SAGA 2: L. Sprague de Camp - Mit spitzer Feder und Klinge
Lyon Sprague de Camp (1907 – 2000) war ein amerikanischer Autor, der durch eine große Anzahl von Science Fiction- und Fantasy-Romanen bekannt wurde. Der äußerst vielseitig gebildete Camp schrieb außerdem Sachbücher, von denen einige auch auf Deutsch erschienen, Biografien, historische Romane und gab etliche Anthologien heraus. Vielen Szenen seiner Geschichten konnte deutlich entnommen werden, dass er selbst der Fechtkunst mächtig war. Obwohl de Camp ein abgeschlossenes Luftfahrttechnik-Studium hatte, wiesen seine Werke kaum Techniklastigkeit auf, abenteuerliche Themen standen fast immer im Vordergrund. Auch sein umfangreiches historisches Wissen konnte er gut als Hintergrund für seine Publikationen nutzen. Fast alle seine Werke sind von Humor durchzogen, oft skurril, gelegentlich auch mit zynischen Untertönen. Bei einer großen Anzahl von Büchern arbeitete de Camp mit Co-Autoren zusammen, einige Male auch mit seiner Gattin Catherine Crook de Camp. Da sich diese Artikelserie den Fantasywerken der SAGA-Autorengruppe widmet, liegt auch im vorliegenden Artikel der Schwerpunkt der Informationen auf den Fantasy-Aktivitäten de Camps.
In den fünfziger Jahren wurde de Camp zum Wiederentdecker der Geschichten um den prähistorischen Barbaren Conan, die Robert E. Howard in den dreißiger Jahren in Weird Tales publiziert hatte. De Camp gab zwei Bände heraus, in denen er auch durch ihn vollendete bzw. umgeschriebene Fragmente Howards präsentierte. In den sechziger und siebziger Jahren baute er die Conan-Saga zusammen mit Lin Carter und Björn Nyberg zu einer chronologisch zusammengestellten Serie in vorerst elf Bänden aus, welche die gesamte Lebensgeschichte des Cimmeriers präsentierte. De Camp, der bereits ein seit Jahren etablierter Autor war, förderte seinen Kollegen Carter und verfasste eine Reihe von Geschichten mit ihm gemeinsam. Carter revanchierte sich dadurch, indem er in den von ihm selbst herausgegebenen Anthologien immer wieder Geschichten von de Camp unterbrachte. Vergleicht man die Werke der beiden befreundeten Autoren, wird schnell klar, dass de Camp schriftstellerisch ein ganz anderes Kaliber als Carter war. Durch seine Aktivitäten, zu denen auch mehrere von ihm zusammengestellte Anthologien gehörten, trug de Camp maßgeblich zum aufkommenden Fantasy-Boom bei, insbesondere dem Subgenre der Schwert und Magie-Erzählungen.
Im Vorwort zu Schwerter und Magie, einer dieser Anthologien, erklärt de Camp:
„Heroic Fantasy“ nennt man die Literaturgattung, die nicht in der jetzigen oder dereinst existierenden Welten spielt, sondern in der, die es hätte geben müssen, damit eine gute Story entsteht. So bezeichnete Erzählungen sind phantastische Abenteuer, die in imaginären mittelalterlichen oder prähistorischen Welten spielen, in der alle Männer Helden, alle Frauen schön und alle Probleme einfach waren - und das Dasein abenteuerlich. In den Welten der Heroic Fantasy ragen aus glanzvollen Städten prächtige Türme in den Himmel, murmeln Zauberer in unterirdischen Gewölben mächtige Bannsprüche, schleichen verderbliche Dämonen durch zerfallende Ruinen und wälzen sich urweltliche Ungeheuer durchs Dickicht des Dschungels. Das Schicksal von Königreichen hängt vom Gleichgewicht der blutigen Klingen jener Breitschwerter ab, die Helden von übernatürlicher Kraft und Mut führen.
Zitiert aus: L. Sprague de Camp: Vorwort zu: Derselbe (Herausgeber): Schwerter und Magie. Frankfurt-Berlin 1988, Ullstein Taschenbuch 31160
In deutschen Landen tauchte der Name de Camp erstmals mit Menschenjagd im Kosmos auf, dem ersten Band seiner Krishna-Serie, welcher 1958 in der Heftreihe Utopia Großband des Pabel Verlages erschien. Diese Serie ist zweifellos der SF zuzuordnen, wenngleich es sich um abenteuerliche Planetenabenteuer handelt. Die guten Verkaufszahlen von Fantasybüchern dürfte den Heyne Verlag allerdings dazu bewogen haben, die Serie in einer Gesamtausgabe in den achtziger Jahren als Fantasy zu vermarkten.
