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... Scott Perkins über den Selbstverlag, eBooks und einen sich wandelnden Markt

Scott Perkins ... Scott Perkins ...
... über den Selbstverlag, eBooks und einen sich wandelnden Markt

Am Sonntag habe ich bereits mit Scott Perkins
gesprochen, einer der sehr interessanten Menschen, die ich auf Facebook treffe, und dessen Kontakt ich ausgesprochen genieße. In seine "Dreifach-Qualifikation" als Autor, Seminarleiter und Buchhändler  ging es im ersten Teil um den Zusammenbruch einer der größten US-Buchhandelsketten.

Als Autor ist Scott Perkins genauso interessant, besonders, um mit ihm über das "in-Thema" des US-Verlags-Szene zu sprechen: Den sich verändernden Markt und Selbst-publishing.

Zauberspiegel: Ist diese Krise der Buchhandlungen das einzige Problem der Verlagsbranche?
Scott Perkins: Wenn es denn so wäre. Es gibt viele Hürden für Buchhändler und Verleger, nicht zuletzt der niedrige Preis für eBooks. Die Idee, dass die elektronische Ausgabe eines Buches (oder anderer Medien) kostenlos sein sollte, oder höchstens 0,99$ kosten soll, ist nicht tragbar. Nur weil es Elektronen sind, entsteht die Wahrnehmung, dass es nichts kostete es zu schaffen, und ich kann nicht sehen, wie Verlage hier einen Ausweg finden werden.
Dieser Preis funktioniert, wenn man selbst veröffentlicht, als Autor unabhängig ist, aber nicht, wenn man versucht, eine Branche mit all ihren Schriftsetzern, Grafikern, Redakteuren, Lektoren zu stützen ...

Zauberspiegel: Wie du dieses Problem schilderst, scheint es nicht nur eine Bedrohung für die traditionelle Art und Weise der Veröffentlichung zu sein, sondern auch für Autoren und all die anderen angeschlossenen Berufe. Aber ist es nicht auch eine Chance - für unbekannte Autoren um aufzufallen, für Verlage um zusätzliche Inhalte in Form von Werbung etc. zu bieten.
Scott Perkins: Das ist sicherlich eine Möglichkeit, es zu betrachten. Ich versuche, diese Idee als eine Metapher auszudrücken, die nicht auf den Bereich des Sports angewiesen ist, da ich mir nicht sicher bin, ob sich der Baseball-Vergleich gut darstellen lässt, und ich nicht viel über Fußball weiß. Es gibt die Idee, die im Umlauf ist, dass Self-Publishing-Autoren anfangen, eine Art Minor-League-Ersatz für Veröffentlichungen zu bilden, und Verlage, sie dann in die "Majors" hinaufrufen, wenn sie für Furore gesorgt haben. Das Problem - wie ich es sehe - ist, dass wir unsere Kunden (in Ermangelung eines besseren Begriffs) darauf trainieren, bei Büchern einen bestimmten Preis zu erwarten. Ein Preis, der nicht ausreicht, um ein Verlagshaus zu finanzieren. Autoren, die selbst veröffentlichen, müssen nur die Aufwendungen (Verluste) der eigenen Arbeit auffangen. Der Verleger muss genug über seine Erfolge genug Geld hereinholen, um die Verluste aus den Titeln zu decken, die nicht zu decken, die durchgefallen sind. So können sie nicht überleben, wenn Bücher für weniger als einen Dollar pro Kopie verkauft werden.
Aber wenn die Leser lernen, dass der Wert eines Buches einen Dollar oder weniger beträgt ... wird sich dies nie für einen Verleger rechnen. Oder auch für eine Buchhandlung, um das zu ergänzen.
Nichtsdestoweniger ... die Kunstwelt wird weiterhin Gemälde für Tausende (von Dollar) verkaufen, trotz der Tatsache, dass sich jeder Benutzer auf Etsy einloggen und ein Gemälde für weniger als hundert Dollar kaufen kann.

Zauberspiegel: Also, wenn ich dich recht verstehe, wird es nur funktionieren, wenn genug Leute übrig bleiben, die Bücher aus Freude daran kaufen, ein Buch in Händen zu halten.
Scott Perkins: ... und der Freude der Interaktion mit einem echten, lebendigen, kompetenten Buchhändlers. Wir sind nette Leute, das sind wir wirklich. Und es gibt nichts, was ein Buchhändler mehr liebt, als wenn einem Kunden wieder zu ihnen kommen, und sie um eine Empfehlung bitten, weil das letzte so gut war. Es gibt einen weiteren Aspekt dabei, bei Buchhandlungen und Verlagen und allem, und das ist das "Kurator"-Argument.
Die letzten 100 Jahre oder so, wurde unsere literarische Kultur von den Redakteuren und Agenten und Buchhändlern kuratiert. Ein angehender Schriftsteller muss zuerst über einen Agenten hinweg, der der Meinung ist, dass es sich lohnt, Zeit und Geld in diese Arbeit zu investieren. Dann der Editor, der eine noch größere Investitionen in Form eines Vorschusses auf künftige Umsätze macht. Und dann müssen die Buchhändler begeistert genug sein, um das Werk aus dem Regal zu holenund es an einen Kunden zu geben ...
Wie auch immer, da ist nunmal der Weg in eine Welt ohne Buchhändlern und in eine Welt, wo Autoren den Publishing-Prozeß umgehen können.
"Die Sahne wird immer nach oben steigen", wie man sagt ("Das Beste wird sich durchsetzen"). Und ich glaube, dass es wahr ist, aber es wird immer schwerer und schwerer (werden), die großartigen Bücher unter den stapelweise unveröffentlichten Manuskripten zu finden, die als E-books angeboten werden.

