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... Stefan Holzhauer über Steampunk und einen seltsamen Professor X

Stefan Holzhauer ... Stefan Holzhauer ...
... über Steampunk und einen seltsamen Professor X

Wir kennen Stefan Holzhauer schon seit einer geraumen Weile: Als verwirrter Magier in Wülmersen (wirklich eine sehr erheiternde Erfahrung ), als Freund, mit dem man endlos diskutieren kann, als ehemaliger Mitarbeiter (nochmals sehr bedankt) beim Zauberspiegel. Inzwischen ist Stefan Holzhauer mit der Website PhantaNews selbst mit Phantastischen Nachrichten vertreten und bietet In­for­ma­tio­nen rund um Phan­tas­tik und ver­wandte The­men. Als wir allerdings jetzt lasen, dass Stefan Holzhauer mit dem Projekt Steampunk-Chroniken wieder wass Neues vorhat, waren wir neugierig. Also befragten wir ihn zu Steampunk-Chroniken.de und dem mysteriösen Professor X.


Zauberspiegel:
Du willst unter die Verleger gehen, liest man, wenn man sich auf der Seite "Steampunk-Chroniken" umsieht. Was hat man unter den Steampunk-Chroniken zu verstehen? Wer ist Professor Xanathon, der dort auftaucht - und warum sieht der Kerl auf einem Foto so aus wie du?
Stefan Holzhauer: Vorneweg - nein, ich will definitiv NICHT unter die Verleger gehen. Das würde bedeuten, dass ich einen Verlag gründe und das tue ich explizit nicht. Ich werde ein eBook heraus geben und möchte gerade zeigen, dass das geht, OHNE einen Verlag zu gründen.
Professor X ist jemand, der mich über seinen transdimensionalen Kombobulator kontaktiert hat. Er behauptete, ein alter ego von mir in einer Parallelwelt zu sein und schlug mir dieses Projekt vor, um seine Welt bekannter zu machen. Laughing
Mal im Ernst: Ich habe mir für das Projekt einen Spitznamen zugelegt, wie es im Web üblich ist. Zumal das Design der Seite Steampunk-Chroniken.de an das einer alten Zeitung angelehnt ist, und der Name des Autoren der Artikel zum Aussehen passen sollte. Außerdem klingt "Professor X" im Steampunk-Kontext ganz gut, oder? :) Zudem habe ich den Spitznamen "Xanathon" seit Jahren immer wieder mal bei verschiedenen Aktivitäten im Netz genutzt (wenn man mal bei Google sucht, wird man insbesondere eine Menge zum Thema "Sims2-Modding" finden, da war ich vor ein paar Jahren recht aktiv), da bot es sich an, das mit dem Professor zu kombinieren.
Und das Aussehen: ja, ich habe eine Gewandung passend zum Thema, weil ich eben ein Nerd bin. :) Auf einem LARP-Light mit Steampunk-Bezug habe ich als NSC einen Steampunk-Professor gespielt, der die Realität übel verwurschtelt hat, da wundert es nicht, dass ich auch entsprechende Gewandung besitze. Ich war übrigens höchst verblüfft, dass man auf Ebay eine Hemdbrust bekommen kann, ich dachte, dass heutzutage kein normaler Mensch mehr weiß, was das ist... So kann man sich täuschen. :)

