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(Not) just another Halloween-Article

Halloween - Geist und Gespenst vor einem Kerzenständer(Not) just another Halloween-Article

Man sollte meinen, dass es genug Artikel zum Thema Halloween gibt. Eine Suche im Netz führte zu über 160 Millionen Seiten. Entsprechend oft sind immer wieder die gleichen Dinge zu lesen, deshalb kann ich es hören: "Ach herje, ich weiß doch, dass Halloween ist, wie oft muss ich das heute noch hören? Und wen interessiert das denn außer den Kostümverkäufern, Kürbisschnitzereien und Süßkramdrealern? Warum schreibt jetzt schon wieder diese Historiksimpeltante darüber?" 

Weil ich es einfach nicht sein lassen kann mich in so ein Thema zu "verbeißen" und sehen will, was dahinter steckt. Es hat mich interessiert einmal den zentralen Thesen zur Herkunft der Bezeichnung und Inhalte dieses Festes nachzugehen. Und weil ich es spannend fand zu sehen, welche mehr oder weniger literarischen Quellen sich finden lassen.

So well ... just another Halloween-Article.

Zentral an den Beginn des Artikels will ich ein Zitat stellen, das aus einem Halloween-Artikel in der Washingtonpost stammt:

Cultures have ways to challenge death but have a hard time beating it.  (...) Days when the living walk around as if dead, and the dead are thought to walk around as if living, are not that unusual. In fact, Halloween can be seen as the American inversion ritual par excellence. (...)
During rituals of inversion, people can violate otherwise solid social codes. Less powerful people can break the rules, reverse the order of expected actions, flaunt otherwise unacceptable ways of dress or behavior or reverse the usual roles of parent-child, boss-worker, male-female (...) 1

Dies erinnert mich sehr an Zitate zum Thema Fasching/Carneval/Fastnacht, bzw. Silvesterbräuche in Europa. 

Offensichtlich ist es heute ebenso aktuell wie in allen Zeiten, sich die "kleine Ausflucht" zu genehmigen, bei der die Regeln der Welt auf den Kopf gestellt werden, ähnlich wie auch beim "Lord of Misrule" ("König Hofnarr") in den englischen Weihnachtsfeierbräuchen. 

Dies könnte auch einer der Gründe für die in den USA zu beobachtende Entwicklung sein, dass Halloween nicht mehr (nur) ein Fest des "Trick-or-Treat-Süßigkeitensammelns" für kostümierte Kinder ist, die durch die Straßen der Nachbarschaft tingeln, sondern sich (wieder) verstärkt auch zu einem Fest für Erwachsene entwickelt. Da sind dann die Ähnlichkeiten zum mitteleuropäischen Fasching fließend.

Anders als bei Halloween hat(te) Fasching eine andere Zielrichtung. Während die Feiern im Februar die Fastenzeit einläuteten, fußen die Bräuche und Rätsel um Halloween ganz klar auf zwei Säulen (je nach Zählung auch noch auf einer dritten), die so bekannt sind, dass man sich in den Reigen der endlosen Wiederholer einreiht, wenn man sie ebenfalls aufgreift. 

Halloween und sene Wurzeln in keltischen Riten

Die erste Säule der Erklärung ist die Verbindung zu keltischen, vorchristlichen Riten aus dem Iro-schottischen Raum. Als zentrale Bereiche der keltischen Stämme werden zunächst einmal Irland, Wales, Schottland, England und das nördliche Frankreich verstanden.

Von den vier großen Festen der Kelten bezogen sich zwei, nämlich Beltane und Samhain auf den Jahreskreislauf. In der auf Viehhaltung und Landwirtschaft orientieren Kultur der Kelten gab es lediglich zwei Jahreszeiten: Sommer und Winter - Leben und Tod. Während der Sommer die Zeit des Säens, Wachsens, Gedeihens, Erntens war, war der Winter geprägt von kurzen Tagen mit langen Nächten und Dämmerzeiten, von Kälte und Einschränkungen, (Ab-) Sterben und Tod. 