Mehrere Werke verfasste de Camp gemeinsam mit Fletcher Pratt (1997 – 1956), von dem außer diesen Koproduktionen auch die bemerkenswerten Fantasy-Romane Der blaue Stern und Die Einhornquelle sowie drei drittklassige SF-Romane auf Deutsch erschienenen sind. Das bekannteste Gemeinschaftswerk der beiden Autoren ist die Harold Shea-Serie. Ihr liegt ein SF-Motiv zugrunde, denn der Protagonist, ein Psychologe, findet gemeinsam mit seinen Freunden mit wissenschaftlichen Methoden ein Mittel, sich in mythisch-literarische Parallelwelten zu projizieren. Bei Harolds erstem Versuch funktioniert die aufgesagte Formel nur teilweise, denn statt im keltischen Irland landet er Am Kreuzweg der Welten in der Sagenwelt der Edda, wo die Asen sich zur Schlacht gegen die Riesen aufmachen. Es ist Fimbulwinter und Ragnarök steht bevor. Harold gibt sich als Beschwörer aus und wird als vermeintlich hilfreich mitgenommen, Seine Streichhölzer funktonieren aber nicht mehr und wegen der geistigen Anpassung an die nordische Welt kann er nur noch Runen lesen und damit nicht mehr auf die Tricks seines Pfadfinderbuches zurückgreifen (die Autoren haben wahrscheinlich auch die Entenhausen-Geschichten gekannt). Deshalb ist sein Prestige vorerst am Boden und seine Lage wird allmählich kritisch. Aber der geschulte Psychologe bekommt noch Gelegenheit sich zu bewähren, denn in der Riesenburg angekommen erkennt er mit seinen menschlichen Sinnen den gestohlenen Hammer Thors. Nachdem er und der Ase Heimdall von den Riesen gefangen genommen worden sind, gelingt es ihm, den Trollwächter zu bestechen, indem er dessen übergroße Nase mit einem Zauber schrumpfen lässt. Shea kann sich zuerst nicht an den Gedanken gewöhnen, dass ausgerechnet er zaubern kann. Doch er versteht es immer besser, seine Fähigkeiten zu nützen und erreicht zusammen mit Heimdall rechtzeitig mithilfe in Flugobjekte verwandelte Besen die Asen, bevor die Schlacht beginnt. Er kann den Ausgang aber nicht mehr beeinflussen, denn er wird von einer Seherin zur Erde zurückgeschickt, wo er mit gebräunter Haut und seinen Kleidern aus der nordischen Welt inmitten seiner Freunde materialisiert, die schon eine Vermisstenanzeige aufgeben wollten.
Doc Chalmers, der die Theorie der Paralleluniversen entwickelt hat, will beim nächsten Versuch selbst dabei sein. Die beiden beherrschen Die Kunst der Mathemagie mittlerweile besser als Harold allein beim ersten Mal und landen wie geplant in Edmund Spensers Fairie Queene, einer Welt der Ritter und Zauberer, in der Königin Gloriana herrscht und die tapferen Recken der Tafelrunde König Artus' ihre prächtigen Turniere ausfechten.
Hier ist die Formel, falls Sie, geneigter Leser, auch einmal solche Abenteuer erleben wollen:
Wenn P nicht-Q gleicht, impliziert Q nicht-P, was gleichbedeutend ist mit der Aussage: entweder nicht P oder Q, aber nicht beide. Aber wenn nicht-P durch nicht-Q impliziert ist …
Zitiert aus: L. Sprague de Camp und Fletcher Pratt: Die Kunst der Mathemagie, München 1981, Heyne SF 3814
Schade, dass genau an dieser Stelle die Zimmerwirtin hereinkommt und die beiden beim Rezitieren unterbricht, bevor sie sich nach Fertigstellen der Formel in Luft auflösen. Deswegen, lieber Leser, wird Ihr Versuch mit der unvollständigen Formel wahrscheinlich nicht zum Ziel führen, oder Sie landen gar in Kims Nordkorea, oder – noch schlimmer – in Trumps USA. Shea und Chalmers geraten jedenfalls schnell ins Getümmel der Ritterkämpfe und geben Proben ihrer Zauberkünste zum Besten, manchmal auch mit unerwarteten Folgen. So erscheint einmal statt des erwarteten Einhorns ein Rhinozerus, zugegebenermaßen auch ein Tier mit einem Horn auf dem Kopf. Harold kann sich mit seinen Fechtkünsten bewähren, obwohl er mit seinem Degen gegen mächtige Breitschwerter antreten muss. Die Bogenschützin Belphebe rettet die beiden vor einem Angriff von Haderlumpen, wie die Affenmenschen vaon Faerie heißen. Harold verliebt sich in Belphebe und nimmt sie nach überstandenen Abenteuern zur Erde mit, während Doc Chambers zurückbleibt, denn es gefällt ihm aus bestimmten Gründen im Feenland besser.
Das nächste Durcheinander gibt es, als Harold von der Polizei befragt wird, weil seine Frau Belphebe bei einem Picknick verschwunden ist. Die vierschrötigen Polizisten haben natürlich noch nie etwas von symbolischer Logik gehört und nehmen Harold zur peinlichen Befragung mit. Als einer der Bullen Harolds Kollege Walter Bayard am Ellbogen fasst, gibt es einen Knall, und Walt, Harold, ihr Kollege Vaclav Polacek und Bulle Pete sind in einer anderen Welt gelandet, wo sie von verschleierten Tänzerinnen mit Honigtau gefüttert werden. Unter Zurücklassung von Bayard und des Polizisten holt Doc Chambers mit dem Satz „Ach du liebe Güte. Ich glaube, ich habe einen Fehler gemacht!“ Harold und Vaclav vom paradiesischen Xanadu zu sich in die nächste Welt. Das ist die von Ludovico Ariostos Orlando furioso, wo Die stählerne Festung des Magiers Atlanté über die Pyrenäen wacht und Sarazenenritter Schlachten gegen die Franken schlagen. Chambers möchte die aus einem Schneeball entstandenen Lady Florimel in einen echten Menschen verwandeln, denn er hat sich in sie verliebt und ist wegen ihr nicht in die Realwelt zurückgekehrt. Belphebe ist irgendwo in dieser Welt gelandet und piekst die Sarazenen mächtig mit ihren Pfeilen. Harold macht sich auf die Suche nach ihr und als er sie endlich findet, muss er feststellen, dass sie die Erinnerung an ihn verloren hat.
