... Melanie Brosowski über Frauen im Western, historische Authentizität und Bonanza als Inspiration
... über Frauen im Western, historische Authentizität und Bonanza als Inspiration.
: Mein Name ist Melanie Brosowski; geboren 1979 in Uelzen. Ich bin gelernte Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte und derzeit als Team-Assistentin in einer Hamburger Unternehmensberatung tätig. Ich bin verheiratet und lebe mit meinem Mann in der romantischen Salzstadt Lüneburg in Niedersachsen.
: Ich schreibe etwa seit meinem zehnten Lebensjahr. Ich bin seit meiner Kindheit ein Fan von Star Trek und Bonanza. Für einige Folgen dieser Serien wünschte ich mir ein anderes Ende und so schrieb ich eines Das war sozusagen der Beginn meiner schriftstellerischen Karriere. Dann folgten Beiträge in der Schülerzeitung, einige Jahre Tätigkeit in der Redaktion der Clubzeitung des Lüneburger Star Trek-Clubs, diverse veröffentlichte Kurzgeschichten und seit 2004 bin ich Chefredakteurin der Incoming Message, des monatlichen Newsletters von Trekzone.de
Ich bin in den Genres nicht festgelegt. Ich schreibe, wenn eine Idee sich manifestiert das Genre ergibt sich dann eigentlich irgendwie selber.
: Wie schon erwähnt bin ich ein Bonanza-Fan. Und von Bonanza zum Wilden Westen allgemein ist es nur ein kleiner Schritt.
Ich würde es nicht unbedingt als Liebe, sondern eher als Faszination beschreiben. Aus der heutigen Sicht erscheint den meisten Menschen - und mir damals ebenfalls - das Leben in dieser Zeit wesentlich einfacher. Dass dem jedoch nicht so war und dass für viele Menschen jeder Tag ein Kampf um das nackte Überleben war, sieht man erst, wenn man sich von Hollywood verabschiedet und in die Tiefe geht. Dies aufzuzeigen ist meine Motivation, historische Western zu schreiben.
: Mich interessieren vor allem die Siedler- und Rancher-Themen, welche weniger beachtet werden als z. B. die Bürgerkriegsaspekte, über die man bereits relativ viel lesen kann.
: Es ist meiner Meinung nach ein wichtiges Thema, ja, aber nicht wichtiger als die traurige Rolle der Ureinwohner oder der Sklaven. Ich bewundere die Frauen von damals, wie sie den widrigen Umständen trotzten und immer versuchten, das Beste daraus zu machen, ohne den Rückhalt dessen, was wir heute Zivilisation nennen.
: Sehr wichtig. Andererseits muss ich sagen, dass ich Unterhaltungsliteratur schreibe und keine Sachbücher. Es ist manchmal schwierig, eine Balance zu finden. Eine gewisse schriftstellerische Freiheit sei mir daher erlaubt und verziehen.
: Das Internet ist eine wunderbare Erfindung und eine grandiose Informationsquelle. Allerdings sind viele der Informationen mit Vorsicht zu genießen und teilweise wird man von der Masse der Treffer erschlagen. Deshalb bin ich ein Verfechter von Büchern. Darin kann man blättern, sich etwas markieren, Notizen machen Daneben suche ich häufig den Austausch mit Historikern oder Personen mit entsprechendem Fachwissen, die mich dann nicht nur mit den entsprechenden Informationen versorgen, sondern häufig auch noch auf die eine oder andere weitere Idee bringen.
: Irland im Jahre 1848. Die Große Hungersnot, auch An Gorta Mór genannt, hat die grüne und umkämpfte Insel fest im Griff. Täglich sterben Tausende Menschen, ganze Landstriche sind entvölkert. Männer verlassen ihre Familien oder bringen sich um, weil sie das Leid nicht länger mehr mit ansehen können. Frauen verkaufen ihre Körper für ein schimmeliges Stück Brot oder einen faulen Apfel. Auch Caitlin O´Leary weiß nicht mehr, wie sie ihren Mann und ihre Kinder ernähren soll, und so beschließen sie, in die Neue Welt auszuwandern. Auf einem Coffin Ship, zusammengepfercht auf engstem Raum mit über 200 anderen Auswanderern, bei sich nur einige wenige Habseligkeiten, segeln sie der erhofften besseren Zukunft entgegen. Doch die Strapazen des Trecks stehen ihnen noch bevor. Und als Banditen ihre Wagenkolonne überfallen, scheint das Ende gekommen zu sein
Parallel zur Geschichte von Caitlin O´Leary wird das Leben von Johnny Cooper erzählt, der in jungen Jahren im Streit seinen gewalttätigen und ständig betrunkenen Vater tötet. Mit dem Ruf eines Vatermörders flieht er und findet Unterschlupf bei dem Rancher Heath Scarid.
