschutzes kombinieren.

Zauberspiegel: In "Becquerelsche Ränke" geht es auch um Radiovoltaik, eine besondere Form der Energiegewinnung aus Radioaktivität. Wie sind Sie darauf gekommen? Sehen sie Chancen für diese Technik in der Realität?
Joachim Angerer: Meine Faszination mit der Technologie geht auf eine Diskussion in meiner ehemaligen WG zurück. Damals diskutierten wir, ob man statt Sonnenlicht nicht auch andere Arten von Strahlung zur Erzeugung elektrischen Stroms verwenden könne. Der Gedanke ließ mich nicht los und ich las mich tiefer in die Materie ein.
In Nischenanwendungen kommt die Radiovoltaik bereits zum Einsatz. Ich könnte mir vorstellen, dass in absehbarer Zukunft ihre Anwendung zunimmt. Einem großflächigen Einsatz steht aber der hohe Preis der Rohmaterialien und deren aufwendige Verarbeitung im Weg.

Zauberspiegel: Ein zentrales Thema in den Becquerel-Romanen ist auch die künstliche Intelligenz. Sie stehen der Entwicklung solcher Intelligenzen eher skeptisch gegenüber oder?
Joachim Angerer: Ich denke, zwischen künstlicher Intelligenz und Atomkraft gibt es eine Parallele. Beide besitzen gewaltiges Potential, bergen aber auch schwer kalkulierbare Risiken.
Technisch gesehen verfügt die Menschheit bereits jetzt über die Mittel, um diese Welt in ein Paradies zu verwandeln – oder um dieses Ziel zumindest in sehr vielen Punkten zu erreichen. Der Klimawandel beispielsweise ist streng genommen eine politische und wirtschaftliche, aber nicht wirklich eine technische Herausforderung.
Ich bin daher weniger skeptisch in Bezug auf die künstliche Intelligenz an sich, als vielmehr was ihren Einsatzes aus kurzfristigen und egoistischen Zielen betrifft.

Zauberspiegel: Ihre Romane weisen eine starke dystopische Tendenz auf. Sehen Sie für unsere Zukunft tatsächlich so schwarz?
Joachim Angerer: Die beabsichtigte Botschaft meines letzten Romans ist nicht die Warnung vor einer düsteren Zukunft, sondern die Befürchtung, dass selbst die fortschrittlichste Technologie der Menschheit wenig hilft, wenn sie primär für kurzfristige und egoistische Ziele eingesetzt wird.
Ich denke wir stehen derzeit an einem Scheideweg. In materieller Hinsicht ging es der Menschheit noch nie so gut wie jetzt, aber es mehren sich die Indizien, dass wir bei gleichbleibender Lebensweise auf eine ökologische Katastrophe zusteuern. Ich glaube, die nächsten paar Jahre bis Jahrzehnte werden entscheidend für die Zukunft der menschlichen Zivilisation sein. Wie diese konkret aussehen wird, kann ich ehrlich nicht sagen.

Zauberspiegel: Sie haben einen interessanten Blog "Relativ Fiktiv". Wie wichtig ist so ein Internetauftritt für Sie als relativ neuen Autoren?
Joachim Angerer: Ich denke, das Internet ist ideal für Künstler, die abseits des viel zitierten "Mainstreams" operieren. Der SF-Literatur etwa wird von der deutschsprachigen Literaturszene leider immer noch nicht der Respekt entgegengebracht, den sie meiner Meinung nach verdient. Das Internet ist hilfreich, um die ein oder andere starre Struktur aufzubrechen.

Zauberspiegel: "Bequerelsche Ränke" ist bei Tredition erschienen. Warum haben Sie sich für diesen Verlag entschieden?
Joachim Angerer: Ursprünglich arbeitete ich mit einem kleinen Verlag zusammen. Ich bin diesem nach wie vor dankbar, dass er mir die Chance gegeben hat, mich zu beweisen. Mittel- bis langfristig erscheint mir Self Publishing aber als die bessere Wahl. Man hat größere Freiheiten und eine etwas höhere Marge. Das Marketing muss man auch bei kleineren Verlagen zu einem großen Teil selbst übernehmen.
Ich habe mich für tredition entschieden, da die Firma über einen exzellenten Ruf und viel Erfahrung verfügt. Ich bin mit der Wahl ausgesprochen zufrieden. Ihre Online-Tools, wie der Cover Designer, sind sehr nützlich und der Kundenservice ist ausgesprochen hilfsbereit.

Zauberspiegel: Sie bieten im Internet unter "Relativ Fiktiv" auch Clips zu einigen in Ihren Romanen behandelten Themen an. Seit wann machen Sie das und wie fällt die Reaktion darauf bisher aus?
Joachim Angerer: Ich ging relativ spät online. Mein erster Roman erschien 2017, während mein Blog und der YouTube-Kanal erst 2020 das Licht der Welt erblickten.
Ein Freund riet mir, Internetauftritte seien heute für einen Künstler Grundvoraussetzung und ich folgte dem Rat.
Wie bei meinen Romanen auch, gehe ich primär aus Freude an der Sache an die Dinge heran.
Die Reaktionen waren bislang eher verhalten, aber von meiner Kernleserschaft erhalte ich Großteils positive Rückmeldungen.
YouTube wird inzwischen weitgehend von Konzernen und hochprofessionellen Künstlern dominiert und die Ansprüche des Publikums sind dementsprechend hoch. Als Anfänger mit begrenzten technischen Mitteln hat man es da sehr schwer. Ich konzentrierte mich daher stärker auf das Schreiben von Texten, als auf das Erstellen von Videos.
Bei der Blogosphäre ist meiner Ansicht nach, eine gewisse Phase der Übersättigung eingetreten. Immer mehr Anbieter konkurrieren um ein Publikum mit immer kürzerer Aufmerksamkeitsspanne.

Zauberspiegel: Mir fällt auf, dass in Ihren Romanen nur wenige Sympathieträger auftreten. Ist das nur mein Eindruck oder ist das von Ihnen so gewollt und konzipiert?
Joachim Angerer: Bei mir ergeben sich die Charaktere aus der Handlung. Bei meinem ersten und dritten Werk stehen neben technischen Aspekten politische Intrigen im Fokus. Dadurch ergab sich für mich automatisch, dass die Protagonisten keine Sympathieträger sind. Mein zweiter Roman beschäftigt sich mit anderen Ideen und es tauchen darin auch ein paar angenehmere Zeitgenossen auf.

Zauberspiegel: An welchen Projekten arbeiten Sie gerade? Worauf dürfen sich Ihre Leser freuen?
Joachim Angerer: Derzeit plane ich eine Neuauflage meiner ersten beiden Romane „Becquerelsche Träume“ und „Die maschinellen Technokraten“. Für Herbst ist außerdem eine SF-Novelle geplant. Zu ihrem Inhalt will ich derzeit noch keine Details verraten. Nur so viel: Es geht um ein geistiges Duell.

Uwe Weiher

 

Die Fragen für den Zauberspiegel stellte: Uwe Weiher

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