Nach ihrer glücklichen Rückkehr in die Realwelt sitzen Harold und die wieder mit ihrem Gedächtnis ausgestattete Belphebe ganz schön in der Klemme, denn nach wie vor sind vier Leute in zwei verschiedenen Parallelwelten verschwunden. Als die Polizei auf der Suche nach ihrem Kollegen Pete Brodsky vor der Haustür steht, türmen die beiden Weltenreisenden in die finnische Sagenwelt der Kalevala. Sie wollen sich dort der Hilfe des Zauberers Vainamoinen bedienen, um Walt und den Polizisten Pete aus Xanadu zu holen. Der Transfer bringt sie aber zu seinem ruchlosen Zaubererkollegen Lemminkainen. Dieser schafft es allerdings tatsächlich, Walter Bayard herbeizuzaubern, begleitet von einer sehr spärlich bekleideten Huri, und in einem zweiten Anlauf auch Pete. Die Erdlinge müssen den Zauberer als Gegenleistung für seine Dienste nach Pohjola begleiten, wo er noch eine Rechnung offen hat. Mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten machen sie sich tatsächlich für ihn nützlich, so besiegt Pete mit seinen Jiu Jitsu-Künsten einen feindlichen Zauberer im Ringkampf. Dann erreichen die Gefährten Die Mauer der Schlangen, einen endlosen Zaun aus gewaltigen Pfählen, die mit Schlangen zusammengebunden sind, welche den Ankommenden zischend ihre Köpfe zuwenden. Die Schlangen werden als Brombeerranken enttarnt und die Gruppe erreicht Pohjola, wo Lemminkainen gleich den Herrn des Hauses einen Kopf kürzer macht. Die Gefährten werden gefangen, wenden aber das Syllogismobil an und verschwinden in die fünfte Geschichte Der grüne Magier, welche sie in die irisch-keltische Mythologie führt, allerdings fehlt Walter. Sie geraten umgehend in die Hände des Helden Cuchulainn. Harold und Belphebe wollen heim nach Ohio, aber der von der irischen Kultur begeisterte Pete will hierbleiben. Harolds Formel funktioniert noch nicht, weil er zu wenig über die Natur der Zauberei in dieser Welt weiß. Nachdem die Freunde zwischen die Fronten der irischen Sagengestalten geraten und vom König der Sidhe gefangen werden, schickt sie sein Druide zurück in die Heimat. Die zwei Bullen, die gerade Harolds Aufzeichnungen durchsuchen, erblicken erstaunt ihren Kollegen Pete in seinem irischen Affenanzug. Die für sich witzigen Geschichten wirken ermüdend, wenn man die ganze Serie in einem kurzen Zeitraum liest, weil die Gags doch ziemlich nach dem gleichen Strickmuster ablaufen.
Die erste der Harold Shea-Geschichten, welche in den USA bereits in den Vierzigern herausgekommen waren, erschien auf Deutsch in den sechziger Jahren als Utopia-Heft. Ein weiterer Band mit der vierten und fünften Geschichte kam in den siebziger Jahren in der Ullstein 2000-Reihe, in der auch eine Reihe von weiteren Werken de Camps publiziert wurden, darunter auch drei Titel der Krishna-Serie. Die gesamten von de Camp und Pratt verfassten Harold Shea-Abenteuer wurden Anfang der Achtziger von Heyne herausgegeben. Die später mit anderen Autoren verfasste Geschichten – Pratt war ja schon früh gestorben – fanden keine deutsche Ausgabe mehr.
Eine weitere Koproduktion von de Camp und Pratt war der Roman Die beste aller Welten, der auf Deutsch in der Pabel-SF-Taschenbuchreihe Utopia Classics erschien. Hier gibt es einen ähnlichen Ausgangspunkt wie in der Harold Shea-Serie. Der Protagonist, der Archäologe Arthur Finch, sucht nacheinander mehrere Alternativwelten der Erde auf, dieses Mal aber nicht mit Hilfe symbolischer Logik, sondern es ist ein magischer Karneolwürfel, der ihm per Traum die Reisen ermöglicht. Überall erwarten ihn auf seiner Suche nach der besten aller Welten tödliche Gefahren, bis er endlich die ideale Welt erreicht, welche aber der Fantasie des Lesers überlassen bleibt ...
Gemeinsam verfassten de Camp und Pratt auch die Geschichten aus Gavagans Bar. Es handelt sich dabei um eine Serie von amüsanten Fantasy-Lügengeschichten, welche sich die Besucher dieser Bar gegenseitig erzählen. Diese Kurzgeschichten erschienen in den fünfziger Jahren in verschiedenen Magazinen und Anthologien und wurden im gleichnamigen Buch gesammelt. Literarisches Vorbild waren wohl die Clubgeschichten von Lord Dunsany, die in den siebziger Jahren auch in zwei Auswahlbänden bei Diogenes (Jorkens borgt sich einen Whisky und Smetters erzählt Mordgeschichten) herauskamen. Auch die Geschichten aus dem weißen Hirschen von Arthur C. Clarke fallen in diese Kategorie.
Klassische Schwert und Magie-Erzählungen lieferte de Camp mit seiner Poseidonis-Serie ab, die aus sieben Kurzgeschichten und einem Roman besteht. Die zuerst erschienenen fünf Kurzgeschichten wurden erstmals gemeinsam in einer deutschen Originalpublikation herausgegeben, nämlich im Band Die Chronik von Poseidonis in der Terra Fantasy-Reihe. Zwei weitere Kurzgeschichten erschienen später in Anthologien, eine davon in Lin Carters Flashing Swords-Reihe. Prinz von Poseidonis, der einzige Roman der Serie, war in der Terra Fantasy-Reihe der erste Titel, der über den dahin üblichen Standardumfang von 144 bzw. 160 Seiten (ohne Umschlag gerechnet) bei den nicht im Sortimentsbuchhandel, sondern nur im Bahnhofsbuch- und Zeitschriftenhandel vertriebenen Pabel-Taschenbüchern hinausging. Bis dahin musste Herausgeber Hugh Walker umfangreichere Titel wie z. B. zwei Romane von Abraham Merritt auf zwei Bände splitten oder bei Kurzgeschichtenbänden die einzelnen Erzählungen auf mehrere Bände verteilen.
Ich selbst hatte mich zu diesem Thema in einem Leserbrief an den Pabel Verlag bereits einige Zeit vorher folgendermaßen geäußert:
Was ich immer wieder bedaure, ist der starre Umfang Ihrer Taschenbuchreihen. Das Verlagsargument, daß umfangreichere TBs nicht gekauft werden, kommt mir sehr fadenscheinig vor. Andere Verlag können hier anders und mit Recht, wenn ich an den Erfolg von so umfangreichen und daher auch teuren SF-Romanen wie „Der Wüstenplanet“ oder „Luzifers Hammer“ denke. Bei der derzeitigen Lage fallen natürlich sehr viele interessante Titel für Ihre Reihen durch den Rost.
Zitiert aus: Leserkontaktseite zu: Peter Terrid: Zweikampf der Zauberer. Rastatt 1980, Mythor 24
Die Umstellung der Terra Fantasy-Reihe (wie auch der SF-Schwesterreihen Terra Taschenbuch und Utopia Classics) auf flexible Längen kam allerdings zu spät, um den Niedergang aufzuhalten, denn diese Reihen mussten nach und nach eingestellt werden. Bei Terra Fantasy kam wohl dazu, dass sich der Boom der Schwert und Magie-Erzählungen als das diese Reihe dominierende Fantasy-Subgenre dem Ende zuneigte. In der Spätphase von Terra Fantasy-Reihe wurden mangels besseren Materials auch einige qualitative Tiefpunkte wie die Kothar-Serie von Gardner F. Fox publiziert.
In de Camps Geschichten gibt es mit Poseidonis bzw. Pusad einen Inselkontinent, der sich im Atlantik vor Europa und Afrika erhebt. Die späteren Azoren bilden die höchsten Bergspitzen. Europa und Afrika haben etwas andere Formen heute, die atlantischen Länder befinden sich etwa dort, wo sich das Atlasgebirge erhebt, also im heutigen Marokko.
Auch in dieser Serie ist der augenzwinkernde Humor des Autoren unübersehbar. Hofzauberer Derezong wird zum König befohlen:
Nach seinem ersten großen Kniefall bemerkte Derezong einen Umstand, der zunächst seiner Aufmerksamkeit entgangen war. Auf einem kleinen Tisch vor dem Thron, der gewöhnlich eine Blumenvase trug, befand sich nun ein silbernes Tablett, und auf diesem ruhte der Kopf des Premierministers, der einen geistlos-blassen Gesichtsausdruck zur Schau trug, der Köpfen, die man von ihrem zugehörigen Körpern getrennt hat, eigen ist. Offensichtlich war König Vuar nicht in allerbester Stimmung.
Zitiert aus: L. Sprague de Camp: Das Auge der Göttin. In: Derselbe: Die Chronik von Poseidonis.
Rastatt 1978, Terra Fantasy 43
Der missmutige König beauftragt Derezong, Das Auge der Göttin zu stehlen, einen Edelstein mit magischen Eigenschaften, welchen sich seine launische Konkubine Ilepor einbildet. Den Anblick des Premierministers im Gedächtnis, der sich ablehnend zu diesem Vorhaben geäußert hatte, nimmt Derezong zähneknirschend den Auftrag zusammen mit seinem Gehilfen Zhamel an. Das Unternehmen gelingt, der Stein hat aber unerwartete Eigenschaften, die dem gewitzten Zauberer helfen, eine Verschwörung am Hof Vuars aufzudecken.
Als der alte Magier Dauzkezk Van seinen wohlverdienten Ruhestand antritt und seine magischen Utensilien mittels einer Auktion gegen glänzendes Metall hergibt, sendet Kollege Sancheth Sar seinen Lehrling Gezun Lorska aus, um mitzubieten. Der listige Alte macht es den Bietern allerdings schwer, den alle müssen Tiermasken tragen und wissen nicht, welches Utensil sich unter welcher Nummer versteckt. Wie soll Gezun die gewünschte Schriftrolle ersteigern? Die Eule und der Affe sind jene Masken, welche für die Entscheidung im Bieterwettstreit sorgen.
Lord Noish will das Amt des Oberministers in Torrutseisch durch Beseitigung des derzeitigen Amtsinhabers erreichen und engagiert dafür den hyrcanischen Schamanen Zyc, der ihm mit einem Zauber helfen soll. Der kannibalische Zauberer fordert als Erfolgsprämie eine junge Frau, denn er hat schon lange nicht mehr gut gegessen. Das vermeintliche Festessen entpuppt sich aber als Illusion, die Noish unterschoben worden ist. Der gefräßige Hyrcanier fackelt nicht lange und nimmt als Kompensation den feisten Lord zwischen die Zähne.
Gezun ist jetzt selbständiger Magier, denn der vestorbene Sancheth Sar hat ihn in seinem Testament freigelassen. In der Stadt Typhon wird er vom Tempeldieb Ugaph vor einer wütenden Menge gerettet, die ihn als Katzenmörder lynchen will. Ugaph nimmt Gezun als Lehrling auf. Nachdem die Geschäfte schlecht laufen, verfällt Gezun auf die Idee, mit einem neuen Gott Opfer von von abergläubischen Einheimischen zu erlangen. So taucht Ka, der Schreckliche in der Stadt auf und Ugaph wird sein Prophet. Ugaph will sich seines mittlerweile unbequemen Partners entledigen und Gezun statt eines Ochsen seinem Gott zum Opfer bringen. Ka ist tatsächlich zum Leben erwacht, weil immer mehr Leute an ihn glauben, und holt sich den entsetzten Ugaph statt des geflohenen Gezun zum Opfer. Gezun will mit Göttern nach dieser Erfahrung nichts mehr zu tun haben.
In einer Taverne in Typhon geraten mehrere Magier und Druiden darüber in Streit, wer die größeren magischen Kräfte hat. Der stärkere Zauber scheint ein seltsames Rohr zu sein, aus dem mit einem Feuerstrahl eine Kugel hervorschießt, welche sogar Rüstungen durchschlagen kann. Der Streit endet für alle anwesenden Zauberkundigen tödlich, denn das Zauberrohr tut seine Wirkung, aber ein herbeigerufener Dämon verschlingt den Besitzer des Rohres. Der anwesende Waffenschmied wirft das Zauberrohr ins Meer, denn er will sein Geschäft mit Rüstungen nicht verlieren.
Nach zwanzig Jahren kehrt Gezun mit seiner Familie nach Torrutseisch zurück und sucht den dortigen Obermagier auf, um mit ihm ein Geschäft zu besprechen. Das war keine gute Idee, denn es handelt sich um Bokarri, den Gezun seinerzeit betrogen hatte. Nachdem er Bokarri anbietet, ihn bei einem großen Geschäft zu beteiligen und somit seine Schulden zu tilgen, wenn er Gezun bei König Norskeshek vorstellt, willigt dieser scheinbar in den Handel ein. Denn Gezun hat einen fliegenden Teppich mit und will eine Teppichproduktion aufmachen, für die er die Erlaubnis des Königs benötigt. Der fliegende Teppich fasziniert bei der Vorführung den fetten König, kann ihn und Gezun aber zusammen nicht tragen, deswegen muss Gezun nacharbeiten. Aber die Fuhrmannsgilde fürchtet um ihr Geschäft. Der noch immer rachsüchtige Bokarri versetzt Gezuns Geist in den eines Stiers, der in der Arena getötet werden soll, und in der Zwischenzeit entwenden die Fuhrleute den Teppich und zerstören ihn. Gezun muss wieder einmal abhauen, aber er hat wenigstens die wertvolle Königskrone erbeutet, die er als Stier in der Arena in der königlichen Loge auf den Huf bekommen hatte.
Wieder einmal muss Gezun von einem Ort flüchten, denn er hat von der liebestollen Tochter Plotia des Senators Manetius den Potenzperidot entwendet, einen Stein, der seinem Besitzer Macht über das andere Geschlecht gibt. Der Stein der Hexenkönigin gehört Königin Bathyllis von den Phaiaxiern, und Gezun hofft, für die Rückgabe eine reiche Belohnung zu bekommen. Die Königin ist aber eine gestaltwandlerische Hexe, die Gezun hereinlegt, und er muss ohne das erhoffte Gold das Weite suchen.
Die Götter haben den Untergang von Poseidonis beschlossen, denn vom Zentrum des Inselkontinentes geht eine Gefahr für sie aus. Die Landmasse beginnt langsam im Atlantischen Ozean zu versinken. Vakar, der Prinz von Poseidonis, will dieses Schicksal von seiner Heimat abwenden. Er zieht mit seinem Diener Fual aus, um ein Mittel gegen die Feindschaft der Götter zu finden. Sie reisen nach Torrutseisch, der Hauptstadt des Tartessischen Reiches. Dort erfährt der Prinz vom Magier Kurtevan, für den er den Körper eines Rivalen stiehlt, dass die Götter den Tritonischen Ring fürchten, der aus Sternenmetall besteht, welches alle magische Wirkung zunichte macht und damit auch die Verbindung zu den Göttern zerstört. Dieser Ring befindet sich an einem Finger des Königs der Tritonen, dessen Land weit entfernt ist. Vakar muss sich wieder auf den Weg machen. Der Prinz erreicht mit seinem Diener das ferne Land. König Ximenon, mit dem Vakar um den Besitz des Ringes kämpft, fällt ins Wasser und wird von einem Krokodil gefressen – der Ring ist verloren. Erneut machen sich die beiden auf den Weg, denn im Land Belem gibt es den Sternenstein, aus dem der Ring gefertigt wurde. Sie werden von nackten Puritanern gefangen, in deren Arena Fual sein leben lassen muss. Der Prinz sucht mit dem Sternenstein Fekata, den Schmied von Tartaros, auf, und lässt sich aus dem Material ein Schwert schmieden. Eilig kehrt er in seine Heimat zurück, welche durch eine Flotte der Gorgonen angegriffen wird. Als der durch das Sternenmetall gegen die Invasoren siegreiche Vakar mit seinen Kriegern in Mneset einreiten will, findet er die Tore der Stadt verschlossen vor. Sein verräterischer Bruder hat sich nach dem Tod des Vaters des Thrones bemächtigt, obwohl Vakar der rechtmäßige Thronfolger war. Nachdem Vakar nicht mehr so scharf auf die Pflichten eines Königs ist, denn eigentlich interessiert ihn Philosophie mehr, reitet er von dannen. Er geht ins Exil, denn in Sederado wartet die heißblütige Königin Porfia auf ihn. Die Götter müssen erkennen, dass es für sie keinen Unterschied macht, ob sich das Sternenmetall ausbreitet oder sie durch das Versinken von Poseidonis mit dem dadurch hervorgerufenen Verlust ihrer Anhängerschaft dem Untergang geweiht sind.
Noch dicker als in den Poseidonis-Geschichten ist de Camps Humor in den Romanen um Jorian von Novaria aufgetragen, denn ein Gag reiht sich an den anderen. König Jorian hat ein Problem. Seine fünfjährige Amtszeit läuft ab, denn in seinem Königreich Xylar ist es Brauch und Sitte, dass der Herrscher nach fünf Jahren geköpft und Der Schmetterlingsthron neu besetzt wird. Wer den durch den obersten Richter geworfenen Kopf des gerade Verblichenen auffängt, wird sein Nachfolger, und dem neu in die Stadt gekommenen Jorian ist dieses Missgeschick vor fünf Jahren passiert. Er hat sich aber als recht geschickter Herrscher und guter Liebhaber seiner fünf Frauen erwiesen, die untröstlich sind, ihren Gatten zu verlieren. Jorian hat zuviel Lust am Leben und entkommt mithilfe seines Hofzauberers Karadur mit einem Seil vom Richtblock nach oben, wo er eine dem irdischen Leser seltsam vertraute Dimension betritt:
Er starrte auf den Quell des Lärms. Auf einem der gepflastertem Streifen raste ein Gebilde auf ihn zu. Zuerst hielt er es für ein Ungeheuer aus den Legenden – mit kruppem Rücken, zwei gelben, glasigen Augen und einer Reihe gebleckter Zähne dicht über dem Boden. ... Es war kein Monstrum, sondern ein Fahrzeug.
Zitiert aus: L. Sprague de Camp: Der Schmetterlingsthron. München 1975, Heyne SF 3439
Jorian ist froh, als er nach dem in dieser lebensgefährlichen Umgebung zurückgelegten Weg sich mit dem Seil wieder nach unten die Heimat begeben kann und nimmt es auch gern in Kauf, dass er im Sumpf landet. Als Dank für die Rettung muss Jorian Karadur helfen, eine magische Truhe zu stehlen. Von den Häschern verfolgt, die nach seinem Kopf suchen, zieht Jorian durch die Lande und hinterlässt seinen Körperabdruck in den Betten einer Reihe von liebeshungrigen Damen. Die Truhe des Avlen lagert in Trimandilam, der Hauptstadt des mulvanischen Reiches, und wird seit fünfhundert Jahren von der Schlangenprinzessin Yargali bewacht, die Jorian am Königshof bei einem Ball kennenlernt. Nach einer amorösen Nacht mit ihr ist Jorian gerade dabei, mit der Truhe abzuhauen, als Yargali aus dem Liebesschlaf erwacht und sich in eine Riesenschlange verwandelt. Doch Jorian entkommt mit der Beute. Nach etlichen weiteren Abenteuern kommen Jorian und Karadur in Metouro zum Konklave der Zauberer an, wo sie ein Komplott einiger Magier aufdecken, welche die Macht übernehmen wollen. Jorian will trotz Einladung nicht selbst Zauberer werden, sondern weiter als Abenteurer sein Leben fristen, denn das kann er am besten.
Die Uhren von Iraz stehen seit Monaten still, und das bedeutet nach einer Prophezeihung den Untergang der Stadt. Nur Exkönig Jorian kann sie reparieren, denn er ist der Sohn und frühere Lehrling des Meisters Evor, der sie vor vielen Jahren hergestellt hat. Widerwillig folgt Jorian dem Gesandten, der ihn auffordert, nach Iraz mitzukommen, wenn er seine frühere Lieblingsfrau Estreldis retten will. Die beiden werden von Häschern aus Xylar verfolgt, erreichen aber einigermaßen unbeschadet Iraz. Dort beschränkt sich Jorians Job nicht allein aufs Uhrmachen, sondern er gerät mitten ins Schlamassel, denn er soll in Vertretung des schlappschwänzigen Königs Ishbahar der Hohepriesterin beiliegen und dann nähern sich von allen Seiten Angreifer der Stadt. Jorian wird sogar König, bevor er vor dem nächsten Aufstand hastig abdankt und zusammen mit seinem Zaubererfreund Karadur in einer fliegenden Badewanne aus der Stadt abdampft, um sich endlich an die Rettung seiner Estreldis zu machen.
Äußerst bemerkenswert in diesem Roman ist eine Geschichte über die beste Regierungsform, die Jorian dem König von Iraz erzählt:
Und Truentius belehrte Filoman über die Gründe, die für eine Volksrepublik sprechen. „Aber“ sagte Filoman, „wir haben eben bei den Kortolianern herumgefragt, und sie haben in überwältigender Mehrheit für die Monarchie gestimmt. Truentius lachte. „Mein lieber Filoman, erwartet Ihr, daß ich diese Abstimmung ernst nehme, nachdem Ihr selbst den Aufruf dazu ergehen ließet und die Stimmen gezählt habt?“ „Wollt Ihr damit andeuten, daß ich gemogelt habe?“ rief Filoman erzürnt. „In den ganzen fünf Jahren meiner Herrschaft ist meine Ehre noch nie so befleckt worden!“ Truentius lachte nur noch mehr. „Nun, nehmen wir einmal an, daß Ihr die Abstimmung richtig bekannt gemacht habt. Ihr seid naiv genug, um genau das zu tun. Aber das macht immer noch keinen Unterschied, da das Volk dennoch für eine Republik gestimmt hat. „Wie denn das?“ „Na, ganz einfach. Jede Bevölkerung ist in zwei Gruppen gespalten. Das Volk und die Feinde des Volkes. Da mein Programm das Beste für das Volk ist, muß jeder, der sich dagegen ausspricht, ein Feind des Volkes sein.“ „Wollt Ihr damit sagen“ entsetzte sich Filoman, „wenn siebenundneunzig von hundert Bürgern für mich stimmen und drei für Euch, dann sind diese drei das Volk und die anderen siebenundneunzig die Feinde des Volkes?“ „Aber ja doch, mein Junge. Wie froh ich bin, daß Ihr die Regeln der Politik so schnell begreift!“
zitiert aus: L. Sprague de Camp: Die Uhren von Iraz. München 1976, Heyne SF 3484
Außer dieser Lektion in angewandter Politikwissenschaft gibt es in den drei Jorian-Romanen immer wieder weitere in die Handlung eingebettete Geschichten, die zwar den Erzählfluss der Handlung brechen, aber den Leser auf amüsante Weise in die Historie und Kultur von Novaria einführen. Meist werden sie von Jorian selbst, der ein begabter Geschichtenerzähler ist, zum Besten gegeben.
