Lucius Cornelius Sulla – Der Cäsar vor Cäsar - 14. Feierabend!
Sobald er „Feierabend“ hatte, machte er sich auch schon daran, das Leben zu genießen. Das durch die proscriptiones angehäufte Vermögen verschleuderte er laut Plutarch an „hübsche Frauen, Lyraspieler, Theaterleute und“ den „Abschaum unter den Freigelassenen“. Wo er „im Dienst“ humorlos die althergebrachte Moral hochhielt, da gab er sich nun Suff und fröhlicher Geselligkeit hin. Hochwohlgeborene Damen wurden genötigt, in seine Feiergesellschaft einzuheiraten. Einem schlechten Dichter soll er aus der Kasse der eingezogenen Vermögen beschenkt haben, damit der nie wieder zu Tinte und Feder griff. Einen berühmten Schauspieler dagegen, Quintus Roscius, erhob er in den Ritterstand. Als skandalös wurde Sullas Beziehung zu einem feminin auftretenden Mimen namens Metrobius angesehen, nicht weil sie sexueller, sondern weil sie zudem noch amouröser Natur war. Und das auch noch, als Metrobius längst schon kein zartes Knäblein mehr war!
Doch aller Liederlichkeit zum Trotz zeugte Sulla nebenbei auch im ehelichen Rahmen munter Nachwuchs. Aus der Ehe mit Aelia hatte er die Tochter Cornelia, aus der mit Metella einen früh verstorbenen Sohn, sowie die Zwillinge Faustus und Fausta (Die Namen bedeuten: „glücksverheißend“). Aber auch Metella verschied, noch bevor seine Amtszeit vorüber war. Er tröstete sich angeblich mit frivolen Gastmählern und wilden Trinkgelagen. Bei einem Essen zu Ehren des Hercules fiel soviel Opferfleisch an, daß man das übrig gebliebene im Tiber entsorgen mußte.
Auch Spiele veranstaltete er. Von Plutarch stammt die Anekdote, daß die aus bester Familie stammende Valeria dem Cornelier bei einem Gladiatorenkampf ein Stück Wolle aus seiner Toga zupfte, um auch etwas von seinem Glück abzubekommen. Sie erhielt gleich den ganzen Mann, denn er heiratete sie.
Doch Sulla saß nicht so fest im Sattel, wie er es gerne gehabt hätte. Sein Ansinnen etwa, den renitenten Städten Volaterrae und Arretium das römische Bürgerrecht zu entziehen, bekam er dem Volk gegenüber nicht durchgesetzt.
Auch außenpolitisch stand nicht unbedingt alles zum Besten. So machten die Piraten vor der Küste Kilikiens, was sie wollten. Seit Ende 82 hielt sich in Spanien der Propraetor Sertorius, der inzwischen gar das Volk der Lusitanier gegen den Diktator aufwiegelte. In Sizilien und Afrika dagegen hatte sich der vertriebene Konsul Carbo eingeigelt. Unterdessen brach der römische Statthalter Licinius Murena den mit Pontos geschlossenen Frieden, aber statt zu erobern, wurde er aus Kappadokien vertrieben. Nichtsdestotrotz erhielt Murena in der Hauptstadt einen Triumphzug, und Mithridates wurde (durch die Hochzeit mit einer Tochter von Ariobarzanes) ein Teil Kappadokiens zugesprochen. Doch seine Truppen räumten das besetzte Land nicht, und es kam zu angespannten Verhandlungen zwischen Pontos und der Republik, deren Ausgang weder Sulla, noch Mithridates mehr erleben sollten.
Auch der Versuch, einen vor dem Großkönig geflohenen Prinzen aus Ägypten als eigenen Kandidaten auf den Thron der Ptolemaier zu setzen (Pharao Alexander II.), scheiterte an dessen Ermordung.
Es war Gnaeus Pompeius, der als imperator und offizieller Propraetor für Sizilien das Problem Carbo löste, und darüber sämtliche gefangenen Soldaten inklusive des einstigen Konsuls hinrichten ließ. Der Kopf des Letzteren erreichte Sulla – wie inzwischen üblich – auf dem Postweg. Aus Afrika dann soll Pompeius die Cinnaner in ganzen 40 Tagen vertrieben haben, wie auch einen Usurpator vom numidischen Thron (und dazu soll er noch die Zeit gehabt haben, Löwen und Elefanten zu jagen).
Zu Beginn des Jahres 81 erhielt er dann die Anweisung aus Rom, fünf seiner sechs Legionen augenblicklich zu entlassen; Sertorius in Spanien solle sich jemand anderer vorknöpfen. Pompeius berief jedoch eine Heeresversammlung ein, und ließ seine Soldaten fordern, daß er ihr Feldherr bliebe. Anschließend besaß er die Dreistigkeit, Sulla zu schreiben, er könne dessen Ansinnen nicht nachkommen, weil die Armee es nicht wolle… und er kam damit durch! Der für seine unbeherrschte Rachsucht berüchtigte Diktator lamentierte nur leicht, daß ihm all die jungen Leute keine Ruhe lassen würden, aber bestrafen ließ er den Befehlsverweigerer nicht. Im Gegenteil, er verlieh ihm sogar den Ehrentitel Magnus und gewährte ihm den von ihm gewünschten Triumphzug, obwohl das nur einem Magistrat oder Promagistrat zugestanden hätte (Selbst Scipio Africanus hatte weiland darauf verzichten müssen). Nicht einmal hinterher strebte Pompeius ein Senatsamt an, was die Angelegenheit wenigstens nachträglich legitimiert hätte.
Dafür suchte der Cornelier, diesen Frechdachs an seine Familie zu binden, indem er ihn eine Ehe mit seiner Stieftochter Aemilia aufdrängte. Dies klappte anfangs auch ganz gut, aber schon bei der ersten Niederkunft starb die Frau im Wochenbett.
Vermutlich ist es Sullas Verbohrtheit im Glauben an das Gottesgnadentum, die hier zutage tritt. Gnaeus Pompeius, der von adeliger Geburt war, konnte sich so manche Frechheit herausnehmen, die jemand anderem den Kopf gekostet hätte. Umgekehrt ließ Sulla seinen Parteigänger Lucretius Ofella ermorden, den Belagerer von Praeneste, als der das Konsulat für das Jahr 80 anstrebte: Schließlich entstammte der gerade mal dem Ritterstand!