Dann kreuzen sich die Wege der Protagonisten
Irland mit seiner Natur und Kultur hat mich schon immer fasziniert. Die Große Hungersnot ist leider ein Kapitel, das schon fast in Vergessenheit geraten ist. Viele Menschen sahen damals als einzigen Ausweg die Auswanderung. Wer das Geld für die Überfahrt nicht auftreiben konnte, verpflichtete sich manchmal sogar für viele Jahre, seine Schuld abzuarbeiten. Es waren verzweifelte Menschen, die das Risiko der Überfahrt auf sich nahmen, ohne zu wissen, was in der Neuen Welt auf sie zukam. Doch auch in Amerika hatten sie es nicht leicht. Oft wurden sie wegen ihrer Herkunft und ihrer Konfession gemieden und man gab ihnen nur niedere Arbeiten, was sie noch unbeliebter machte, da die Amerikaner sie als Konkurrenz betrachteten. Aber die Iren leisteten damit einen erheblichen Beitrag zur Geschichte des Landes, denn viele Männer halfen beim Bau der Eisenbahn und kämpften im Bürgerkrieg.
Für mich erscheint der Beitrag der Iren, diese Schicksale, fast in Vergessenheit geraten und von daher war es mir ein Bedürfnis, darüber zu schreiben, als ich das erste Mal davon las und mich damit näher beschäftigte.
: Im Strom des Mississippi ist mein Beitrag für das Buch Herzdame & Pulverdampf - Spieler und Gesetzlose Ihre Heimat war der Mississippi. Der andere Beitrag zu diesem Werk ist der historische Roman Shannon und die Flusspiraten von John F. Beck.
Es ist die Zeit der großen Dampfschiffe, die den Mississippi, den über 2.320 Meilen langen Fluss, befahren. Neben Waren aller Art transportieren die so genannten Steamboats auch Passagiere: Kaufleute, Siedler, Politiker, Abenteurer und Spieler. Einer von ihnen ist William Brody. Er will nach St. Louis, um bei einem großen Pokerturnier die ausgeschriebenen 50.000 Dollar zu gewinnen. Doch auf dieser Fahrt scheint ihn das Glück verlassen zu haben
Es ist die Geschichte eines Mannes, die stellvertretend steht für viele Schicksale jener Zeit am großen Strom. Es ist die Zeit, in der Mark Twain, oder besser Samuel Langhorne Clemens, lebte und über die er später schrieb. Der Fluss war Leben und Tod, war Glück und Verderben
Was Gunfighter Trail Johnny Ringo betrifft, so handelt es sich hierbei um Western über den berühmt-berüchtigten Gunfighter Johnny Ringo. Er lebte von 1850 bis 1882 und gilt als einer der größten Revolverhelden seiner Zeit. Allerdings sind nur wenige historische Fakten über ihn bekannt was mich dazu veranlasste, seine Figur als Grundlage meiner Geschichte zu nehmen. Lassen Sie mich kurz zum ersten Teil den Inhalt zusammenfassen:
Während eines Streites tötet Johnny Bradford seinen Vater. Anschließend verbrennt er die Farm und flüchtet. Im Laufe der Zeit lernt er wie kein anderer mit dem Revolver umzugehen und nennt sich von nun an Johnny Ringo. Er ist jung, verbittert - und verdammt gefährlich! Ein Gunfighter, zum Kämpfen geboren.
: Als Frau hat man es, wie ich finde, in der schreibenden Zunft nicht leicht. Und eine Frau, die Western schreibt das ist ein No go für viele Verlage, von denen es ohnehin nur noch wenige gibt, die sich auf Western einlassen. Von daher wählte ich ein männliches Pseudonym.
Aufgegeben habe ich es nicht. Es ist nur in der Versenkung verschwunden. Außerdem habe ich mittlerweile gelernt, über solchen Dingen und vor allem hinter meinen Werken zu stehen. Warum sollen nicht Frauen auch gute Western schreiben können?
: Derzeit ist keine Neuauflage geplant freuen würde es mich jedoch sehr.
: Nachdem die Armee Tausende von Navajos zusammengetrieben hat, schickt man die Indianer in das Reservat Bosque Redondo. Auf dem Langen Marsch mitten im Winter kommen unzählige von ihnen durch die schlechte Behandlung von Seiten der Soldaten sowie Hunger und Kälte um. Ein Junge namens Ashkii jedoch kann fliehen.