Entsprechend dieser beiden Extreme bewegte sich die keltische Kultur und hatte in ihr Leben danach geordnet.

Beltane am ersten Mai war der Beginn der Sommerphase und kennzeichnete den Beginn der Weidezeit für das Vieh, an Samhain war es wieder in den Stall zu bringen. 

In der großen historischen Sammlung schottischer Gebete, Segenswünsche und (geistlicher) Lieder (Carmina Gadelica) werden explizit sogenannte "Beltane Blessings" genannt, mit denen die Menschen den Segen des Himmels (bzw. Mariens) herabflehten:

(...) Everything within my dwelling or in my possession, all kine and crops, all flocks and corn, from Hallow Eve to Beltane Eve, with goodly progress and gentle blessing2 (...)

 

Teilweise wird behauptet, die beiden kontrastierenden Elemente würden für die beiden Geschlechter stehen: Beltane als weibliches, nährendes, lebenbringendes, Samhain als das männliche, das Leben auslöscht, kalt und unwirtlich ist. Vermutlich aus dieser Vorstellung ist die in einigen christlichen Schriften auftauchende Annahme entstanden, Samhain sei Personifizierung einer keltischen Gottheit - die natürlich dann entsprechend diabolisch ist.

"An Etymological Dictionary of the Gaelic Language" erklärt den Begriff "Samhain" als eine veränderte Form des Frühirischen Samuin oder Samain / Samfhuin. Normalerweise bezieht sich der Begriff auf sam-fuin - "Sommer-Ende", von "sam" (Sommer) und "fuin" (Ende). Es werden parallel noch andere Begriffsherleitungen angeboten, die sich auf eine Zusammensetzung aus des Begriffs "van" aus dem Sanskrit und "hurt" (Englisch "Wunde") bezieht. Ebenso gibt es Versuche der Definition über eine griechisch/lateinische Wurzel, die über verschiedene Veränderungsstufen zum Begriff "samani" führte.

Dieser steht für "Versammlung" und soll entsprechend das Zusammentreffen der Druiden in Tara am 1. November repräsentieren. Das entgegen gesetzte Fest am Ende der Winterzeit "Cét-Shamain" oder "Cétein" war der "Erste Fest", das am 1. Mai gefeiert wurde.3

Neben der Bedeutung als eine Erntefest soll nach keltischem Glaube in der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November auch in spiritueller Hinsicht ein besonderer Moment gewesen sein. Wie in keiner anderen Nacht soll die Trennung zwischen der Welt der Lebenden und der Toten besonders dünn gewesen sein - und damit durchdringbar. Bei den Kelten herrschte offenbar der Glaube vor, dass die in diesem Jahr Verstorbenen es schaffen könnten in diese Welt zeitweise zurück zu kehren und ihre Hinterbliebenen zu besuchen - erst einmal ohne Beachtung der Frage ob mit guten oder bösen Absichten. Klar: Geht man von guten Absichten aus, geht es vor allem darum, die "Gäste" zu begrüßen und ihnen einen guten Empfang zu bereiten, andernfalls würde es darum gehen sich vor den bedrohlichen Besuchern zu schützen.

Jedoch - bei aller Liebe für die Verstorbenen - hat ganz ohne Zweifel bei den damals lebenden Menschen die Angst vor Tod und dem Ungewissen großen Raum bei diesem Bräuchen eingenommen. Meiner Ansicht nach waren die Menschen damals noch viel stärker als wir heute dem Spirituellen verhaftet, so musste für sie der Wandel der Jahreszeiten, die Bedrohungen des Winters und die Angst vor dem im Grunde nicht verstehbaren Geschehen der Rückkehr der Toten ein Gefühl von Bedrohtheit und Angst ausgelöst haben.

So spannen sich um diesen Tag (und gerade die Nacht) zunehmend Sitten und Bräuche, die schützende Wirkung haben sollten: Man stellte Essen und Trinken auf um die Gäste zufrieden zu stellen, man verkleidete sich mit furchterregenden Masken um sich als "einer der ihren" sicher(er) unter ihnen bewegen zu können, man löschte alle Feuer im Haus um dann von einem gemeinsamen Feuer wieder den "neues" Licht in das Haus holen zu können. 

Halloween und sein Brauchtum

In England trugen Reisende teilweise ein Brötchen, das gesegnet worden war und auf dem man mit Salz (soll Hexen vertreiben) ein Kreuz gezeichnet hatte. Da der Teufel im englischen Aberglaube als Sammler von Nüssen galt, nutzte man Nüsse zu allerhand Weisssagungen - zum Beispiel sollte es Mädchen gelingen anhand von Nüssen, die sie vor das Feuer legten, den "Richtigen" aus ihren Verehrern auswählen zu können.

Ebenfalls bis heute - zwei der drei Aberglauben sind mir aus Deutschland bekannt - gibt es drei Bräuche, die mit Äpfeln zu tun haben. Einer davon lautete: Schneide einen Apfel in der Mitte durch (das Kerngehäuse muss einen 5-zackigen Stern zeigen) und iss ihn bei Kerzenschein vor einem Spiegel. Hinter deinem Rücken solltest du, wenn du in den Spiegel blickst, deinen zukünftigen Gatten sehen. Vielleicht kennt der eine oder andere folgenden Aberglauben: Schäle einen Apfel und achte dabei darauf, dass die Schale eine lange Schlange formt. Dann wirf sie über deine Schulter. Aus der Form der Schale, die sich beim Hinfallen ergibt, kannst du die Initialen deines Liebsten lesen.

Diese Bräuche geben einen Hinweis auf die erwähnte "dritte Säule je nach Rechnung": Durch den Einfall der Römer in Britannien kamen auch römische Glaubensvorstellungen auf die Insel. Einzelne habe sich bis heute gehalten - und unter anderem auch mit den Halloweenbräuchen vermischt. 
 
Halloween von Daniel Maclise Aus dem Jahr 1833 gibt es ein Gemälde von Daniel Maclise mit dem Titel "Snap Apple Night", das eine Feier zu "Halloween" zeigt. (Ein Klick auf das Bild rechts öffnet die Großdarstellung in einem extra Fenster!)
 
Daniel Maclise war ein irischer Maler des 18. Jahrhunderts, der unter anderem auch Illustrationen zu Büchern von Charles Dickens anfertigte. Seine Bilder sind ihrer Epoche verbunden, brechen nicht wirklich aus, sind häufig Portraits zeitgenössischer Personen, gerade darin liegt ihr Wert für ein gewisses "Feeling". Als Präraffaelit taucht sehr oft eine mystifizierende Komponente auf (siehe z.B. "Undine" - Der Link verlässt zauberspiegel-online, öffnet sich in einem separaten Fenster), entsprechend wird auch "Snap Apple Night" in gewissem Maß idealisierend und mystisch hinterlegt sein.
 
Ausschnitt - Frauen sitzen am Feuer

Begleittext zum Gemälde im ersten Ausstellungskatalog:    
There Peggy was dancing with Dan
While Maureen the lead was melting,
To prove how their fortunes ran
With the Cards ould Nancy dealt in;
There was Kate, and her sweet-heart Will,
In nuts their true-love burning,
And poor Norah, though smiling still
She missed the snap-apple turning.
On the Festival of Hallow Eve.