Zauberspiegel: Wer dich kennt, weiß um deine Faszination für das Thema Steampunk. Wer dich nicht kennt - wer ist also Stefan Holzhauer und was genau ist das, was für dich die Faszination an diesem Genre ausmacht?
Stefan Holzhauer: ... ist jemand, der 1965 geboren wurde und Phantastik liest, seit er sich erinnern kann. Seit Ende der Neunziger habe ich dann auch im Web darüber geschrieben, was ich lese, sehe und spiele, und schließlich irgendwann PhantaNews.de aus der Taufe gehoben. Eins meiner Lieblingsthemen seit Jahren sind eBooks (ich lese auf einem dedizierten eReader mit eInk-Display und auf einem Apple iPod touch) - das ist mit einer der Gründe für den Start des Projektes STEAMPUNK-CHRONIKEN. Wenn ich mich gerade nicht mit Phantastik befasse, dann bin ich selbstständiger Webentwickler- und -Designer. Eine ziemlich technische Angelegenheit, da braucht man Ausgleich, den ich in der Phantastik suche und finde, sowohl als Konsument wie auch bei verschiedenen Aktivitäten.
Nebenbei spiele ich aber auch ganz gern mal ein MMO (hauptsächlich wegen der sozialen Komponente) oder anderes Computerspiel oder treffe mich mit Freunden. Ich sehe mich zudem als "digitalen Eingeborenen".
Ich lasse mir ungern von anderen erzählen, was "hohe Kunst" und was "trivial" ist. Das ist auch völlig egal, Anspruch und Unterhaltung haben beide ihre Berechtigung und liegen allzu oft nahe beieinander - oder meilenweit voneinander entfernt - und Geschmäcker sind verschieden. Beides ist okay und wichtig, ich brauche auch mal Popcorn fürs Hirn, um mich von Arbeit und Nachrichten abzulenken, da stört "Anspruch" manchmal nur. Künstler und Autoren die heute in Sachen "hohe Kultur" von Wichtigtuern gern als "Klassiker" verkauft werden sollen, wurden oft zu ihrer Zeit als trivial und abwegig gebrandmarkt. Mir soll deswegen heute niemand was von "Trivialliteratur" erzählen, oder über Popkultur abschätzig sprechen. Warten wir mal hundert Jahre... :) Das hält mich natürlich nicht davon ab, mich über TWILIGHT oder Volksmusik lustig zu machen, aber das ist dann meine persönliche Meinung, die ich nicht zur allgemeingültigen und Naturgesetz-gleichen Wahrheit erhebe, wie es Profi-Kritiker gern tun.
Was fasziniert mich am Genre? Gute Frage... Ich habe schon als Heranwachsender auf Jules Verne gestanden, damals wusste ich natürlich noch nicht so genau, warum. Außerdem habe ich die Abenteuer Sherlock Holmes´ verschlungen. Heute lese ich über eine idealisierte, viktorianische Gesellschaft, ergänzt durch Technik die so eigentlich nicht funktioniert oder die es nie gegeben hat und sehe, wie darin Personen Abenteuer erleben, die Werte wie Höflichkeit, Anstand oder Benehmen hoch halten. Die Gentlemen sind. Oder Ladies. Ich finde es hoch attraktiv, wenn sich eine tatsächlich existente Historie mit Motiven aus Pulps (ich bin auch großer Fan von Pulp und Cliffhanger, für Uninitiierte nenne ich mal das Beispiel INDIANA JONES) und Unterhaltungsromanen des ausgehenden 19. Jahrhundert ebenso mischt, wie abgefahrene Ideen wie Uhrwerk-Roboter oder Aether-Raumfahrt. Oder wenn man mal extrapoliert, was geschehen wäre, wenn auch Venus oder Mars Ende des 19.Jahrhunderts kolonisiert worden wären - mit Aetherschiffen.
Für mich liegt mit die größte Faszination im Parallelwelt-Ansatz - an diesem Amalgam aus bekannten Versatzstücken und Neuem, in der Extrapolation damit, was mit der Gesellschaft geschehen wäre, hätte es diese Technik wirklich gegeben.
Wobei - wenn die Zusammensetzung stimmt, auch reine Steamfantasy ohne Bezug zur realen Historie höchst unterhaltsam sein kann und ich diese ebenfalls nicht verschmähe. Die Gnome in WOW sind definitiv auch Steampunks.
Laughing
Diese Faszination begann (abseits von Verne und Holmes) auch in den 1990ern mit den Rollenspielen SPACE: 1889 von Game Designers Workshop und CASTLE FALKENSTEIN von R. Talsorian Games. Letzteres das einzige mir bekannte Rollenspiel, das ein Quellenbuch mit Benimmregeln (!) hervor gebracht hat. Von da an ging's bergauf.Smile

