Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Kurt Luifs HEXENGLAUBEN (Teil 14)

Kurt Luif's HexenglaubeWie erfolgte nun die Anklage gegen Hexen? Wie wurde der Prozeß geführt? Wie bekamen die Richter die Geständnisse der Hexen? Welche Fragen wurden an die Hexen gerichtet? Welche Torturen wurden angewandt? Welche Strafen gab es? Damit beschäftigen wir uns in dieser  Folge unserer Serie 

HEXENGLAUBEN
(Teil 14)

Nach dem Hexenhammer war der Richter befugt, auf bloße Denunziation, üblen Ruf und sonstige Indizien einzuschreiten. 

 

Kam ein Inquisitor in eine Stadt, wo er tätig sein sollte, dann forderte er durch einen Anschlag an den Türen des Rathauses und der Pfarrkirchen unter Androhung von Kirchenbann und weltlichen Strafen auf, jede Person, von der man etwas Zauberisches wisse oder von der man selbst nur gehört habe, daß sie in üblem Rufe stehe, binnen zwölf Tagen anzuzeigen. Der Denunziant wurde belohnt, sein Name auf Verlangen verschwiegen. In den Kirchen fand man gelegentlich ein kleines Kästchen mit einem Schlitz im Deckel, in die man eine anonyme Denunziation einwerfen konnte. Hatte der Richter die nötigen Indizien, so eröffnete er das Verhör. Was aber galt als Indiz? Die Antwort ist sehr einfach: Fast alles! Übler Ruf,  die Aussage einer Gefolterten, die Abstammung von einer wegen Zauberei Hingerichteten, Heimatlosigkeit, ein wüstes Leben, rasch zunehmender Wohlstand, eine Drohung,  auf die dem Bedrohten ein plötzlicher Schaden traf. Der nachlässige Besucher des Gottesdienstes war verdächtig, der fleißige aber nicht weniger, da sein Benehmen die Absicht verriet, den Verdacht von sich abzulenken. Die Anklage durfte Zeugen aufrufen, die in jedem anderen Verfahren nicht auftreten durften: nahe Verwandte, Diener, Meineidige, exkommunizierte Personen, Kinder.

Ehe der Richter die Hexe vernahm, sprach et zuerst mit den Zeugen, danach schritt er zum Verhör der Gefangenen. Der Hexenhammer will das Verhör mit der folgenden Frage eröffnet haben: „Ob die Inquisitin glaube, daß es Hexen gebe?" Wer nun die Existenz der Hexen leugnete, der wurde auf jeden Fall als Ketzer verurteilt. Wir bringen nun in dieser und in der nächsten Folge unserer Serie HEXENGLAUBEN einige Fragen aus dem HEXENHAMMER im Originaltext:

I.    Absoluta  generalia  circa Confessionem (Betreff des Bekenntnisses)
  • 1. Warumben sie vermain, das sie hierher gefireth worden?
  • 2. Wie lang es dann herr sey, das sie in dieses hochverdambte Laster der Hexerey geraten?
  • 3. Was sie dazu bewegt habe?
  • 4. In  was gestalten  anfangs der  leidige Teufel zu ihr khumen war, Item zu Morgen, Mitags, abents oder nachts?
  • 5. Was er mit Ihr geredt, bey ihr gethan und mit ihr verricht habe?
  • 6. Was er hernachen an sie begert und warumben sie eingewilligt habe?
  • 7. Was ihr der Teifel Versprochen und was er ihr geben? Item an was geberden sie ihn erkhendt habe?
  • 8. Warumben er ihr diese Sachen geben und sie damit thuen solle?
  • 9. Ob sie schreiben und lesen khinde, und ob sie sich dem Teifel verschrieben habe, mit wehme? Und ob er ihr mit die Hand gefireth und welche?
  • 11. Ob er sie änderst gedaufft und wer sonsten darbey gewesen, wie sie ihren pueldeifel (Buhlteufel) und herentgegen sie gehaissen habe?