Aussschnitt "Snapapple-Spiel"Neben dem Brauch der Zukunftsvorhersage (linker Ausschnitt) tauchen zwei Darstellungen von englischen Bräuchen auf, die mit ziemlicher Sicherheit römischen Ursprungs sind (siehe die beiden Darstellungen rechts). Die obere zeigt das eigentliche "Snap-Apple", bei dem man mit auf den Rücken gebundenen Händen in einen Apfel beißen muss, der an einem Strick von der Decke hängt. In dem Apfel ist ein Geldstück versteckt. Wem es gelingt als Erster auf das Geldstück zu beißen, darf es behalten und soll besonderes Glück haben. Die untere Darstellung zeigt ein anderes "Apfelspiel" bei dem man versuchen muss, einen Apfel aus einem mit Wasser befüllten Behälter nur mit dem Mund zu fischen, genannt "Bobbing for Apples". Letztes Spiel hat sich bis heute als ein Halloweenbrauch erhalten.

Ausschnitt - Spiel Apple BobbingDiese Bräuche und die Verwendung von Äpfeln geht über die Tatsache, dass diese zu dieser Jahreszeit eben frisch verfügbar waren, hinaus. Der Apfel war der römischen Göttin Pomona gewidmet (Pomologie), die als Göttin des Obstsegens gilt. Zu ihrer Ehre wurden in Rom Erntedankfeiern abgehalten, die sich nach der (vorübergehenden) Festsetzung der Römer auch in England verbreitete. Da sie als Symbol des Überflusses galt, findet man heute viele Darstellungen, in denen sie ein Füllhorn im Arm trägt.

Im "Every-Day Book" von William Hone wird - als ein paar letzte Beispiele - ein Brauch beschrieben, den ich in modernen Darstellungen nicht mehr gefunden habe: Über die Sitzfläche zweier Stühle wird eine Planke/Stiel gelegt, so weit auseinander, dass ausreichend "Gefahr" besteht beim Darüberlaufen abzurutschen. Die Spieler haben nun die Aufgabe einzeln über diese Stange zu balancieren, eine Kerze in der Hand. Diese muss er an der brennenden Kerze am anderen Ende des Weges entzünden. Wenn ihm dies nicht gelingt, plumpst er  - zweifelsohne unter dem Gelächter aller anderen - in eine Wanne mit Wasser, die unter der Stange steht.

Dieser Almanach bietet sich hervorragend an um sich die verschiedenen Bräuche der damaligen Zeit durchzulesen.

In ihm wird auch folgende Bewahrung des keltischen Brauchs des "Bonfires" beschrieben, einmal aus der Grafschaft Perthshire, Schottland, zweite Beschreibung stammt aus Aberdeen, Schottland:

On All Saints Even they set up bonfires in every village. When the bonfire is consumed, the ashes are carefully collected into the form of a circle. There is a stone put in, near the circumference, for every person of the several families interested in the bonfire; and whatever stone is moved out of its place, or injured before next morning, the person represented by that stone is devoted, or fey; and is supposed not to live twelve months from that day. The people received the consecrated fire from the Druid priests next morning, the virtues of which were supposed to continue for a year.(...) The Midsummer Even fire, a relict of Druidism, was kindled in some parts of this county; the Hallow Even fire, another relict of Druidism, was kindled in Buchan. Various magic ceremonies were then celebrated to counteract the influence of witches and demons, and to prognosticate to the young their success or disappointment in the matrimonial lottery. These being devoutly finished, the Hallow fire was kindled, and guarded by the male part of the family. Societies were formed, either by pique or humour, to scatter certain fires, and the attack and defence here often conducted with art and fury. ...but now the Hallow fire, when kindled, is attended by children only; and the country girl, renouncing the rites of magic, endeavours to enchant her swain by the charms of dress and of industry.4

 

Neben Samhain gab es um diese Tage ein weiteres keltisches Fest namens Taman. Dieses Fest soll in viel stärkerer Weise als Samhain blutorientiert gewesen zu sein. Um die schwächer werdende Sonne zu stärken, wurden von den Druiden Tieropfer gebracht.