Zauberspiegel: Aber ist es nicht eine Tatsache, dass die Buchhändler verkaufen nur, was Verlage von Agenten kaufen und produzieren? Und wenn man nicht J.K. Rowling ist (um nur eine echte Heldin des Lebenslaufs einer Autorin zu nennen), schafft man es nicht einmal in die Buchhandlung. Ist es nicht so, dass Verkäufer nicht nur jene Bücher lesen und verkaufen, die von Vertretern der Herausgeber an sie herangetragen werden?
Scott Perkins: Nein. Ich liebe JK Rowling und ich verkaufte, buchstäblich, LKW-Ladungen ihrer Bücher, aber Buchhändler sind mürrische kleine Tiere. Wir graben und graben und graben, auf der Suche nach den Titeln, die Verlagsrepräsentanten in ihren Werbungen verpassen, weil alles, was sie wollen, ist, über das nächste Dan Brown Buch zu sprechen. Wir sprechen mit Bibliothekaren, wir sprechen miteinander, wir sehen und die Konkurrenzbuchhandlung dort unten an der Straße an ...

Zauberspiegel: Gut ... dann lass uns einen Schritt weiter gehen ... man wird nicht einmal veröffentlicht, egal wie gut man ist, wenn die Verlage denken, es wird den Markt nicht zufrieden stellen. Viele sagen, hat das Geschäft des Verlegens habe sich verändert. Man müssen nicht mehr produzieren, was ist der eigenen Meinung nach "gutes Zeug" ist, sondern was der Markt wahrscheinlich abnehmen wird, oder von dem man erwartet, dass er es "schluckt".
Scott Perkins: Das ist sehr wahr. Es ist wahr, zu behaupten, dass man, um das schreiben zu dürfen, was man will, zuerst einmal das schreiben muss, was "DIE" wollen. Wobei "Die" jene sind, die die Entscheidungen treffen. Aber mal im Ernst, das heißt nur, etwas zu schreiben, dass auf den Markt oder in ein Genre paßt. Jede Kunstform und Geschäftsform hat Grenzen, in denen ein bestimmtes Verhalten von einem erwartet wird. Ein Feld, auf das man sich nur wagen kann, wenn man seinen Mut bewiesen hat.
Und hier ist der spannende Teil ... dies alles ist dabei, langsam unterhöhlt zu werden. Genres werden nie vollständig verschwinden. Jeder hat eine Art von Geschichten, die er mag, und sie wollen diese Art von Büchern nebeneinander finden. Es ist hilfreich, die Vermarkter, weil sie eine Zielgruppe haben. Es ist hilfreich für die Buchhändler, weil sie dem Kunden, ähnliche Titel direkt anbieten können.

Zauberspiegel: Du sagst, es beginnt zu erodieren. Meinst du, dass die Art, wie ein Buch (eine Geschichte) in das Schema eines Genres eingeordnet wird, sich verändern wird?
Scott Perkins: Ja und nein, ich wage mich hier auf Glatteis, aber ich beobachte die Young Adult-Bereiche der Buchhandlungen sehr genau, denn dies ist unsere nächste Generation von Lesern, und dieser (Bereich) formt die Meinung dessen, was ein gutes Buch sein sollte.
Und in den meisten Fällen ist dieser Abschnitt der Buchhandlung nicht wie der Rest des Ladens unterteilt, es gibt viel mehr Cross-Genre-Artikel, die spannend zu beobachten sind. Es geht zurück auf das, was ich vorhin gesagt habe: Nämlich das, was wir unseren Kunden beibringen, als selbstverständlich zu erwarten.

Kommentare  

#1 Hermes 2011-08-20 20:17
Ein schwieriges Problem! Einerseits leuchtet ein, was Scott Perkins sagt: Zitat:
Der Verleger muss genug über seine Erfolge genug Geld hereinholen, um die Verluste aus den Titeln zu decken, die nicht zu decken, die durchgefallen sind.
Andererseits sehe ich aber auch die Chancen für Autoren, die bisher keine Veröffentlichungsmöglichkeiten hatten.
#2 Bettina.v.A. 2011-08-20 21:58
Ich sehe im Grund auch auf beiden Seiten gute Argumente.
Allerdings stellt sich mir schon die Frage, ob nicht Buch und Schreiben seine Bedeutung verliert, wenn man es mehr oder weniger für "lau" bekommt

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