Es ist die fiktive Geschichte des Halbbluts Ashkii, der sich nach seiner Flucht weder der Welt der Weißen noch der der Navajo zugehörig fühlt. Er schwört Rache und muss doch feststellen, dass diese nichts ungeschehen macht
: Mehr oder weniger zufällig, wie das Leben manchmal so spielt. Die Autorenszene ist doch recht klein und natürlich war mir Alfred Wallon und seine Serie Rio Concho ein Begriff. Als ich seinen Roman Canyon der Götter las, hatte ich sehr konkrete Vorstellungen für eine Fortsetzung dieser Geschichte. Ich unterbreitete Alfred Wallon einige Vorschläge - und das Ergebnis war Todesmarsch.
: Vom Schreiben leben können? Das ist sicherlich der Traum jeden Autors. Aber gezwungen kreativ zu sein, um damit seinen Lebensunterhalt zu verdienen, nein, ich denke, das liegt mir nicht. Ich nehme mir die Freiheit zu schreiben, wenn ich Lust dazu habe und vor allem Ideen wenn mich ein Thema anspricht, fesselt. Und ich denke, das merkt man meinen Werken an.
Im Mohlberg Verlag selber fühle ich mich sehr wohl und ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.
: Western sind momentan leider nicht geplant. Dafür erscheint am 15. März 2012 ein Beitrag von mir in der Ad Astra-Reihe des Mohlberg Verlages. Weitere zwei Bände, zusammen mit anderen Autoren, sind bereits in Arbeit.
: Da wären wir wieder bei Bonanza und Star Trek, lach.
Wenn es jedoch um schriftstellerische Vorbilder geht, möchte ich an dieser Stelle besonders Jack Warner Schaefer erwähnen, welcher 1949 den Western Shane verfasste. Ich weiß nicht, wie oft ich dieses Buch gelesen habe. Schaefer hatte eine unglaublich detaillierte Art und Weise, Menschen und Situationen zu beschreiben, und nicht umsonst gilt dieses Werk als eines seiner besten Bücher.
: Von der Johnny Ringo-Serie einmal abgesehen handelt es sich um, ich möchte mal sagen, typische Western ohne genaue historische Korrektheit. Nicht jeder Leser ist angetan von Authentizität und als Autor hat man natürlich wesentlich mehr Spielraum.
: Natürlich. Dies war allein schon nötig, um ein Gefühl für die Charaktere zu bekommen. Wie reagieren sie? Wie sprechen sie? Wie ist der Umgang der Protagonisten miteinander?
: Alfred Wallon hat mir dankenswerterweise relativ freie Hand gelassen. Ich hatte eine gewisse Rahmenhandlung, in der meine Geschichte spielen durfte, und selbstverständlich stand er mir jederzeit mit Rat und Tat zur Seite.
: Ja, ich denke schon. Schließlich ist dies ein historischer Roman und keine seichte Unterhaltung mit Happy End, wo fünf Schüsse in die Brust nur eine Fleischwunde sind.
: Nein, ein konkretes historisches Vorbild, also eine reale Person, gibt es nicht. Aber Ashkiis Schicksal steht stellvertretend für die Schicksale von vielen tausend Indianern jener Zeit.
Als ich Alfred Wallons Canyon der Götter las, fiel mir jedoch sofort ein Bericht ein, den ich mal gelesen hatte über die sogenannte Umerziehung von, insbesondere, Indianerkindern. Man nahm ihnen also nicht nur ihr Land, ihren Besitz, ihre Familien, sondern auch ihre Vergangenheit, ihre Zukunft, ja selbst ihre Götter und ihre Individualität. Es ist ein sehr trauriges Kapitel der amerikanischen Geschichte; eine Wunde, die selbst heute noch schwärt und wohl nie verheilen wird.
Kommentare
Zwei Anmerkungen:
"Ein Blick auf ihre Bibliographie..." Kommt die noch?
"Was erwartet den WesternfreundIn..."
Was erwarten uns noch für tolle Wortschöpfungen von Thomas Abbenhaus?
Und sie hat - neben unserem > neuen< Autor -A.N. O'Murtagh (über das Pseudonym darf durchaus spekuliert werden ) - auch einen rundum gelungenen Band abgeliefert; an dieser Stelle dann auch noch Dank an Thomas T.C. Franke, der die eine oder andere Schwachstelle ausgebügelt hat.
Die Westernbibliographie ist sozusagen im Interview enthalten. Alle Western von Melanie Brososwki, die bisher als Buch oder Ebook erschienen sind, werden von hier vorgestellt.
Ihre drei Bücher 'Im Strom des Mississippi', 'Todesmarsch' und 'Ferner als der Horizont' bespreche ich in den nächsten Tagen hier im Zauberspiegel noch im Detail.
Was hat denn Dein Interesse, Deine Neugierde geweckt?
Die erste Besprechung- Im Strom des Mississippi- ist am Montag erschienen.