Laut verschiedener Quellen wird vor dem ersten nachchristlichen Jahrhundert in angelsächsischen Quellen der 1. November nie als Tag besonderer Feierlichkeiten erwähnt, ebenso würden zwischen dem Mittelalter und dem 19. Jahrhundert nicht erwähnt, dass es in diesen Tagen besondere Feierlichkeiten gegeben hätte (siehe unter anderem theology.de). Vor allem christlich orientierte Informationsquellen bestreiten einen möglichen Zusammenhang zwischen Samhain und Halloween und berufen sich ganz auf die zweite Säule der Entstehung, die in der anglikanischen Christianisierung zu finden ist. Aufgrund der Literaturhinweise, die ich gefunden habe, unter anderem eben Hone oder gleich hier ein kleiner Auszug eines Gedichts von Robert Burns, scheinen die Menschen diese beiden Tage (31. Oktober und/oder 1. November) durchaus gefeiert zu haben.

Robert Burns (1759-1796) schildert in dem Gedicht so manches, das heutigen Vorstellung von Halloween entsprechen. Da das Gedicht recht lang ist, hier nur ein Zitat:

Halloween
Robert Burns (1759-1796)

(...)

He whistled up Lord Lennox' march
To keep his courage cheery;
Although his hair began to arch,
He was say fley'd and eerie:
Till presently he hears a squeak,
And then a grane and gruntle;
He by his shouther gae a keek,
And tumbled wi' a wintle
Out-owre that night.

He roar'd a horrid murder-shout,
In dreadfu' desperation!
And young and auld came runnin' out
To hear the sad narration;
He swore 'twas hilchin Jean M'Craw,
Or crouchie Merran Humphie,
Till, stop! she trotted through them
And wha was it but grumphie
Asteer that night! 

 (...)

Halloween und die christlichen Wurzeln

Im Jahre 731 wurde der 1. November zum Allerheiligentag erklärt, in Englisch "All Hallows Day". Der davor liegende Tag, der 31. Oktober, bekam so der Abend vor Allerheiligen - "All Hallows Eve". Aus diesem Wort schliff sich schließlich der Begriff "Halloween" ein. 

Auf den Allerheiligentag folgt im Kirchenjahr Allerseelen am 2. November.

Allerheiligen sollte der Erinnerung an all jene (kleinen) Heiligen dienen, für die kein "Platz" im Jahreskreis war (den großen Heiligen waren bereits Gedenktage im Jahresverlauf gewidmet). Unter Papst Gregor III. (ca. 731 n.Chr.) wurde eine Kapelle in der damaligen St. Peter-Basilika "allen Heiligen" geweiht und der 1. November als der Tag für die Feier dieser Heiligen festgelegt. Die Messe, die an diesem Tag gelesen wurde, nannte man in den angelsächsischen Ländern "Allhallomas".

998 wurde vom Abt des Klosters von Cluny,  Odilo, für den Folgetag der 2. November als Allerseelentag ausgerufen. In Ergänzung zu dem Tag aller Heiligen sollte dieser Tag dem Heil aller Seelen gelten. Messen wurden in Erinnerung an die Verstorbenen des vergangenen gelesen, Gebete für alle toten Seelen und ihre Erlösung aus dem Fegefeuer gesprochen. Im katholischen Verständnis ist es möglich, Gott um die Vergebung von Sünden der Toten zu bitten. Es werden Lichter auf die Gräber gestellt, die als Symbol für die Seelen der Verstorbenen stehen sollen.

Wahrscheinlich aus einem mittelalterlichen Brauch ist das Betteln um Süßigkeiten entstanden. Bettler gingen im Mittelalter von Haus zu Haus und bettelten um die sogenannten "Seelenkekse". An anderen Tagen im Jahr war es ihn verboten, zumindest aber ungern gesehen, wenn sie offensiv an und in die Häuser gingen. An Allerseelen war dies anders. Die Seelenkekse waren eine Gegenleistung für die Gebete, die die Bettler im Gegenzug für die Verstorbenen des Hauses zu beten versprach. Im mittelalterlichen England wurden ebenfalls solche Kekse gebacken, dort nannte man sie "soul cakes". 