II. Circa   punctum  malefactorum   (Betreff  Übeltaten)
  • 1. Was sie mit ihren teiflischen Pulver und Salben für leith und vieh umgebracht, wie lang diß her seye und warumben sie es gethan?
  • 2. Wer darzu geholfen?
  • 3. Wo sie diese übel stifftung begangen?
  • 4. Waß   leithen  und  vieh   für  krankheiten zugefiegt, wo, wie lang es sey, warumben und wer darzu geholfen?

IV. Circa punctum: Ausfahren
  • 1. Wie offt sie ausgefahren?
  • 2. Uf  wenn,  und  durch  was sie  hinauskhommen?
  • 3. Zue was Zeiten, Item obs sie vorn oder hinden gesessen?
  • 4. Was sie vor dem ausfahren für wort gesprochen?
  • 5. Ob es balt oder langsam von statten gegangen?
  • 6. Wan es finster gewesen, wie sie sich in der Luft erkhennen mögen, wo sie seye?
  • 7. An welche örther sie khommen, wie sie haissen?
  • 8. Was sie draußen für Sachen gesechen?
  • 9. Was für speisen vor der handt gewesen?
  • 10. Ob sie auch broth und Salz gesechen?
  • 11. Was sie zu trinkhen gehabt, und auß wem sie getrunkhen und in weme man es herfihre?
  • 12. Waß sie under der Malzeiten mit einander geredt und wie man beisammensitze und für Rath Schlag mache, wer draußen am besen daran?
  • 13. Was für leichter (Leuchter) gehabt, und ob nit etliche uf eine sonderbare Manier leichten miessen, ob sie auch geleicht?
  • 14. Wie lang die Malzeit wehre und wie vil leith vorhanden seyn, sonderlich bei ei¬ner großen Zusammenkhunft?
  • 15. Was man nach der Malzeit thue und ob sie viel golten?
  • 16. Wenn ein Tanz gewesen, was sie für spilleith gehabt?
  • 17. Ob man auch in der Ordnung herumtanze?
  • 18. Ob nit bißweillen baar und par uf die seithen wischen und was sie bisweillen zu thuen pflegen?
  • 19. Mit wenne ein yedes Tannze und mit weme sie getannzt habe?
  • 20. Ob nit ainer for der handt seye, cteme man ehrerbiettung erweisen miesse, und was  gestalten? Item  ob er sitz oder stehe, und wie er beklaidt, auch wer er seye?
  • 21. Wie lang dieser Tannz wehre, und waß man alsdann anfange?
  • 22. Wie sie gewüsst, daß sie wiederumben haimb Marschiren miesse?
  • 23. Ob  sie  von   den   Essennden   speisen niehmalen was eingeschoben und was? Item, wie ihr die Speisen draußen geschmeckht haben, ob sie in den claidern oder nackhend ausgefahren?
  • 24. Wie  ab die Sachen angangen, daß „ihre ehemann inzwischen nicht erwacht ist?"

Bis in einer Woche..
Copyright by © Kurt Luif 1976 + 2010

 

Kommentare  

#1 Pisanelli 2010-10-25 09:17
Es stimmt wohl, dass von der Kirche aus der Inquisitor eine Menge Rechte eingeräumt bekam. Die Anklage erfolgte tatsächlich auf Anzeige, dadurch waren Denunziationen Tür und Tor geöffnet. Verteidiger gab es keine - die gab es aber auch nicht bei weltlichen Vergehen. Die mittelalterliche Rechtsprechung war da noch sehr primitiv.
Folter und körperliche Strafen (einschließlich der Todesstrafe) konnten aber nur mit Hilfe der weltlichen Macht durchgeführt werden, da die Inquisitoren als Kirchenmänner sich nicht mit Blut besudeln durften (auch für die Anwesenheit während der Folter brauchten sie eine Sondergenehmigung bzw. einen Ablass von der Kirche). D.h., der Inquisitor konnte sein Amt immer nur mit Hilfe der jeweiligen Landesherren ausüben. In Deutschland haben sich dem viele Fürsten verweigert, besonders "erfolgreich" war die Inquisition vor allem in Spanien und in Teilen Frankreichs, wo die Könige selbst die Erlaubnis erteilten (dies waren zentral vom König gelenkte Länder, während in Deutschland, Italien oder England die Macht dezentral durch Landesfürsten wie Kurfürsten und Herzöge ausgeübt wurde).

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles