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Kurt Luifs HEXENGLAUBEN (Teil 18)

Kurt Luif's HexenglaubeIn dieser Folge unserer Serie

HEXENGLAUBEN
(Teil 18)

bringen wir die aktenmäßige Darstellung einer Folterung. Das Protokoll ist von dem Untersuchungsrichter Dr. Gogravius bei der Torquierung der Enneke Fürsteners zu Coesfeld am 31. Oktober 1724 aufgenommen:

 

Nachdem die Angeklagte vergebens zum gütlichen Bekenntnis aufgefordert war, ließ Dr. Gogravius ihr den Befehl der Tortur publizieren, und führte ihr demnächst ernstlich zu Gemüte, daß sie den Umständen nach und nach der Lage der Dinge schuldig sein müsse und sich keineswegs werde reinwaschen können. Sie möchte darum lieber die Wahrheit gestehen, als daß sie sich selbst, weil die peinliche Frage sie ja doch zum Bekenntnis bringen werde, die Strafe verdopple. Der Nachrichter Matthias Schneider wurde herbeigerufen. Er zeigte ihr die Folterwerkzeuge und redete ihr scharf zu, während der Richter ihr die einzelnen Anklagepunkte vorlas. Sie leugnete noch immer. Darauf schritt der Richter zum zweiten Grad der Folterung. Die Angeklagte wurde in die Folterkammer geführt, entblößt und angebunden und über die Anklagepunkte befragt. Sie blieb beständig beim Leugnen, deshalb wurden ihr die Daumenschrauben angelegt. Obgleich die Angeklagte fünfzig Minuten in diesem Grade ausgehalten, hat sie doch nicht allein nicht bekannt, sondern auch während der peinlichen Frage keine Zähre fallen lassen, sondern nur gerufen: „Ich bin nicht schuldig! O Jesu gehe mit mir mein Leiden und stehe mir bei!" Danach ist also zum vierten Grad geschritten worden vermittels Anlegung der spanischen Stiefel. Als aber peinlich Befragte in diesem Grade über dreißig Minuten hartnäckig dem Bekenntnis widerstanden, ungeachtet die spanischen Stiefeln zu verschiedenen Malen versetzt und aufs schärfste wieder angeschroben wurden, auch keine einzige Zähre hat fallen lassen; so hat Dr. Gogravius besorgt, es möchte peinlich Befragte sich vielleicht per maleficium unempfindlich gegen Schmerzen gemacht haben. Darum hat er dem Nachrichter befohlen, sie nochmals entblößen und untersuchen zu lassen, ob vielleicht an verborgenen Stellen ihres Körpers oder unter den Unterkleidern etwas Verdächtiges  vorfinde. Worauf der Nachrichter berichtet, daß er alles auf das genaueste habe untersuchen lassen, aber nichts gefunden sei. Ist ihm also befohlen, abermals die spanischen Stiefel anzulegen. Die Inquisitin aber hat die Tat beständig geleugnet: Als demnach peinlich Befragte ihr zum zweiten Mal angelegten spanischen Stiefel abermals über dreißig Minuten hartnäckig überstanden, so zwar, daß sie während der Folterung weder die Farbe im Gesicht veränderte noch eine einzige Zähre hat fallen lassen, auch nicht vermerkt werden konnte, daß sie an Kräften abgenommen oder die Strafe sie geschwächt oder verändert hätte, so fürchtete Dr. Gogravius, der vierte Grad möchte die Angeklagte nicht zum Geständnis bringen und befahl zum fünften Grad zu schreiten.

 Demgemäß wurde die Angeklagte vorwärts aufgezogen und mit zwei Ruten bis zu dreißig Streiche geschlagen. In betreff  der ihr Artikel beharrte sie beim Leugnen. Daher dem  Nachrichter befohlen wurde, peinlich  Befragte rückwärts aufzuziehen.  Mit der Aufziehung  ist dergestalt verfahren, daß die Arme rückwärts gerade über dem Kopf gestanden, beide Schulterknochen aus ihrer Verbindung gedreht und die Füße eine Spanne weit von der Erde entfernt  gewesen sind. Als die Angeklagte ungefähr sechs Minuten also aufgezogen gewesen,  hat Dr. Gogravius befohlen, sie abermals mit dreißig Streichen zu hauen, was denn auch geschehen ist. Peinlich Befragte verharrte aber beim Leugnen. Ferner auch, obwohl die Korden mit ungefähr zehn Schlägen angeschlagen und ihr außerdem die bisherigen   Folterwerkzeuge wieder angelegt sind,  dergestalt, daß sie fast unerträgliche geschrien, hat sie doch über dreißig Minuten diesen fünften Grad ebenso unbeweglich wie die vier vorhergegangenen überstanden, ohne zu bekennen. Wie nun Dr. Gogravius dafür halten mußte, daß die erkannte Tortur gehörig ausgeführt, gleichwie dann der Nachrichter mitteilte, daß nach seinem Dafürhalten peinlich Befragte die Folterung nicht länger werde ausstehen können, so hat Dr. Gogravius sie wieder abnehmen und losbinden fassen und dem Scharfrichter befohlen, der Gefolterter die Glieder wieder einzusetzen und sie bis zu Ihrer völligen Genesung zu verpflegen.

Nach einem Protokoll vom folgenden Tage ging der Scharfrichter zu der Unglücklichen ins Gefängnis, um sie zu Verbinden und ihr zuzureden. Der Scharfrichter brachte das bis dahin so starke Weib an diesem Tag „durch gütiges Zureden“ zum Geständnis.


Bis in einer Woche..
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