Es ist schon beeindruckend zu beobachten, in welchem Maß sich die "Halloweenomania" ausbreitet - nicht nur in Deutschland. Dabei wäre es etwas zu einfach, diese Entwicklung nur auf die Amerikanisierung zu schieben.

Marco Höhn zitiert seinerseits wenn er in seinem Beitrag "Tot aber glücklich: Halloween - die Nacht der lebenden Toten als Event-Mix" in dem Buch "Populäre Events: Medienevents, Spielevents, Spassevents" Halloween beschreibt als ein

Produkt einer gesellschaftlichen Konstruktion von Wirklichkeit5 

Bevor er mit einem historischen Abriss fortsetzt, endet die Einleitung mit der Bemerkung, dass "unterschiedliche Bedeutungsmuster für verschiedene Halloween-Fangemeinden" bestehen.

 

 

Zitate / Quellen:

1 Ken C. Erickson and Patricia SunderlandWhat's Behind Halloween, Where Our Weird Rituals Originated, Special to The Washington Post, Wednesday, October 14, 1998

2 Alexander Carmichael (Hrsg.), Carmina Gadelica, Hymns & Incantations, Collected in the Highlands And Islands of Scotland in the Last Century, Floris Books, 1994

3 Alexander MacBain, An Etymological Dictionary of the Gaelic Language, Gairm Publications, 1982 

4 William Hone, Kyle Grimes, editor, The Every-Day Book. Der Almanach zitiert selbst

 

5 Marco Höhn, Tot aber glücklich: Halloween - die Nacht der lebenden Toten als Event-Mix, in Populäre Events: Medienevents, Spielevents, Spassevents, Von Andreas Hepp, Waldemar Vogelgesang, VS Verlag, 2003

Christiane Eluere, Die Kelten, Ravensburger, 1994
http://www.artrenewal.org - Darstellung von Bildern von Daniel Maclise
http://www.woodlands-junior.kent.sch.uk
Library of Congress, http://www.loc.gov/index.html
http://www.halloweenhistory.org/
http://www.theology.de 
http://www.brauchtum.de
http://www.helles-koepfchen.de

 

Kommentare  

#1 Mainstream 2008-10-31 10:38
-
Sehr schöner, aufschlußreicher Artikel.

Dem Abschluß allerdings möchte ich wenig wiedersprechen.
Ich würde die Entwicklung in Deutschland in Bezug auf Halloween
ausschliesslich auf die Amerikanisierung schieben. Ganz egal
welche geschichtlichen Hintergründe für dieses Fest stehen,
muss man es für Amerika mit dem deutschen Fasching
gleichsetzen, zumindest in seinen Ausmaßen von Massenhysterie.

Es gibt nicht die geringste Grundlage (oder habe ich den Artikel
nicht gründlich genug gelesen?) in Deutschland plötzlich so
ein Fest aus dem Boden zu stampfen. Natürlich stehe ich mit
derben Scherzen hinter der Tür, wenn die Racker klingeln, aber
dieser 31. Oktober wird in Deutschland nie eine tiefere
Bedeutung bekommen.
Warum auch?

Von den fünfzig Haushalten in unserer Strasse, haben heute
Nacht maximal 5 einen Kürbis vor der Tür. Anders sähe es aus,
sollte der Großteil der Allgemeinheit das Fest als solches
annehmen. Aber wofür?

Auch wenn Weihnachten, als Beispiel, zum reinen Konsumrausch
mutiert ist, wachsen wir alle dennoch mit dem christlichen
Hintergrund für dieses Fest auf. So verhält es sich auch mit
Halloween in Amerika. Welchen Hintergrund hat Halloween in Deutschland?

Ich jedenfalls, setze mich mit meinen Katzen heute Nacht in das Kürbisfeld und warte bis der Große Kürbis aus dem Felde steigt.
#2 Bettina.v.A. 2008-10-31 11:36
Hi Mainstream,
ja, ich denke auch, dass Halloween in den USA in seinem Ausmaß unserem Fasching ähnlich ist.