Zauberspiegel: Wie würdest du Steampunk definieren? Derzeit hat man den Eindruck, der Begriff des Steampunk taucht inflationär bei Büchern etc auf. Abhängig von dem, was du als Steampunk bezeichnen würdest, was sind deiner Ansicht nach "echte" Steampunkbücher, und warum?
Stefan Holzhauer: Wer bin ich, dass ich ein Maßstab dafür wäre, was Steampunk ist oder das definieren könnte? Das Genre ist sehr vielfältig und hat Subgenres und Spinoffs wie Clockpunk oder Dieselpunk. Ich denke nicht, dass man da was streng umreißen sollte, das geht dann wieder in Richtung des bei den Verlagen so überaus beliebten Schubladendenkens und das finde ich - mit Verlaub werte Dame - zum Kotzen. Ich kann nur auf Bücher hinweisen, die ich persönlich für Steampunk-Bücher halte und ich kann erläutern, warum ich die gut finde. Andere könnten das wie immer völlig anders sehen.
LARKLIGHT (und Fortsetzungen) ist ein Knaller, das ist zwar ein Kinderbuch, strotzt aber so derart von schrägen Ideen, dass es eine wahre Freude ist. Wir haben darin ein britisches Empire, das durch die Erfindung eines Aetherantriebs in die Lage versetzt wurde, durch das Sonnensystem zu reisen - und da wohnen schon welche, die man kolonisieren kann. Hier rate ich allerdings dringend dazu, das ob des sprachlichen Kolorits im englischen Original zu lesen - bei der Übersetzung geht einfach zu viel verloren.
Weiter würde ich die beiden Newbury & Hobbes-Romane AFFINITY BRIDGE und OSIRIS RITUAL von George A. Mann unbedingt zum Genre nennen wollen. Das ist in meinen Augen sowas von absolut Steampunk - eine künstlich am Leben gehaltene Queen Victoria, Zeppeline, Uhrwerk-Androiden, Dampffuhrwerke, aber auf der anderen Seite auch Zombies oder uralte Mumienflüche. Zudem ein Protagonist aus dem Adel, leider Laudanum-süchtig, im "Geheimdienst Ihrer Majestät" (was auf Dauer nicht gut ist), und eine starke Frau als Sidekick. Was will man noch mehr? Der erste Roman erscheint demnächst bei Piper in deutscher Sprache.
Dann wären da noch Scott Westerfields LEVIATHAN, Moorcocks Klassiker ZEITNOMADEN (als Sammelband) oder DIE DIFFERENZ-MASCHINE von den alten Cyberpunk-Helden Bruce Sterling und William Gibson. Und viele mehr.
Wer mehr will sollte mal einen Blick auf clockworker.de werfen, das ist DIE Seite in Sachen Steampunk in Deutschland schlechthin und dort werden auch reichlich Bücher vorgestellt. Auch auf der Wikipedia-Seite zum Steampunk gibts eine Vorschlagsliste, die allerdings sehr freizügig ist und auch Dinge nennt, die ich nur am Rande als Steampunk einstufen würde. Aber wie ich oben bereits schrieb: wer bin ich schon... Smile
Zauberspiegel: Hast du eine Erklärung dafür, warum der Steampunk gerade jetzt beliebt wird? "Gab" es den Steampunk in Deutschland als Szene bereits früher?
Stefan Holzhauer: Es gab eine Szene vor dem jetzigen "Erfolg". Diese Szene hat alle Unkenrufe ignoriert und seit Jahren einfach mal gemacht, ohne sich darum zu scheren, dass das hier angeblich niemanden interessiert - wie es beispielsweise die großen Verlage nicht müde waren, gegenüber Autoren zu postulieren. Qualität setzt sich halt irgendwann durch. Smile
Vereinzelte Anhänger des Genres kenne ich seit den Neunzigern - hätte es sie nicht gegeben, hätte GDW wohl kaum ein erfolgreiches Rollenspiel heraus gebracht, das damals auch hier in Deutschland gespielt wurde.
Der jetzt aktuelle Boom schwappt von den Vereinigten Staaten herüber, wo das Ganze schon länger gärt, nein, kocht. Der Ursprung dieses - nennen wir es mal  - Neo-Steampunks (auch wenn mir jetzt wahrscheinlich viele widersprechen, aber den Begriff Steampunk an sich gibt es seit den 80ern, auch wenn er eine Zeit lang in Vergessenheit geriet) kommt übrigens eigentlich interessanterweise nicht aus der Literatur (dass vermehrt Genre-Bücher erscheinen, kann man eigentlich als "Folgeerscheinung" bezeichnen), sondern aus dem Maker-Movement. Wer sich mal im Web umschaut wird feststellen, dass ein nicht geringer Teil der Steampunk-Szene sich damit befasst, Dinge zu SCHAFFEN! Sei es nun auf alt getrimmte Hightech, sei es Gewandung, Kunstwerke, oder seien es funktionierende Dampfmaschinen - und vieles mehr. Kreative Anachronismen werden hergestellt, weil man die Uniformität der heutigen Produkte einfach satt hat. Jeder Flachbildschirm, jeder USB-Stick, jedes iPhone sieht gleich aus, sie werden in großen Stückzahlen industriell gefertigt. Da geht jegliche Individualität flöten. Die Steampunks nehmen nun diese gleichförmige Massenware und erschaffen etwas Einzigartiges daraus, etwas, das man mit den eigenen Händen gemacht hat. Und das erinnert an eine Zeit, als die Dinge die uns umgaben noch individuell gestaltet waren, als kein Schrank genau so war, wie der andere, als Objekte durch ihren Schöpfer lebten und Einzigartigkeit atmeten. Mal ganz davon abgesehen, dass das Design und die Ästhetik des viktorianischen Zeitalters durchaus ansprechend ist, insbesondere auf moderne Güter übertragen oder mit ihnen kombiniert. Steampunk als Bewegung, als Szene, ist um so viel mehr als nur Literatur! Und das ist prima so! Und das hat mit der Zielgruppe der großen Verlage nicht viel zu tun, denn die bedienen den meist kritiklosen Konsumenten von Massenware...

Zauberspiegel: Jetzt kann man ja wunderbar darüber diskutieren, wann etwas in Deutschlands Buchszene zu einem "In-Thema" wird. Im Allgemeinen nimmt man ein Thema vor allem dann wahr, wenn es von den großen Publikumsverlagen aufgegriffen wird. Sind diese nun Vorreiter? "Melken" sie einen Trend? Und gibt es Alternativen zu den frisch beworbenen Titeln?
Stefan Holzhauer: Noch "melken" die großen Verlage nicht. Sie sind derzeit noch zu intensiv mit Schmusevampiren und ähnlichem Schmonzes befasst, ob sie nun funkeln oder nicht. Sie fangen langsam an, das Thema wahrzunehmen, weil sie gemerkt haben, dass ihre Aussage "das will hierzulande kein Schwein lesen" offenbar ein grandioser Fehlschluss war, wie so oft. Wie bereits gesagt: frag mal deutsche Autoren zu dem Thema, die haben diese Antwort von denselben bekommen, die jetzt Steampunk auf den Markt werfen. Die deutschen Publikumsverlage bemerken Trend-Themen gerade im Genre-Bereich in aller Regel erst dann, wenn sie ihnen feste ins Gesicht geschlagen werden... Es ist mir (und wahrscheinlich auch den meisten anderen Steampunks) völlig egal, ob Steampunk bei den großen Verlagen "angekommen" ist. Es ist zwar schön, dass sie das Thema nun wahrnehmen und mehr davon und dazu auf den Markt bringen, aber das nimmt die Szene wahrscheinlich nur als netten Zusatznutzen wahr. Wir wollen nicht vergessen, dass in Steampunk der Begriff "Punk" steckt - und Literatur nur eine von vielen Facetten dieses Hobbies ist.
Etliche Fans die ich kenne sind längst dazu übergegangen, den Kram lieber gleich im Original zu lesen, statt darauf zu warten, dass sich hier irgendein Verlag dazu herablässt, Genre-Werke zu übersetzen. Oder deutsche Autoren mit diesem Thema zu verlegen. Wobei ich Letzteres sehr begrüße, denn auch hierzulande sprießen großartige Ideen, nicht nur in den USA; siehe beispielsweise Bernd Perplies oder Ju Honisch, um nur mal zwei zu nennen.
Alternativen zu den großen Verlagen gibt es in Sachen Steampunk zuhauf, denn die Kleinverlage haben schon viel früher begriffen, was abgeht.
Feder und Schwert ist da beispielsweise schon länger sehr umtriebig. Nur haben die Kleinverlage eben nicht die Werbeetats der Großen, oder die Macht, in die begehrten und lukrativen Auslagen in den Buchhandelsketten zu kommen, deswegen erreichen die leider oft nur die, die ohnehin bei ihnen nachschauen, weil sie an den dort verlegten Themen eben interessiert sind. Der große Vorteil darin, dass die Publikumsverlage jetzt mit Steampunk zögerlich anfangen ist aber eben auch, dass sie damit den Fokus der Mainstream-Leser auf das Genre legen und das kommt dann (hoffentlich) auch wieder den kleinen und Special-Interest-Verlagen zugute. Und mir und meinem Projekt und dessen Autoren, wenn ich das mal so offen sagen darf... Smile

Zauberspiegel: Was ist der Grund dafür, dass du jetzt ebenfalls ein Steampunkthema aufgreifst ... reitest du auf einer Welle? Ist deine Idee jetzt anders als die anderer Kleinverlage? Und was unterscheidet sie?
Stefan Holzhauer: Man könnte auf die Idee kommen, dass ich auf einer Welle reite, ja. Das ist aber nicht der Fall. Ich gehe mit der Idee schon sehr lange schwanger und ich bin - wie oben ausführlich erläutert - ein großer Fan des Genres. Warum sollte man nicht ein Projekt mit einem Thema starten, das einem persönlich besonders liegt? Letztlich könnte man bei jedem beliebigen Fantasy-Roman das mit dem Wellenreiten ebenfalls fragen oder unterstellen. Einer der letzten Gründe für den Start war dann, dass Amazon nicht nur den deutschen eBook-Shop eröffnet hat, sondern auch noch kurz darauf ePub erlaubte, statt nur ihre proprietären Formate.
Meine Idee ist aus mehreren Gründen anders. Der wohl herausragendste ist die Tatsache, dass der Fokus auf eine Veröffentlichung als eBook gelegt wird. Der zweite ist die Veröffentlichung unter einer Creative Commons-Lizenz und damit einhergehend natürlich der Verzicht auf kundenfeindliches DRM.
Ein weiterer ist die Vermarktung auf Spendenbasis, wie es beispielsweise bei Computerspielen oder Software insbesondere aus dem Open Source-Bereich seit Jahren gang und gebe ist.

Zauberspiegel: Also, wenn ich das richtig verstehe, wird dieses Buch nicht im Buchhandel erhältlich sein. Wieso greifst du zu diesem Weg? Ist dein Weg der Publizierung und des Vertriebs die "Steampunk-Publizierung" des 21. Jahrhunderts?
Stefan Holzhauer: Mal abwarten. Die STEAMPUNK-CHRONIKEN sind eindeutig ein Experiment, das durchaus auch ins Auge gehen kann, da bin ich ganz realistisch. Ich sehe allerdings in der Publikationsform eBook ganz sicher eine Zukunft insbesondere für Special-Interest-Stoffe und in den USA zeichnet sich bereits deutlich ab, dass eBooks eine Art Heftromane des 21. Jahrhunderts werden, auch wenn nicht jeder eine Amanda Hocking ist. Zudem glaube ich fest daran, dass Selfpublishing via eBook ein wichtiger Faktor im Buchbereich werden wird, auch hierzulande. Ich muss allerdings zugeben, dass eBook in Deutschland noch nicht recht angekommen sind - dafür gibt es mehrere Gründe. Viele Leser hängen an ihren Papierbüchern und lehnen eBooks rundheraus ab. Ich kann das nicht nachvollziehen, ebenso wenig wie die Diskussion Papierbuch oder eBook - entweder oder. Das ist völlig am Thema vorbei, ich sehe Bücher noch Jahrzehnte lang nicht verschwinden und eBooks sind eine prima Ergänzung, keine zwanghafte Alternative.
Solange man nicht wie die Großverlage Fantasiepreise für eBooks ansagt, die jeden Leser geradezu abschrecken müssen...
Lesegeräte sind theoretisch haufenweise vorhanden, auch jetzt schon; mal abgesehen vom dedizierten eReader tummeln sich haufenweise Smartphones und Tablet-PCs in der freien Wildbahn, mit der man auch ganz gut ePubs oder PDFs lesen kann. Ich finde es überaus spannend, einfach mal auszuprobieren, ob die Veröffentlichung so klappen kann und ich möchte zeigen, dass man für die rein technische Realisierung eines eBooks eben keinen so riesigen Aufwand betreiben muss, wie von Verlagsseite gern behauptet wird.
Ich hoffe sehr, dass Autoren das ebenso spannend finden werden. Ich möchte ein wenig unbescheiden sagen, dass es sich um ein Pionierprojekt handelt, auch entstanden aus der Unzufriedenheit mit den Veröffentlichungspraktiken der Publikumsverlage und dem Zustand des eBooks auf dem deutschen Markt allgemein. Man kann dann zwei Dinge tun: entweder langanhaltend und ausführlich darüber nörgeln oder die Ärmel hochkrempeln und machen. Ich habe mich für letzteres entschieden. :) Und wie wir oben besprochen haben, ist das MACHEN ein zentraler Punkt bei Steampunk.
Ob die STEAMPUNK-CHRONIKEN im (Buch)Handel erhältlich sein werden - also gedruckt - wer weiß..? Entweder es findet sich ein interessierter Verleger, der keine Angst davor hat, dass die eBooks im Umlauf sind und das eher als Werbung sieht, oder ich verlege das selbst via lulu.com (es soll mir in Sachen lulu übrigens keiner was über "mangelnde Qualität" erzählen, ich habe hier Bücher von denen liegen, die sind vom reinen Buchdruck handwerklich besser als manches, was hierzulande in der Buchhandlung feil geboten wird), aber das ist ferne Zukunft. Der Fokus liegt zunächst auf eBooks. Wobei ganz klar zu sehen ist: liegt das eBook als PDF vor (die beiden angepeilten Formate sind ePub und PDF), dann kann ich das sofort und ohne weitere Änderungen als Vorlage auf lulu hochladen und fertig ist das Buch...