Der ungeköpfte König versucht in mehreren Anläufen, endlich seine geliebte Estreldis aus Xylar zu befreien, ohne seinen Kopf verlieren. Ein Versuch mit einem Dämon schlägt dahingehend fehl, dass dieser statt der Ersehnten ihre Hofdame Margalit beim Auftraggeber abliefert. Als Jorian endlich Erfolg zu haben scheint, stellt sich heraus, dass Estreldis sich einen Liebhaber genommen hat und keine Sehnsucht mehr danach hat, zurückzukehren. Dieser ist aber nicht lange traurig, denn er hat bereits herausgefunden, dass Margalit eine geschickte, praktisch denkende Frau ist und in Wirklichkeit besser zu ihm passt als die kleine, zur Rundlichkeit neigende und emotionale Estreldis. Jorian türmt über die Grenze und lässt sich mit Margalit in Kortoli nieder. Zwei Jahre später kommt eine Abordnung der Interimsregierung von Xylar zu Jorian. Nach einer Revolution haben die Xylarianer eine Verfassung eingeführt und den Brauch des Königsmords abgeschafft. Sie bitten Jorian, den Thron wieder anzunehmen. Dieser lehnt ab, denn sein jetziges Leben als Handwerker und Handelsmann ist ihm weit lieber, und seine Frau macht die Buchhaltung.
Es gibt noch weitere Erzählungen, die in der gleichen Welt wie Jorians Abenteuer spielen, aber mit anderen Hauptpersonen. Der Roman Ein Dämon mit kleinen Fehlern erzählt die Geschichte des Dämons Zdim von der zwölften Ebene aus seiner eigenen Perspektive. Er leistet dem Zauberer Dr. Malvidius aus Novaria Dienste und bekommt dafür das von ihm unbedingt benötigte Eisen. Nachdem ihm allerlei Missgeschicke passieren, verkauft Malvidius seinen Kontrakt und Zdim muss einen Herrn nach dem anderen hinnehmen. Die Kurzgeschichte Des Kaisers Fächer berichtet vom tragischen Schicksal des Kaisers Tsotuga aus dem Reich Kuromon, der von einem Zauberer einen praktischen Fächer erwirbt, mit dem man unerwünschte Personen in eine andere Dimension wegfächern kann. Nach und nach fächert der Kaiser bei Zornesausbrüchen aber seine wichtigsten Minister weg und das Reich gerät in Schieflage. Leider findet der zerstreute Herrscher das Kodebuch nicht mehr, mit dem man die Verschwundenen wieder zurückfächern kann. Auf Anraten seiner Angetrauten ernennt Tsotuga einen neuen tüchtigen Premierminister. Dieser ist allerdings der heimliche Geliebte der Herrscherin und fächert nach einiger Zeit den Herrscher weg, um selbst die Macht zu übernehmen. Er möchte auch das Geheimnis des Zurückfächerns herausfinden. Bei einem seiner Versuche erscheint allerdings ein vor langer Zeit weggefächerter Drache, der sich unverzüglich den Usurpator einverleibt. Der Fächer blieb seither unbenutzt und alle, die sonst noch hinweggefächert wurden, warten deswegen noch immer auf ihre Rückkehr. Nicht auf Deutsch übersetzt wurde der Roman The Honorable Barbarian, der eine Fortsetzung zur Fächergeschichte ist. Jorians jüngster Bruder Kerin, der in das Reich Kuromon reist, spielt die Hauptrolle.
Ein Gustostück für Freunde der aristotelischen Logik ist de Camps Roman Die Prinzessin und der Löwe, welcher in Terra Fantasy erschienen ist. Robin Hobart hat die Fähigkeit, schwierigste Rätsel blitzschnell zu lösen und wird deshalb von einem Fakir in eine Parallelwelt entführt. Dort leidet Prinzessin Argimanda große Not, denn sie ist als Opfer für die schreckliche Androsphinx ausersehen. Nur ein Held, die den Rätselwettkampf mit dem Ungeheuer gewinnt, kann die Prinzessin befreien. Robin schafft das scheinbar Unmögliche auf Anhieb und wird deshalb als künftiger Ehemann von Argimanda und Prinz des Königreiches Logaia willkommen geheißen. Doch der verstockte Junggeselle will nur auf die Erde zurück, und so bedarf es einiger Abenteuer in der Welt der aristotelischen Zweiwertlogik, bis das Eis schmilzt und aus den beiden endlich ein Paar wird.
Vier junge Leute machen sich zu Halloween einen Spaß, indem sie eine Geisterbeschwörung durchführen. Allerdings reißen sie die Augen auf, als im Pentagramm tatsächlich der Dämon Bechard erscheint. Dieser ist sehr erfreut über die Beschwörung, denn er stammt aus einer sehr langweiligen Dämonenebene und ist begierig darauf, den Körper eines der Menschen zu übernehmen und diesen dafür in die Astralebene zu schicken. Prosper Nash ist der Unglückliche, den es erwischt. Er findet sich in einer seltsam verwandelten Umwelt im Körper eines französischen Chevaliers wieder. Der Stein der Weisen ist sein Ziel, denn nur wenn er diesen in seinen Besitz bringt, kann er auf seine eigene Erde zurückkehren. Der Roman war einer der vielen Perlen, die in Amerika in Unknown erschienen, das sich im Gegensatz zum techniklastigen Schwestermagazin Astounding Stories dem Fantasy-Genre widmete und in der Zeit seines Bestehens von 1939 – 43 dem Publikum eine Reihe von originellen Erzählungen vorstellte, viele davon nicht ganz ernst gemeint. Auf Deutsch erschien er in der Endphase der Ullstein SF-Reihe, die etwa ein Jahr später eingestellt wurde.