Ich würde nie sagen, dass man hier bei uns Halloween aus dem Boden stampfen muss - ich bin überhaupt kein Fan von solchen Festen, sei es Halloween, Valentine etc., wobei das nichts mit Importware zu tun hat, ich mag auch kein Fasching.

Meiner Einschätzung nach sorgt die Amerikanisierung und die Internationalität von Medien dafür, dass man überhaupt erst einmal mitbekommt, dass es sowas wie Halloween überhaupt gibt. Allerdings ... ich habe noch nie gehört, dass jemand in Deutschland Kwanzaa feiert. Darüber wird allerdings auch nicht wirklich berichtet.

Ich kann M. Höhn nur zustimmen, dass es nicht nur einen Grund gibt, warum Halloween in Deutschland populärer wird.
Ich denke, dass es in den Markt gepuscht wird von Herstellern von entsprechenden Artikeln (Süßkram, Medien etc), die ein Interesse wahrgenommen haben.
Es wird inszeniert als ein "Event", ein Happening, mit Parties, Verkleiden (Demonstration der Abgrenzung, Zelebrieren von "Ich bin anders") ...

Höhn spricht von einer "Entzauberung" der Festkultur (und meiner Ansicht nach damit auch Entwertung von kulturellen, religiösen und rituellen Werten und Inhalten). Im Bereich Religion natürlich sehr stark befördert durch die Tatsache einer geringer werdenden deutlichen Positionierung des Einzelnen hin zu einem Mischmasch an Strömungen und religiösen Orientierungen (bitte beachte, dass ich das gar nicht im Sinn einer Wertung meine).

Die Halloweenenthusiasten hier in Deutschland spiegeln meiner Meinung nach die Tatsache wider, dass es nicht (mehr) die eine oder zwei bis drei Kulturen gibt, in denen vor allem die Jugendlichen sich bewegen. Ich erlebe viele der Leute, die Halloween ?mitfeiern? als indifferent bezüglich der Herkunft und früheren Bedeutung, wenig informiert und weitgehend desinteressiert. Sie finden es ?cool?. Im Kindergarten wird gefeiert, es gibt Feten für Jugendliche, Erwachsene machen kleine Events.

Die Frage nach dem kulturellen Hintergrund von Halloween in Deutschland ist für mich klar: Es gibt keinen. Aber es ist auch eine Tatsache, dass Kulturen in einem ständigen Wandel begriffen sind und ständig Einflüsse aufnehmen. Ein super Beispiel dafür ist der Weihnachtsbaum. Würdest du heute noch auf die Idee kommen ihn kopfüber aufzuhängen, oder ? wie eigentlich mal gewesen ? am Adventskranz 24 Kerzen haben? Gehst du auf Prozessionen, ich glaube du bist in Franken, oder? Ich finde nicht alle Entwicklungen gut, an Halloween die Kommerzialisierung und Uniformiertheit an Hintergründen. Ich finde es aber auch nicht gut, dass Leute Weihnachten nur aus kulturellen Gründen feiern und weil es Geschenke gibt. Nun kann man fragen: Kann man sich dem entziehen? Wenn ich nachher einkaufen gehe werde ich wieder feststellen, dass man seit September mit Lebkuchen beschossen wird und die Werbung für Kinderspielsachen massiv zunimmt. Wie gesagt, Kulturen verändern sich ... wo will man die Grenze ziehen? In einer oder zwei Generationen werden sich die Leute wahrscheinlich kopfschüttelnd vor die Stirn schlagen ob der Tatsache, dass man überhaupt jemals Leuten zu ihrem Namenstag gratuliert und sie mit kleinen Geschenken bedacht hat ? ich bin aus Bayern und weiß, dass das in meiner Jugend noch gemacht wurde, damals eben auch um der Namenspatronin des Menschen zu gedenken.