Zauberspiegel: Wenn ich jetzt nichts anderes mehr will als mehr über die Ausschreibung erfahren, evtl sogar mitmachen, was ist das Thema? Und wo erfahre ich mehr?
Stefan Holzhauer: Das Thema der ersten (hüstel) STEAMPUNK-CHRONIKEN (ich strebe mehrere Ausgaben im Stil der amerikanischen STEAMPUNK-TALES an, aber das ist erstmal Wunschdenken) ist "Der Aether - die letzte Grenze" oder vielleicht auch "Garn aus dem Aether". Also steampunkige Raumfahrt mit Aetherschiffen, Marsianischen Eingeborenen, Kolonien auf der Venus, Raumpiraten mit blitzenden Strahlenkanonen, gigantischen Weltraumwalen und dergleichen mehr.
Erster Anlaufpunkt ist natürlich die Webseite Steampunk-Chroniken.de, da findet man auch alle Details zur Ausschreibung und weitere Hintergründe zu Creative Commons und DRM sowie regelmäßige News. Weiter Informationsquellen wenn man auf dem Laufenden bleiben möchte sind zum einen Twitter (@SteamChroniken bzw. Twitter.com/#!/Steamchroniken) und zum anderen Facebook.
Auf der Webseite gibt es eine (wegen der Spammer und aus rechtlichen Gründen moderierte) Kommentarfunktion, wer noch Fragen hat, darf sie dort gerne stellen, die Kommunikation mit den Lesern und Autoren ist mir sehr wichtig.

Zauberspiegel: Gibt es noch eine Frage, die du gerne beantworten würdest, wenn sie dir nur endlich jemand stellte?
Stefan Holzhauer: Ich habe sicherlich im Rahmen dieses Interviews nun schon genug geschwatzt, deswegen keine weitere Frage. Smile Zwei Anmerkungen seien mir aber noch erlaubt: Ich würde mir sehr wünschen, dass eBook-Ablehner, die noch nie ein eInk-Gerät aus der Nähe gesehen haben, sich die vor dem Meckern mal ansehen. Und ich würde mir wünschen, dass die Gerätepreise für solche eReader möglichst schnell auf deutlich unter 100 Euro fallen...

Kommentare  

#1 Pisanelli 2011-06-01 09:07
Der Steampunk-Link funzt leider nicht... :-|

Harantor sagt:Jetzt schon :lol:

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