Der bekannteste und von der Kritik am meisten beachtete Roman de Camps ist wohl Lest Darkness Fall, auf Deutsch zuerst unter dem treffenden Titel Das Mittelalter findet nicht statt 1965 in der Heftreihe Terra Sonderband und später in mehreren Ausgaben als Vorgriff auf die Vergangenheit bei Ullstein erschienen. Hier geht es nicht in Parallelwelten wie in den Koproduktionen mit Fletcher Pratt, sondern der Archäöloge Martin Padway wird bei der Besichtigung des Pantheons in Rom bei einem Gewitter durch einen Blitzschlag zurück in die Vergangenheit ins Jahr 535 A. D. versetzt (Glück gehabt, dass mir bei meinem Rombesuch nichts Vergleichbares passiert ist, sonst könnten Sie diese Zeilen jetzt nicht lesen). Martin erkennt, dass er nicht mehr in seine Zeit zurückkehren kann, will es sich aber bequem machen und bewirkt mit seinem Wissen, dass sich die Geschehnisse anders entwickeln als in unserer Zeitlinie. Dazu tragen die Einführung von arabischen Ziffern, doppelter Buchhaltung (wieder mal unverkennbarer de Camp'scher Humor) und einer Druckerpresse bei. Es gelingt Martin zwar nicht, Schießpulver zu erzeugen, aber mit ein paar taktischen Kniffen kann er den Ausgang von Schlachten beeinflussen und damit das italienisch-gotische Königreich stabilisieren. Zum Schluss werden sogar Schiffe für eine Atlantikexpedition ausgerüstet, denn Padway möchte endlich wieder Tabakrauch in seinen Lungen spüren.
Bezüglich seiner sonstigen SF-Romane sei hier nur noch auf Die neuen Herrscher hingewiesen, den gemeinsam mit P. Schuyler Miller verfassten Planet der Affen-Vorläufer, welchen ich in Folge 29 meiner Artikelserie Flaggschiffe, Flottenkadetten und Flops ausführlich präsentiert habe.
De Camp bleibt als vielseitiger, ideenreicher Autor in Erinnerung, dessen Werke von Humor durchzogen sind und umfangreiches Hintergrundwissen offenbaren, das aber nicht belehrend wirkt, sondern der Unterhaltung dient. Obwohl er auch hierzulande recht populär war und eine große Anzahl seiner Werke auf Deutsch vorliegen, gibt es noch einige Perlen, die unübersetzt blieben. Darunter ist sein in Zusammenarbeit Fletcher Pratt verfasster Fantasy-Roman The Land of Unreason, in dem während des Zweiten Weltkrieges ein Amerikaner als Wechselbalg ins Land der Feen verschleppt wird. Betrachtet man im Herbst 2017 die Aussagen mancher Politiker in den Wahlkämpfen für den Bundestag in Deutschland und den Nationalrat in Österreich, könnte man zum Schluss kommen, dass auch wir bereits im Land der Unvernunft angekommen sind.
Kommentare
Ich konnte mit DeCamp nie was anfangen und fand ihn eher öde. Es ist aber zweifellos richtig, dass er Howard wiederentdeckt und populär gemacht hat. Ohne ihn wäre die Heroic Fantasy nie so erfolgreich geworden.
Aber er hat das auch weidlich ausgenutzt und sich selbst zum Guru gemacht. Das berühmte "posthumous collaboration", von dem er und Carter immer geschwafelt haben, ist in Howards Fall nichts anderes als kreativer Diebstahl. Ihre Conan-Pastiches sind mittelmäßig bis einfach nur schlecht. Gerade de Camp hatte nun wirklich keine große Affinität zu Howards Stil, was er aber gern als Vorteil deklarierte. Das ist nicht nur meine Meinung, da gibt es viel Material drüber, das das durchaus anschaulich dokumentiert und die Unterschiede aufzeigt. Es ist schon interessant, wenn man liest, dass man sich in den 50ern an Leigh Brackett gewandt hat, um weitere Conan-Stories für Gnome Press schreiben zu lassen. De Camp hatte da zwischenzeitlich das Interesse verloren. Aber Brackett wollte nicht, also hat dann de Camp ein paar Howard-Fragmente bzw Stories genommen und zu Conan umgeschrieben. Seinen Umgang mit Howard und seinen Anteil an der Gründung Conan Properties.Inc kann man durchaus zwiespältig sehen. Er hat mehr an Howard verdient, als der zu Lebzeiten je bekommen hat.
1996 erschien de Camps Autobiographie "Time and Chance", für die er einen Hugo erhielt - ebenfalls eine Erwähnung wert.
@ Heiko:
Ich habe hier die Krishna-Serie bewusst nicht aufgenommen, weil ich sie einerseits in meinem hier verlinkten Artikel inkl. dazugehöriger Bibliografie detailliert betrachtet habe und sie außerdem für mich trotz einer Reihe von Kampfszenen mit dem Degen einfach kein wirkliches Fantasy-Feeling aufkommen lässt. Es sind einfach schlitzohrige grünhäutige Außerirdische und Erdmenschen am Werk.