Übrigens ist heute Reformationstag ;-)

Gruß,
Bettina
#3 Stefan Holzhauer 2008-10-31 11:52
Ich denke auch, dass Hallowe'en durch eine gewisse amerikanisierung "zurück gekommen" ist. Stört mich aber nicht, außerdem gibt es historische Grundlagen, die unsere gründlich christlich verseuchte Gesellschaft aber nicht mehr kennt. Zum einen war auch der Süden des heutigen Deutschlands bis zum nördlichen Mittelgebirge mal keltisch zumindest "durchsetzt", zum anderen wurde auch bei Germanens der Tag, der heute als Allerheiligen bekannt ist, als Winteranfang begangen (gefeiert ist hier wohl der falsche Ausdruck, es sollte wohl eher die Angst vor der kargen Zeit verdrängt werden). Natürlich an keinen zwei Orten gleich... :-)

Die Kirche hat ja die lokalen Feiertage durch ihre ersetzt, damit sie auch gefeiert werden... War wohl eher ein Langzeitplan... ;-)
#4 Bettina.v.A. 2008-10-31 11:59
gründlich christlich verseucht ... najaaaa ... ich habe absichtlich dazu nichts geschrieben, da das christliche-Übernahme-Fass erst einmal geöffnet ... wer weiß was vor der Verseuchung durch den keltischen Ritus war? Bis auf wenige Ausnahmen entwickeln viele Religionen Sendungsbewußtsein. Ich finde es allerdings ausgesprochen unfassbar welche Gewalttaten im Namen von Religion geübt werden - das hat dann nichts mehr mit Glaube zu tun sondern ist Macht(missbrauch), Politik und Menschenverachtung.
#5 Mainstream 2008-11-01 10:27
-
Morgen Bettina,
habe sehr gelacht als ich Deinen gestrigen Beitrag
gelesen habe, weil wir just am Tag zuvor einen
Beitrag über eine Adventskalender-Ausstellung gedreht
haben. Dabei bin ich auf den 24 kerzigen Kranz
gestossen, derwohl in den nordischen Ländern noch
gerne genutzt wird.

Ist der Weihnachtsbaum ansich nicht auch aus dem
keltischen? Jedenfalls heidnisch, das ist irgendwo
in meiner Erinnerung. Von Halloween habe ich erst
durch meinen Freund John Carpenter erfahren.
Mag schon sein, das es wieder 'zu uns zurück kommt',
aber Szenen wie gestern Abend in unserer Strasse
beweisen, das hier nichts Traditionelles gefeiert wird,
sondern etwas künstlich auf gezogen wird, damit
die Deko-Industrie lustige Sachen verkaufen kann,
Diskotheken und Kneipen Leute mit etwas locken
können, weil ja ab 12 Uhr Nachts keine Musik mehr
gespielt werden darf und das Abfallprodukt Kürbis
fährt plötzlich Gewinn ein.

Halloween ist Mode, ein künstlicher Trend, von dem
die meisten Menschen nach nur vier - fünf Jahren
schon die Schnauze voll haben, weil die Plagen trotz
Süssigkeiten Eier werfen, oder Briefkästen vollmüllen.

Auch ich würde mich als Christ bezeichnen. Und die
Aussage von 'gründlich christlich verseucht' hat mich
etwas stutzig gemacht, HERR HOLZHAUER !
Wir sollten uns bei solchen Bemerkungen lieber auf
die Institutionen konzentrieren, denn die sind
zweifelsfrei die Wurzeln des Übels. Aber eigentlich
hat ja so jede Religion und Glaubensrichtung immer
mal etwas Schaden in der Welt angerichtet.

In Griechenland wird der Namenstag gefeiert, so wie
wir Geburtstag feiern. Solche Traditionen verschwinden
tatsächlich, aber das sind kulturelle Entwicklungen.
Strömungen wie Hallowwen in Deutschland denke
ich kann man entgegen wirken, denen kann man sich
entziehen. Und ich glaube auch Gestern wieder gemerkt
zu haben, das es schon weniger und weniger Leute
sind, die ein Bedürfniss nach dem großen amerikansichen
Vorbild haben.

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